VwGH vom 29.03.2006, 2004/08/0094

VwGH vom 29.03.2006, 2004/08/0094

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dr. J in W, vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Rechtsanwältin in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom , Zl. 224.819/2-3/03, betreffend Versicherungspflicht in der Pensions- und Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit als Vortragender und Schriftsteller in der Zeit vom bis der Versicherungspflicht in der Pensionsversicherung und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG unterlegen sei.

Dem angefochtenen Bescheid liegt als von der belangten Behörde festgestellter Sachverhalt zu Grunde, dass der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Zeitraum neben seiner Beamtentätigkeit als Schriftsteller und Vortragender selbständig erwerbstätig gewesen sei und nach dem vorgelegten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 Einkünfte aus dieser Tätigkeit erzielt habe, welche die Versicherungsgrenze des § 4 Abs. 1 Z. 6 GSVG überschritten hätten. Auf Grund dieser Tätigkeit würde der Beschwerdeführer nicht der Versicherungspflicht nach dem ASVG unterliegen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 1758/03, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Als Beschwerdepunkt wird geltend gemacht, dass sich der Beschwerdeführer "in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Erzielung eines Einkommens aus nichtbetrieblicher und nichtgewerblicher Tätigkeit in unrichtiger Anwendung der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG und der Nichtanwendung der Bestimmungen der §§ 35a und 35b GSVG verletzt" erachte.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte im Sinne der §§ 22 Z. 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl Nr. 400, erzielen, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist, in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert.

Der oben wiedergegebene Beschwerdepunkt ist im Zusammenhalt mit den weiteren Beschwerdeausführungen sowie dem angefochtenen Bescheid dahin zu verstehen, dass sich der Beschwerdeführer durch eine seines Erachtens zu Unrecht festgestellte Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG beschwert erachtet.

2. In der Ausführung der Beschwerdegründe macht der Beschwerdeführer - unter weitgehender Übernahme des Vorbringens in der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof - vor allem die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend, welche gemäß Art 133 Z. 1 B-VG von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind.

3. Soweit der Beschwerdeführer die unrichtige Anwendung des § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG rügt, bringt er im Wesentlichen vor, dass die im Jahr 2001 versteuerten Einkünfte aus schriftstellerischer und vortragender Tätigkeit herrührten, welche frühestens im Jahr 1995 begonnen und im Jahr 2000 beendet worden sei. Die Tantiemen seien Ansprüche aus der Verwertung der geistigen Leistung des Urhebers und kein Entgeltanspruch aus einer Erwerbstätigkeit. Der Beschwerdeführer habe auch eine betriebliche Tätigkeit nicht entfaltet. Die im Jahr 2001 von ihm entfaltete schriftstellerische und vortragende Tätigkeit sei nicht Gegenstand der Einkommensversteuerung im Jahr 2001 gewesen. Bei den Einkünften im Jahr 2001 habe es sich lediglich um "Tantiemen" aus Tätigkeiten (Verfassung von Teilen eines Kommentars zum ABGB) gehandelt, die frühestens im Jahr 1995 begonnen und im Jahr 2000 beendet worden seien.

Dem ist zu entgegnen, dass - soweit im vorliegenden Fall von Bedeutung - die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG (im Hinblick auf das grundsätzlich zusätzliche Erfordernis eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides: frühestens) mit dem Tag der Aufnahme einer betrieblichen Tätigkeit beginnt (§ 6 Abs. 4 Z. 1 GSVG) und - sofern die für eine Versicherungspflicht maßgebenden Einkommensgrenzen weiterhin überschritten werden - frühestens mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeit erfolgt, endet (§ 7 Abs. 4 Z. 1 GSVG). Für das Bestehen der genannten Pflichtversicherung kommt es im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob sich der rechtskräftige Einkommensteuerbescheid auf Einkünfte aus solchen Tätigkeiten bezieht, die in dem Kalenderjahr, auf das sich der Einkommensteuerbescheid bezieht, entfaltet wurden. Für die zeitliche Abgrenzung der Versicherungspflicht ist nur der Beginn und das Ende der betrieblichen Tätigkeit von Bedeutung. Dabei ist das bloße zeitweise Nichttätigsein, eine Betriebsunterbrechung, ja sogar die Stilllegung eines Betriebes noch keine Beendigung, wenn noch weitere betriebliche Tätigkeiten beabsichtigt werden bzw. die betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgüter weder in das Privatvermögen übernommen noch veräußert worden sind. Tritt daher z. B. ein Vortragender immer wieder auf, so ist auch während jener Zeit eine betriebliche Tätigkeit anzunehmen, in welcher er (vorübergehend) keine Vortragstätigkeit entfaltet (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0068).

