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VwGH vom 24.06.2009, 2007/15/0221

VwGH vom 24.06.2009, 2007/15/0221

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des P W in G, vertreten durch Mag. Dr. Rainer Beck, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Keesgasse 5/I, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0084-G/06, betreffend Einkommensteuer 2000 bis 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 57,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Betrieb des Beschwerdeführers, der auf dem Gebiet der EDV-Beratung tätig ist, fand für die Jahre 2000 bis 2002 eine Außenprüfung statt. Dabei wurde u.a. festgestellt, dass zum Bilanzstichtag erstmals jene Forderungen, die "überfällig bzw. zum nächst folgenden Bilanzstichtag noch ausständig" waren, mit einem Zinssatz von 1% pro Monat abgezinst worden seien. Daraus hätten sich nachstehende Wertberichtigungen ergeben:


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152.922,15 S
215.074,26 S
17.224,93 EUR

Dazu stellte der Prüfer fest, dass auf allen Ausgangsrechnungen des Beschwerdeführers folgende Vereinbarung aufscheine:

"Zahlungsziel: Zahlung bei Erhalt der Rechnung ohne Abzug. Bei Zahlungsverzug gelten 1% Verzugszins je angefangenem Monat als vereinbart."

Tatsächlich habe der Beschwerdeführer von der Möglichkeit, Verzugszinsen zu verrechnen, keinen Gebrauch gemacht.

In rechtlicher Hinsicht vertrat der Prüfer die Ansicht, dass Forderungen aus "Warenlieferungen" grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen seien, wobei diese in der Regel dem Nennwert der jeweiligen Forderung entsprächen. Da im Beschwerdefall für sämtliche Forderungen ein kurzfristiges Zahlungsziel vereinbart und durch die Vereinbarung von Verzugszinsen überdies Vorsorge für den Fall einer verspäteten Zahlung getroffen worden sei, bestünde kein Grund für eine Abzinsung und seien die zu den genannten Bilanzstichtagen gebildeten Einzelwertberichtigungen (Abzinsungen) von Forderungen steuerlich nicht anzuerkennen.

Das Finanzamt schloss sich in den wiederaufgenommenen Einkommensteuerverfahren der Jahre 2000, 2001 und 2002 der Rechtsansicht des Prüfers an und nahm entsprechende Gewinnerhöhungen vor.

In seiner dagegen erhobenen Berufung begründete der Beschwerdeführer die ab dem Jahr 2000 vorgenommenen Abzinsungen der Kundenforderungen damit, im Zuge der Bilanzarbeiten dieses Jahres sei festgestellt worden, dass sich die durchschnittliche Umschlagshäufigkeit der Debitoren von rund 3 bis 3,5 in den Vorjahren auf 2,15 verschlechtert habe, was einer durchschnittlichen Geldeingangsdauer von 170 Tagen entspreche. Da der Beschwerdeführer seinen Kunden tatsächlich keine Verzugszinsen verrechnet habe, habe er diesen Umstand zum Anlass für entsprechende Abzinsungen genommen. Dem Argument des Prüfers zur vereinbarten Verzinslichkeit hielt der Beschwerdeführer entgegen, dass es nach Handels- und Zivilrecht jedem Unternehmer frei stünde, Verzugszinsen zu verrechnen, unabhängig davon, ob dies "in Rechnungen vereinbart werde". Die Versagung der Abzinsung mittel- und langfristiger Forderungen verstoße gegen den Grundsatz der Vorsicht, der besage, dass ein Kaufmann zum Schutz seiner Gläubiger alle Chancen und Risken sorgfältig abzuwägen und im Zweifel jenen Faktoren höheres Gewicht beizumessen habe, die zu einem niedrigeren Erfolgs- und Vermögensausweis führten. Kein Erwerber eines Unternehmens sei unter der Annahme einer Unternehmensfortführung bereit, für Kundenforderungen, die eine durchschnittliche Geldeingangsdauer von 170 Tagen aufwiesen, deren Nennwert zu bezahlen. Da eine Verzinsung von Kundenforderungen in jedem Fall gesetzlich gedeckt sei, ergäbe sich - folge man der Ansicht des Prüfers - in keinem Fall die Zulässigkeit einer Abzinsung. Dies widerspräche selbst den Einkommensteuerrichtlinien, die vorsähen, dass für mittelfristig fällige unverzinsliche Forderungen eine Abzinsung im Ausmaß von 1% pro Monat für Zinsen und Spesenabgeltung vorgenommen werden könne. Auch dürfe es dem Beschwerdeführer nicht verwehrt werden, bei der Bewertung von Forderungen Erkenntnisse einfließen zu lassen, die bis zur Bilanzerstellung über die Verhältnisse am Bewertungsstichtag gewonnen worden seien.

