VwGH vom 10.08.2010, 2009/17/0264

VwGH vom 10.08.2010, 2009/17/0264

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des KP in W, vertreten durch Schlosser Peter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Zelinkagasse 14/2, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. ABK - 142/09, betreffend Ausgleichsabgabe nach Wr. Garagengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1. Aus der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes nach Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof ergänzten Beschwerde und dem in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

1.1. Mit Baubewilligungsbescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde in einem über Antrag des Beschwerdeführers eingeleiteten Bauverfahren neben der Erteilung der Baubewilligung gemäß § 40 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 und § 36a Wiener Garagengesetz festgestellt, dass die durch die bewilligte Bauführung auf einer näher bezeichneten Liegenschaft ausgelöste Verpflichtung zur Schaffung von einem Pflichtstellplatz nicht erfüllt werde.

1.2. Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom wurde dem Beschwerdeführer sodann gemäß § 36 Abs. 1 und § 42 Wr. Garagengesetz, LGBl. für Wien Nr. 22/1957, "in der derzeit geltenden Fassung", in Verbindung mit § 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Durchführung des Wr. Garagengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 106/2001, im Hinblick auf den erwähnten Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom eine Ausgleichsabgabe in der Höhe von EUR 8.720,74 vorgeschrieben.

1.3. Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen diese Vorschreibung und wies darauf hin, dass er nicht mehr Bauwerber des gegenständlichen Bauvorhabens sei, aus dessen Anlass die Feststellung der Nichterfüllung der Stellplatzverpflichtung getroffen worden war. Mit Schreiben vom sei der Bauwerberwechsel der Behörde angezeigt worden. Gemäß § 124 Abs. 4 der Bauordnung für Wien trete der "zukünftige" Bauwerber in die Rechtsstellung des bisherigen Bauwerbers ein. Die Abgabenvorschreibung hätte daher gegenüber der M GesmbH als nunmehriger Bauwerberin ergehen müssen.

1.4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Inhalts des "§ 36 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes - WGG, LGBl. für Wien Nr. 22/1957, in der geltenden Fassung", und des § 40 Abs. 1 WGG aus, dass gemäß § 41 Abs. 1 WGG der Bauwerber abgabepflichtig sei.

Gemäß § 3 Abs. 1 WAO in Verbindung mit § 40 WGG entstehe die Abgabepflicht mit der Rechtskraft des Ausspruches in der Baubewilligung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 89/17/0087, und vom , Zl. 89/17/0050). Als "rechtlicher Anknüpfungspunkt" für die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe gelte der Ausspruch in der Baubewilligung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe. Dieser Ausspruch sei im gegenständlichen Fall mit dem Bescheid vom erfolgt; dieser Bescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Es sei daher eine Ausgleichsabgabe nach dem Wr. Garagengesetz zu entrichten, die nach der Verordnung der Wiener Landesregierung zur Durchführung des Wiener Garagengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 56/1996, in der Fassung LGBl. Nr. 106/2001, je Stellplatz EUR 8.720,74 betrage.

Da der Beschwerdeführer unbestritten zum Zeitpunkt des bescheidmäßigen Ausspruchs, um wie viel die Zahl der Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibe, Bauwerber des Bauvorhabens gewesen sei, sei er Schuldner der Ausgleichsabgabe und zwar unabhängig davon, ob es zu einem späteren Zeitpunkt zu einem Bauwerberwechsel gekommen sei.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass nach Bewilligung der Zusammenlegung von zwei Wohnungen im gegenständlichen Haus die Ausgleichsabgabe entfallen würde, wurde festgehalten, dass Gegenstand des Abgabenverfahrens nur die Bemessung und Festsetzung der Ausgleichsabgabe auf Grund der Feststellung des rechtskräftigen Bewilligungsbescheides vom sei. Es stehe auch keinesfalls fest, dass die angesprochene, angestrebte Bewilligung auch tatsächlich erteilt werden könne.

