VwGH vom 20.01.2016, Ra 2015/17/0068
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner, Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Leonhartsberger sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterinnen bzw Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Bundesministers für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG- 410650/2/KOF/BC, betreffend Einstellung iA Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Linz-Land; mitbeteiligte Partei: J W in E), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom wurde von der Fortführung des Verwaltungsstrafverfahrens gegen den Mitbeteiligten wegen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) durch unternehmerische Beteiligung an einer verbotenen Ausspielung im Sinne des § 2 Abs 4 GSpG am um 9:48 Uhr in einem näher bezeichneten Lokal mit drei Glücksspielgeräten abgesehen und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Die Geräte FA Nr 1 und 2 seien mit einer funktionsfähigen Auto-Start-Taste ausgestattet gewesen. Weiters seien bei beiden Geräten Einsätze von über EUR 10,-- möglich gewesen. Das Gerät FA Nr 3 diene zur Ticketerstellung, um mit den Geräten FA Nr 1 und 2 spielen zu können beziehungsweise sich den bei diesen Geräten erspielten Gewinn ausbezahlen zu lassen. Damit sei das Gerät FA Nr 3 auch integrativer Bestandteil der Geräte FA Nr 1 und 2. Somit sei auch ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorgelegen. Da in Anbetracht der gerichtlichen Zuständigkeit die dem Mitbeteiligten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bilde, sei von der Fortführung des Verfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob das Finanzamt Linz Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Zudem wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus, es stehe unstrittig fest, dass mit den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten Höchsteinsätze von mehr als EUR 10,-- möglich gewesen seien.
Das Finanzamt Linz verweise auf § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 13/2014 und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 203/2014 ua. Die dem Mitbeteiligten angelastete Tat sei am begangen worden. Gemäß § 5 ABGB wirkten Gesetze nicht zurück. Sie hätten daher auf vorhergegangene Handlungen keinen Einfluss. Die Auslegungsregelungen des ABGB seien auch im Verwaltungs(straf)verfahren anzuwenden.
§ 52 Abs 3 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 13/2014 sei am in Kraft getreten und auf den vorliegenden Fall - Tatzeit: - somit nicht anwendbar.
Die Anwendung des § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 13/2014 könne auch nicht im Wege des § 1 Abs 2 VStG begründet werden (Hinweis auf ).
Es sei daher § 52 Abs 2 GSpG in der zur Tatzeit geltenden Fassung anzuwenden. Da bei den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten auch Höchsteinsätze von mehr als EUR 10,-- möglich gewesen seien, sei gemäß § 52 Abs 2 GSpG in der zur Tatzeit geltenden Fassung die Zuständigkeit der Gerichte und nicht der Verwaltungsbehörden gegeben.
Die belangte Behörde habe somit zu Recht das gegen den Mitbeteiligten anhängige Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Bundesministers für Finanzen. Zur Zulässigkeit der Revision wurde unter anderem vorgebracht, es handle sich bei der Frage, ob die Anwendung des zum Zeitpunkt der Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in Kraft stehenden § 52 Abs 1 Z 1 und Abs 3 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 13/2014 auf den Revisionsfall geboten gewesen wäre, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG. Die Verwaltungsstrafbestimmung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG sei im Vergleich zur gerichtlichen Strafnorm des § 168 StGB für den Mitbeteiligten in ihrer Gesamtauswirkung günstiger (Hinweis auf ua).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Art II und Art VI Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG), BGBl Nr 273/1925, lauteten (auszugsweise):
"Artikel II
...
(2) Von den Verwaltungsverfahrensgesetzen finden Anwendung:
A. das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz und das Verwaltungsstrafgesetz in vollem Umfange für
a) die Behörden der politischen Verwaltung in den Ländern
...
Artikel VI
(1) Wo im Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz oder im Verwaltungsstrafgesetz von Behörden gesprochen wird, sind darunter die Behörden zu verstehen, für die diese Gesetze gemäß Artikel II Anwendung finden.
...
(3) Verwaltungsübertretungen im Sinne des Verwaltungsstrafgesetzes sind die von den in Absatz 1 bezeichneten Behörden zu ahndenden Übertretungen."
Art I Abs 2 lit A Z 1 und lit F und Art II EGVG in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung, BGBl I Nr 87/2008, lauteten (auszugsweise):
"Artikel I
...
(2) Von den Verwaltungsverfahrensgesetzen sind anzuwenden:
A. das AVG und das VStG - unbeschadet der lit. F - auf das behördliche Verfahren
1. der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern;
...
