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VwGH vom 28.10.2009, 2007/15/0071

VwGH vom 28.10.2009, 2007/15/0071

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der J GmbH in N, vertreten durch Dr. Norbert Lehner, Rechtsanwalt in 2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 4/Triester Straße 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0632-W/06, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 und 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug - im zweiten Rechtsgang - ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom abgeschlossenen Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1994 und 1995 abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die beschwerdeführende Gesellschaft mbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) betreibe das Gewerbe des Kraftfahrzeughandels und der Kraftfahrzeugreparatur. In der Berufungsentscheidung vom habe die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland - soweit für den gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag von Bedeutung - Folgendes festgestellt:

Die Beschwerdeführerin sei im Zeitraum 1994 und 1995 mit der TuT GmbH in Geschäftsverbindung gestanden. Die TuT GmbH habe der Beschwerdeführerin Rechnungen gelegt, denen keine Lieferungen oder Leistungen zu Grunde gelegen seien. Es handle sich dabei um Rechnungen für Kühlwechselaufbauten, Motoren, Container sowie um Transportrechnungen. Zu diesen Wirtschaftsgütern sei festgestellt worden, dass diese bei der TuT GmbH nicht existiert haben. Die aus den Eingangsrechnungen resultierenden Vorsteuern seien daher nicht anerkannt worden.

Eine gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2000/15/0020, als unbegründet abgewiesen.

In der Folge habe die Beschwerdeführerin mit unterschiedlichen Begründungen fünf Anträge auf Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 und 1995 gestellt. Im gegenständlichen Wiederaufnahmeantrag vom werde ausgeführt, in den Abgabenverfahren sei davon ausgegangen worden, dass die TuT GmbH im gesamten Jahr 1994 lediglich S 133.474,28 an Erlösen erzielt habe und im Jahr 1995 in den Büchern der TuT GmbH überhaupt keine Erlöse ausgewiesen seien. Damit im Zusammenhang sei festgestellt worden, dass die "Beschwerdeführerin die von ihr später weiterverkauften Waren nicht von der TuT GmbH angekauft haben könne, weil diese Rechtsgeschäfte ebenso wenig in den Geschäftsbüchern der TuT GmbH aufscheinen wie die Ankäufe der an die Beschwerdeführer weiter verkauften Waren durch die TuT GmbH". Das heiße also, dass der Beschwerdeführerin vorgeworfen werde, sie hätte nicht existente Waren verkauft. Diese Waren würden deshalb nicht existieren, weil sie von der Lieferantin der Beschwerdeführerin nicht deklariert worden seien bzw. die TuT GmbH ihren Einkauf nicht offen gelegt und deklariert habe.

Die Buchhaltungsunterlagen der TuT GmbH seien beschlagnahmt worden und im wiederaufzunehmenden Verfahren sei es daher nicht möglich gewesen, die Richtigkeit der entsprechenden Vorwürfe zu überprüfen.

Die Beschwerdeführerin habe die Buchungsmitteilung Nr. 2/1 des Finanzamtes für den 12., 13., 14. Bezirk und Purkersdorf vom zur Steuernummer der TuT GmbH erhalten, in der zu Gunsten der TuT GmbH per Löschungen von Umsatzsteuerverpflichtungen vorgenommen worden seien. Unter anderem seien Umsatzsteuerrückstände für das Jahr 1994 in Höhe von EUR 175.790,21 und für das Jahr 1995 in Höhe von EUR 984.509,49 gelöscht worden. Aus dieser Buchungsmitteilung gehe sohin eindeutig hervor, dass die Behauptung, es hätte die TuT GmbH im Jahr 1994 lediglich S 133.474,28 an Erlösen erzielt und im Jahr 1995 gar nichts erlöst, vollkommen unrichtig und wider besseres Wissen erhoben worden sei. Selbst unter Nichtberücksichtigung von anrechenbaren Vorsteuern sei bei Zurechnung der nunmehr gelöschten Umsatzsteuerzahllasten im Jahr 1994 bei einer Umsatzsteuerzahllast von S 2,418.926,-- von einem Bruttoumsatz von S 14,513.556,16 und für das Jahr 1995 bei einer Umsatzsteuerzahllast von S 13,547.145,-

