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VwGH vom 16.12.2009, 2007/15/0216

VwGH vom 16.12.2009, 2007/15/0216

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde 1. der B & Co KG und 2. der I GmbH, beide in G, beide vertreten durch Dr. Binder & Co Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in 8010 Graz, Neufeldweg 93, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0721- G/06, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 288 BAO für die Jahre 2002 und 2003,

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist eine vermögensverwaltende Personengesellschaft mit Liegenschaftsbesitz (Einkaufszentrum), an der natürliche und juristische (5 GmbH) Personen als Gesellschafter beteiligt sind. Soweit die juristischen Personen beteiligt sind, erzielt sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 7 Abs. 3 KStG 1988). Die KG baute in den Streitjahren ein Einkaufszentrum um und aus.

Die Zweitbeschwerdeführerin hält an der Erstbeschwerdeführerin 193/2100 Anteile. Sie pachtete rund 70 % der Geschäfte des Einkaufszentrums (die sogenannten kleinen shops) von der Erstbeschwerdeführerin und verpachtete diese weiter. Die restlichen 30 % der Geschäfte wurden von der KG direkt verpachtet. Die Zweitbeschwerdeführerin verwaltet und betreut auch diese Geschäfte zur Gänze. In der Beilage zur Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften für die Streitjahre wurden für die Zweitbeschwerdeführerin vorzeitige Abschreibungen gemäß § 10a EStG geltend gemacht. Von den gesamten Herstellungskosten wurde der Anteil der Zweitbeschwerdeführerin von 193/2100 errechnet und davon die vorzeitige Abschreibung von 7 % ermittelt.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Erstbeschwerdeführerin gegen die Bescheide des Finanzamtes betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Streitjahre hinsichtlich der an der Erstbeschwerdeführerin beteiligten Kapitalgesellschaften als unbegründet ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte sie zunächst das Verwaltungsgeschehen dar. Im Erwägungsteil führte sie nach Gesetzeszitaten und Auszügen aus den Gesetzesmaterialen aus, die für die vorzeitige Abschreibung vorgesehene Betragsbeschränkung sei gebäudebezogen zu rechnen. Im Beschwerdefall - es gehe um ein Gebäude - stehe unstrittig fest, dass die Gebäudeherstellung durch die Erstbeschwerdeführerin erfolgt sei. Die Herstellungskosten hätten sich im Jahr 2002 auf EUR 14,867.820,91 und im Jahr 2003 auf EUR 13,311.712,20 belaufen. Die gesetzlich vorgesehene EUR 3,8 Mio. Obergrenze sei gebäudebezogen zu rechnen. Demzufolge sei die Betragsbeschränkung bei den Gesamtherstellungskosten anzusetzen und nicht erst bei dem auf die Zweitbeschwerdeführerin entfallenden rechnerischen Anteil an den Gesamtherstellungskosten. Von den gedeckelten EUR 3,8 Mio. entfielen auf die Zweitbeschwerdeführerin Herstellungskosten in Höhe von EUR 349.238,-- in jedem Streitjahr, davon 7 % ergäben eine vorzeitige Abschreibung in Höhe von EUR 24.446,66 für jedes Jahr.

In diesem Zusammenhang könne die Rechtsform des Auftraggebers der Herstellungskosten als irrelevant dahingestellt bleiben. Im Beschwerdefall sei die gebäudebezogene Obergrenze bei den Gesamtherstellungskosten zu ziehen, wie dies auch der Fall wäre, wenn Auftraggeber der Baumaßnahme nicht eine KG, sondern eine Einzelperson gewesen wäre. Der Hinweis in der Berufung auf die EStR 2000, Rz. 3262, erscheine nicht zielführend. Abgesehen davon, dass die EStR 2000 für die belangte Behörde keine verbindliche Rechtsquelle darstellten, sei aus dem Gesamtzusammenhang eindeutig ersichtlich, dass es in dieser Richtlinienstelle um konkrete Gebäudeteile gehe, im Beschwerdefall jedoch um ideelle Miteigentumsanteile an einem von der Erstbeschwerdeführerin einheitlich genutzten Gebäude. Die belangte Behörde könne keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die gebäudebezogene Betrachtungsweise auch auf Beteiligungsquoten von Mitunternehmerschaften zu übertragen wäre. Dem Umstand, dass die an der Erstbeschwerdeführerin beteiligten natürlichen Personen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die beteiligten juristischen Personen kraft Rechtsform hingegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielten und von sämtlichen an der Erstbeschwerdeführerin Beteiligten nur die Zweitbeschwerdeführerin das Gebäude unmittelbar zur Betriebsausübung verwende, werde durch die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO nur für die juristischen Personen und der Berücksichtigung einer vorzeitigen Abschreibung nur bei der Zweitbeschwerdeführerin Rechnung getragen.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift über die Beschwerde erwogen:

1. Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin:

Nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde nur von der Erstbeschwerdeführerin (KG) gegen die Bescheide des Finanzamtes Berufung erhoben. Die Berufung wurde als unbegründet abgewiesen. Die Abweisung der Berufung als unbegründet ist so zu werten, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem bekämpften Bescheid im Spruch übereinstimmenden Bescheid erlassen hätte (vgl. Ritz, BAO3, § 289, Tz. 47).

Personen, die sich am Berufungsverfahren über einen auch gegen sie gerichteten einheitlichen Feststellungsbescheid nicht beteiligen, haben gegenüber der einheitlich wirkenden Berufungsentscheidung nur dann und insoweit das Recht zur Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, als durch die Berufungsentscheidung ihre rechtliche Stellung verschlechtert wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0070). Die Zweitbeschwerdeführerin, die sich am Berufungsverfahren nicht beteiligt hat, wurde durch den Berufungsbescheid nicht schlechter gestellt als bereits durch den bekämpften Bescheid des Finanzamtes. Da sie den sie belastenden Bescheid des Finanzamtes nicht bekämpft hatte, steht ihr das Recht der Beschwerdeerhebung nicht zu.

2. Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

Durch das Konjunkturbelebungsgesetz 2002, BGBl. I 2002/68, wurde die Überschrift des § 10a EStG 1988 neu gefasst und ein Abs. 3 geschaffen. Mit dem HWG 2002, BGBl. I 2002/155, wurde die Geltung dieser Maßnahme auf das Jahr 2003 ausgedehnt; diese Bestimmung lautet wie folgt:

"Befristete Sonderregelungen für den Investitionsfreibetrag und eine vorzeitige Abschreibung

(3) Bei der Herstellung von Gebäuden des Anlagevermögens kann der Steuerpflichtige neben der Absetzung für Abnutzung gemäß § 8 Abs. 1 gewinnmindernd eine vorzeitige Abschreibung von 7 % der Herstellungskosten geltend machen. Voraussetzung ist:

1. Die Absetzung für Abnutzung von den Herstellungskosten des Gebäudes beträgt bis zu 3 % (§ 8 Abs. 1 erster Teilstrich zweiter Halbsatz).

2. Mit der tatsächlichen Bauausführung wird nach dem und vor dem ( gemäß HWG 2002) begonnen.

Erstreckt sich die Herstellung des Gebäudes über einen Zeitraum, der nach dem endet, kann die vorzeitige Abschreibung von jenen Teilherstellungskosten geltend gemacht werden, die bis zum ( gemäß HWG 2002) anfallen. Die vorzeitige Abschreibung kann nur insoweit geltend gemacht werden, als die Herstellungskosten (Teilherstellungskosten) EUR 3,8 Mio. nicht übersteigen."

