VwGH vom 18.11.2008, 2007/15/0067
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der SW in D, vertreten durch den Sachwalter Walter Bösch, dieser vertreten durch Dr. Bernhard Ess, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Hirschgraben 14, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , GZ. RV/0271-F/06, betreffend Familienbeihilfe,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Versagung der Familienbeihilfe für den Zeitraum Dezember 2004 bis Mai 2005 richtet, als unzulässig zurückgewiesen;
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Versagung der Familienbeihilfe ab Juni 2005 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag der am geborenen Beschwerdeführerin, ihr die Familienbeihilfe ab zu gewähren, ab. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, die Familienbeihilfe werde für den Zeitraum bis nachbezahlt; weiters werde die Familienbeihilfe für den Zeitraum bis ausbezahlt. Ab dem könne die Familienbeihilfe nicht gewährt werden, weil die Beschwerdeführerin für den Unterhalt mit dem Lohn, Arbeitslosengeld oder der Pension überwiegend habe selbst aufkommen können. Dieser Bescheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.
2.1. Mit dem am beim Finanzamt eingelangten Schriftsatz beantragte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Sachwalter, die Gewährung der Familienbeihilfe ab Dezember 2004. Im verwendeten Formblatt "Beih. 1" ist dazu angegeben, die Beschwerdeführerin sei Vollwaise und erheblich behindert. Im Formblatt "Beih. 3" unter der Rubrik "bei dem Kind besteht folgende erhebliche Behinderung bzw. Erkrankung" wurde ergänzt, "siehe Kopie vom , geistige Behinderung, Epilepsie". Im Begleitschreiben dazu führte die Beschwerdeführerin aus, ihr sei mit eine Invaliditätspension mit Ausgleichszulage in der Höhe von insgesamt EUR 634,15 gewährt worden. Weitere Ansprüche wie etwa auf Sozialhilfe oder Wohnbeihilfe bestünden nicht. Sie lebe in einer Lebensgemeinschaft und teile sich mit ihrem Lebensgefährten die Kosten für Wohnraum, Betriebskosten etc. Eine Waisenrente nach dem verstorbenen Vater sei "abgefertigt" worden, weil die Wartezeit nicht erfüllt worden sei. Auf Grund ihres geringen Einkommens gelte die Beschwerdeführerin als nicht selbsterhaltungsfähig. Sie ersuche daher neuerlich, den Antrag auf Familienbeihilfe, beginnend ab Dezember 2004, zu prüfen.
Bei der im Formblatt "Beih. 3" angeführten Kopie vom handelt es sich um die Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom , der ein fachärztliches Sachverständigengutachten betreffend die Beschwerdeführerin vom angeschlossen ist.
2.2. Das Finanzamt wies mit Bescheid vom den Antrag vom auf Gewährung der Familienbeihilfe ab. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, über den Zeitraum bis sei mit Bescheid vom bereits entschieden worden. Dieser Bescheid sei rechtskräftig.
Maßgeblich für den Eigenanspruch eines Kindes auf Familienbeihilfe sei das Bestehen einer Unterhaltspflicht der Eltern. Wenn das Kind selbsterhaltungsfähig sei, bestehe keine Unterhaltspflicht der Eltern und somit bestehe auch kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Laut dem "Pflegschaftsbericht 2005" sei mit der "IV-Pension" und der Ausgleichszulage die "Versorgung des Lebens" gesichert. Die Beschwerdeführerin sei somit selbsterhaltungsfähig.
2.3. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, mit der Invaliditätspension werde der Grenzbetrag gemäß § 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (kurz: FLAG) von EUR 8.725,-- jährlich nicht überschritten. Es könne deshalb nicht von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgegangen werden. Das grundsätzliche Bestehen eines Unterhaltsanspruches gegen den verstorbenen Vater sei von der Pensionsversicherungsanstalt im Waisenrentenverfahren anerkannt worden. Die Waisenpension sei auf Grund der niedrigen Bemessungsgrundlage mit einem Betrag von EUR 1.187,03 abgefunden worden. Der Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin stehe auch entgegen, dass manche Arbeitsverhältnisse sogenannte geschützte Arbeitsverhältnisse gewesen seien und somit eine zumindest geminderte Selbsterhaltungsfähigkeit vorgelegen sei.
Dem Hinweis, dass für den Zeitraum vom bis eine rechtskräftige Entscheidung vorliege, sei entgegenzuhalten, dass durch den Abschluss des Pensionsverfahrens sich erst die Tatsachen herausgestellt hätten, welche eine abschließende rechtliche Beurteilung des Falles ermöglichten.
