VwGH vom 24.09.2009, 2007/16/0097

VwGH vom 24.09.2009, 2007/16/0097

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde der D M in G, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner Rechtsanwälte, in 4910 Ried/Innkreis, Claudistraße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , GZ. RV/0729-L/05, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einer als "Anwartschaftsvertrag" bezeichneten Vereinbarung vom 19.7./ vereinbarten Ludwig L (der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin) als Käufer und ein Wohnungseigentumsorganisator als Eigentümer einer im Vertrag näher bezeichneten Liegenschaft und Verkäufer, dass der Käufer ein vom Wohnungseigentumsorganisator (im Rahmen der Errichtung einer Wohnanlage) zu schaffendes, im Vertrag bestimmt bezeichnetes Objekt (nämlich die Wohnung Top Nr. 6 samt Kellerabteil mit Pkw-Stellplatz) zu einem im Vertrag bestimmt bezeichneten Kaufpreis erwirbt, wobei die Begründung von Wohnungseigentum nach den damals geltenden Bestimmungen des WEG 1975 vorgesehen war.

Für diesen Erwerbsvorgang gab Ludwig L datiert mit eine Abgabenerklärung gem. § 10 GrEStG 1987 ab, worauf das Finanzamt Linz-Urfahr (im Folgenden kurz Finanzamt) mit Bescheid vom ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von ATS 1,073.460,-- Grunderwerbsteuer vorläufig festsetzte.

Am 5.6./ wurde zwischen dem Wohnungseigentumsorganisator als Verkäufer und diversen Wohnungseigentumsbewerbern als Käufer (darunter betreffend die Wohnung Top Nr. 6 die nunmehrige Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte gemeinsam) unter Bezugnahme auf die vorangegangenen Anwartschaftsverträge ein Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag geschlossen, in dem betreffend die Wohnung Top Nr. 6 vereinbart wurde, dass die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte je 107/1662 Miteigentumsanteile an der Liegenschaft erwerben.

Daraufhin setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom einerseits gegenüber Ludwig L die Grunderwerbsteuer endgültig fest und nahm andererseits auf Grund des Vertrages vom 5.6./ auch gegenüber der Beschwerdeführerin eine Grunderwerbsteuerfestsetzung für die seiner Meinung nach entgeltlich erfolgte Abtretung des Anwartschaftsrechtes (von Ludwig L an die Beschwerdeführerin) vor.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit dem Argument, sie und ihr Lebensgefährte hätten immer schon die Absicht gehabt, die in Rede stehende Eigentumswohnung gemeinsam zu erwerben. Sie seien aber seinerzeit vom Vertragserrichter dahin belehrt worden, dass der gemeinsame Erwerb eines Wohnungseigentums durch Lebensgefährten rechtlich nicht möglich sei. Deshalb sei zunächst Ludwig L alleine als Käufer aufgetreten, wiewohl alle Zahlungen jeweils zur Hälfte erfolgt seien.

Vor Unterfertigung des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages vom 5.6./ seien die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte aber belehrt worden, dass mit dem Inkrafttreten des WEG 2002 (ab ) auch Lebensgefährten gemeinsam ein Wohnungseigentum erwerben können.

Die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte hätten sich daher selbstverständlich entschlossen, die neu geschaffene gesetzliche Möglichkeit in Anspruch zu nehmen. Es sei daher mit dem genannten Vertrag ein gemeinsamer Erwerb erfolgt. Damit seien aber nur die Verhältnisse hergestellt worden, die schon ursprünglich auf einen gemeinsamen Erwerb abzielten.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab, wobei es die Auffassung vertrat, dass ursprünglich der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin das Objekt allein im Wege eines Anwartschaftsrechtes erworben hätte; erst danach habe er die Hälfte seines Anwartschaftsrechtes an die Beschwerdeführerin übertragen, wodurch der Erwerbstatbestand gem. § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG erfüllt worden sei.

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin unter Aufrechterhaltung ihrer Argumente aus der Berufung fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und qualifizierte das Abgehen der Vertragsparteien vom ursprünglich auf der Käuferseite nur mit dem Lebensgefährten der Beschwerdeführerin geschlossenen Anwartschaftsvertrag auf einen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag, in dem die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte gemeinsam das Wohnungseigentumsobjekt Top Nr. 6 erwarben, als Abtretung der Hälfte des Anwartschaftsrechtes des Ludwig L an die Beschwerdeführerin und damit als Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung von Grunderwerbsteuer verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Einzige Streitfrage dieses Beschwerdefalles ist die Beurteilung der vorliegenden Vertragsabfolge, nämlich des zuerst (unter dem Regime des WEG 1975, BGBl. 417/1975, das in seinen §§ 9 ff gemeinsames Wohnungseigentum nur für Ehegatten vorsah) vom Lebensgefährten der Beschwerdeführerin allein geschlossenen Anwartschaftsvertrages aus dem Jahr 2000 und des dann am (nach Inkrafttreten des neuen WEG 2002, BGBl. I 70/2002, das in seinem § 13 eine nicht mehr auf Ehegatten beschränkte Eigentümerpartnerschaft zulässt) abgeschlossenen Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages, in dem die Beschwerdeführerin und ihr Lebensgefährte gemeinsam als Käufer das Objekt erwarben.