F. das VVG auf das behördliche Verfahren der unter den Z 1, 3, 6 und 7 genannten Organe in den Angelegenheiten der Verwaltungsvollstreckung.
...
Artikel II
(1) Wo im AVG oder im VStG von Behörden gesprochen wird, sind darunter die Verwaltungsorgane zu verstehen, für deren behördliches Verfahren diese Bundesgesetze gemäß Art. I gelten.
...
(3) Verwaltungsübertretungen im Sinne des VStG sind die von den im Abs. 1 bezeichneten Behörden zu ahndenden Übertretungen."
Art I EGVG, BGBl I Nr 87/2008, Abs 2 Z 2 in der Fassung BGBl I Nr 33/2013, lautet (auszugsweise):
"Artikel I
...
(2) Von den Verwaltungsverfahrensgesetzen sind anzuwenden:
1. das AVG auf das behördliche Verfahren der Verwaltungsbehörden;
2. das VStG auf das Strafverfahren der Verwaltungsbehörden mit Ausnahme der Finanzstrafbehörden des Bundes;
..."
Art II EGVG, Abs 1 und 3 in der Fassung BGBl I Nr 33/2013
lautet (auszugsweise):
"Artikel II
(1) Wo in diesem Bundesgesetz, im AVG oder im VStG von Behörden gesprochen wird, sind darunter die Verwaltungsbehörden zu verstehen, für deren Verfahren diese Bundesgesetze gemäß Art. I Abs. 2 Z 1 bzw. Z 2 gelten.
...
(3) Verwaltungsübertretungen im Sinne des VStG sind die von den in Art. I Abs. 2 Z 2 genannten Behörden zu ahndenden Übertretungen."
§ 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), BGBl Nr 275/1925, lautete:
"Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit
(1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.
(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre."
§ 1 VStG, BGBl Nr 52/1991, Abs 2 in der Fassung
BGBl I Nr 33/2013, lautet:
"Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit
§ 1. (1) Als Verwaltungsübertretung kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.
(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht in seiner Gesamtauswirkung für den Täter günstiger wäre."
Bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 33/2013 () lautete § 1 Abs 2 VStG:
"(2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre."
§ 52 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl Nr 620/1989, Abs 1 Z 1 in der Fassung BGBl I Nr 112/2012, Abs 2 in der Fassung BGBl I Nr 111/2010, lautet:
"Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 40 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
...
(2) Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.
..."
§ 52 GSpG, BGBl Nr 620/1989, Abs 1 Z 1 und Abs 3 in der am in Kraft getretenen Fassung BGBl I Nr 13/2014, lautet
(auszugsweise):
"Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
...
(3) Ist durch eine Tat sowohl der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 52 als auch der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht, so ist nur nach den Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 zu bestrafen.
..."
Zur Zulässigkeit der Revision:
Die Revision erweist sich im Hinblick auf die darin aufgeworfenen Fragen, ob die Anwendung des zum Zeitpunkt der Erlassung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung in Kraft stehenden § 52 Abs 1 Z 1 und Abs 3 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 13/2014 auf den Revisionsfall geboten war, und ob ein Günstigkeitsvergleich zwischen dem im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung geltenden Recht und dem im Zeitpunkt der Bestrafung geltenden Recht anzustellen war, als zulässig.
In der Sache:
Gemäß § 1 Abs 1 VStG, der seit der Stammfassung BGBl Nr 172/1959, wiederverlautbart durch BGBl Nr 52/1991, in seinem Wortlaut bis heute unverändert blieb, kann als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.
Der Rechtssatz des Absatzes 1 leg cit, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, kann im systematischen Zusammenhang nur bedeuten, dass die Tat zur Zeit der Begehung den Tatbestand einer Verwaltungs übertretung gebildet hat, dh einer Übertretung, die von solchen Behörden zu ahnden ist, auf die das Verwaltungsstrafgesetz Anwendung findet. Diese Rechtsansicht wurde vom Verwaltungsgerichtshof unter Berufung auf Art VI Abs 1 und 3 EGVG bereits im hg Erkenntnis vom , 1776/49, vertreten. Diesem Erkenntnis lag - wie auch im Revisionsfall - ein Sachverhalt zu Grunde, wonach die Tat im Zeitpunkt ihrer Begehung nur nach einem gerichtlichen Straftatbestand und im Zeitpunkt der Entscheidung über eine allfällige Bestrafung lediglich als Verwaltungsübertretung strafbar war.
