VwGH 21.12.2005, 2004/08/0246
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
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Normen | |
RS 1 | Bei Maßnahmen (hier "Jobcoaching"), die zwischen dem AMS und der arbeitsuchenden Person im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vereinbart werden, ist in Ermangelung einer diesbezüglichen gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 34ff AMSG (in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 77/2004) die Verhängung der Sanktion nach § 10 Abs. 1 AlVG nicht zulässig. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2004/08/0208 E RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Strohmayer, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. Silke Beetz, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Tuchlauben 8, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt. 3-AlV/1218/56/2004-4097, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe gemäß § 10 in Verbindung mit § 38 AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht seit 1995 im Bezug von Geldleistungen nach dem AlVG, seit März 1996 im Bezug von Notstandshilfe und studiert während dieser Zeit an der Universität Wien, wobei der Leistungsbezug auf einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 12 Abs. 4 AlVG (i.d.F. vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) beruht.
In den Zeiträumen vom 11. Juni bis , 26. September bis , 30. Juli bis , 24. März bis und 14. April bis wurden ihm auf Grund von Anträgen gemäß §§ 34 f AMSG Beihilfen für den Besuch von Maßnahmen bewilligt, darunter auch - laut der im betreffenden Formular eingetragenen Bezeichnung der Maßnahme - "Individualcoaching" bzw. "Einzelcoaching".
Zuletzt wurde dem Beschwerdeführer auf Grund eines Antrages vom "Einzelcoaching" vom 5. März bis beim Berufsförderungsinstitut bewilligt.
Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice vom wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer für die Zeit vom bis seinen Anspruch auf Notstandshilfe verloren habe, weil er den Erfolg einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit seinem vorzeitigen Kursaustritt vereitelt habe und Nachsichtsgründe nicht vorlägen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, er verfüge über alle Qualifikationen, die ihm in diesem Einzelcoaching hätten vermittelt werden sollen. Das Verlangen nach einem seine Position auf dem Arbeitsmarkt verstärkenden Kurs sei vom Coach abgelehnt worden. In der "Diskussion beim Einzelcoaching" sei sein Coach (eine Dame) sehr aggressiv gewesen, worauf er den Wunsch geäußert habe, mit einem anderen Coach zusammenzuarbeiten. Dies sei "laut Koordinatorin" nicht möglich gewesen. Daraufhin sei er wieder zum Arbeitsmarktservice geschickt worden. Es sei richtig, dass er dem Coach vorgeworfen habe, sich "wie die Polizei" zu benehmen, er habe aber keine Beschimpfungen verwendet.
Die Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Es sei mit dem Beschwerdeführer am eine Betreuungsvereinbarung erstellt worden, um seine seit längerer Zeit bestehende Arbeitslosigkeit zu beenden. Es seien mit dem Beschwerdeführer zur Ermöglichung seiner Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt Eigenaktivitäten, intensive Jobsuche mittels Zeitungsinseraten und Blindbewerbungen festgelegt worden, verbunden mit dem Hinweis, dass diese Vereinbarung bis längstens April 2004 gelte. Für den Fall des Nichtzustandekommens eines Dienstverhältnisses sollte eine Kursmaßnahme vereinbart werden, wobei der Beschwerdeführer auf die Rechtsfolgen des § 10 AlVG aufmerksam gemacht worden sei.
Am sei dem Beschwerdeführer der "Auftrag erteilt worden", an der Maßnahme "Einzelcoaching" beim Berufsförderungsinstitut Wien zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt mit Beginn teilzunehmen. Die Maßnahme sei vom Beschwerdeführer nicht beendet worden, weil es auf Grund von Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und den Trainern zum Abbruch der Maßnahme gekommen sei. Dabei handle es sich um ein Einzelcoaching, in dem Bewerbungsstrategien vorgeschlagen worden seien, die jedoch vom Beschwerdeführer mit der Begründung abgelehnt worden seien, dass man Bewerbungsunterlagen nicht zu schreiben brauche und die Trainer kein Recht darauf hätten, den Inhalt des Lebenslaufes zu erfahren. Ein Ziel habe mit dem Beschwerdeführer nicht erarbeitet werden können, da er mit dem jeweiligen Trainer nicht habe zusammenarbeiten wollen, obwohl man ihm die Möglichkeit gegeben habe, innerhalb der Maßnahme Einzelcoaching auch einen Trainerwechsel vorzunehmen. Er sei zu allen Kursstunden zu spät gekommen, habe an einem Tag die Trainerin angeschrieen und sie mit derben Schimpfworten bedacht und die Meinung vertreten, dass sich die Trainer "wie die Polizei benehmen". Im Anschluss daran sei bei einem gemeinsamen Gespräch mit dem Beschwerdeführer unter Anwesenheit der zuständigen Koordinatorin des Einzelcoachings der Kursabbruch vereinbart worden.
Es sei für die Berufungsbehörde nachvollziehbar, dass das Verhalten des Beschwerdeführers während der Kurse geeignet gewesen sei, die Trainer des Einzelcoachings von einer weiteren Zusammenarbeit abzuhalten. Es sei kein Grund ersichtlich, deren Ausführungen keinen Glauben zu schenken.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der vorliegende Fall gleicht in der Rechtsfrage jenem des Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2004/08/0208, in dem der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung ausgesprochen hat, dass eine gemäß den §§ 34 f AMSG im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung bewilligte Maßnahme nicht unter der Sanktion des § 10 Abs. 1 AlVG stehe. Die (auf die Niederschrift vom gestützte) Begründung des angefochtenen Bescheides, dem Beschwerdeführer sei am der "Auftrag erteilt worden", an dieser Maßnahme teilzunehmen, ist im Hinblick auf das aktenkundige Antragsformular gemäß § 34 f AMSG vom und auf das Fehlen eines solchen Auftrages vom im vorgelegten Verwaltungsakt (einschliesslich der EDV-Ausdrucke aus dem Zeitraum seit ) aktenwidrig (auch in der Berufung des Beschwerdeführers ist nur von einer "Einladung" die Rede). Auf die nähere Begründung des oben erwähnten Erkenntnisses wird im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Aus den in jenem Erkenntnis genannten Gründen erwies sich auch der vorliegende Bescheid als inhaltlich rechtswidrig; er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2005:2004080246.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAE-65171