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VwGH vom 16.12.2010, 2007/15/0026

VwGH vom 16.12.2010, 2007/15/0026

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde 1. der E M in S 2. des C M in S und 3. der K M in S, alle vertreten durch Dr. Ernst Fiedler, Dr. Bernd Illichmann und Dr. Andreas Pfeiffer, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Dr.-Franz-Rehrl-Platz 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. RV/0079-S/05, betreffend Haftung für Lohnsteuer für 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die X KG räumte ihrem Dienstnehmer Herbert M im Jänner 1967 die nachstehend auszugsweise wiedergegebene Versorgungszusage ein:

"Versorgungszusage

In Anerkennung Ihrer für die (X KG) geleisteten Dienste und Ihrer treuen Mitarbeit gewähren wir Ihnen, unbeschadet Ihres Rechtes auf eine gesetzliche Abfertigung gemäß den Bestimmungen des Angestelltengesetzes, im Rahmen der Richtlinien dieser Urkunde eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung durch ein Versorgungskapital von S 100.000.-- (einhunderttausend).

Wir freuen uns, Ihnen durch eine Versorgung unseren Dank für Ihre Mitarbeit und unsere Anteilnahme für Ihr Wohlergehen zum Ausdruck bringen zu können.

Versorgungsrichtlinien

I. Altersversorgung

Sie erhalten ab Vollendung des 60. Lebensjahres, frühestens bei Beendigung des Dienstverhältnisses, eine Pension im Barwert von S 100.000.--. Die Höhe der Pension richtet sich nach den bei Fälligkeit dieser Leistung geltenden Tarifen für Rentenoptionen der Versicherungsanstalt, bei welcher gemäß Punkt V eine Rückdeckungsversicherung abgeschlossen wird (angewendet auf den zugesagten Versorgungsbetrag).

Sie, bzw. Ihre gemäß Punkt II berechtigten Hinterbliebenen, können an Stelle dieser Rente den Barwert der Versorgungsleistung ansprechen.

II. Hinterbliebenenversorgung

Wird das Dienstverhältnis durch Ihren Tod vorzeitig aufgelöst, so gelangt die gleiche Summe an Ihre Erben zur Auszahlung. Bei Unfalltod wird die doppelte Versicherungssumme (Punkt V) ausgezahlt. Liegt ein Testament nicht vor, so sind die gesetzlichen Erben maßgebend.

...

V. Rückdeckung

Die Verpflichtung aus dieser Zusage wird durch einen auf Ihr Leben abgestellten Versicherungsvertrag rückgedeckt; alle Ansprüche aus diesem Versicherungsvertrag stehen ausschließlich uns zu. Sie sind verpflichtet, alle hiefür erforderlichen Angaben zu machen und sich gegebenenfalls ärztlich untersuchen zu lassen.

Gewinnanteile aus der Rückdeckungsversicherung, sowie höhere Leistungen des Versicherers auf Grund der Indexklausel (Wertsicherung), die uns im Versicherungsfalle bzw. bei Beendigung der Versicherung zufließen, werden wir Ihnen, bzw. Ihren in Punkt II genannten Hinterbliebenen gleichfalls zuführen."

Aufgrund der Versorgungszusage schloss die X KG eine Er- und Ablebensversicherung ab, bei der Herbert M als Versicherter und die X KG als Bezugsberechtigte aufschienen. Herbert M verstarb 1995. Bis zu diesem Zeitpunkt war sein Dienstverhältnis mit der X KG noch aufrecht. Der Bruttobarwert der zugesagten Pension belief sich zum Zeitpunkt des Todes auf 376.275 S und wurde mit dem Nettobetrag von 345.608,59 S an die Erben von Herbert M ausbezahlt.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, dass die Lohnsteuer für die in Rede stehende Versorgungsleistung teils nach § 67 Abs. 6 EStG 1988 mit 6%, im Übrigen (hinsichtlich des Betrages von 185.900 S) nach § 67 Abs. 8 lit. b leg. cit. mit dem Hälftesteuersatz berechnet worden sei, und vertrat die Auffassung, der an die Hinterbliebenen ausbezahlte Betrag sei nicht nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 zu versteuern, weil den Hinterbliebenen keine Pension, sondern die Auszahlung der Versicherungssumme zugesagt worden sei.

Das Finanzamt folgte dem Prüfer und schrieb der X KG mit einem Haftungsbescheid die entsprechend höhere Lohnsteuer vor.

