VwGH vom 31.03.2011, 2007/15/0158
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der S in S, vertreten durch Dr. Roger Reyman, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1A, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0520- S/02, betreffend Einkommensteuer 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin wies in ihrer Einkommensteuererklärung für 1999 neben selbständigen Einkünften aus der Tätigkeit als Rechtsanwältin auch sonstige Einkünfte auf Grund der Erzielung eines Spekulationsgewinnes in Höhe von S 61.870,-- aus.
Im Zuge einer die Jahre 1998 und 1999 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde zu den Spekulationseinkünften festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit Kauf- und Leibrentenvertrag vom eine Eigentumswohnung erworben habe. Neben einer Barzahlung von S 650.000,-- seien ein unwiderrufliches und unentgeltliches Wohnrecht auf Lebenszeit und eine monatliche Leibrente von S 5.000,-- zugunsten der Veräußerin vereinbart worden. Nach dem Ableben der Veräußerin sei die Eigentumswohnung mit Kaufvertrag vom von der Beschwerdeführerin weiterveräußert worden. Der hierbei erzielte Verkaufspreis habe laut Beilage zur Einkommensteuererklärung S 2,800.000,-- (inkl. S 400.000,-- für das Inventar) betragen. Bei der Ermittlung des Spekulationsgewinnes habe die Beschwerdeführerin u.a. sowohl die Leibrente als auch das Wohnrecht mit jeweils kapitalisierten Werten als Anschaffungskosten in Abzug gebracht. Dies sei unzulässig. Die Einräumung des Wohnrechtes stelle keine Gegenleistung für die Eigentumsübertragung an die Beschwerdeführerin dar. Die Veräußerin habe sich mit dem Wohnrecht eine Nutzungsmöglichkeit zurückbehalten, welche ihr zuvor bereits auf Grund ihres Eigentumsrechts zugestanden sei.
Der Spekulationsgewinn sei daher wie folgt zu berechnen:
Kaufpreis (650.000 - 100.000) S 550.000,--
Leibrente kapitalisiert 5.000 x 12 x 9 S
540.000,--
Nebenkosten S 68.130,--
Anschaffungskosten S 1,158.130,--
Veräußerungserlös (S 2,800.000,-- - S 400.000,-- ) S
2,400.000,--
abzüglich Anschaffungskosten - S 1,158.130,-
-
Spekulationsgewinn S 1,241.870,--
Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1999, in dem sonstige Einkünfte von S 1,241.870,-- zum Ansatz kamen.
In der dagegen erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin weiterhin die Ansicht, dass die Anschaffungskosten um das mit S 1,080.000,-- zu bewertende Wohnrecht der Veräußerin zu erhöhen und der Spekulationsgewinn daher entsprechend zu vermindern sei. Begründend verwies sie auf die Bestimmung des § 203 Abs. 2 HGB (nunmehr: UGB). "Vergleichsweise" könne auch auf die Auslegung des Begriffes der Gegenleistung im Grunderwerbsteuergesetz zurückgegriffen werden. Gegenleistung sei jede nur denkbare Leistung, die vom Erwerber für den Erwerb des Grundstücks (der Eigentumswohnung) versprochen werde. Soweit die Abgabenbehörde weiterhin die Rechtsmeinung vertrete, dass der kapitalisierte Wert des Wohnrechtes nicht Teil der Anschaffungskosten sei, läge ein Spekulationstatbestand nach § 30 EStG 1988 überhaupt nicht vor, weil die sodann verbleibenden Anschaffungskosten von S 1,158.130,-- einen Wert von weit weniger als der Hälfte des wahren Wertes der Eigentumswohnung darstellen würden. Es läge somit eine gemischte Schenkung vor. Auch die Bereicherungsabsicht könne bejaht werden, weil die Beschwerdeführerin zur Vorbesitzerin in einer Art Mutter-Tochter-Verhältnis gestanden sei, wofür es auch einen Zeugen gäbe.
In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, dass das erworbene Eigentum von Anfang an durch den Wert des Wohnrechtes belastet gewesen sei, weshalb das Wohnrecht keine Leistung für die Eigentumsübertragung darstellen könne und somit auch nicht in die Anschaffungskosten miteinzubeziehen sei. Das Vorliegen einer gemischten Schenkung sei aus näher dargestellten Gründen zu verneinen.
Im Vorlageantrag entgegnete die Beschwerdeführerin, das Finanzamt übersehe völlig die zivilrechtlichen Bestimmungen des ABGB.§ 1047 ABGB bestimme, dass die Sachen zum freien Besitze zu übergeben seien. Somit könne dem Erwerber nicht ein von Anfang an mit einem Wohnrecht belastetes Eigentum zufallen. Diese fundamentalen Rechtsgrundsätze könnten auch nicht unter Berufung auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise umgedeutet werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nach einer auf Antrag der Beschwerdeführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung insoweit teilweise Folge, als sie den Wert der Leibrente mit S 902.210,-- bemaß, den Veräußerungserlös (ohne Inventar) mit S 2,370.000,-- annahm und auf diese Weise zu Spekulationseinkünften in Höhe von S 849.660,-- gelangte.