Hätte der Gesetzgeber des § 1 Abs 1 VStG eine andere als eine verwaltungsbehördliche Strafbarkeit im Auge gehabt, hätte er dies zum Ausdruck gebracht.
Im Revisionsfall entsprechen die im Tatzeitpunkt geltenden Bestimmungen des Art II Abs 1 und Abs 3 EGVG den in diesem Erkenntnis genannten Art VI Abs 1 und 3 EGVG. Seit der durch die Novelle des EGVG, BGBl I Nr 33/2013, in Kraft getretenen Fassung des Art II verweist dessen Abs 3 EGVG auf den mit dieser Novelle neu gefassten Art I Abs 2 Z 2 EGVG (vgl hiezu die im Normenteil wiedergegebenen Bestimmungen). Jeweils wurde geregelt, dass Verwaltungsübertretungen die von Verwaltungsbehörden zu ahndenden Übertretungen sind.
In diesem Sinne wurde auch von der Lehre zu § 1 Abs 1 VStG ausgesprochen, dass eine Verwaltungsübertretung eine Übertretung ist, die von einer Verwaltungsbehörde, die das VStG anzuwenden hat, zu ahnden ist (vgl W. Wessely in Raschauer/Wessely (Hrsg), VStG (2009) § 1 Rz 1 und Hengstschläger/Leeb , Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 670, mit der Einschränkung "sofern nicht die Anwendbarkeit der Verfahrensgesetze auf die betreffende Materie durch Art I Abs 3 EGVG ausgeschlossen ist").
Eine Bestrafung des Mitbeteiligten durch eine Verwaltungsbehörde wäre daher nur in Betracht gekommen, wenn die Tat zur Zeit der Begehung eine von einer Verwaltungsbehörde zu ahndende Verwaltungsübertretung verwirklicht hätte.
Die im Tatzeitpunkt () geltende Fassung des § 52 Abs 2 GSpG, BGBl I Nr 111/2010, bestimmte, dass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktritt, wenn in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über EUR 10,-- von Spielern oder anderen geleistet werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Rechtslage bereits ausgesprochen, dass im Ergebnis keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, wenn eine an sich bestehende verwaltungsrechtliche hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurücktritt. Der Täter verwirklicht allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Auch eine im Ergebnis straflose Kriminalstraftat (etwa wegen des Vorliegens von Entschuldigungs-, Strafaufhebungs- oder Strafausschließungsgründen) lässt die Verdrängung des verwaltungsstrafrechtlichen Tatbestandes bestehen (vgl , mwN).
Weiters wurde in diesem Erkenntnis ausgesprochen, dass bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Bereich des Glücksspielgesetzes für den Fall der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 168 StGB wegen der Ermöglichung von Ausspielungen mit Einsätzen von über EUR 10,-- kein Raum für eine weitere Verfolgung wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG verbleibe (vgl und 2012/17/0579 bis 0580). Unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 422/13 (VfSlg 19754), wurde weiters ausgeführt, dass nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen sei, weshalb in solchen Fällen auch nicht länger die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach den Bestimmungen des Glücksspielgesetzes bestehe.
Die Subsidiarität bildet einen Fall der Scheinkonkurrenz. Der nach den Regeln der Scheinkonkurrenz eingetretene Strafbarkeitsausschluss bleibt etwa von der Verjährung des verdrängenden Delikts unberührt, die Strafbarkeit des verdrängten, an sich noch unverjährten Delikts lebt in diesem Fall nicht wieder auf (vgl Burgstaller, Die Scheinkonkurrenz im Strafrecht, JBl 1979, 459ff, 465; vgl auch Leukauf/Steininger § 28 Rz 64 und 65 und zB Triffterer/Rosbaud/Hinterhofer , StGB Rz 76 zu § 28). Die Strafbarkeit des verdrängten Delikts lebt im Revisionsfall auch durch eine nachträgliche Änderung der Subsidiaritätsregel durch den Gesetzgeber nicht wieder auf.