2.4. Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung als unbegründet ab. Dem Finanzamt sei mit Schreiben vom mitgeteilt worden, dass der Beschwerdeführerin eine Invaliditätspension inklusive Ausgleichszulage im Gesamtbetrag von EUR 634,15 gewährt worden sei. Ansprüche auf Sozialhilfe oder Wohnbeihilfe bestünden nicht. Die Beschwerdeführerin lebe in einer Lebensgemeinschaft und teile sich mit ihrem Lebensgefährten die Kosten für Wohnraum inklusive Betriebskosten. Im Schreiben vom sei dann mitgeteilt worden, dass die Beschwerdeführerin ab Juni 2006 die halbe Miete zahlen müsse, nachdem ihr Lebensgefährte für drei Monate die Miete allein bezahlt habe. Sie müsse allerdings für die nicht bezahlten Mietkosten für die vorige Wohnung ihres damaligen Lebensgefährten mit ihrer Mietkaution geradestehen.
Dem Pflegschaftsbericht vom sei auszugsweise Folgendes zu entnehmen:
"Einkünfte
Wohnbauhilfe vom Amt der Vbg. Landesregierung ab 07/02
monatlich EUR 292,74
Sozialhilfe der BH Dornbirn Miete/Nebenkosten, Lebensunterhalt, insges. EUR 160,56."
Im Schreiben vom sei bekannt gegeben worden, dass die Beschwerdeführerin seit gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten eine Mietwohnung bewohne und für die monatlichen Mietkosten gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten aufkomme. Teilweise werde, wenn der Lebensgefährte arbeitslos sei, auch Wohnbeihilfe bzw. Sozialhilfe bezahlt. Die BH Dornbirn habe die Sozialhilfe für Miete/Nebenkosten und Lebensunterhalt ab eingestellt, weil die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des Sozialhilferichtsatzes für Alleinstehende "und der vollen Miete" ab selbsterhaltungsfähig sei.
Der Sachwalter habe am mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin sich im Juni 2006 von ihrem Lebenspartner getrennt habe und derzeit im Haus der Hoffnung um EUR 462,-- monatlich in Vollpension lebe.
Strittig sei, ob die Bezieherin einer Invaliditätspension und einer Ausgleichszulage bei den gegebenen Verhältnissen selbsterhaltungsfähig sei.
Richtig sei, dass die Invaliditätspension samt Ausgleichszulage den Grenzbetrag von EUR 8.725,-- nicht übersteige und daher nicht zu beachten sei. Der unabhängige Finanzsenat habe in einer Berufungsentscheidung vom festgestellt, dass für den Eigenanspruch eines Kindes auf Familienbeihilfe maßgeblich sei, ob für das Kind noch überwiegend Unterhalt zu leisten sei. Dabei könne im Einzelfall unter Berücksichtigung der Einkünfte des Kindes, das auf Grund dieser konkreten Einkünfte im Stande sei, die seinen Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse aus eigenen Einkünften zu decken, ein eventueller Unterhaltsanspruch sich entsprechend vermindern oder letztlich gänzlich wegfallen. Die Beschwerdeführerin habe aus mehreren kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen Einkünfte erzielt, die über dem sogenannten Ausgleichszulagenrichtsatz gelegen seien. Im "berufungsgegenständlichen" Zeitraum habe die Beschwerdeführerin in Lebensgemeinschaften gelebt und die Miet- und Lebenshaltungskosten mit ihrem jeweiligen Lebenspartner geteilt. Auf Grund des Bezuges der Invaliditätspension samt Ausgleichszulage und der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit und im "berufungsgegenständlichen Zeitraum vom bis " in Lebensgemeinschaften gelebt habe, sei davon auszugehen, dass sie die ihren konkreten Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse aus den eigenen Einkünften habe decken können und somit selbsterhaltungsfähig sei. Die Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin sei im Zeitraum bis durch ihre Eigenpension samt Ausgleichszulage gegeben, auch wenn diese erst nachträglich zuerkannt worden sei. Dadurch würden sich keine Änderungen im Bescheid ergeben.
2.5. In dem als Berufung bezeichneten Vorlageantrag führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe im "berufungsgegenständlichen Zeitraum" weder Wohnbeihilfe noch Sozialhilfe (ab ) erhalten. Ihr monatliches Gesamteinkommen aus der Invaliditätspension und der Ausgleichszulage betrage EUR 634,15. Damit werde der Grenzbetrag von EUR 8.725,-- gemäß § 5 FLAG nicht erreicht. Die Annahme einer Selbsterhaltungsfähigkeit scheide daher aus.