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom ablehnte und sie antragsgemäß gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des (im Beschwerdefall noch anwendbaren) VI. Abschnittes des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957 in der Fassung LGBl. Nr. 7/1975 und 43/1996, lauteten (§ 42 hinsichtlich des Betrages für den Einheitssatz in der Fassung LGBl. Nr. 7/2002):

"§ 40. (1) Bleibt bei einem Bauvorhaben nach der nachvollziehbaren Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Anzahl zurück, ist dies, sofern nicht § 70a der Bauordnung für Wien anzuwenden ist, im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt. Wird nur gegen diese Feststellung Berufung erhoben, kann das bewilligte Bauvorhaben begonnen werden, wenn die entsprechende Ausgleichsabgabe bezahlt wird. Wird der Berufung stattgegeben, ist die Ausgleichsabgabe zur Gänze oder nach Maßgabe der Herabsetzung zurückzuerstatten.

...

VI. ABSCHNITT: AUSGLEICHSABGABE

Gegenstand der Ausgleichsabgabe, Abgabepflicht und Haftung

§ 41. (1) Abgabepflichtig ist der Bauwerber. Ist er nicht der Grundeigentümer, so haftet dieser für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

(2) Die Erträgnisse der Ausgleichsabgabe sind zur Errichtung oder Förderung der Errichtung von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs zu verwenden.

Höhe der Ausgleichsabgabe

§ 42. Die Ausgleichsabgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl, um die nach den Feststellungen des Bewilligungsbescheides (§ 40 Abs. 1) die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der gesetzlich geforderten Anzahl zurückbleibt. Der Einheitssatz wird nach den durchschnittlichen Kosten des Grunderwerbes und der Errichtung eines Stellplatzes durch Verordnung der Wiener Landesregierung festgesetzt; er beträgt je Stellplatz höchstens EUR 18.168,21.

Bemessung der Ausgleichsabgabe

§ 43. Die Ausgleichsabgabe wird mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Berufung nach § 40 Abs. 1 hindert nicht die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe.

Fälligkeit und Erstattung der Ausgleichsabgabe

§ 44. (1) Die Ausgleichsabgabe ist binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten.

(2) Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, steht ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabenbetrages zu. Dieser Anspruch geht unter, wenn er nicht spätestens bis zum Ablauf des 3. Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf das Jahr folgt, in dem die Baubewilligung erloschen ist. Anspruchsberechtigt ist, wer die Abgabe entrichtet hat; andere Personen, die die Erstattung beantragen, müssen den Übergang des Anspruches auf sich nachweisen.

(3) Wird zunächst die Ausgleichsabgabe gemäß § 40 Abs. 3 entrichtet, werden die fehlenden Stellplätze jedoch zur Gänze oder teilweise geschaffen oder vertraglich sichergestellt, steht der Anspruch auf Erstattung des bereits entrichteten Abgabenbetrages ab dem Erlag der Ausgleichsabgabe bis drei Jahre nach dem Einlangen der Fertigstellungsanzeige zu. Anspruchsberechtigt sind die Grundeigentümer im Zeitpunkt der Antragstellung auf Rückerstattung. Ist ein Baurecht bestellt, so treten an die Stelle der Grundeigentümer die Baurechtseigentümer.

...

§ 48. Soweit nicht anderes bestimmt ist, gelten für das Verfahren betreffend die Bemessung und Einhebung der Ausgleichsabgabe die Bestimmungen der das Verfahren in Abgabesachen regelnden Vorschriften, für sonstige Verfahren auf Grund dieses Gesetzes die Bestimmungen der Bauordnung für Wien."

2.2. Die Feststellung gemäß § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 36 Abs. 1 und § 36a Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, erfolgte mit Bescheid vom . Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Gemäß § 40 Abs. 1 in Verbindung mit § 41 Abs. 1 Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1996, war in dem Fall, dass die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, eine Ausgleichsabgabe zu entrichten. Abgabepflichtig war gemäß § 41 Abs. 1 Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957, der Bauwerber.