Dabei ist zu beachten, dass nach ständiger hg. Judikatur im Anwendungsbereich der Grunderwerbsteuer als einer Verkehrsteuer rechtlich in der Hauptsache an die äußere, zivil- bzw. formalrechtliche Gestaltung anzuknüpfen ist, die die Vertragsparteien gewählt haben (vgl. dazu die zahlreiche bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern II 3. Teil Grunderwerbsteuergesetz 1987 unter Rz 30 zu § 1 GrEStG 1987 referierte hg. Rechtsprechung).

Davon ausgehend haben aber die Vertragsparteien im vorliegenden Fall zunächst im Jahr 2000 unter dem Zwang der damaligen Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht (die eben für Lebensgefährten ein gemeinsames Wohnungseigentum noch nicht kannte) zivilrechtlich den Weg gewählt, dass nur der Lebensgefährte der Beschwerdeführerin als Käufer einen Vertrag mit dem Wohnungseigentumsorganisator abschloss. Diesbezüglich stellt auch die Beschwerdeführerin mit keinem Argument in Frage, dass dieser seinerzeitige Anwartschaftsvertrag einen grunderwerbsteuerrechtlich relevanten Tatbestand erfüllte, nämlich den des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG.

Noch bevor es dann zur grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages und damit zivilrechtlich zur Begründung von Wohnungseigentum allein für Ludwig L an dem Wohnungseigentumsobjekt Top Nr. 6 kam, änderte sich aber die Rechtslage, indem das neue WEG 2002 BGBl. I 70/2002 mit seinem Inkrafttreten am (siehe § 54 Abs. 1 leg. cit.) im Wege seines § 13 eine Eigentümerpartnerschaft schuf, die nicht mehr auf Ehepaare beschränkt ist. Wie die Beschwerdeführerin sowohl im Verwaltungsverfahren als auch jetzt in ihrer Beschwerde ausdrücklich anführt, haben sich daraufhin sie und ihr Lebensgefährte "selbstverständlich entschlossen, die neu geschaffene gesetzliche Möglichkeit in Anspruch zu nehmen".

Damit haben sie aber zivil- und formalrechtlich (gemeinsam mit dem Verkäufer als Vertragspartner) den ersten, von Ludwig L allein verwirklichten Erwerbsvorgang dergestalt abgeändert, dass nunmehr neben Ludwig L zur Hälfte auch die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf den seinerzeitigen Anwartschaftsvertrag als Käuferin des halben Liegenschaftsanteiles den Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 5.6./ abschloss. Darin ist aber auf Erwerberseite jedenfalls eine konkludente Einigung dahin gelegen gewesen, dass Ludwig L damit von seinem ursprünglich alleinigen Anwartschaftsrecht auf Erwerb des Objektes die Hälfte des Erwerbsanspruches an die Beschwerdeführerin abgetreten hat.

§ 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG 1987 lautet:

"(1) Der Grunderwerbsteuer unterliegen die folgenden Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

...

3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Abtretung eines Übereignungsanspruches begründet ..."

Die belangte Behörde durfte somit frei von Rechtsirrtum diesen Erwerbstatbestand als erfüllt ansehen, weil es dabei auf irgendwelche weiteren Voraussetzungen nicht ankommt.

Für eine Anwendung von Billigkeitsüberlegungen bietet das Gesetz in diesem Zusammenhang keinerlei Spielraum. Ebensowenig kann bei der vorliegenden sukzessiven Vertragsabfolge die Erfüllung zweier verschiedener Erwerbstatbestände des Grunderwerbsteuergesetzes durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise korrigiert werden.

Da schließlich der angewendete Tatbestand gem. § 1 Abs. 1 Z. 3 GrEStG 1987 Entgeltlichkeit des Abtretungsvorganges nicht fordert und weil (wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zu Recht hervorhebt) die Beschwerdeführerin ja nach ihrem eigenen Vorbringen ohnehin von Anfang an die Hälfte des Objektes finanziert hat, muss auch das darauf gestützte Beschwerdeargument versagen.

Zu dem in eventu geltend gemachten Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften enthält die Beschwerde keinerlei Ausführungen; Verfahrensfehler konnten den vorgelegten Verwaltungsakten auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht entnommen werden.

Die Beschwerde war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen (§ 42 Abs. 1 VwGG).

Der Anspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am