Die Beschwerdeführerin sei vor dem "berufungsgegenständlichen Zeitraum" auf sogenannten geschützten Arbeitsplätzen beschäftigt worden. Seit habe sie nicht mehr untergebracht werden können. Trotz der zeitweiligen Arbeitstätigkeiten in geschützten Arbeitsplätzen könne auf Grund der vorliegenden Epilepsie der Beschwerdeführerin nicht auf die Fähigkeit geschlossen werden, dass sie sich selbst und dauernd den Unterhalt zu verschaffen vermöge. Der Bezug einer Invaliditätspension samt Ausgleichszulage hindere in keiner Weise die Zuerkennung der Familienbeihilfe. Die Beschwerdeführerin habe die Kosten für Miete und Betriebskosten für die mit ihren jeweiligen Lebensgefährten angemieteten Wohnungen im Ausmaß von 50 % zu tragen gehabt, und zwar bis einschließlich Februar 2005 monatlich EUR 189,--, ab Mai 2005 monatlich EUR 297,--, ab Oktober 2005 bis Ende Februar 2006 monatlich ca. EUR 200,-- und ab Februar 2006 bis zum Ende des "berufungsgegenständlichen Zeitraumes" monatlich EUR 140,-
-. Diese relativ niedrigen anteiligen Miet- und Betriebskosten seien darauf zurückzuführen, dass die Beschwerdeführerin mit ihren jeweiligen Lebensgefährten in einer Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnung gewohnt habe. Es habe sich um Substandardwohnungen gehandelt, sie habe sich auf Grund ihres Einkommens keine ihren Lebensverhältnissen angemessene Wohnung leisten können. Das Finanzamt habe aus dieser Wohnsituation und den angefallenen Kosten unrichtigerweise und unzulässigerweise den Schluss gezogen, dass die Selbsterhaltungsfähigkeit zu bejahen sei. Aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin die anteiligen Miet- und Betriebskosten in den für die angemessenen Bedürfnisse viel zu kleinen und zudem nicht mehr dem heutigen Stand entsprechenden Wohnungen habe bezahlen können, sei es unzulässig, den Schluss zu ziehen, dass die Beschwerdeführerin die ihren konkreten Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse aus den eigenen Einkünften habe decken können. Dies würde im Umkehrschluss nämlich dazu führen, dass Antragsteller auf Familienbeihilfe, die größere und adäquatere Wohnungen angemietet haben und gar nicht in der Lage seien, die Kosten hiefür aus den eigenen Einkünften zu decken, als nicht selbsterhaltungsfähig angesehen werden würden und in den Genuss der Familienbeihilfe gelangten. Hingegen würden jene Antragsteller auf Familienbeihilfe, die, wie die Beschwerdeführerin, unter massiven Einschränkungen der Wohnungs- und allgemeinen Lebensqualität versuchten, mit dem vorhandenen minimalen Einkommen auszukommen, keine Familienbeihilfe gewährt erhielten.
Es fehle auch jegliche Begründung dafür, welche Bedürfnisse für die konkreten Lebensverhältnisse der Beschwerdeführerin angemessen seien. Bei einem Gesamteinkommen von EUR 634,15 monatlich könnten die angemessenen Bedürfnisse einer 24-jährigen Frau keinesfalls gedeckt werden. Das Finanzamt lasse die allgemeinen und einfachen Lebenshaltungskosten wie Verpflegung, Kleidung, Frisör, Bus- und Bahnfahrten, Anschaffung von (gebrauchten) Einrichtungsgegenständen, etc. völlig außer Acht. Die Beschwerdeführerin sei im "berufungsgegenständlichen" Zeitraum schwanger gewesen; sie habe allerdings das Kind verloren. Sie sei genötigt gewesen, zusätzliche Kleidung für die Schwangerschaft anzuschaffen. Die monatlichen, zur Deckung der konkreten Lebensverhältnisse angemessenen Kosten einer 24-jährigen Frau könnten mit Sicherheit mit mindestens EUR 500,-- angesetzt werden, wobei allgemeine Kosten für soziale Bedürfnisse und zur Freizeitgestaltung überhaupt noch nicht berücksichtigt seien.