Schon der Begriff "Scheinkonkurrenz" bringt zum Ausdruck, dass in Wahrheit keine Konkurrenz von Strafbestimmungen vorliegt, sondern eben nur eine Bestimmung, nach der bestraft werden kann. Die Wirkung der Scheinkonkurrenz nach der hier anwendbaren Rechtslage vor der Novelle BGBl I Nr 13/2014 ist, dass keine von einer Verwaltungsbehörde zu ahndende Verwaltungsübertretung vorliegt, sondern nur eine vom Strafgericht zu ahndende strafbare Handlung (§ 168 Abs 1 StGB), sodass nur deren Straftatbestand durch die Handlung des Mitbeteiligten erfüllt wurde.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass bei der in § 52 Abs 2 GSpG idF vor der Novelle BGBl I Nr 13/2014 angeordneten Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber der gerichtlichen Strafbarkeit bei möglicher Subsumtion einer Tat sowohl unter den verwaltungsstrafrechtlichen als auch unter den von den ordentlichen Gerichten zu ahndenden strafrechtlichen Tatbestand, eine von einer Verwaltungsbehörde zu ahndende Verwaltungsübertretung nicht vorliegt. Die Tat ist - bei Begehung unter diesen Umständen - mangels Vorliegens einer Verwaltungsübertretung nicht strafbar. Der Täter verwirklicht im Rechtssinn allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand (vgl Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG (2013), § 22 Rz 3, sowie das zuvor genannte hg Erkenntnis vom , 2012/17/0507).
Nach der ständigen, zu § 52 Abs 2 GSpG in der Fassung vor der Novelle BGBl I Nr 13/2014 ergangenen hg Rechtsprechung ist für den Fall der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 168 StGB wegen der Ermöglichung von Ausspielungen mit Einsätzen von über EUR 10,--
davon auszugehen, dass auch wegen des Verbots der Doppelbestrafung im Sinne des Art 4 7. ZPEMRK keine verfolgbare Verwaltungsübertretung vorliegt. Für die Verwaltungsstrafbehörden bleibt keinesfalls Raum für eine weitere Verfolgung wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG. Nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- ist damit vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen (vgl das bereits zitierte hg Erkenntnis vom sowie , und 2012/17/0579, 0580). Die Unzuständigkeit der ersten Instanz wäre von der Berufungsbehörde bzw vom Verwaltungsgericht in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen. Eine Heilung der Unzuständigkeit ist in den hier anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen nicht vorgesehen und kommt nicht in Betracht (vgl schon ).
Im Revisionsfall hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unbestritten festgestellt, dass bei den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten Höchsteinsätze von über EUR 10,-- möglich waren.
Ausgehend von dieser Feststellung und den zuvor dargelegten Erwägungen bildete die dem Mitbeteiligten vorgeworfene Tat vor ihrer Begehung keine Verwaltungsübertretung, sondern verwirklichte einzig das von den ordentlichen Gerichten zu verfolgende Delikt gemäß § 168 StGB. Die dem Mitbeteiligten vorgeworfene Tat bildete somit keine von einer Verwaltungsbehörde zu verfolgende Verwaltungsübertretung - mit anderen Worten sie war vor ihrer Begehung nicht mit einer Verwaltungsstrafe bedroht (§ 1 Abs 1 VStG). Eine Bestrafung des Mitbeteiligten durch eine Verwaltungsbehörde gemäß § 52 Abs 1 Z 1 GSpG (in der Fassung der zur Zeit der Tatbegehung in Geltung stehenden GSpG-Novelle BGBl I Nr 111/2010) schied daher bereits aus diesem Grund aus.
Aus der Anordnung des § 1 Abs 1 VStG, dass eine Tat als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, wird abgeleitet, dass einer Strafbestimmung keine rückwirkende Kraft beigelegt werden darf.
§ 1 Abs 1 VStG verbietet es, als Grundlage der Bestrafung eine Verwaltungsvorschrift heranzuziehen, welche zum Zeitpunkt der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes noch nicht galt (vgl etwa , und vom , 93/07/0011, jeweils mwN).
§ 52 Abs 1 Z 1 und Abs 3 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 13/2014 ist am in Kraft getreten. Eine Übergangsregelung wurde vom Gesetzgeber in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen. Die Bestrafung des Mitbeteiligten nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 13/2014 wegen einer am gesetzten Tathandlung ist ausgeschlossen, weil dieser Verwaltungsstrafbestimmung gemäß § 1 Abs 1 VStG keine rückwirkende Kraft beigelegt werden darf.
Die revisionswerbende Amtspartei vertritt die Auffassung, die Anwendung des am in Kraft getretenen § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 13/2014 sei auf Grund des in § 1 Abs 2 VStG normierten Günstigkeitsprinzips geboten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im eingangs zitierten Erkenntnis vom , 1776/49, ausgeführt, dass § 1 VStG, der im ersten Absatz das Verbot der rückwirkenden Anwendung materiellen Strafrechts aufstellt, im zweiten Absatz eine Durchbrechung dieses Prinzips in Ansehung der Strafe zugunsten des zur Zeit der Fällung des Strafbescheides erster Instanz geltenden, für den Täter günstigeren Rechts enthält. Aus dem soeben dargestellten Verhältnis des Absatzes 1 zu Absatz 2 (in der damals gleich lautenden Fassung) ist aber zwingend zu folgern, dass die Verfolgung nach dem milderen Recht nur dann möglich ist, wenn die Tat vor ihrer Begehung von den Verwaltungsbehörden als Verwaltungsübertretung zu ahnden war.