2.3.1. Gemäß dem im Jahre 2008 in Geltung gestandenen § 3 Abs. 1 WAO (in der Fassung vor LGBl. für Wien Nr. 58/2009) entstand der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht war, an den die Abgabenvorschrift die Abgabenpflicht knüpft. Gemäß § 3 Abs. 2 WAO war der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids, mit dem die Feststellung nach dem Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957, getroffen wurde, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, der Abgabenanspruch gegenüber dem Bauwerber entstanden ist.

2.3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Vorschreibung einer Abgabe nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Rechtslage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat, nicht aber jene, die zum Zeitpunkt der Erlassung des (letztinstanzlichen) Abgabenbescheides gegolten hat (vgl. nur die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/17/0168, vom , Zl. 2005/17/0206, vom , Zl. 2008/17/0095, und vom , Zl. 2005/17/0055).

2.3.3. Dies bedeutet zunächst, dass für die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe grundsätzlich die Rechtslage, wie sie im September 2008 bestanden hat, zur Anwendung zu kommen hatte.

2.4.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Vorschreibung der Abgabe an ihn mit dem Argument, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Berufungsbescheids das Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957, nicht mehr und eine Verordnung der Wiener Landesregierung nach dem nunmehr geltenden Wiener Garagengesetz 2008 noch nicht gegolten hätte. Die Übergangsbestimmungen in § 62 Wr. GarG 2008 enthielten keine Bestimmungen dahin, dass anhängige Verfahren über die Ausgleichsabgabe nach den bis dahin geltenden Regelungen weiterzuführen seien.

Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass Abgabenvorschriften zeitbezogene Regelungen im vorstehend erläuterten Sinn darstellen, welche selbst nach ihrer Aufhebung - soferne keine ausdrücklich anders lautenden Übergangsvorschriften bestehen - auf jene Sachverhalte, die sich in ihrem zeitlichen Bedingungsbereich ereignet haben, noch anzuwenden sind.

Im Beschwerdefall kommt hinzu, dass das Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. für Wien Nr. 34/2009 (kundgemacht am ), das Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957 in der genannten Fassung, nicht formell aufgehoben hat. Es ist daher lediglich zu einer materiellen Derogation jener Bestimmungen des Gesetzes gekommen, die einen Sachverhalt regeln, der durch das Wiener Garagengesetz 2008 ebenfalls, und zwar abweichend, geregelt wird. Dies ist jedoch hinsichtlich der abgabenrechtlichen Bestimmungen nach den obigen Ausführungen zum Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften nur insoweit anzunehmen, als die einschlägigen Regelungen über die Ausgleichsabgabe (§§ 54 ff Wiener Garagengesetz 2008) als Vorschriften für den Zeitraum ab Inkrafttreten des Gesetzes (also pro futuro) zu verstehen sind. Da der Wiener Landesgesetzgeber darauf verzichtet hat, das Garagengesetz 1957 formell außer Kraft zu setzen, handelt es sich bei diesem, soweit ihm nicht durch das Wiener Garagengesetz 2008 materiell derogiert wurde, um ein noch geltendes Landesgesetz. Den abgabenrechtlichen Bestimmungen des Garagengesetzes 1957 (§§ 41 ff des Garagengesetzes 1957) wurde nur insoweit materiell derogiert, als für Sachverhalte, die sich ab Inkrafttreten des Wiener Garagengesetzes 2008 ereignen, das Wiener Garagengesetz 2008 gilt. Für Sachverhalte, die sich vor diesem Zeitpunkt ereignet haben, ist das Garagengesetz 1957 nicht nur weiter anwendbar, sondern im Sinne des Art. 140 Abs. 4 B-VG auch ein noch nicht "außer Kraft getretenes" Gesetz (welches der Verfassungsgerichtshof somit gegebenenfalls aufheben könnte und nicht auf die Feststellung, dass es verfassungswidrig war, beschränkt wäre).

