VwGH vom 20.12.2004, 2004/12/0129
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Schick, Dr. Hinterwirth und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Mag. S in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 253.852/7-I/1/02, betreffend Rückforderung von Pensionsbeiträgen, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer trat mit Ablauf des aus seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund aus. Seine letzte Dienststelle war - den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge - das Bundesministerium für Inneres.
In seiner Eingabe vom beantragte er, ihm "für
1.) anspruchsbegründende Nebengebühren geleistete Pensionsbeiträge sowie
2.) die Differenz zwischen den Pensionsbeiträgen gemäß ASVG und den Pensionsbeiträgen gemäß dem Gehaltsgesetz 1956
verzinst zu refundieren, da trotz der Leistung dieser Pensionsbeiträge bzw. dieser höheren Pensionsbeiträge ein Anspruch auf eine höhere Pension nach dem ASVG nicht besteht."
In seiner Eingabe vom nahm er dahingehend Stellung, dass er im Lauf seiner 19 Dienstjahre beim Bund gegenüber Versicherten nach dem ASVG wesentlich höhere Pensionsbeiträge von seinem Bezug und von den Nebengebühren entrichtet habe und jetzt "trotzdem keine höhere Pension bekomme". Die Regelungen der §§ 308 ff ASVG seien vor allem an die Pensionsversicherungsträger gerichtet und regelten nicht die Ansprüche von Dienstnehmern aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis gegenüber den ehemaligen Dienstgebern. Aus diesem Grund seien mit der Leistung des Überweisungsbetrages nicht pauschal alle geleisteten Pensionsbeiträge abgegolten. Nach § 22 Abs. 11 GehG sei kein Ausschluss einer Rückforderung erkennbar. Der erste Satz normiere nur, dass der Beamte rechtmäßig entrichtete Pensionsbeiträge nicht zurückfordern könne. Daraus ergebe sich, dass Normadressat dieser Bestimmung ein Beamter sein müsse. Durch seinen freiwilligen Austritt aus dem Dienstverhältnis sei er aber ex lege nicht Beamter im Sinne des GehG, daher nicht Normadressat.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Ansuchen vom gemäß § 22 Abs. 11 GehG ab. Begründend führte sie aus, der Dienstgeber habe dem Pensionsversicherungsträger, der aus dem Dienstverhältnis zuständig gewesen wäre, binnen 18 Monaten nach dem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis einen Überweisungsbetrag nach § 311 ASVG der den gesetzlichen Bestimmungen entsprechenden Höhe zu leisten. Mit der Leistung des Überweisungsbetrages würden alle Pensionsbeiträge nach dem Gehaltsgesetz pauschal abgegolten. Gemäß § 22 Abs. 11 GehG könne der Beamte grundsätzlich rechtmäßig entrichtete Pensionsbeiträge nicht zurückfordern. Die in § 22 Abs. 11 zweiter Satz leg. cit. angeführte Ausnahme sei im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen. Da auch in anderen gesetzlichen Bestimmungen keine weitere Ausnahmeregelung, insbesondere für den Fall eines Austrittes nach § 21 Abs. 1 BDG, vorgesehen sei, sei eine auch teilweise Rückerstattung von Pensionsbeiträgen nicht möglich. Zum Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer nicht mehr Beamter und somit nicht mehr Normadressat des Gehaltsgesetzes 1956 wäre, sei anzumerken, dass § 22 Abs. 1 (richtig wohl: Abs. 11) GehG auch für ehemalige Beamte gelte, wenn sie Pensionsbeiträge zurückforderten. Würde man der Ansicht des Beschwerdeführers folgen, wäre ein Anspruch auf bescheidmäßigen Abspruch seines Ansuchens nicht gegeben, weil dies bedeuten würde, dass die dienst- und besoldungsrechtlichen Bestimmungen sowie die damit verbundenen verfahrenrechtlichen Vorschriften für ehemalige Beamte nicht gälten. Da auch die anderen im Rahmen des Parteiengehörs angeführten Gründe und Bestimmungen des ASVG für die Rückerstattung der für anspruchsbegründende Nebengebühren geleisteten Pensionsbeiträge sowie der Differenz der gegenüber dem ASVG in einem höheren Ausmaß entrichteten Pensionsbeiträge nicht ausschlaggebend sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1162/03, ablehnte. Begründend führte er hiezu aus:
"Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berührt, als die Verfassungswidrigkeit des § 22 Abs. 11 GehG behauptet wird, wird verkannt, dass der Beamte für sich und seine Familie vom ersten Tag des Dienstverhältnisses an eine Anwartschaft auf Ruhegenüsse erwirbt, die bei Dienstunfall keine Wartezeit, bei Dienstunfähigkeit eine solche von 5, im Übrigen eine solche von 15 Jahren erfordert, der Dienstgeber also das Risiko des Pensionsanfalls während der gesamten Dienstzeit tatsächlich getragen hat, weshalb es nicht unsachlich ist, wenn nach Ausscheiden aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis die entrichteten Pensionsanwartschaften im Wege eines pauschaliert festgesetzten (7 vH des monatlichen beitragspflichtigen Entgelts; § 311 Abs. 5 ASVG) Überweisungsbetrags in das ASVG übertragen, Beiträge im Übrigen aber nicht rückerstattet werden. Das Vorbringen lässt daher die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat."