In den Entscheidungsgründen stellte die belangte Behörde zunächst dar, dass ein Missverhältnis zwischen dem Verkehrswert der Wohnung und den von der Beschwerdeführerin zu erbringenden Leistungen nicht vorliege, weil der Verkehrswert der Wohnung um das von der Veräußerin zurückbehaltene Wohnrecht zu vermindern sei. Zur Ermittlung der Spekulationseinkünfte wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, § 30 EStG 1988 knüpfe an einen wirtschaftlichen Vorgang, nämlich einer in kurzer Zeit realisierten Vermögensvermehrung an. Grundgedanke der Bestimmung sei die Erfassung der tatsächlichen Bereicherung. Das lebenslängliche Wohnrecht spiele bei der Ermittlung der Anschaffungskosten keine Rolle, weil wirtschaftlich betrachtet die Einräumung des Wohnrechtes keine Gegenleistung für die Eigentumsübertragung darstelle. Der Verkäufer behalte sich mit dem Wohnrecht eine Nutzungsmöglichkeit zurück, die ihm zuvor auf Grund seines Eigentumsrechtes zugestanden sei. Der Erwerber erhalte ein von Anfang an durch den Wert des Wohnrechtes belastetes Eigentum. Das Wohnrecht stelle sohin aus Sicht der Einkommensteuer weder Entgelt für die Überlassung des Eigentums noch überhaupt eine Leistung des Käufers dar.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Nach § 30 Abs. 1 EStG 1988 liegt ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft vor, wenn bei der Veräußerung eines Grundstückes, worunter auch Eigentumswohnungen fallen, der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Gemäß § 30 Abs. 4 EStG 1988 sind als Einkünfte der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungskosten und den Werbungskosten andererseits anzusetzen.
Dass der im Jahr 1995 von der Beschwerdeführerin abgeschlossene Kauf- und Leibrentenvertrag einen entgeltlichen Anschaffungsvorgang dargestellt hat, wird in der Beschwerde nicht mehr bestritten. Vielmehr wendet sich die Beschwerde allein gegen das Außerachtlassen des Wohnrechtes bei Ermittlung der Anschaffungskosten der Eigentumswohnung. Dieses bilde nach Ansicht der Beschwerdeführerin in kapitalisierter Form neben dem Barwert der Leibrente und der Barzahlung die Anschaffungskosten und sei daher zur Berechnung der Einkünfte iSd § 30 Abs. 4 EStG 1988 von dem im Jahr 1999 erzielten Verkaufserlös der Eigentumswohnung abzuziehen. Die Auffassung der belangten Behörde, wonach von vornherein ein mit dem Wohnrecht belastetes Objekt erworben worden sei, sei unzutreffend, weil die Wohnung vorher mit keinem Wohnrecht belastet gewesen sei. Ohne Einräumung des Wohnrechtes wäre die Barleistung entsprechend höher ausgefallen. Bereits daraus könne ersehen werden, dass das eingeräumte Wohnrecht Bestandteil der Gegenleistung war.
Dieser Argumentation vermag sich der Gerichtshof nicht anzuschließen. Wäre die Einräumung des Wohnrechtes Teil der Gegenleistung, hätte die Beschwerdeführerin bereits im Besitz des Wohn-(eigentums-)rechtes sein müssen, um dessen Erwerb es bei dem hier strittigen Anschaffungsvorgang aber gerade geht. Die Einräumung eines Wohnrechtes kann nur dann Teil der Anschaffungskosten sein, wenn der Erwerber über ein entsprechendes Recht verfügt, dessen er sich im Zuge der Anschaffung eines Spekulationsobjektes begibt. Nur in diesem Fall entstünden dem Erwerber Aufwendungen, die bei der Ermittlung von Spekulationseinkünften berücksichtigt werden könnten.
Es trifft zu, dass der Kaufpreis im Fall des Erwerbes unbelasteten Wohnungseigentums entsprechend höher gewesen wäre. Richtig ist auch, dass im Falle der Anschaffung der Eigentumswohnung ohne Einräumung eines Wohnrechtes ein sodann höherer Kaufpreis als Anschaffungskosten anerkannt worden wäre. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Umstand aber eine unzulässige Ungleichbehandlung erblickt, ist auch diese Sichtweise nicht zu teilen, weil sie darauf hinausläuft, Ungleiches gleich zu behandeln.
Grund der Besteuerung von Spekulationsgeschäften ist die durch den Gewinn aus solchen Geschäften bewirkte (Erhöhung der) Leistungsfähigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/14/0165, unter Verweis auf das Erkenntnis des ). Dass die Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit der Erzielung eines bestimmten Veräußerungserlöses niedriger ist, wenn der Steuerpflichtige einen höheren Barkaufpreis für den seinerzeitigen Erwerb der Liegenschaft zu leisten hatte, liegt auf der Hand. Nichts anderes gilt für einen Steuerpflichtigen, der ein zunächst mit einem Wohnrecht belastetes Objekt zu einem entsprechend geminderten Barkaufpreis erworben hat und der in der Folge zur Lastenfreistellung eine Ablösezahlung leistet. Diesfalls liegen nachträgliche - bei Ermittlung des Spekulationsgewinnes - zu berücksichtigende Anschaffungskosten vor (siehe das hg. Erkenntnis vom , 1.072/63, Slg. 2.996/F). Erlischt das Wohnrecht hingegen - wie im Beschwerdefall - durch den Tod des Berechtigten, erfährt die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen durch diesen Umstand keine Minderung. Beide Fälle gleich zu behandeln, würde Ungleiches gleich behandeln und verstieße gegen das Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
An diesem Ergebnis vermag auch die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 nichts zu ändern, wonach Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen ist. Grunderwerbsteuer und Einkommensteuer folgen anderen Besteuerungsgrundsätzen. Während die Einkommensbesteuerung - wie schon ausgeführt - vom Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit bestimmt ist, sollen bei der Grunderwerbsteuer alle Vorteile der Besteuerung unterworfen werden, die der Veräußerer im Zusammenhang mit der Veräußerung der Liegenschaft erhält, dazu zählt auch das verbliebene Wohnrecht (vgl. Dorazil/Takacs , Grunderwerbsteuergesetz4, § 5 Tz. 10.22).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am