VwGH vom 27.04.2011, 2007/13/0134
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde der R GmbH in W, vertreten durch Dr. Andreas Frank, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Albertgasse 6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/100,418-W/06, betreffend Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer für das Jahr 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der beschwerdeführenden GmbH, die im Streitjahr u.a. den An- und Verkauf von Immobilien zum Geschäftsgegenstand hatte, war R. Ü. als Alleingesellschafterin beteiligt, die auch die Funktion als Geschäftsführerin ausübte. Im Betrieb der Beschwerdeführerin fand im Jahr 2003 eine Außenprüfung nach § 147 Abs. 1 BAO statt. Dem Prüfungsbericht ist zu entnehmen, dass R. Ü. auch Geschäftsführerin und Gesellschafterin weiterer Gesellschaften war, die ebenfalls im Immobiliengeschäft tätig waren, und außerdem ein Unternehmen der "Hausverwaltung" (im Folgenden: Hausverwaltung Ü.) führte. Der Prüfer nahm eine Kürzung des Wareneinsatzes in Bezug auf eine von der Beschwerdeführerin Ende September 2001 erworbene (und von ihr Ende Dezember 2001 wieder weiterverkaufte) bebaute Liegenschaft O. A.-Gasse 20-24 (im Folgenden nur: Liegenschaft) vor, indem er zusätzlich zum Kaufpreis von 9 Mio. S geltend gemachte Nebenkosten aus dem Titel einer Schuldübernahme in Höhe von 2,083.500 S offener Verbindlichkeiten der Verkäuferin der Liegenschaft (O. GmbH) gegenüber der Hausverwaltung Ü. (die nicht im Kaufvertrag vom festgehalten worden sei und für die auch keine Grunderwerbsteuer bezahlt worden sei) nicht als betrieblich veranlasst anerkannte. Weiters kürzte der Prüfer den Wareneinsatz um die Beträge verschiedener Baurechnungen (u.a. betreffend einen "Fenstertausch" in Höhe von 468.000 S). Insgesamt wertete der Prüfer die Kürzung des Wareneinsatzes auch als verdeckte Ausschüttungen nach § 8 Abs. 2 KStG 1988.
Die erwähnten Kürzungen des Wareneinsatzes bilden den Streitpunkt des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
In den Erwägungen des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde zum "Kaufpreis der Liegenschaft" aus, dass die Beschwerdeführerin über den im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis von 9 Mio. S hinaus die Berücksichtigung eines Aufwandes von rund 2 Mio. S aus der Übernahme von Schulden aus nicht beglichenen Hausverwaltungskosten der Verkäuferin der Liegenschaft gegenüber der Hausverwaltung Ü. für Zeiträume vor dem Erwerb der Liegenschaft geltend gemacht habe. Aus dem Kaufvertrag ergebe sich, dass sich die Vertragsparteien nur über den vereinbarten Kaufpreis von 9 Mio. S geeinigt hätten, wobei die Verkäuferin dafür gehaftet habe, dass die Liegenschaft vollkommen schuld- und lastenfrei in den grundbücherlichen Besitz der Beschwerdeführerin übergehe. Weiters sei von der belangten Behörde die Aussage des auf der Verkäuferseite mit der Abwicklung des Geschäftes betrauten A. H. zu würdigen gewesen, der ausdrücklich den im Kaufvertrag genannten Kaufpreis von 9 Mio. S genannt habe. Die Kosten aus der Hausverwaltung der Liegenschaft mögen zwar durchaus angefallen sein, eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Kostentragung lasse sich jedoch aus dem Kaufvertrag nicht ableiten. Zum "Beweis der Schuldübernahme der