In der Regierungsvorlage zum Konjunkturbelebungsgesetz 2002, 977 BlgNR 21. GP, 13, ist dazu Folgendes ausgeführt:

"Zur Ankurbelung der Bauwirtschaft soll für das Jahr 2002 für in diesem Jahr begonnene Bauvorhaben eine vorzeitige Abschreibung eingeführt werden. Diese wird mit 7 % der auf das Kalenderjahr 2002 entfallenden Herstellungskosten (Teilherstellungskosten), maximal aber von EUR 3,8 Mio. (gebäude- bzw. gebäudeteilbezogene Grenze) bemessen. Die Kostenabgrenzung kann dabei vom Kontenstand der 'im Bau befindlichen Anlagen' abgeleitet werden. Im Ergebnis kann sich die vorzeitige Abschreibung höchstens auf 7 % der (Teil-)Herstellungskosten in Höhe von EUR 3,8 Mio. belaufen, die vorzeitige Abschreibung somit maximal EUR 266.000,-- betragen.

Die vorzeitige Abschreibung steht nur bei Herstellungen von Gebäuden zu, bei denen eine Abschreibung für Abnutzung von bis zu 3 % geltend gemacht werden kann. Es sind dies Gebäude, die unmittelbar der Betriebsausübung eines Land- und Forstwirtes oder Gewerbetreibenden dienen (§ 8 Abs. 1 erster Teilstrich EStG 1988). Trifft eine der '80 %-Regel' im Sinne des § 8 Abs. 1 erster oder zweiter Teilstrich zu, kann von den gesamten Herstellungskosten (innerhalb der EUR 3,8 Mio.-Grenze) eine vorzeitige Abschreibung vorgenommen werden. Steht nur für einen Teil der Herstellungskosten eine Abschreibung für Abnutzung von bis zu 3 % zu, für den anderen Teil hingegen ein Satz von 2 % oder 2,5 %, kann nur für die dem Satz von 3 % unterliegenden Teil der Herstellungskosten eine vorzeitige Abschreibung gebildet werden. Die EUR 3,8 Mio.-Grenze bezieht sich in diesem Fall auf die dem Satz von 3 % unterliegenden Teil der Herstellungskosten ... "

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die im Gesetz vorgesehene Betragsbeschränkung gebäudebezogen zu rechnen ist. Sie ist daher zutreffend nicht von den gesamten Herstellungskosten pro Streitjahr, sondern von der gesetzlichen EUR 3,8 Mio.-Grenze ausgegangen und hat von diesem Betrag den - unstrittig - auf die Zweitbeschwerdeführerin entfallenden Anteil an den Herstellungskosten berechnet. Von diesen so zu ermittelnden Herstellungskosten hat sie dann die 7 % als vorzeitige Abschreibung anerkannt.

Die Erstbeschwerdeführerin hält an ihrem im Verwaltungsverfahren eingenommenen Standpunkt fest, wonach auf die Zweitbeschwerdeführerin ein Anteil von den Gesamtherstellungskosten von EUR 1,366.423,54 im Jahr 2002 und von EUR 1,223.409,74 im Jahr 2003 entfällt. Da diese Beträge nicht die Grenze von EUR 3,8 Mio. überschreiten, sei von diesen anteiligen Herstellungskosten die vorzeitige Abschreibung von 7 % zu berechnen. Der betrieblich genutzte Liegenschaftsteil, der in der Miteigentumsquote der Zweitbeschwerdeführerin Deckung finde, gehöre jedenfalls zum notwendigen Betriebsvermögen und erfülle damit als einziger Gebäudeteil die Voraussetzung für die vorzeitige Abschreibung. Das seien 9,19 % der Liegenschaft (Anteil der Zweitbeschwerdeführerin an der KG). Der betrieblich genutzte Liegenschaftsteil betrage ca. 70 %, weil die Zweitbeschwerdeführerin etwa diese Fläche angepachtet habe. Die Betragsbeschränkung von EUR 3,8 Mio. sei daher auf diesen im Betriebsvermögen der Zweitbeschwerdeführerin befindlichen Liegenschaftsteil anzuwenden. Es nehme nur ein einziger Beteiligter die vorzeitige Abschreibung in Anspruch, weil der begünstigte Gebäudeteil nur diesem zuzurechnen sei.

Der Umstand, dass die anderen Gesellschafter diese vorzeitige Abschreibung nicht in Anspruch nehmen können, weil sie keine betrieblichen Einkünfte erzielen, steht dem nicht entgegen.

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am