- von einem Bruttoumsatz von S 81,282.874,79 auszugehen. In diesem Umsatzvolumen hätten die gemäß Seite 7 der Berufungsentscheidung vom der Beschwerdeführerin 1994 "zugerechneten Einkäufe" für Lkw-Sattelauflieger, Kühlaufbauten und Dieselmotoren jedenfalls Deckung. Auch die Umsätze der Beschwerdeführerin für Flüssigkeitscontainer und Transportspesen im Jahr 1995 von netto S 14,124.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer würden in diesen Umsätzen der TuT GmbH Deckung finden.

Da die angeblich fehlenden Umsätze der TuT GmbH als wesentliches Argument für die Annahme der Nichtexistenz der Waren herangezogen worden sei und die Unrichtigkeit dieses Argumentes durch die in Kopie beiliegende Buchungsmitteilung augenscheinlich klar gestellt und dargelegt worden sei, lägen neu hervorgekommene Beweise für die Unhaltbarkeit der der Beschwerdeführerin zur Last gelegten Vorwürfe vor. Richtigerweise hätte die Finanzbehörde davon ausgehen müssen, dass die Waren sehr wohl existiert hätten und von der Beschwerdeführerin an die von ihr genannten Abnehmer auch tatsächlich weiterverkauft worden seien, sodass die Abgabenerklärungen allesamt richtig erstellt worden seien.

Das Finanzamt habe einen Zusammenhang zwischen dem Abgabenverfahren der Beschwerdeführerin und dem Abgabenverfahren sowie der Buchhaltung der TuT GmbH hergestellt. Die korrespondierenden Umsätze und die wesentlichen Änderungen in den Abgabenvorschreibungen hätten zu Gunsten der Beschwerdeführerin berücksichtigt werden müssen. Die Unrichtigkeit in den zugerechneten Umsätzen wäre daher richtig zu stellen gewesen. Das Ermittlungsverfahren sei daher aus Verschulden der Behörde grob mangelhaft geblieben. Da davon auszugehen sei, dass der ursprünglichen Annahme der unrichtigen Umsätze Urkunden zu Grunde gelegen seien, seien diese Urkunden auf Grund der nunmehrigen Beweise als verfälscht zu erkennen. Die Umsatzsteuerbescheide seien daher u.a. durch Verwendung von verfälschten bzw. gefälschten Urkunden zu Stande gekommen.

Das Finanzamt habe mit Bescheid vom den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung abgewiesen, die Buchungsmitteilung des Finanzamtes vom stehe nicht im Widerspruch zum Inhalt der Berufungsentscheidung vom . Es sei völlig unrichtig, von den gelöschten Beträgen auf die Höhe der tatsächlich erzielten Erlöse zu schließen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid habe die Beschwerdeführerin ihren Standpunkt weiterhin vertreten, dass die von der Abgabenbehörde behaupteten Erlöse der TuT GmbH unrichtig seien und im Widerspruch zur besagten Buchungsmitteilung stünden.

Die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe mit Berufungsentscheidung vom über die Berufung entschieden; hinsichtlich des Wiederaufnahmegrundes des Neuhervorkommens von Tatsachen und Beweismitteln sei die Berufung als unbegründet abgewiesen worden und der Wiederaufnahmeantrag hinsichtlich des Wiederaufnahmegrundes der Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung sei wegen Nichterfüllung des Mängelbehebungsauftrages als zurückgenommen erklärt worden.

Diese Berufungsentscheidung sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2002/15/0017, u.a. (hier: 2004/15/0084), hinsichtlich des Wiederaufnahmegrundes gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und hinsichtlich des Wiederaufnahmegrundes gemäß § 303 Abs. 1 lit. a BAO wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, weil in diesem Berufungsfall die zu entscheidenden Fragen besondere Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufwiesen, habe auf Verlangen der Referentin gemäß § 282 Abs. 1 Z. 2 BAO der gesamte Berufungssenat über die Berufung entschieden. Die Schwierigkeiten lägen erheblich über dem durchschnittlichen Grad, dies insbesondere im Hinblick auf den äußerst umfangreichen Sachverhalt (die wiederaufzunehmende Berufungsentscheidung umfasse allein schon 213 Seiten) und die zahlreichen Rechtsfragen. Der Vorsitzende des Berufungssenates habe sich gemäß § 76 Abs. 1 lit. c BAO für befangen erklärt, weil er im Zuge des vorangegangenen Verfahrens von einem Geschäftspartner der Beschwerdeführerin der Verletzung von Amts- und Standespflichten sowie von Amts wegen zu verfolgenden strafbaren Handlungen verdächtigt worden sei.