Das Beschwerdevorbringen zum nunmehrigen Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. für Wien Nr. 34/2009 (kundgemacht am ), geht daher an der Sache vorbei.

2.4.2. Mit dem oben (eingangs des Punkts 2.4.1.) wieder gegebenen Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass nach dem oben dargestellten Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften die Erlassung einer ausdrücklichen Bestimmung über die Weiterführung anhängiger Abgabenverfahren nach den bis dahin geltenden Bestimmungen nicht erforderlich war. Eine Anwendung der im Jahre 2009 in Kraft getretenen Bestimmungen des Wiener Garagengesetzes 2008 auf Sachverhalte, die sich vor seinem Inkrafttreten ereignet haben, kommt nicht in Betracht. Auch eine allenfalls nach diesem Gesetz erlassene Verordnung betreffend den Einheitssatz im Sinne des § 54 Wr. Garagengesetz 2008 hätte keine Bedeutung für die Bemessung von Ausgleichsabgaben in Fällen, in denen der Abgabentatbestand - wie im Beschwerdefall - 2008 verwirklicht wurde.

Wie oben ausgeführt, enthält das Wiener Garagengesetz 2008 nicht nur keine Übergangsvorschriften, sondern verzichtete auch auf eine formelle Aufhebung des Garagengesetzes 1957. Bei dieser Rechtslage war jedenfalls (abgesehen davon, dass damit das Gesetz wie erwähnt auch formell noch in Geltung steht) das Garagengesetz 1957 auf den im Jahre 2008 entstandenen Abgabenanspruch (weiter) anzuwenden.

2.4.3. Daran ändert im Beschwerdefall auch § 62 Abs. 1 Wiener Garagengesetz 2008 nichts, der für einzelne nach AVG zu führende (die Bewilligung von Bauvorhaben betreffende) Verfahren die ausdrückliche Anordnung enthält, dass anhängige Verfahren nach der früheren Rechtslage fortzuführen seien. Diese Anordnung war im Hinblick darauf, dass nach der ständigen Rechtsprechung zum Verfahren nach dem AVG in diesem - anders als im Abgabenverfahren -

grundsätzlich die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids, gegebenenfalls des Berufungsbescheids, geltende Rechtslage anzuwenden ist, sofern das Gesetz nicht anderes ausspricht (vgl. bereits das Erkenntnis eines Verstärkten Senats Slg. 9315/A), für die dort genannten ("baurechtlichen") Verfahren erforderlich, weil diese sonst nach der neuen Rechtslage fortzuführen gewesen wären.

Während somit im Abgabenverfahren der Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgabenregelungen dazu führt, dass die Anwendung einer neuen Rechtslage auch in Fällen, in denen der Abgabentatbestand bereits verwirklicht wurde, ausdrücklich anzuordnen wäre (eine solche Anordnung ist von einer Regelung zu unterscheiden, derzufolge es auf die Anhängigkeit eines Verfahrens ankäme!), ist die Rechtslage für Verfahren, die nach dem AVG zu führen sind, genau umgekehrt. In diesen Verfahren käme mangels ausdrücklicher anderer Anordnung grundsätzlich das neue Recht (das im Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltende Recht) zur Anwendung. Der Umstand, dass der Gesetzgeber eine Durchbrechung des für das AVG-Verfahren geltenden Grundsatzes anordnet, bedeutet somit nicht, dass daraus e contrario geschlossen werden könnte, dass in Abgabenverfahren die neue Rechtslage zur Anwendung zu kommen hätte, der Gesetzgeber des Garagengesetzes 2008 also von dem abgabenrechtlichen Grundsatz abgehen hätte wollen, dass für die Festsetzung von Abgaben die im Zeitpunkt der Verwirklichung des Tatbestandes geltende Rechtslage maßgeblich ist.