2.6. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach der Wiedergabe von Auszügen aus dem Verwaltungsakt führte sie im Erwägungsteil nach Gesetzeszitaten aus, über den Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum vom bis sei mit Bescheid vom abgesprochen worden. Dieser Bescheid sei rechtskräftig geworden. Das bedeute, dass noch über den Zeitraum vom bis abzusprechen sei. Es sei zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin die ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse tatsächlich aus eigenen Einkünften überwiegend oder zur Gänze selbst habe decken können. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, dass manche Arbeitsverhältnisse sogenannte geschützte Arbeitsverhältnisse gewesen seien und somit eine zumindest geminderte Selbsterhaltungsfähigkeit vorgelegen sei. Fest stehe aber, dass die Beschwerdeführerin vom 1. Juni bis steuerpflichtige Bezüge von brutto S 32.770,--, vom 1. Jänner bis EUR 2.996,08, vom 1. Jänner bis , S 61.900,--, vom 1. Jänner bis EUR 1.868,--, vom 1. Juni bis EUR 8.131,89, vom 1. Jänner bis EUR 12.290,08 und vom 2. Februar bis EUR 3.200,56 "erwirtschaftet" habe. Die Beschwerdeführerin sei mehrere Jahre bei verschiedenen Dienstgebern beschäftigt gewesen. In Anbetracht dieser Beschäftigungsverhältnisse könne daher nicht die Rede davon sein, dass die Beschwerdeführerin dauernd außer Stande gewesen sei, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Eine Forderung, dass sich der Vollwaise den Unterhalt mit den üblichen zum Erwerb normalerweise erforderlichen Mitteln bzw. unter den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Bedingungen verschaffen könne, sei dem Gesetz jedenfalls nicht zu entnehmen. Das bedeute aber auch, dass schon alleine diese Beschäftigungsverhältnisse der Beschwerdeführerin die für ihren Anspruch auf Familienbeihilfe notwendige Annahme widerlegten, sie wäre infolge ihrer Behinderung dauernd außer Stande gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Unbeachtlich sei der Einwurf, dass die Beschwerdeführerin auf sogenannten geschützten Arbeitsplätzen beschäftigt gewesen sei. Ein geschützter Arbeitsplatz sowie ein etwaiges Entgegenkommen des Arbeitgebers mögen zwar sozialversicherungsrechtlich von Relevanz sein, sprächen aber nicht gegen die Unfähigkeit, eine Erwerbsfähigkeit im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes auszuüben.
Zum Vorbringen im Vorlageantrag sei anzumerken, dass die Beschwerdeführerin wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich außer Stande sein hätte müssen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Das bedeute aber auch, dass der vom Finanzamt ins Treffen geführte Zeitraum bis einschließlich 2003 für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes wesentlich sei. Dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf den in § 5 FLAG genannten Betrag sei zu entgegnen, dass diese Bestimmung jenen Grenzbetrag aufzeige, bis zu welchem noch ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe. Es sei nicht strittig, dass diese Grenze nicht überschritten werde, weshalb der Einwand ins Leere gehe.
Um die Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin auch von der Einnahmen-Ausgaben-Seite her prüfen zu können, seien sämtliche von ihr zu tragenden Kosten, so auch die im Vorlageantrag angegebenen Miet- und Betriebskosten, in die Berechnung miteinzubeziehen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin sei auf die den konkreten Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse abzustellen. Dazu sei auch noch zu erwähnen, dass bei den gegebenen Voraussetzungen die sicherlich gewährte Mietzins- bzw. Wohnbeihilfe berücksichtigt werden müsste.
Der Maßstab für die Kosten einer bescheidenen Lebensführung sei nach der Rechtsprechung des OGH das Existenzminimum nach der jeweils geltenden Existenzminimumverordnung. Die Höhe des Existenzminimums und auch der Mindestbetrag des Arbeitslosengeldes orientierten sich an den für das jeweilige Kalenderjahr geltenden Ausgleichszulagenrichtsätzen des § 293 ASVG. Diese Richtsätze hätten im Jahr 2004 EUR 653,19, im Jahr 2005 EUR 662,99 und im Jahr 2006 EUR 690,-- betragen.
