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VwGH vom 16.11.2011, 2009/17/0112

VwGH vom 16.11.2011, 2009/17/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und Hofrat Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des EE in Z, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Salzburg vom , Zl. UVS-33/10330/3- 2007 und UVS-33/10331/3-2007, betreffend Beschlagnahme nach § 53 Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Anlässlich einer Kontrolle am im C Casino wurden zwei "Pokertische" und ein "Beobachtungsroulettetisch" vorläufig in Beschlag genommen.

1.2. Mit Bescheid vom der Bezirkshauptmannschaft Zell am See wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die bescheidmäßige Beschlagnahme der zwei Pokertische und des Beobachtungsroulettetisches, gestützt auf das Salzburger Veranstaltungsgesetz 1997 und auf das Glücksspielgesetz, ausgesprochen.

1.3. Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen diesen Bescheid, in der er einerseits bestritt, dass an den beschlagnahmten Tischen Glücksspiele durchgeführt worden seien, und andererseits die Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestandes nach dem GSpG gegenüber § 168 StGB einwendete.

1.4. Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers erging der angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge gab, als die Beschlagnahme, soweit sie sich auf das Salzburger Veranstaltungsgesetz 1997 stützte, aufgehoben wurde. Im Übrigen wurde die Berufung mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des Beschlagnahmebescheides neu gefasst wurde.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass § 53 Abs. 2 GSpG voraussetze, dass Glücksspiele betrieben würden. Entsprechend § 1 Abs. 1 GSpG seien Glücksspiele "Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängen".

Der Beschwerdeführer habe sich darauf berufen, dass es sich bei den in seinem Casino durchgeführten Spielen um Beobachtungs- und Geschicklichkeitsspiele gehandelt habe.

Nach Wiedergabe der nach Auffassung der belangten Behörde maßgeblichen Rechtsvorschriften, insbesondere des § 53 GSpG, wird festgehalten, dass die beschlagnahmten Tische im Eigentum des Beschwerdeführers stünden. Der Beschwerdeführer habe selbst eingeräumt, dass "dort die Kartenspiele Poker sowie das Spiel 'Beobachtungsroulette'" durchgeführt worden seien. Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens seien im Betrieb des Beschwerdeführers die Kartenspiele "Karibian Poker" und "Two Aces" mit einem Mindesteinsatz von jeweils EUR 5,-- gespielt worden. Nach der jüngsten höchstgerichtlichen Judikatur handle es sich bei den Spielen Poker und "Beobachtungsroulette" um keine Geschicklichkeitsspiele, sondern um Glücksspiele, deren legale Durchführung nur mit einer Konzession nach dem Glücksspielgesetz und nur in konzessionierten Spielbanken zulässig sei (Hinweise auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/17/0201, und vom , Zl. 2004/05/0127).

Nach näherer Auseinandersetzung mit den Voraussetzungen für die Einziehung und den Verfall nach § 52 Abs. 2 GSpG und § 54 GSpG wird resümiert, dass somit die Voraussetzungen für eine Beschlagnahme der beiden Pokertische und des Roulettetisches als Eingriffsgegenstände gemäß § 53 Abs. 1 GSpG vorgelegen seien.

Zum Einwand, beim gegebenen Sachverhalt sei in erster Linie eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB gegeben und die Beschlagnahme durch die Verwaltungsbehörde daher rechtswidrig, wird entgegnet, dass dem Wesen der Beschlagnahme als vorläufige Sicherungsmaßnahme entsprechend für deren Anordnung nach § 53 Abs. 1 Z 1 GSpG der bloße Verdacht genüge, dass eine bestimmte Norm, deren Übertretung mit Verfall sanktioniert ist, übertreten worden sei. Ob letztendlich diese oder eine andere Norm verletzt worden sei, sei für die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme ohne Belang (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2004/05/0106). Die Verwaltungsbehörde habe bei der Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 GSpG nicht die Prüfung durch das zuständige Gericht bzw. die Staatsanwaltschaft vorwegzunehmen, ob der gegebene Sachverhalt auch einen gerichtlichen Tatbestand (§ 168 StGB) erfülle. Dies würde dem Sicherungszweck der vorläufigen Sicherungsmaßnahme zuwiderlaufen, zumal die Beantwortung der Frage, ob auch § 168 StGB erfüllt ist, in der Regel nicht sofort erkennbar und mit einem zusätzlichen Ermittlungsaufwand der Gerichte, der eine gewisse Zeit benötige, verbunden sei.

Die Verwaltungsbehörde habe im Verwaltungsstrafverfahren nach § 52 Abs. 1 GSpG eine allfällige Gerichtszuständigkeit zu beachten und gegebenenfalls das Verfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes über diese Frage auszusetzen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/17/0134).

1.5. Gegen diesen Bescheid - erkennbar nur gegen den die Berufung gegen die Beschlagnahme nach GSpG abweisenden Teil des Bescheids - richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.6. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Zunächst ist zu dem in der Gegenschrift der belangten Behörde erhobenen Einwand der Verspätung der Beschwerdeerhebung festzuhalten, dass die Beschwerde (erstmals) am zur Post gegeben wurde und insoferne rechtzeitig erhoben wurde (das von der belangten Behörde genannte Datum ist das Datum der Postaufgabe des Verbesserungsschriftsatzes).

2.2. Die Beschwerde macht zunächst geltend, die belangte Behörde habe nicht beachtet, dass beim gegebenen Sachverhalt in erster Linie an eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB und damit an ein gerichtliches Strafverfahren zu denken gewesen sei.