Die X KG berief gegen den angeführten Bescheid und brachte vor, der Prüfer spalte die gegenständliche Versorgungszusage in eine Zusage an Herbert M und eine Zusage an die Hinterbliebenen auf und unterstelle, den Hinterbliebenen sei keine Auszahlung in Rentenform zugesagt worden. Die Versorgungszusage an Herbert M könne auch dergestalt interpretiert werden, dass ebenso wie bei einer Direktzahlung an ihn auch bei Zahlungen an die Hinterbliebenen ein Wahlrecht auf Auszahlung einer Rente oder einer Einmalabfindung bestanden habe. In Punkt I der Versorgungsrichtlinie werde vorerst festgehalten, dass Herbert M ab Vollendung des 60. Lebensjahres eine Pension erhalten solle. In weiterer Folge werde Herbert M bzw. seinen Hinterbliebenen das Recht eingeräumt, anstelle der Rente den Barwert der Versorgungsleistung in Anspruch zu nehmen. In Punkt II der Richtlinie sei die Auszahlung der doppelten Versicherungssumme bei Unfalltod vorgesehen. Die Vereinbarung der Auszahlung einer Summe bedeute jedoch nicht zwingend die Auszahlung eines Einmalbetrages. Die Zusage laute generell auf Zahlungen in Rentenform und sehe für bestimmte Fälle ein Wahlrecht vor. Ein solches Wahlrecht sei für die begünstigte Besteuerung nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 nicht schädlich.

Die Beschwerdeführer (Erben nach Herbert M) traten der Berufung der X KG bei und brachten vor, in der Versorgungsrichtlinie sei unter Punkt I unmissverständlich von einer Pension die Rede, sowie davon, dass Herbert M ebenso wie die Hinterbliebenen an Stelle der Rente den Barwert der Versicherungsleistung ansprechen könnten. Die Pensionsberechtigung sei im Zeitpunkt des Ablebens von Herbert M entstanden. Die von den Hinterbliebenen gewählte Form der Auszahlung als Einmalzahlung sei als Disposition über eine bestehende Pensionsberechtigung zu qualifizieren, weshalb die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 erfüllt seien.

Die Berufung wurde von der seinerzeit zuständigen Finanzlandesdirektion mit Bescheid vom , RV366/1- 9/99, als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid wurde von den Beschwerdeführern beim Verwaltungsgerichtshof angefochten. Die Beschwerde wurde mit Beschluss vom , 2001/15/0160, unter Hinweis auf § 93 Abs. 2 BAO zurückgewiesen, weil weder den behördlichen Erledigungen noch dem angefochtenen Bescheid die Anzahl und die Namen der Beschwerdeführer (Erben nach Herbert M) entnommen werden konnten.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung wiederum als unbegründet abgewiesen.

Herbert M sei vor Vollendung des 60. Lebensjahres bei noch aufrechtem Dienstverhältnis verstorben, weshalb Punkt II der Versorgungsrichtlinie, der nur die Auszahlung des Versorgungskapitals an die Hinterbliebenen vorsehe, anzuwenden sei. Punkt I der Versorgungsrichtlinie, der auch den Hinterbliebenen ein Wahlrecht zwischen Rente und Barwert der Versorgungszusage einräume, gelte nur für den Fall der gegenständlich unbeachtlichen Altersversorgung.

Die Besteuerung nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 setze voraus, dass ein - auf Rente lautender - Pensionsanspruch bereits entstanden sei und abgefunden werde. Die hier strittige Zahlung sei nicht in Abgeltung eines Anspruches auf Pensionszahlung geleistet worden, weil ein solcher noch gar nicht bestanden habe. Der Ansicht der Beschwerdeführer, der Pensionsanspruch sei zum Zeitpunkt des Ablebens von Herbert M entstanden und die von den Hinterbliebenen gewählte Form der Auszahlung als Einmalzahlungen stelle die Disposition über einen Pensionsanspruch dar, könne die belangte Behörde nicht folgen. Nach Punkt I der Versorgungsrichtlinie wäre der Pensionsanfall erst ab Vollendung des 60. Lebensjahres von Herbert M, frühestens bei Beendigung des Dienstverhältnisses, eingetreten. Vor diesem Hintergrund sei nicht nachvollziehbar, warum die "Pensionsberechtigung bereits im Zeitpunkt des Ablebens von (Herbert M) bei aufrechtem Dienstverhältnis" entstanden sein soll.