Über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluss vom dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, in der - nach Ergänzung - die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Rückerstattung von Pensionsbeiträgen nach § 22 GehG in Verbindung mit den sonstigen Bestimmungen dieses Gesetzes, des BDG 1979 und des § 1435 ABGB, sowie dem in letzterer Norm zum Ausdruck kommenden Rechtsgrundsatz" verletzt. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sieht der Beschwerdeführer darin, er habe vor dem Verfassungsgerichtshof als gleichheitswidrig und damit als verfassungswidrig im Sinn des Art. 7 B-VG geltend gemacht, dass bei der Berechnung des Überweisungsbetrages die Pensionsbeiträge von den Nebengebühren überhaupt nicht, jene von den Monatsbezügen nur zu etwa mehr als der Hälfte einflössen. An der Entscheidung (Ablehnung) des Verfassungsgerichtshofes sei unverständlich, dass er überhaupt nicht überlegt geschweige denn geprüft habe, wie es bezüglich der "Höhenrelation" aussehe. Die Argumentation des Verfassungsgerichtshofes erweise sich vor allem deshalb unmittelbar als offensichtlich nicht ausreichend tragfähig, weil das "Pensionsrisiko" des öffentlich-rechtlichen Dienstgebers mit dem Zeitablauf progressiv ansteige.
Die "Begründung eines Abtretungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes" habe keine Bindungswirkung für den Verwaltungsgerichtshof. "Im Rahmen des Gebotes der möglichst verfassungskonformen Gesetzesinterpretation" relevante verfassungsrechtliche Überlegungen würden daher durch eine solche Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nicht beseitigt. In concreto sprächen die verfassungsrechtlichen Überlegungen dafür, dass das Gesetz auf eine Weise interpretiert werde, welche nicht zur Konsequenz habe, dass der ehemalige Beamte gleichheitswidrig benachteiligt und der Bund bereichert werde. Nach § 1435 ABGB könne der Geber dann "Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben sind" vom Empfänger zurückfordern, "wenn der rechtliche Grunde, sie zu behalten, aufgehört hat". Die Bestimmung des § 1435 ABGB sei nicht als strikt bzw. ausschließlich privatrechtlich zu verstehen, in ihr gelange ein Rechtsgrundsatz zum Ausdruck, der unmittelbar als ein Gebot der Billigkeit und Redlichkeit der rechtlichen Beziehungen einsichtig sei. Diese Bestimmung korrespondiere mit § 22 Abs. 11 GehG. Die dortige normative Verneinung eines Rückerstattungsanspruches von Pensionsbeiträgen wäre überflüssig, wenn der Gesetzgeber nicht davon ausgegangen wäre, dass es sonst einen diesbezüglichen Anspruch gebe oder geben könnte. Die Verneinung des Rückforderungsanspruches gelte allerdings nur für "Beamte". Der Rückerstattungsanspruch sei dem zufolge gegeben, weil der Beschwerdeführer nicht (mehr) "Beamter" sei und damit § 1435 ABGB sowie der darin zum Ausdruck gelangende allgemeine Rechtsgrundsatz voll zum Tragen komme.