Nach Ergehen einer in diesem Punkt abweisenden Berufungsvorentscheidung erstattete der Beschwerdeführer in seinem Vorlageantrag weiteres Vorbringen zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Bilanzerstellung.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung in dem vor dem Verwaltungsgerichtshof einzig strittigen Punkt der Abzinsung von Kundenforderungen keine Folge. Der Beschwerdeführer, der seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 ermittle, habe die ab dem Jahr 2000 vorgenommene Abzinsung seiner Kundenforderungen zunächst mit der Verschlechterung der "Umschlagshäufigkeit der Debitoren" begründet. Wie ein diesbezügliches Vorhalteverfahren ergeben habe, habe sich die Geldeingangsdauer vom Jahr 1999 bis zum Jahr 2000 nicht verändert. Vor diesem Hintergrund sei im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2705, 2752/77, eine Änderung der Bewertungsmethode zu einem willkürlich gewählten Zeitpunkt erfolgt. Auch treffe den Beschwerdeführer, weil er seinen Gewinn nicht nach den Grundsätzen des § 5 EStG 1988 zu ermitteln habe, keine Verpflichtung zur Einhaltung des Vorsichtsprinzips. Der Beschwerdeführer hätte - selbst unter der Voraussetzung der Zulässigkeit der von ihm gesetzten "Maßnahmen" - lediglich ein Bilanzierungswahlrecht gehabt, sodass die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Frage, wann eine Bilanz zu berichtigen sei, ins Leere gingen.

Im Beschwerdefall lägen jedoch schon keine, eine Abzinsung rechtfertigenden unverzinslichen Forderungen vor. Dass die vereinbarte jährliche Verzinsung von 12% als zu niedrig anzusehen sei, habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch wenn der Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Zahlungseinganges auf die Verrechnung von Verzugszinsen verzichtet habe, seien die betroffenen Forderungen dadurch nicht rückwirkend - zu den jeweiligen Bilanzstichtagen, an denen sie noch aushafteten - zu unverzinslichen Forderungen geworden. Dem Einwand des Beschwerdeführers, laut ABGB habe jeder Unternehmer die Möglichkeit, Verzugszinsen in der gesetzlich vorgesehenen Höhe zu verrechnen, auch wenn er dies nicht vereinbart habe, könne nicht gefolgt werden. Eine Forderung sei so lange unverzinslich, so lange Verzugszinsen weder vereinbart noch die gesetzlich zulässigen Verzugszinsen geltend gemacht würden. Im Beschwerdefall habe der Beschwerdeführer eine Verzinsung vereinbart. Es sei auch nicht erkennbar, warum ein allfälliger Erwerber des Betriebes des Beschwerdeführers bei der Bemessung des Kaufpreises für die noch aushaftenden Kundenforderungen nicht deren Nennwert ansetzen sollte, obwohl er im Falle des Zahlungsverzuges des Kunden die vereinbarten Verzugszinsen hätte verlangen können.

