VwGH vom 24.02.2011, 2007/15/0115
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des EL in G, vertreten durch Mag. Walter Messner, Wirtschaftsprüfer in 8010 Graz, Münzgrabenstraße 36, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0106-G/07, betreffend Stundung von Abgaben (§ 212 BAO), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer den aus einer Betriebsprüfung resultierenden Abgabenrückstand von EUR 247.433,02 bis zur Erledigung des an den Verwaltungsgerichtshof gestellten Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu stunden. Zugleich stellte er den Antrag einen weiteren Betrag von EUR 225.991,55 "bis zur Berichtigung am Finanzamtverrechnungskonto" zu stunden. Begründend führte er aus, dass am der Ablauf einer Aussetzung der Einhebung in der genannten Höhe verfügt worden sei, welcher nicht hätte verfügt werden dürfen, weil die Aussetzung am Abgabenkonto nicht durchgeführt und das Prüfungsergebnis somit nunmehr zweifach dem Abgabenverrechnungskonto angelastet worden sei.
Das Finanzamt wies das Stundungsansuchen mit Bescheid vom ab. In der Bescheidbegründung vom wird ausgeführt, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom nicht stattgegeben habe und das Konto auch nicht zweifach mit (denselben) Abgaben belastet worden sei, weshalb keine Berichtigung des Kontos notwendig und der Grund für eine Stundung nicht gegeben sei.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, dass "für die am durchgeführten Buchungen … kein Bescheid über den Widerruf bzw. die Verfügung über den Ablauf der Aussetzung der Einhebung" an den bevollmächtigten Vertreter zugestellt worden sei. Es handle sich daher um Buchungen ohne rechtliche Grundlage. Da "diese Bescheide" nicht zugestellt worden seien, sei der Gesamtbetrag von EUR 188.154,39 dem Abgabenverrechnungskonto zu Unrecht angelastet worden. Im Gegensatz zum Finanzamt vertrete der Beschwerdeführer die Ansicht, dass die Gründe für die beantragte Stundung nach wie vor aufrecht seien, weil für die angeführten Abgaben noch immer keine bescheidmäßige Erledigung erfolgt sei und eine Einhebung von Abgaben ohne Bescheid nicht erfolgen dürfe.
In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt den Berufungsausführungen entgegen, dass die Bescheide über den Ablauf der Aussetzung und über die Festsetzung von Aussetzungszinsen direkt vom BRZ EDV-unterstützt aus- und zugestellt worden seien, und zwar in ein und demselben Kuvert. Da sowohl in der Berufung als auch in früheren Schreiben die ordnungsgemäße Zustellung des Bescheides über die Festsetzung von Aussetzungszinsen bestätigt worden sei, gehe das Finanzamt von einer ordnungsgemäßen (Zustellung auch des Ablaufbescheides und) Vorschreibung der Beträge am Abgabenkonto aus. Auch habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den Bescheid betreffend die Festsetzung von Aussetzungszinsen - anders als nunmehr behauptet - nicht darauf hingewiesen, dass ein Widerruf oder Ablauf der Aussetzung nicht verfügt worden sei.
Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über Vorhalt des Finanzamtes bemängelte der Beschwerdeführer erneut die fehlende Zustellung eines Bescheides betreffend den Ablauf der Aussetzung. Der Beschwerdeführer habe gebeten "die/den Bescheid(e) über den 'Ablauf einer Aussetzung der Einhebung für die Abgaben E 1989, E 1990, E 1992, EZ 1990, EZ 1993' zu übermitteln, oder die ordnungsgemäße Zustellung" nachzuweisen. Der Hinweis auf den gemeinsamen Versand der strittigen Bescheide mit anderen Bescheiden sei als Beweis der ordnungsgemäßen Zustellung ungeeignet. Auf Grund der noch immer nicht erfolgten Zustellung der Ablaufbescheide habe der Beschwerdeführer gegen den verfügten Ablauf der Aussetzung auch nicht rechtlich vorgehen können.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer nicht dargestellt habe, wie sich die Entrichtung der Abgabenschulden, deren Stundung beantragt werde, auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse konkret auswirken würde und aus welchen Gründen die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet sei. Die Bewilligung eines Stundungsansuchens stelle eine Begünstigung dar, bei der die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Antragstellers in den Hintergrund trete. Es läge im Verantwortungsbereich des Antragstellers, alle Umstände im Antrag darzustellen, die für sein Anliegen sprächen. Der Beschwerdeführer habe weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der mündlichen Verhandlung dargelegt, auf welche genau zu bezeichnenden Umstände die gewünschte abgabenrechtliche Begünstigung zu stützen wäre. Damit sei der Beschwerdeführer den Mindesterfordernissen, die an einen Antrag auf Stundung von Abgaben zu stellen seien, nicht nachgekommen.