aufgelaufenen Hausverwaltungskosten" habe die Beschwerdeführerin (erst) im Berufungsverfahren einen mit datierten so genannten "Sideletter" in Kopie vorgelegt. Dieser habe einerseits das Anerkenntnis der Verkäuferin enthalten, dass sie der Hausverwaltung Ü. einen "Debetsaldo per in Höhe von S 2,083.500,00 schulde", wobei diese Schuld mit den Kosten für Hausverwaltungstätigkeiten sowie "für Planung, Dachgeschoß, Erwirkung von Baubewilligungsbescheiden sowie Kostenersatz von Ausmietungen und Grunderwerbsteuer" konkretisiert worden sei. Andererseits habe der "Sideletter" die Beschwerdeführerin zur Anerkennung dieses Saldos der Hausverwaltung Ü. gegenüber und zur Zahlung dieser Schuld verpflichten sollen. Abgesehen davon, dass an dieser Vereinbarung bemerkenswert sei, dass "bereits am der exakte Debetsaldo von S 2,083.500,00 zum feststeht", könne der behaupteten Vereinbarung nur der Status einer Absichtserklärung der Verkäuferin unterstellt werden. Die vorgelegte Kopie des Sideletters trage nur die Unterschrift ihres Geschäftsführers. Eine beabsichtigte befreiende Schuldübernahme durch die Beschwerdeführerin hätte als Vertrag zwischen Alt- und Neuschuldner die Unterschrift des Neuschuldners und zudem die Zustimmung des Gläubigers erfordert, die ebenfalls in Schriftform zu dokumentieren gewesen wäre (vgl. § 1405 ABGB). Da nach den Behauptungen der Beschwerdeführerin der Umstand der Schuldübernahme bereits vor dem Erwerb der Liegenschaft festgestanden sei, hätte es sich jedenfalls angeboten, anstelle einer für die Schuldübernehmerin unverbindlichen Absichtserklärung anlässlich der Vertragsgestaltung entsprechende Vertragsbestimmungen vorzusehen. Die Frage der tatsächlichen Kostentragung für den Zeitraum bis zur Gültigkeit des Kaufvertrages sei im Verhältnis zwischen der Hausverwaltung Ü. und der Verkäuferin zu klären gewesen und könne nicht der Beschwerdeführerin als Betriebsausgabe angelastet werden. Die im strittigen Schuldübernahmebetrag enthaltene, von der Beschwerdeführerin ebenfalls als Betriebsaufwand geltend gemachte Grunderwerbsteuerschuld in Höhe von 479.000 S habe den Erwerb der Liegenschaft seitens der Verkäuferin (von deren Voreigentümerin) betroffen. Diese Grunderwerbsteuer habe die Verkäuferin aus dem von ihr getätigten Ankauf zu tragen gehabt. Dies gehe auch aus einem Schreiben der Hausverwaltung Ü. vom an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern hervor, in dem die Hausverwaltung Ü. für die Verkäuferin um Ratenzahlungen angesucht habe. Wie die Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin und "gleichzeitig Hausverwalterin" in der mündlichen Berufungsverhandlung mitgeteilt habe, sei die Hausverwaltung Ü. mit den Zahlungen in Vorlage getreten und habe diese Raten auch bezahlt (aus den übergebenen Zahlungsbelegen "geht hiezu hervor, dass die Ratenzahlungen beginnend mit Februar 2000 geleistet wurden, also noch lange vor dem Erwerb durch die (Beschwerdeführerin)."). Damit stehe fest, dass die Verkäuferin die Grunderwerbsteuer aus dem Vorerwerb zu leisten gehabt habe und für die Verkäuferin auch geleistet worden sei. R. Ü. habe jedoch in ihrer "Doppelfunktion als Hausverwalterin der (Verkäuferin) und Gesellschafter-Geschäftsführerin der (Beschwerdeführerin)" versucht, diese der Beschwerdeführerin anzulasten.