Es lägen aber auch keine mittel- bzw. langfristigen Forderungen - nur für diese werde nach Lehre und Rechtsprechung eine Abzinsung für zulässig erachtet - vor. Der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung, dass es nicht nur auf das vereinbarte Zahlungsziel, sondern auf das vom Kunden tatsächlich "erzwungene Zahlungsziel" ankomme, sei zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer nicht nur die Kundenforderungen, die am jeweiligen Bilanzstichtag durch den Zahlungsverzug zu mittel- bzw. langfristigen Forderungen geworden waren, in die Abzinsung miteinbezogen habe, sondern auch solche, bei denen das erst im Zeitpunkt der Bilanzerstellung der Fall gewesen sei. Insofern gehe es nicht um eine spätere bessere Einsicht in die am Bilanzstichtag bereits bestehenden Verhältnisse, sondern lägen Umstände vor, die erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten seien und daher bei der Bilanzerstellung nicht berücksichtigt werden dürfen.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Anerkennung der Abzinsung von Forderungen verletzt. In seinen Beschwerdegründen schildert der Beschwerdeführer den Lauf des Verwaltungsverfahrens und den Inhalt seiner Eingaben, um sodann zur Schlussfolgerung zu gelangen, dass die Rechtsansicht der belangten Behörde "unrichtig (sei), wie der BF bereits ausführlich in seiner Berufung und den ergänzenden Schriftsätzen dargetan hat".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens und des Umlaufvermögens sind gemäß § 6 Z 2 lit. a EStG 1988 mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Ist der Teilwert niedriger, so kann dieser angesetzt werden. Teilwert ist nach dem vierten Satz des § 6 Z 1 EStG 1988 der Betrag, den der Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.

Forderungen zählen grundsätzlich zum Umlaufvermögen, sie sind in der Regel mit ihrem Nennwert - bei Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entspricht dies dem Fakturenbetrag - zu bewerten. Unter Berücksichtigung von Fälligkeit, Verzinslichkeit und Einbringlichkeit der Forderungen kann sich ein niedrigerer Teilwert ergeben (vgl. Doralt/Mayr, EStG6, § 6 Tz. 202).

Im Erkenntnis vom , 1975/62, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Abzinsung von Forderungen aus Warenlieferungen mit einem Zahlungsziel von nicht mehr als zwei Monaten abgelehnt, solche Forderungen seien nach allgemeiner kaufmännischer Übung mit dem Nennwert anzusetzen, wenn sie voll einbringlich sind. Im Erkenntnis vom , 2705, 2752/77, hat der Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit der Abzinsung bei Forderungen aus Warenlieferungen mit einem Zahlungsziel von mehr als zwei Monaten dem Grunde nach bejaht. Dem Erkenntnis vom , 84/13/0063, liegt die Auffassung zu Grunde, dass eine Abzinsung einer Forderung nur dann vorzunehmen sei, wenn die Forderung ein Zahlungsziel von mehr als einem Jahr hat und unverzinslich oder - gemessen am allgemeinen Zinsniveau - besonders niedrig verzinst ist. Bei einer Verzinsung von 9% bestehe auch dann kein Abzinsungserfordernis, wenn endfällige Zinsen vorlägen. In seinem Erkenntnis vom , 88/14/0126, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass der Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung vom Steuerpflichtigen zu erbringen ist.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass das vereinbarte Zahlungsziel ("Zahlung bei Erhalt der Rechnung") zu den jeweiligen Bilanzstichtagen bereits erreicht war, also ein Zahlungsverzug vorlag und für eben diesen Fall des Zahlungsverzuges die Verrechnung von Verzugszinsen in Höhe von 1% pro Monat vereinbart war. Unbestritten ist auch, dass eine derartige Verzinsung als angemessen zu beurteilen ist.

Bei dieser Sachlage durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass zu den jeweiligen Stichtagen zum Nennwert der Forderungen auch Forderungen des Beschwerdeführers auf Entrichtung der vereinbarten Verzugszinsen entstanden waren, sodass eine Entwertung der Kundenforderungen durch den eingetretenen Zahlungsverzug nicht vorlag. Dass der Beschwerdeführer bereits zu den jeweiligen Bilanzstichtagen gegenüber den säumigen Kunden auf die Verrechnung von Verzugszinsen verzichtet hätte und deshalb nicht berechtigt gewesen wäre, die ausbedungenen Verzugszinsen geltend zu machen, wurde im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Vor diesem Hintergrund ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde einen Abzinsungsbedarf der Kundenforderungen verneint und schon deshalb die beantragten Teilwertabschreibungen nicht anerkannt hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am