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde ausdrücklich zugestanden, dass er auch noch im Jahr 2001 eine "schriftstellerische und vortragende Tätigkeit" entfaltet hat. Er hat auch nicht behauptet, eine Beendigungserklärung im Sinne des § 7 Abs. 4 Z. 1 GSVG abgegeben zu haben. Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die weitere Ausübung der der gegenständlichen Versicherungspflicht zu Grunde liegenden Tätigkeit im Jahr 2001 angenommen hat. Auch wenn es sich bei den Einkünften im Jahr 2001 daher lediglich um Tantiemen (Verwertung von Urheberrechten) gehandelt haben sollte, denen nur Tätigkeiten in früheren Jahren zu Grunde liegen, so stammen diese aus der nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG versicherungspflichtigen Tätigkeit, und zwar gleichgültig, ob das konkrete Werk von ihm im Jahre 2001 oder schon früher geschaffen wurde. Es handelt sich im vorliegenden Fall in jedem Fall um Einkünfte, die ursächlich mit einer versicherungspflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, die der Beschwerdeführer auch im Jahre 2001 noch ausgeübt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0276).

Der Beschwerdeführer lässt ausdrücklich unbestritten, dass er im Jahr 2001 Einkünfte aus der Veröffentlichung schriftstellerischer und aus vortragender Tätigkeit erzielt hat, welche die Versicherungsgrenze des § 4 Abs. 1 Z. 6 GSVG überschritten haben und "im Jahr 2001 auf Grund des Zuflussprinzipes des Steuerrechtes der Versteuerung nach dem Einkommensteuergesetz" unterzogen wurden. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass diese Einkünfte, wie von der belangten Behörde festgestellt, laut Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 als Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit beurteilt wurden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0231, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, richtet sich die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG nach der Einkommensteuerpflicht, sodass bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenzen übersteigende Einkünfte der in § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG genannten Art hervorgehen, Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung besteht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum weiter ausgeübt wurde und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach dem GSVG oder einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist. Es ist daher auch unerheblich, ob die sich aus dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid ergebenden Einkünfte aus einer Tätigkeit resultieren, die über einen absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn nicht erwarten ließen und daher als Liebhaberei anzusehen wären, wie dies der Beschwerdeführer behauptet.

4. Die Ausführung der Beschwerdegründe in der ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof weicht nur insoweit von der Ausführung der Beschwerdegründe in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ab, als der Beschwerdeführer in der ergänzten Beschwerde auch geltend macht, die belangte Behörde hätte die Bestimmungen des § 35a (und des § 35b) GSVG analog auf das Versorgungssystem, dem der Beschwerdeführer als Bundesbeamter unterliegt, anwenden müssen. Dies würde im gegenständlichen Fall dazu führen, dass auf Grund der Pensionsbeitragszahlung des Beschwerdeführers gemäß § 62e PG Pensionsbeiträge des Beschwerdeführers nach dem GSVG nicht zu zahlen wären, weil der Pensionsbeitrag des Beschwerdeführers "jedenfalls der Höhe der Pensionsbeitragszahlung in Höhe des Prozentsatzes nach dem GSVG, berechnet auf der Grundlage der Höchstbeitragsgrundlage gem. § 48 GSVG", entspreche. Indem die belangte Behörde diesen Analogieschluss nicht ziehe, gehe sie von einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes aus.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid über das Bestehen der Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG abgesprochen hat. In welcher Höhe Beiträge zu leisten sind, war nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens; in Beitragsangelegenheiten stünde dem Beschwerdeführer überdies gemäß § 194 GSVG in Verbindung mit § 415 Abs. 1 ASVG kein Berufungsrecht an die belangte Behörde zu.

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung und dagegen wendet, dass er neben seinem Pensionsbeitrag für seine Pensionsversorgung als Beamter zusätzlich noch den Pensionsversicherungsbeitrag nach GSVG bis zur Höchstbeitragsgrundlage zu entrichten hat, ist er gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2003/08/0160, sowie auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1758/03, zu verweisen.

5. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am