Da eine Bestrafung des Mitbeteiligten durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht kam, weil eine Tat, die vor ihrer Begehung mit Verwaltungsstrafe bedroht war (vgl § 1 Abs 1 VStG), dh im Sinne der obigen Ausführungen von einer Verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu ahnden war, nicht vorlag, kam schon aus diesem Grund eine Anwendung des in § 1 Abs 2 VStG geregelten Günstigkeitsprinzips nicht in Betracht. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass beim Günstigkeitsvergleich seit der Novelle BGBl I Nr 33/2013 auf das zur Zeit der Entscheidung geltende Recht "in seiner Gesamtauswirkung" abzustellen ist.
Ist eine Bestrafung schon unter Anwendung einer einfachgesetzlichen Bestimmung (§ 1 Abs 1 VStG) ausgeschlossen, bleibt für Überlegungen einer (milderen) Bestrafung auf Grund verfassungs- oder unionsrechtlicher Erwägungen kein Raum (vgl allerdings ua). Eine Bestrafung des Mitbeteiligten aufgrund einer erst nach dem Tatzeitpunkt in Kraft getretenen Strafbestimmung (§ 52 Abs 1 Z 1 VStG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 13/2014) verstieße - wie bereits dargelegt - vielmehr gegen das Verbot der rückwirkenden Anwendung von materiellen Strafgesetzen gemäß § 1 Abs 1 VStG.
In Beantwortung der im Revisionsfall als grundsätzlich im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG erachteten Rechtsfragen ist daher festzuhalten, dass bei einer Tatbegehung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 13/2014 eine Anwendung des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG in der Fassung der genannten Novelle nicht in Frage kommt; vielmehr ist die damals in Geltung stehende Verwaltungsstrafnorm heranzuziehen.
Weiters ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowohl für die Behörden erster Instanz als auch für die Berufungsbehörden gilt, dass maßgebend für die Zuständigkeit zur Erlassung des jeweiligen Bescheides die im Zeitpunkt der Erlassung geltende Rechtslage ist (vgl dazu etwa , und , VwSlg 14.982 A/1998, beide mwH). Im Falle einer Änderung der Sach- und Rechtslage im Laufe der Verfahrens, das heißt vor Erlassung des Bescheides, welche eine Änderung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde bewirkt, ist das Verfahren von der nach der neuen Situation zuständigen Behörde weiter zu führen, weil dem Verwaltungsverfahren eine "perpetuatio fori" fremd ist (, und , beide mwH).
Zur Entscheidung über Übertretungen des Glücksspielgesetzes sind daher ab Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 13/2014 am die Verwaltungsbehörden bzw Verwaltungsgerichte zuständig. Sowohl die Bezirkshauptmannschaft als auch das Landesverwaltungsgericht haben im Revisionsfall nach Inkrafttreten der genannten Novelle entschieden. Sie hatten daher § 52 Abs 3 GSpG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 13/2014 insoweit anzuwenden, als damit eine Regelung der Zuständigkeit erfolgte, sodass sie ihre Zuständigkeit zu Recht in Anspruch genommen haben.
Soweit allerdings § 52 Abs 3 GSpG als materiellrechtliche Strafnorm anzusehen ist (zB Regelung der Strafhöhe), gilt das bereits zu § 52 Abs 1 Z 1 GSpG Ausgeführte.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher für alle jene Sachverhalte, in denen im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung die GSpG-Novelle BGBl I Nr 13/2014 noch nicht in Geltung stand (Tatbegehung vor dem ), nicht veranlasst, von seiner ständigen Rechtsprechung abzugehen, dass Feststellungen zu treffen sind, ob auf den jeweiligen Glücksspielgeräten Spiele mit Einsätzen von mehr als EUR 10,-- möglich waren.
Das Landesverwaltungsgericht hat daher zu Recht ausgehend von der Feststellung, dass auf den Glücksspielgeräten Höchsteinsätze von über EUR 10,-- möglich waren, den Einstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land bestätigt und die Beschwerde abgewiesen.
Da bereits die Revision erkennen ließ, dass die von der revisionswerbenden Partei behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am