2.4.4. Der angefochtene Bescheid leidet somit nicht bereits deshalb an Rechtswidrigkeit, weil das Wiener Garagengesetz 1957 nicht mehr anzuwenden gewesen wäre. Die belangte Behörde ist vielmehr zutreffend davon ausgegangen, dass das Wr. Garagengesetz 1957 bzw. die auf seiner Grundlage ergangene Verordnung zur Festsetzung des Einheitssatzes auf den vorliegenden Abgabenanspruch anzuwenden waren.

2.5.1. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, dass sowohl nach dem Wr. GarG 2008 als auch nach dem Wiener Garagengesetz, LGBl. Nr. 22/1957, der "Bauwerber" abgabepflichtig gewesen sei. Dieser sei nach den Regeln der Wiener Bauordnung zu bestimmen. Da nach § 124 Abs. 3 Wr. BauO im Falle eines (angezeigten) Wechsels des Bauwerbers der "zukünftige Bauwerber" in die "Rechtsstellung des bisherigen Bauwerbers an dessen Stelle ein"trete und die mit dem Bauvorhaben in Zusammenhang stehende Abgabenpflicht unzweifelhaft ein Aspekt der Rechtsstellung des Bauwerbers sei, könne im Fall eines Bauwerberwechsels nur der neue Bauwerber der Abgabenschuldner sein.

2.5.2. Hiezu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 3 Abs. 1 WAO in der Fassung vor LGBl. für Wien 58/2009 entstand der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht war, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Dieser Tatbestand ist im Beschwerdefall nach §§ 40 und 41 Wr. Garagengesetz 1957 in der oben angegebenen Fassung die Erlassung des Bescheides nach § 40 Garagengesetz 1957, mit dem festgestellt wird, um wieviel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt.

Zu klären ist also, ob die im Zeitpunkt der Feststellung, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt, für den Beschwerdeführer entstandene Abgabenschuld auf den Nachfolger in der Stellung als Bauwerber übergegangen ist (und daher nicht dem Beschwerdeführer gegenüber vorzuschreiben gewesen wäre).

Auszugehen ist dabei von der oben bereits dargestellten grundsätzlichen Rechtslage, dass für die Vorschreibung einer Abgabe die zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches gegebene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist. Die Abgabe ist insofern jener Person vorzuschreiben, welche nach der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltenden Rechtslage als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Für einen allfälligen Wechsel in der Stellung als Abgabenschuldner nach Entstehen des Abgabenanspruches (gleichgültig, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht) bedürfte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Bestimmung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/17/0156).

2.5.3. Zu untersuchen ist daher, ob der vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt ins Treffen geführte § 124 Abs. 3 Wiener Bauordnung eine derartige Regelung mit Wirkung auch für das mit der Erlassung des Bescheids gemäß § 40 Wr. Garagengesetz 1957 im Jahre 2008 entstandene Abgabenschuldverhältnis ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach zu Fragen eines nach Entstehung eines Abgabenanspruches eingetretenen Eigentumsübergangs ausgesprochen hat (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 98/17/0319, mwN, oder das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0246), bedürfte es für den Eintritt eines Schuldnerwechsels im Falle des Eigentumsüberganges an einem Grundstück, auf das sich ein Vorhaben bezieht, für welches eine Abgabe vorgeschrieben worden ist oder für welches der Abgabenanspruch entstanden ist, einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/17/0246, für den Fall einer Bauabgabe nach der Steiermärkischen Bauordnung; abgabepflichtig war nach § 15 Stmk. BauO 1995 der Bauwerber; es war allerdings im Beschwerdefall bereits ein Bescheid ergangen, sodass es um die Frage des Übergangs der bescheidmäßig festgestellten Verpflichtung ging). Die Überlegungen, die in dem genannten Erkenntnis für den Fall der Rechtsnachfolge im Eigentum angestellt wurden, müssen in gleicher Weise auch im Fall der Vorschreibung einer Abgabe an einen Bauwerber nach einer Bauordnung gelten, der im Laufe der Zeit seine Stellung als Bauwerber verlieren kann und insofern ein Rechtsnachfolger in der Stellung als Bauwerber vorhanden sein kann.