Der Verwaltungsgerichtshof habe sich im Erkenntnis vom , 97/15/0219, mit einer Versorgungszusage auseinandergesetzt und ausgesprochen: "Es ist unbestritten, dass

den Hinterbliebenen nach ... ein primärer Kapitalanspruch

eingeräumt war. Selbst wenn ihnen auch eine Rentenoption eingeräumt gewesen wäre, ist diese nicht ausgeübt worden. Die strittigen Zahlungen sind aufgrund des (primären) Kapitalanspruches, nicht jedoch in Abgeltung eines gar nicht geltend gemachten Anspruches auf Rentenzahlung geleistet worden. Solcherart kann von der Abfindung eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung keine Rede sein. Im gegebenen Zusammenhang kommt es daher gar nicht darauf an, ob die Versorgungsvereinbarung den Hinterbliebenen eine Rentenoption eingeräumt hätte oder nicht."

Selbst wenn man vom Vorliegen eines den Beschwerdeführern eingeräumten Wahlrechts zwischen einer Abfindung in Rentenform und dem Barwert der Versorgungsleistung ausginge, wäre für die Beschwerdeführer nichts gewonnen, weil weder der Aktenlage noch dem Berufungsvorbringen zu entnehmen sei, dass die Beschwerdeführer "ein Optionsrecht ausgeübt und sich dann über eine Abfindung geeinigt hätten".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Die Beschwerde trägt vor, die gegenständliche Versorgungszusage räume Herbert M und den berechtigten Hinterbliebenen primär eine Rente ein. In Punkt I. der Versorgungsrichtlinie werde ausdrücklich auf die gemäß Punkt II. berechtigten Hinterbliebenen Bezug genommen und festgehalten, dass diese anstelle der Rente auch den Barwert der Versorgungsleistung ansprechen könnten. Bereits aus dieser klaren Formulierung - deren Wiederholung in Punkt II. nicht erforderlich erscheine - gehe hervor, dass den berechtigten Hinterbliebenen in jedem Fall ein Wahlrecht eingeräumt werde. Punkt II. der Versorgungsrichtlinie könne nicht isoliert betrachtet werden. Dass mit dem Begriff der "gleiche Summe" nur das Recht auf Leistung eines Einmalbetrages gemeint sein könne, sei nachweislich unrichtig. Dieser Begriff könne sich nur auf das zuvor genannte Versorgungskapital von 100.000 S beziehen, das rechnerische Grundlage für die Ermittlung der Höhe des jeweiligen Anspruches sei und niemals eine Summe darstelle, die den Anspruch selbst beziffern würde. Auch ein Pensionsanspruch sei gegeben. Dieser sei im Zeitpunkt des Ablebens von Herbert M, mit dem das Dienstverhältnis vorzeitig beendet worden sei, entstanden. Die Erben nach Herbert M hätten in weiterer Folge über den Pensionsanspruch entsprechend ihrem Wahlrecht disponiert und eine Auszahlung in Form einer Einmalzahlung gewählt. Das von der belangten Behörde ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei im Streitfall nicht einschlägig, weil den Beschwerdeführern primär ein Anspruch auf Auszahlung einer Pension eingeräumt worden sei und erst subsidiär, nämlich eindeutig als Wahlrecht formuliert, der Anspruch auf Leistung eines Einmalbetrages.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Wenn es zutrifft, dass den Beschwerdeführern (Hinterbliebenen nach Herbert M) ein Wahlrecht dahingehend eingeräumt wurde, dass sie anstelle der Rente den Barwert der Herbert M zugesagten Versorgungsleistung ansprechen können, ist für diese nichts gewonnen. Ausgehend von den Ausführungen in der Beschwerde haben sie über ihren Anspruch entsprechend ihrem Wahlrecht disponiert und eine Auszahlung in Form einer Einmalzahlung gewählt. Die strittigen Zahlungen sind demnach aufgrund des (wahlweise bestehenden) Kapitalanspruches und nicht in Abgeltung eines gar nicht geltend gemachten Anspruches auf Rentenzahlung geleistet worden. Solcherart kann aber - wie von der belangten Behörde zutreffend erkannt - von der Abfindung eines Anspruches auf rentenmäßige Zahlung keine Rede sein.

Die Beschwerdeführer wurden somit nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass die aufgrund der Versorgungsvereinbarung geleisteten Zahlungen nicht nach § 67 Abs. 8 lit. b EStG 1988 in den für den Strafzeitraum geltenden Fassungen besteuert worden sind, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am