Die Beschwerdeführerin habe zusätzlich zu den von ihr genannten Wohnungskosten rein hypothetisch einen Mindestrichtsatz von EUR 500,-- monatlich für weitere allgemeine und einfache Lebenshaltungskosten angesetzt. Zusätzlich würden noch Kosten der Befriedigung höchstpersönlicher Bedürfnisse zu berücksichtigen sein. Selbst wenn dieser behauptete monatlichen Betrag von EUR 500,-- für weitere Bedürfnisse der Beschwerdeführerin bei einer Gegenüberstellung der Einnahmen mit den Ausgaben Berücksichtigung finden würde, ginge hieraus eindeutig hervor, dass die Beschwerdeführerin zumindest überwiegend die ihren konkreten Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse aus eigenen Einkünften habe bestreiten können. Nachdem es sich aber um einen rein hypothetischen Ansatz handle, sei dieser nicht in die Berechnung einzubeziehen. Im Übrigen habe der Begünstigungswerber die Umstände darzulegen, auf die "die abgabenrechtliche Begünstigung" gestützt werden könne.
Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass eine Selbsterhaltungsfähigkeit der Beschwerdeführerin im berufungsanhängigen Zeitraum gegeben gewesen sei.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Gewährung der Familienbeihilfe ab verletzt.
Die Entscheidung über die Gewährung von monatlich wiederkehrenden Leistungen ist ein zeitraumbezogener Abspruch. Ein derartiger Ausspruch gilt mangels eines im Bescheid festgelegten Endzeitpunktes für den Zeitraum, in dem die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse keine Änderung erfahren, jedenfalls aber bis zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 91/08/0004, und vom , 2000/11/0015).
Im Beschwerdefall hat nun das Finanzamt mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab abgewiesen. Mit diesem unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Bescheid wurde somit über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Familienbeihilfe bis entschieden.
Mit ihrem am beim Finanzamt eingelangten Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab Dezember 2004 hat die Beschwerdeführerin diesen bereits rechtskräftigen Abspruch ignoriert. Das Finanzamt hat aber den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe ab wiederum abgewiesen. Die belangte Behörde hat diesen Spruch dadurch, dass sie die Berufung als unbegründet abgewiesen hat, übernommen. Sohin ist festzustellen, dass über den Anspruch auf Familienbeihilfe vom Dezember 2004 bis Mai 2005 zweifach abschlägig entschieden worden ist. Eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes ist in diesem Zeitraum - wie sich aus der Begründung des Bescheides vom und der Berufungsvorentscheidung ergibt - nicht eingetreten. Die belangte Behörde hätte die Berufung insoweit nicht abweisen dürfen, sondern den bekämpften Bescheid dahingehend abändern müssen, dass der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe vom Dezember 2004 bis Mai 2005 zurückgewiesen wird. Durch die Unterlassung dieser gebotenen Abänderung wurde in die Rechte der Beschwerdeführerin allerdings nicht eingegriffen. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unzulässig und war in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Zum Zeitraum Juni 2005 bis Mai 2006:
Die Beschwerdeführerin bezeichnet sich in ihrem Antrag als Vollwaise, auch die belangte Behörde geht in der Begründung ihres Bescheides davon aus.
§ 6 FLAG regelt in den Absätzen 1 bis 4 den Anspruch der minderjährigen und volljährigen Waisen auf Gewährung der Familienbeihilfe.
Sowohl Vollwaisen als auch Kinder im Sinne des § 6 Abs. 5 FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG, wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 27. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außer Stande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, und sich in keiner Anstaltspflege befinden.
Nach § 8 Abs. 6 FLAG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I 2002/105 (welche Bestimmung nach § 50 s Abs. 1 leg. cit. mit in Kraft getreten ist) ist der Grad der Behinderung über die voraussichtliche dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die Beihilfenbehörden haben bei ihrer Entscheidung jedenfalls von dieser durch ärztliche Gutachten untermauerten Bescheinigung auszugehen und können von ihr nur nach entsprechend qualifizierter Auseinandersetzung abgehen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 700/07). Die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Judikatur, wonach eine mehrjährige berufliche Tätigkeit des Kindes die für den Anspruch auf Familienbeihilfe notwendige Annahme, das Kind sei infolge seiner Behinderung nicht in der Lage gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, widerlege, hat im Rahmen der durch das Bundesgesetz, BGBl. I 2002/105, geschaffenen neuen Rechtslage (ab ) keinen Anwendungsbereich.
Die belangte Behörde hat, ohne ein entsprechendes Gutachten einzuholen oder auf das von der Beschwerdeführerin mit dem Antrag vorgelegte Gutachten Bezug zu nehmen, lediglich auf Grund der festgestellten Beschäftigungszeiten der Beschwerdeführerin geschlossen, dass diese die für ihren Anspruch auf Familienbeihilfe notwendige Annahme widerlegten, sie wäre infolge ihrer Behinderung dauernd außer Stande gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Mit dieser Vorgangsweise hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.
Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am