Die nach der Geschäftsverteilung zuständige Vertreterin des Vorsitzenden habe sich gemäß § 76 Abs. 1 lit. d BAO für befangen erachtet, weil sie im Zusammenhang mit einem Berufungsverfahren, welches ebenfalls einen Wiederaufnahmeantrag hinsichtlich Umsatzsteuer 1994 und 1995 betroffen habe, dem Finanzamt eine Rechtsansicht bekannt gegeben habe.

Es sei daher der nach der Geschäftsverteilung des unabhängigen Finanzsenates zweiten Stellvertreterin der Vorsitz im Senat zugekommen.

Die Beschwerdeführerin stütze ihren Antrag auf Wiederaufnahme darauf, dass laut Berufungsentscheidung vom die Rechtsgeschäfte der TuT GmbH mit der Beschwerdeführerin in den Geschäftsbüchern der TuT GmbH nicht deklariert worden seien und die von der Beschwerdeführerin gekauften und weiterverkauften Waren gar nicht existiert hätten. Mit der Buchungsmitteilung betreffend die TuT GmbH über die Löschung von Umsatzsteuerrückständen aus den Jahren 1994 und 1995 meine die Beschwerdeführerin nachweisen zu können, dass die von der Beschwerdeführerin angegebenen Ankäufe sehr wohl in den Umsätzen der TuT GmbH Deckung fänden. Da sich die unrichtige Annahme in der Berufungsentscheidung offenbar auf Urkunden stütze, folgere die Beschwerdeführerin weiters, dass die Berufungsentscheidung durch Fälschung von Urkunden, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung zu Stande gekommen sei, zumindest aber sonstwie erschlichen worden sei. Nähere Ausführungen über die strafbare Handlung seien weder im Wiederaufnahmeantrag noch in der Berufung enthalten gewesen.

Die Feststellung der Höhe der Umsätze der TuT GmbH im wiederaufzunehmenden Verfahren sei keineswegs entscheidungswesentlich gewesen. In der Berufungsentscheidung vom sei die Versagung des Vorsteuerabzuges mit zahlreichen Argumenten begründet worden. Unter den Punkten

2.2.2.1. und 2.2.2.2. (Seite 163 bis 199) der Berufungsentscheidung seien dazu umfangreiche Ausführungen enthalten, auf welche verwiesen werde. Demnach stützten sich die Feststellungen des damaligen Berufungssenates zwar auch auf die durch die Betriebsprüfung festgestellten Umsätze der TuT GmbH, aber auch auf das Strafurteil vom gegen den Geschäftsführer der TuT GmbH, in welcher die Feststellungen der Betriebsprüfung bestätigt wurden und vor allem auf zahlreiche weitere Indizien, wie:

Container:


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-
die TuT GmbH habe keine Nachweise über den Ankauf der Container erbringen können.
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Der Geschäftsführer der TuT GmbH habe sich weder an Name noch Anschrift des angeblichen Lieferanten der Container erinnern können.
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Gestaltung des tatsächlichen Zahlungsflusses der Beschwerdeführerin - TuT GmbH.
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Fehlen einer plausiblen Erklärung der "Zwischenschaltung" der Beschwerdeführerin.
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Nichtvorlage von Kundenanfragen und Lieferantenanboten betreffend Container durch die Beschwerdeführerin.
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Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe sich nicht an die Hersteller und an die Herkunft der Container erinnern können.
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Zum Teil fortlaufende Seriennummern auf den Ausgangsrechnungen der Beschwerdeführerin.
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Nichtvorlage von ausländischen Import- und Verzollungspapieren durch die Beschwerdeführerin.
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Fehlen jeglicher Transportpapiere.
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Ungewöhnliche Gestaltung der Transportwege.
Wechselaufbauten und Dieselmotoren:
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Obige Feststellungen gelten auch für diese Wirtschaftsgüter.
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Nichtvorlage von Ausgangsbescheinigungen durch die Beschwerdeführerin.
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Zollrechtliche Ungereimtheiten eines Versandscheines vom .
Aus all diesen Gründen sei der damals erkennende Berufungssenat davon ausgegangen, dass die gegenständlichen Container, Wechselaufbauten und Motoren realiter nicht existiert haben. Selbst wenn die Annahme von geringen bzw. keinen Umsätzen bei der TuT GmbH auf einer gefälschten Urkunde beruhen sollte, sei daher auszuschließen, dass es bei Annahme von höheren Umsätzen zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid gekommen wäre. Schon deshalb könne dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme nicht stattgegeben werden.
Von der beantragten Einsichtnahme in den Steuerakt der TuT GmbH habe abgesehen werden können. Gemäß § 183 Abs. 3 BAO sei von der Aufnahme beantragter Beweise abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen unerheblich seien. Im Übrigen sei der Betriebsprüfungsbericht betreffend die Firma TuT GmbH in der Berufungsentscheidung vom ohnehin - soweit für das Verfahren der Beschwerdeführerin von Bedeutung - wiedergegeben worden.
Der Berufung könne aber auch aus zwei weiteren Gründen kein Erfolg beschieden sein:
Einerseits erfordere § 303 Abs. 1 lit. a BAO, dass der Bescheid des abgeschlossenen Verfahrens, dessen Wiederaufnahme begehrt werde, durch eine strafbare Tat herbeigeführt worden sei. Weder aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergäben sich Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung, insbesondere die im Gesetz genannte Urkundenfälschung oder falsche Zeugenaussage, die auf eine fälschliche Annahme von nichtexistenten Waren und damit auf einen unrichtigen Inhalt der Berufungsentscheidung vom gerichtet gewesen sei. Zum Vorwurf, der wiederaufzunehmende Bescheid sei zumindest "sonstwie erschlichen" worden, sei zu sagen, dass nur die Partei und deren Vertreter, nicht aber ein Behördenorgan den Tatbestand des Erschleichens verwirklichen könne.
Die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Buchungsmitteilung betreffend die TuT GmbH liefere keinen Beweis dafür, dass die - für die TuT GmbH zuständige - Abgabenbehörde letztendlich von höheren Umsätzen der TuT GmbH ausgegangen sei, als dies im diesbezüglichen Betriebsprüfungsbericht festgestellt und der wiederaufzunehmenden Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt worden sei. Eine Umsatzsteuerzahllast lasse nämlich keine Rückschlüsse auf die Höhe der Umsätze eines Steuerpflichtigen zu, gebe es doch neben den Umsätzen auch noch andere Umstände, die zu einer Umsatzsteuerzahllast führen könnten. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung bei der TuT GmbH habe sich die Höhe der Zahllast im Wesentlichen als Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 14 UStG ergeben, weil - wie der Beschwerdeführerin bekannt sei - der TuT GmbH vorgeworfen worden sei, für nicht existente Warenlieferungen Rechnungen ausgestellt zu haben. Aus der sich für die TuT GmbH daraus ergebenden Zahllast könne nun keineswegs ein Beweis für die Existenz eben dieser Waren konstruiert werden.
Die Beschwerdeführerin habe auch die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen auf Grund des Hervorkommens von neuen Tatsachen und Beweismitteln angeregt. Eine amtswegige Wiederaufnahme falle gemäß § 305 Abs. 1 BAO in die Zuständigkeit der Abgabenbehörde erster Instanz und liege im Ermessen der Behörde. Ein Anspruch der Partei darauf bestehe nicht. Da eine Zuständigkeit der Abgabenbehörde zweiter Instanz, eine Wiederaufnahme von Amts wegen zu verfügen, nicht gegeben sei, erübrige es sich, auf das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen.
Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten (Beschluss vom , B 1530/06).