Zu den Ausgaben betreffend einen "Fenstertausch" (Eingangsrechnung vom in Höhe von brutto 468.000 S) stehe für die belangte Behörde auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens fest, dass ein solcher Fenstertausch in der Zeit, in der die Beschwerdeführerin Eigentümerin der Liegenschaft gewesen sei, nicht stattgefunden habe. Dem beantragten Aufwand könne damit auch nicht die Betriebsausgabeneigenschaft zuerkannt werden. Neben Unklarheiten zu den (über die Hausverwaltung Ü. erfolgten) Zahlungsvorgängen stellte die belangte Behörde u.a. dar, dass selbst in der mündlichen Berufungsverhandlung keine eindeutigen Angaben zu dem strittigen Fenstertausch erfolgt seien. Weiters habe sich aus dem Firmenbuchakt zum Bauunternehmen ergeben, dass der Geschäftsführer im zweiten Halbjahr 2001 (somit zur Zeit der behaupteten Abwicklung der Aufträge) am im Inland gelegenen Hauptwohnsitz nicht erreichbar gewesen sei (lt. Meldeauskunft sei handschriftlich ein weiterer Wohnsitz in Kroatien vermerkt). Zudem sei es auch für die belangte Behörde nicht möglich gewesen, den Geschäftsführer zu einer Aussage zum behaupteten Auftrag zu erreichen und auch die Beschwerdeführerin habe nach Mitteilung dieses Umstandes keine aktuelle Adresse des beantragten Zeugen nennen können. Überdies seien der Zeugenaussage des bei der Hausverwaltung Ü. beschäftigten A. H. keine Angaben über einen konkreten Fensteraustausch zu entnehmen gewesen, obwohl "ein solcher, hätte er tatsächlich stattgefunden, einem damit befassten Angestellten sicher in Erinnerung geblieben wäre".
Zur Wertung der Einsatzverkürzungen als verdeckte Ausschüttungen gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 und zur diesbezüglich erfolgten Vorschreibung der Kapitalertragsteuer an die Beschwerdeführerin führte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass die Vorteile aus der Geltendmachung der strittigen Betriebsausgaben der Alleingesellschafterin zugekommen seien und sie damit "ihr fehlgeschlagenes rechtlichwirtschaftliches Handeln im Rahmen des Inkassos des ausstehenden Hausverwaltungsaufwandes der (Liegenschaft) und der Ratenzahlung der den Vorerwerb betreffenden Grunderwerbsteuer auszugleichen suchte". Die vermeintlichen Kosten eines Fenstertausches geltend zu machen, sei für R. Ü. als Gesellschafter-Geschäftsführerin der Beschwerdeführerin im zeitlichen Umfeld des Ankaufes und des Verkaufes der Liegenschaft eine unzulässige Möglichkeit gewesen, Liquiditätsprobleme zu bewältigen. Ob sie diese Mittel tatsächlich "ad personam oder in der Hausverwaltung" zum weiteren Einsatz gebracht habe, stelle eine Frage der Einkommensverwendung dar und sei im vorliegenden Verfahren nicht weiter zu untersuchen gewesen. Da die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren zur Kapitalertragsteuer kein anderes Vorbringen als in der Berufung zur Körperschaftsteuer erstattet habe, sei die Berufung daher auch in diesem Punkt abzuweisen gewesen.
In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht der Geltendmachung der verfahrensgegenständlichen Aufwendungen und Nichtberücksichtigung der übernommenen Zahlungsverpflichtungen als Betriebsausgaben, wie insbesondere der Zahlung der Grunderwerbsteuer aus dem Ankauf der (Liegenschaft) verletzt".
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die Beweiswürdigung unterliegt insoweit der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes, als zu beurteilen ist, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist oder ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, sie also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut bzw. den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen. Ob die Beweiswürdigung materiell richtig ist, also ob sie mit der objektiven Wahrheit übereinstimmt, entzieht sich hingegen der Überprüfung durch den Gerichtshof (vgl. Ritz , BAO3, § 167 Tz 10, mwN).
Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde Zahlungen unter dem Titel übernommener Schulden der Verkäuferin der Liegenschaft sowie betreffend Baurechnungen ("Fenstertausch") nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt, weil sie insoweit keine betriebliche, sondern eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung (verdeckte Ausschüttungen nach § 8 Abs. 2 KStG 1988) als gegeben erachtete.