Der angefochtene Bescheid sprach über das Begehren des Beschwerdeführers nur im Grunde des § 22 Abs. 11 GehG ab, sodass er für die allfällige Frage der Rückforderung von Pensionsbeiträgen von den Nebengebühren keine Bedeutung entfaltet und gerade im Hinblick auf den wiedergegebenen Beschwerdepunkt nur hinsichtlich der Rückforderung von Pensionsbeiträgen von den Bezügen im Sinn des § 3 GehG zu prüfen ist.
Gemäß § 22 Abs. 11 des Gehaltsgesetzes 1956, in der Fassung der 35. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 501/1979 (damals Abs. 5, die jetzige Absatzbezeichnung in der Fassung des Bezügereformgesetzes, BGBl. Nr. 392/1996), kann der Beamte rechtmäßig entrichtete Pensionsbeiträge nicht zurückfordern. Hat der Beamte für die Zeit eines Karenzurlaubes Pensionsbeiträge entrichtet und erhält der Bund für diese Zeit oder einen Teil dieser Zeit einen Überweisungsbetrag nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen, so ist der Überweisungsbetrag auf die in Betracht kommenden Monate gleichmäßig aufzuteilen. Die entrichteten Pensionsbeiträge sind dem Beamten insoweit zu erstatten, als sie durch die Teile des Überweisungsbetrages gedeckt sind.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist § 22 Abs. 11 erster Satz GehG dahingehend auszulegen, dass hierin auf die Eigenschaft als Beamter (des Dienststandes) im Zeitpunkt der Entrichtung der Pensionsbeiträge abgestellt wird und sich der aus dem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis ausgeschiedene Beamte nur auf Rechtsansprüche berufen kann, die er als Beamter des Dienststandes hatte (siehe in diesem Zusammenhang auch die Zuständigkeitsbestimmung nach § 2 Abs. 6 Satz 1 DVG), d.h. also, dass er für die in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis entstandenen Ansprüche zu Unrecht entrichtete Pensionsbeiträge auch nach dessen Beendigung zurückfordern kann (bezüglich der Nebengebühren vgl. § 3 Abs. 3 NGZG und nunmehr § 60 Abs. 5 des Pensionsgesetzes 1965 idF des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119). Ein derartiger Fall liegt hier aber unbestritten nicht vor.
Selbst wenn man diese Auslegung nicht teilte, wäre daraus für den Standpunkt des Beschwerdeführers noch nichts gewonnen, weil es - vor dem Hintergrund des nach § 22 Abs. 11 GehG für den Beamten des Dienststandes ausgeschlossenen Rückforderungsanspruches - für den Anspruch auf Rückforderung rechtmäßig entrichteter Pensionsbeiträge für den aus dem Dienststand ausgeschiedenen Beamten jedenfalls einer ausdrücklichen, einen solchen Anspruch begründenden Norm im GehG bedürfte; aus dem Fehlen einer solchen Norm zu Gunsten des ehemaligen Beamten im GehG kann daher nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber gerade diesem Beamten eine solche Rückforderung habe gewähren wollen. Aus diesem Grund kann es auch dahingestellt bleiben, ob die in der Beschwerde herangezogene Bestimmung des § 1435 ABGB überhaupt eine taugliche Anspruchsgrundlage für den beschwerdegegenständlichen Anspruch darstellen könnte.
Der Ausschluss des Rückforderungsanspruches - auch für den ausgeschiedenen Beamten - begegnet auch nicht den von der Beschwerde angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken, nachdem der Verfassungsgerichtshof in dem zitierten Beschluss die sachliche Rechtsfertigung für den Ausschluss der Rückerstattung von Pensionsbeiträgen in der Tragung des Risikos des Pensionsanfalles während der gesamten Dienstzeit sah. Der Vorwurf, dass sich der Verfassungsgerichtshof nicht mit der "Höhenrelation" der unterschiedlichen Pensionsbeiträge auseinander gesetzt habe, geht in Anbetracht der eingangs wiedergegebenen Begründung des Beschlusses vom fehl.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am