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

In der für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde hält die Beschwerdeführerin daran fest, dass die Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1994 und 1995 wiederaufzunehmen seien, weil die dieses Verfahren abschließende Berufungsentscheidung vom durch die Verwendung von verfälschten oder gefälschten Urkunden zu Stande gekommen sei. Diese Berufungsentscheidung gehe davon aus, dass die TuT GmbH als Lieferantin der Beschwerdeführerin im Jahr 1994 einen Erlös von S 133.474,28 und im Jahr 1995 überhaupt keine Erlöse erzielt habe. Dem gegenüber ergebe sich aus der der Beschwerdeführerin zugekommenen Buchungsmitteilung Nr. 2/1 vom , dass zu Gunsten der TuT GmbH für das Jahr 1994 eine Löschung von Umsatzsteuerrückständen von EUR 175.790,21 und für das Jahr 1995 in Höhe von EUR 984.509,49 vorgenommen worden sei. Aus dieser Mitteilung gehe eindeutig hervor, dass die Feststellungen über die Erlöse der TuT GmbH im Jahr 1994 und 1995 vollkommen unrichtig und wider besseren Wissens getätigt worden seien.

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. a BAO ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Die belangte Behörde hat zu den Umsatzsteuerzahllasten der TuT GmbH, die von der Buchungsmitteilung vom betroffen waren, Feststellungen aus dem Bericht über das Ergebnis der Buch- und Betriebsprüfung bei der TuT GmbH getroffen. Demnach stellt sich diese Zahllast als Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung gemäß § 11 Abs. 14 UStG dar. Der TuT GmbH wurde demnach vorgeworfen, was der Beschwerdeführerin auch bekannt war, Rechnungen ohne Warenlieferungen ausgestellt zu haben.

Diese Feststellungen werden in der Beschwerde nicht bestritten. Die dazu vorgenommene rechtliche Beurteilung der belangten Behörde ist zutreffend; wird eine Rechnung bloß zum Schein ausgestellt, so schuldet der Aussteller die ausgewiesene Steuer gemäß § 11 Abs. 14 UStG. Die Meinung der Beschwerdeführerin, von einer Umsatzsteuerschuld sei jedenfalls auf die Durchführung von Lieferungen oder sonstigen Leistungen zu schließen, ist daher verfehlt. Dem weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach sie in ihrem Recht auf einheitliche Beurteilung ihrer Abgabenpflicht im Verhältnis zur Abgabenpflicht der TuT GmbH verletzt sei, ist daher der Boden entzogen.

In der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde bekämpft die Beschwerdeführerin unter Punkt 2. die Feststellungen im wiederaufzunehmenden Berufungsbescheid vom als unrichtig. Zu diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass eine allfällige Mangelhaftigkeit des wiederaufzunehmenden Verfahrens keinen Wiederaufnahmegrund darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0173).

Im Übrigen ist die Beschwerdeführerin zu ihren Ausführungen in der ursprünglichen Beschwerde darauf zu verweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht zur Prüfung berufen ist, ob die Beschwerdeführerin durch den Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.

Soweit die Beschwerdeführerin aus dem Umstand, dass sich der Vorsitzende und die erste Stellvertreterin des Vorsitzenden des zuständigen Berufungssenates für befangen erklärt haben, folgert, dass sämtliche Mitglieder des Senates befangen seien, ist sie darauf hinzuweisen, dass stets nur ein Organwalter, nicht jedoch die Behörde als solche befangen sein kann. Auch aus der Befangenheit etwa des Behördenleiters ergibt sich noch nicht zwingend die Befangenheit sämtlicher Organwalter dieser Behörde (vgl. Ritz, BAO3, § 76 Tz 3). Nichts anderes gilt auch für die Mitglieder eines Senates einer Behörde. Aus dem Umstand, dass sich im vorliegenden Fall der Vorsitzende des Berufungssenates gemäß § 76 Abs. 1 lit. c und die erste Stellvertreterin gemäß § 76 Abs. 1 lit. d BAO für befangen erklärt haben, ergibt sich keinesfalls die Befangenheit der übrigen Mitglieder des Senates.

Die Beschwerde zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am