In der Beschwerde wird gerügt, die belangte Behörde habe die von der Betriebsprüfung übernommenen Änderungen der Bemessungsgrundlage als verdeckte Ausschüttung gewertet, jedoch "in keinster Weise" darauf Bedacht genommen, ob einem Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person überhaupt ein Vorteil der Geldflüsse zugekommen sei.
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, dass die belangte Behörde die strittigen Zahlungen der Beschwerdeführerin ausdrücklich als Vorteilszuwendungen an ihre Alleingesellschafterin qualifiziert hat (womit sie einerseits ihr fehlgeschlagenes Bemühen im Rahmen des Inkassos des ausstehenden Hausverwaltungsaufwandes und der Vorfinanzierung der Grunderwerbsteuer gegenüber der Verkäuferin der Liegenschaft auszugleichen und andererseits mit den vermeintlichen Kosten des "Fenstertausches" Liquiditätsprobleme zu lösen versucht habe).
Die Beschwerde geht auf diese Ausführungen nicht ein, wie sie sich auch sonst nicht mit den Erwägungen der belangten Behörde konkret auseinander setzt. So hat die belangte Behörde beispielsweise zur Bezahlung der Grunderwerbsteuer der Verkäuferin (in Höhe von 479.000 S) festgestellt, dass dafür die Hausverwaltung Ü. in Vorlage getreten sei und bereits vor dem Erwerb der Liegenschaft durch die Beschwerdeführerin Ratenzahlungen an das Finanzamt geleistet habe. Die Beschwerde entfernt sich damit in unzulässiger Weise von dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt, wenn sie, ohne Auseinandersetzung mit den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, vorbringt, die Bezahlung der (in der übernommenen Zahlungsverpflichtung von 2,083.500 S enthaltenen) Grunderwerbsteuer der Voreigentümerin sei erst aus dem Verkaufserlös des Kaufvertrages vom über den Weiterverkauf der Liegenschaft durch die Beschwerdeführerin (über einen als Treuhänder fungierenden Rechtsanwalt) an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern erfolgt. Nicht stichhältig ist damit auch das Beschwerdevorbringen, wonach die Erfüllung der Verpflichtung aus der "Vereinbarung vom " in Form der Bezahlung der übernommenen Grunderwerbsteuer von 479.000 S deshalb notwendig gewesen sei, um die für die Einverleibung des Eigentumsrechts im Zuge des Weiterverkaufs der Liegenschaft notwendige Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes nach § 160 Abs. 1 BAO zu erhalten.
Die belangte Behörde hat weiters im Einzelnen dargelegt, weshalb sie den erst im Berufungsverfahren im Rahmen eines so genannten "Sideletters" vom schriftlich festgehaltenen Vereinbarungen zur Schuldübernahme keinen Glauben geschenkt hat (so etwa kein Hinweis auf eine Schuldübernahme im Kaufvertrag, Gestaltung des "Sideletters" nur allenfalls als Absichtserklärung, Festlegung eines Debetsaldos, der erst am 30. September festgestanden sei, Zeugenaussage des A. H., wonach auch dieser nur den Kaufpreis von 9 Mio. S für den strittigen Liegenschaftserwerb genannt habe). Eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung wird durch die nicht detailliert auf die Überlegungen der belangten Behörde eingehenden Beschwerdeausführungen nicht dargetan.
Mit dem Vorbringen allein, dass die Alleingesellschafterin im Rahmen ihrer Hausverwaltung für alle von ihr verwalteten Liegenschaften Zahlungen in gleicher Weise geleistet habe, so "beginnend per " auch an das in Rede stehende Bauunternehmen, wird schließlich auch noch nicht aufgezeigt, weshalb die auf verschiedene Gesichtspunkte gestützte Beweiswürdigung der belangten Behörde zum "Fenstertausch" nicht der Kontrolle im verwaltungsgerichtlichen Verfahren standhalten sollte.
Die Beschwerde war damit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am