Dagegen wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.
Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe im Verfahren mehrfach kommuniziert, aus welchen Umständen in der sofortigen Entrichtung der Abgaben eine erhebliche Härte zu erblicken wäre. Die gesonderte Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei im Beschwerdefall nicht erforderlich, weil sich der gesetzliche Begriff der "erheblichen Härte" nicht ausschließlich auf das Vorliegen einer finanziellen Notsituation beschränke. Wiederholt habe er zum Ausdruck gebracht, dass die Bescheide über den Ablauf der Aussetzung nicht ordnungsgemäß zugestellt worden seien. Die Beweislast für die ordnungsgemäße Zustellung sei der Behörde auferlegt. Es stehe außer Zweifel, dass die Behörde diesen Nachweis bisher nicht erbracht habe. Auch habe sie die Möglichkeit einer Heilung des Zustellmangels - wie vom Beschwerdeführer beantragt - nicht wahrgenommen. Die belangte Behörde hätte sich "auf Basis der ausreichenden Informationslage" mit den für und gegen die Zufristung sprechenden Gründen unter allenfalls ergänzenden Erhebungen auseinander setzen müssen.
Es trifft zu, dass die belangte Behörde auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers nicht eingegangen ist. Die mangelhafte Begründung eines Bescheides führt allerdings nur dann zu dessen Aufhebung, wenn es der Beschwerde gelingt, die Relevanz des gerügten Verfahrensmangels aufzuzeigen. Dies ist gegenständlich nicht der Fall.
Der Beschwerdeführer hat seinen Stundungsantrag - soweit für das gegenständliche Verfahren noch von Bedeutung - zunächst mit einer vermuteten zweifachen Belastung des Abgabenkontos mit ein und denselben Abgaben begründet und eine Stundung bis zur Berichtigung des Abgabenkontos beantragt. Nachdem das Finanzamt das Vorliegen einer doppelten Belastung des Abgabenkontos und damit einen Berichtigungsbedarf verneint hat, hat der Beschwerdeführer eingewandt, dass Bescheide über den Ablauf der Aussetzung der zu stundenden Abgaben nicht ergangen seien. Das Finanzamt hat diesem Vorbringen mit näherer Begründung keinen Glauben geschenkt und das Stundungsbegehren mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen. Vor der belangten Behörde hat der Beschwerdeführer weiterhin den Erhalt eines den Ablauf der Aussetzung verfügenden Bescheides bzw. entsprechender Bescheide in Abrede gestellt und darauf hingewiesen, dass das Finanzamt nach wie vor keinen Zustellnachweis erbracht habe.
Folgt man den Beschwerdebehauptungen, wonach Bescheide, mit denen der Ablauf der Aussetzung verfügt wurde, nicht ergangen sind, besteht die Wirkung der seinerzeit verfügten Aussetzung fort. Diese Wirkung besteht gemäß § 212a Abs. 5 erster Satz BAO in einem Zahlungsaufschub. Während dieser Zeit dürfen Einbringungsmaßnahmen gemäß § 230 Abs. 2 BAO weder eingeleitet noch fortgesetzt werden. Die Ausstellung eines Rückstandsausweises hat zu unterbleiben. Geschieht dies dennoch, ist die Ausstellung eines Rückstandsausweises rechtswidrig und kann die Tatsache der aufrechten Aussetzungsbewilligung mit Einwendungen iSd § 13 AbgEO und einem Antrag nach § 15 Abs. 2 AbgEO geltend gemacht werden (vgl. Ritz, BAO3, § 229 Tz. 5 und 7). Nach § 18 Z 4 und 6 leg.cit. kann weiters die Aufschiebung der Vollstreckung (und damit die vom Beschwerdeführer begehrte "Zufristung") beantragt werden.
Hingegen ist eine Stundung der strittigen Abgaben gemäß § 212 BAO bei der vom Beschwerdeführer behaupteten Sachlage aus Rechtsgründen nicht möglich. Voraussetzung für die Stundung von Abgabenschuldigkeiten ist, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über ein derartiges Ansuchen hinsichtlich der darin genannten Abgaben Einbringungsmaßnahmen in Betracht kommen. Dies ist nicht der Fall, wenn die Einhebung der Abgaben gemäß § 212a BAO ausgesetzt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 88/13/0213).
Sollte die Aussetzung der Einhebung im Zeitpunkt der Entscheidung über das Stundungsansuchen noch aufrecht gewesen sein, weil ein den Ablauf verfügender Bescheid - worauf das Stundungsbegehren gestützt wurde - dem Beschwerdeführer gegenüber nicht rechtswirksam ergangen war, blieb für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung in Form einer Abgabenstundung von vornherein kein Raum. Die Frage des Vorliegens einer "erheblichen Härte" stellte sich nicht.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher im Ergebnis als nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am