§ 124 Abs. 4 Wr. Bauordnung, dem zu Folge der zukünftige Bauwerber in die Rechtsstellung des bisherigen Bauwerbers an dessen Stelle eintritt, normiert zwar einen Wechsel in der Stellung des Bauwerbers, es kommt ihm jedoch nur Bedeutung für die baurechtlichen Regelungen zu. Auswirkungen für den Bereich der Ausgleichsabgabe kann die Regelung nur insoweit haben, als in jenen Fällen, in denen der Wechsel in der Stellung des Bauwerbers vor der Verwirklichung des Abgabentatbestandes eingetreten ist, bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen auf die baurechtliche Regelung Bedacht zu nehmen ist: Abgabeschuldner ist der Bauwerber im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestands (insofern ist der Beschwerde zu folgen). Wenn sich also ein Wechsel in der Stellung als Bauwerber vor der Erlassung des Bescheids betreffend die Feststellung, um wie viel die Stellplätze hinter der erforderlichen Zahl zurückbleiben, ergeben hat, dann wäre dieser Wechsel bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen. Abgabepflichtiger wäre der "neue" Bauwerber (der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches aktuelle Bauwerber).

Sobald sich jedoch der Abgabentatbestand verwirklicht hat, ist das Abgabenschuldverhältnis entstanden und der Abgabeschuldner - unabhängig davon, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht - damit festgelegt. Das Abgabenschuldverhältnis besteht zwischen dem Abgabegläubiger und dem Abgabeschuldner, in diesem Fall dem Bauwerber zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestandes. Spätere Änderungen in der Stellung des Abgabeschuldners müssten von der Abgabennorm ausdrücklich vorgesehen werden (vgl. für den Fall der Vorschreibung einer Abgabe an den Eigentümer eines Grundstücks und einen nachfolgenden Wechsel im Grundstückseigentum, der ebenfalls einen Wechsel in der Stellung als Bauwerber nach sich zog, den hg. Beschluss vom , Zl. 98/17/0319). Wollte der Gesetzgeber einen Übergang der bereits entstandenen Abgabenschuld auf den jeweiligen Bauwerber anordnen, müsste er dies durch eine ausdrückliche Vorschrift, die einen solchen Übergang anordnet, tun (es könnte der Übergang im Sinne eines Schuldnerwechsels, aber auch eine Gesamtschuld oder die Haftung des späteren Bauwerbers angeordnet werden). Eine solche Regelung enthält das Wr. Garagengesetz 1957 jedoch nicht. Die Anordnung in § 124 Abs. 4 Wr. Bauordnung betrifft nur die Stellung als "Bauwerber" und nicht jene als Abgabepflichtiger nach dem Wiener Garagengesetz 1957.

Daran ändert auch die in der Beschwerde unter Hinweis auf Ritz, BAO, Kommentar, § 4 Rz 3, angeführte Unterscheidung zwischen Abgabenanspruch und Abgabenzahlungsanspruch nichts. Der Beschwerdeführer irrt, wenn er vermeint, nur der Abgabenzahlungsanspruch richte sich "gegen den konkret Abgabepflichtigen". Auch der Abgabenzahlungsanspruch muss sich gegen den im jeweiligen Abgabenschuldverhältnis Abgabepflichtigen (hier: den Bauwerber im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches) richten. Ein Auseinanderfallen zwischen dem Abgabenschuldner und dem aus dem Abgabenzahlungsanspruch Verpflichteten kann es nicht geben; Gegenteiliges lässt sich auch der in der Beschwerde zitierten Literaturstelle nicht entnehmen.

2.6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.7. Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zlen. 1902, 1903/78).

Wien, am