Zu diesem Vorbringen genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2011/17/0097, zu verweisen. Aus den dort angeführten Gründen trifft die Annahme der belangten Behörde zu, dass die Beschlagnahme nach § 53 GSpG bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen ungeachtet des Umstandes zulässig war, ob allenfalls auch eine Verletzung des § 168 StGB vorlag.

2.3. Die Beschwerde wendet sich weiters gegen die Annahme der belangten Behörde, die an den beschlagnahmten Tischen durchgeführten Spiele seien Glücksspiele.

Soweit in diesem Zusammenhang bezüglich des Spieles Two Aces ausgeführt wird, dass Gewinn oder Verlust nicht hauptsächlich in erster Linie und auch nicht ganz besonders zum größten Teil vom Zufall abhingen, ist auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, der zufolge der durch Sachverständige festgestellte Geschicklichkeitsanteil bei diesem Spiel nicht verhindere, dass dieses Spiel als Glücksspiel einzustufen sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/04/0138, und vom , Zl. 2008/17/0033). Die Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, ein Abgehen von dieser Rechtsprechung nahezulegen.

Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass - auch im Zeitpunkt ihrer Entscheidung - der Verdacht der fortgesetzten Übertretung des GSpG vorlag.

Soweit in der Beschwerde moniert wird, die belangte Behörde habe nicht näher begründet, weshalb sie es als "absolut notwendig" erachte, dass der "Spielapparat" für verfallen erklärt werde, genügt es, darauf hinzuweisen, dass es im vorliegenden Verfahren lediglich um die Beschlagnahme geht. Die Frage, ob der Verfall (oder wie hier die Einziehung nach § 54 GSpG) auszusprechen sein wird, ist nicht Gegenstand des Beschlagnahmeverfahrens.

Auch das Vorbringen hinsichtlich der nicht näher erläuterten (aus der Begründung ersichtlich aber auf ein Redaktionsversehen zurückzuführenden) Änderung der Datumsangabe betreffend die Kontrolle, auf Grund derer die Beschlagnahme durchgeführt wurde (die belangte Behörde wechselt ständig zwischen "29.11." und "29.12.", ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des vorliegenden Beschlagnahmebescheids aufzuzeigen. Es kann dahin gestellt bleiben, ob eine vergleichbare Fehlerhaftigkeit im Falle eines Strafbescheids wegen Verletzung des § 44a VStG zur Bescheidaufhebung führen müsste. Im Hinblick auf die sich aus der Begründung ergebende Offenkundigkeit, um welche Beschlagnahme es geht, aus der sich ergibt, dass das Versehen keinerlei Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers mit sich brachte, belastet die aufgezeigte Ungenauigkeit der Spruchfassung den angefochtenen Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit.

2.4. Soweit in der Beschwerde die Entwicklung der Rechtsauffassung von Bundesministerien zur Frage, ob und inwieweit bestimmte Spiele der Gewerbeordnung unterliegen, dargestellt wird, erübrigen sich weitere Überlegungen in diesem Zusammenhang angesichts des von der belangten Behörde zutreffend festgestellten Glücksspielcharakters der an den beschlagnahmten Tischen gespielten Spiele. Der Beschwerdeführer übersieht, dass das in der Beschwerde genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0002 u.a., sich auf die "Veranstaltung und Organisation von erlaubten Kartenspielen, bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, ohne Bankhalter", also gerade nicht auf Glücksspiele, die dem Glücksspielmonopol des Bundes unterliegen, bezog. Die Frage, ob Glücksspiele, die vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind, eines Gewerbescheins bedürfen oder nicht (nur um diese Frage ging es in dem auch in der Beschwerde genannten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/04/0002 und 0003 bis 0005 = VwSlg. 16.721/A) ist im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Spiel ein Glücksspiel ist oder nicht, nicht relevant Daher ist dieses Vorbringen nicht geeignet, einen relevanten, schuldausschließenden Rechtsirrtum des Beschwerdeführers darzutun (vgl. im Übrigen zur erforderlichen Sorgfalt bei der Information über die anwendbare Rechtslage die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/17/0238).

2.5. Zu den Beschwerdeausführungen zum Unionsrecht ist Folgendes auszuführen:

Der Beschwerdeführer hat sich in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid gegen die Qualifikation der durchgeführten Spiele als Glücksspiele im Sinne des GSpG gewendet. Darüber hinaus hat er die Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme unter Hinweis auf die vorliegende Strafbarkeit gemäß § 168 StGB bestritten. Es ist dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer darüber hinausgehende Ausführungen, insbesondere zu einem Sachverhalt, der auf die Anwendbarkeit des Unionsrechts hätte schließen lassen, im Verwaltungsstrafverfahren erstattet hat. Es wird auch in der Beschwerde nichts Derartiges behauptet (der Umstand, dass der Beschwerdeführer deutscher Staatsbürger ist und sich insofern auf die Grundfreiheiten nach Unionsrecht berufen könnte, ist zwar aus dem Verfahren vor dem EuGH in der Rechtssache C-64/08, Engelmann, amtsbekannt, wurde aber im hier gegenständlichen Verfahren nicht thematisiert).

Es ergibt sich somit, dass für die belangte Behörde kein Anhaltspunkt dafür bestand, dass - allenfalls auch von Amts wegen -

die Frage der Anwendbarkeit von Gemeinschaftsrecht (nunmehr Unionsrecht) zu prüfen gewesen wäre.

Mangels entsprechenden Vorbringens war die belangte Behörde nicht gehalten, etwaige weitere Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/17/0113).

2.6. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am

Fundstelle(n):
GAAAE-67840