VwGH vom 28.10.1994, 94/17/0297
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde der R-AG in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Oesterreichischen Nationalbank vom , Zl. RECHT 1/117a/1994, betreffend Aufforderung zur Vorlage von Handelsbüchern und Belegen sowie Erteilung von Auskünften, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid forderte die Oesterreichische Nationalbank die Beschwerdeführerin "gemäß § 20 Abs. 1 des Devisengesetzes, BGBl. Nr. 162/1946 i.d.dzt. gültigen Fassung auf,
1. binnen einer Woche ab Zustellung dieses Bescheides der Oesterreichischen Nationalbank sämtliche Handelsbücher und Belege, soweit sie den Zeitraum vom bis betreffen, vorzulegen und
2. über eine gesonderte, noch zu ergehende formlose Aufforderung alle die in der Ziffer 1 genannten Handelsbücher und Belege sowie die darin verzeichneten Geschäfte betreffenden Auskünfte zu erteilen".
Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf § 20 Abs. 1 des Devisengesetzes und führte hiezu weiters aus, sie habe der Beschwerdeführerin am eine Wechselstubenermächtigung und mit Bescheid vom die devisenrechtliche Ermächtigung zur Durchführung verschiedener Bankgeschäfte erteilt. Im Rahmen der Verpflichtung zur Überwachung der Einhaltung devisenrechtlicher Vorschriften, insbesondere ob die Beschwerdeführerin bei der Abwicklung der Geschäfte die mit den genannten Ermächtigungen festgesetzten Rahmenbedingungen eingehalten habe, sei PR in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender der Beschwerdeführerin am anläßlich einer Vorsprache von zwei Prüfungsorganen der belangten Behörde in den Geschäftsräumen der Beschwerdeführerin aufgefordert worden, eine devisenrechtliche Überprüfung gemäß § 20 Abs. 1 Devisengesetz zuzulassen und hiefür alle Handelsbücher und Belege der Beschwerdeführerin den Prüfungsorganen der belangten Behörde vorzulegen. Daß es sich bei diesen Belegen um "devisenwirtschaftlich erhebliche" Unterlagen handle, sei von der Beschwerdeführerin nicht bestritten worden. Sie habe (jedoch) erklärt, dieser Aufforderung nur in der Form nachzukommen, daß im Hinblick auf das Bankgeheimnis für die Bucheinsicht nur anonymisiertes Material und somit die Daten und Umsätze einzelner Geschäfte bloß in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt würden. Diese Art der Bucheinsicht sei für eine Überprüfung unzureichend und entspreche nicht der im § 20 Abs. 1 Devisengesetz statuierten Verpflichtung. Mit dem angebotenen anonymisierten Prüfungsmaterial sei die Durchführung einer effizienten Kontrolle der Einhaltung devisenrechtlicher Vorschriften nämlich unmöglich. Aus diesem Grund sei von der Beschwerdeführerin von einer derartigen eingeschränkten Bucheinsicht Abstand genommen worden. Nach Auffassung der belangten Behörde bleibe die Auskunftspflicht der Kreditinstitute gegenüber der Oesterreichischen Nationalbank auf Grund des § 20 Abs. 1 Devisengesetz ungeachtet der Nichtnennung im § 38 Abs. 2 Bankwesengesetz weiter bestehen. Im Hinblick auf diese Ausführungen ergehe die im Spruch angeführte Anordnung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem aus § 38 Abs. 1 und 2 BWG erfließenden Recht, Geheimnisse, die sie ausschließlich auf Grund der Geschäftsbeziehungen mit Kunden erfahren habe, nicht zu offenbaren oder zu verwerten, verletzt, ebenso in ihrem Recht auf Festsetzung einer angemessenen Paritionsfrist. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die Beschwerdeführerin replizierte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 erster Satz des Devisengesetzes, BGBl. Nr. 162/1946 idF. BGBl. Nr. 34/1992, ist die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes von der Oesterreichischen Nationalbank zu überwachen. Sie kann von jedermann Auskünfte und Meldungen über devisenwirtschaftlich erhebliche Umstände, Geschäfte und Handlungen und die Vorlage von Büchern und sonstigen Belegen verlangen, soweit dies für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder zur Erstellung der Zahlungsbilanz erforderlich ist.
Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, daß die von der belangten Behörde angeordnete Vorlage von Büchern und sonstigen Belegen für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes NICHT erforderlich sei (auf die Notwendigkeit der Vorlage zur Erstellung der Zahlungsbilanz hat sich die belangte Behörde ihrerseits nicht berufen); ebensowenig, daß die begehrten Auskünfte NICHT devisenwirtschaftlich erhebliche Umstände, Geschäfte und Handlungen beträfen. Sie beruft sich vielmehr allein darauf, daß die ihr erteilten Aufträge dem § 38 des Bankwesengesetzes, Art. I des Finanzmarktanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 532/1993 (BWG), betreffend das Bankgeheimnis widersprächen.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Auffassung nicht zu teilen.
§ 38 BWG hat nachstehenden Wortlaut:
"§ 38. (1) Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder auf Grund des § 75 Abs. 3 anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Werden Organen von Behörden sowie der Oesterreichischen Nationalbank bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis als Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs. 2 entbunden werden dürfen. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt zeitlich unbegrenzt.
(2) Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nicht
1. im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten und mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber den Finanzstrafbehörden;
2. im Falle der Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 41 Abs. 1 und 2 und § 93 Abs. 2 letzter Satz;
3. im Falle des Todes des Kunden gegenüber dem Abhandlungsgericht und Gerichtskommissär;
4. wenn der Kunde minderjährig oder sonst pflegebefohlen ist, gegenüber dem Vormundschafts- oder Pflegschaftsgericht;
5. wenn der Kunde der Offenbarung des Geheimnisses ausdrücklich und schriftlich zustimmt;
6. für allgemein gehaltene bankübliche Auskünfte über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens, wenn dieses der Auskunftserteilung nicht ausdrücklich widerspricht;
7. soweit die Offenbarung zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunden erforderlich ist;
8. hinsichtlich der Meldepflicht des § 25 Abs. 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes.
(3) Ein Kreditinstitut kann sich auf das Bankgeheimnis insoweit nicht berufen, als die Offenbarung des Geheimnisses zur Feststellung seiner eigenen Abgabepflicht erforderlich ist.
(4) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 3 gelten auch für Finanzinstitute und Unternehmen der Vertragsversicherung bezüglich § 75 Abs. 3 und für Einlagensicherungseinrichtungen bezüglich der Informationen gemäß § 93 Abs. 2 letzter Satz.
(5) (Verfassungsbestimmung) Die Abs. 1 bis 4 können vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen abgeändert werden."
Erstmals war das Bankgeheimnis gesetzlich im § 23 des Kreditwesengesetzes, BGBl. Nr. 63/1979, geregelt worden. Diese Bestimmung hatte folgenden Wortlaut:
"§ 23. (1) Die Kreditunternehmungen, deren Gesellschafter und Mitglieder von Organen sowie die bei ihnen tätigen Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit den Kunden anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Werden Organen von Behörden bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs. 2 entbunden werden dürfen. Die Verpflichtung aus dem Bankgeheimnis gilt zeitlich unbegrenzt.
(2) Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nicht
1. im Zusammenhang mit gerichtlichen Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten und mit Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber den Finanzstrafbehörden, oder
2. im Falle einer Verlassenschaftsabhandlung gegenüber dem Abhandlungsgericht (§ 98 des Außerstreitgesetzes, RGBl. Nr. 208/1854) oder
3. wenn der Kunde der Offenbarung des Geheimnisses ausdrücklich und schriftlich zustimmt oder
4. für allgemein gehaltene bankübliche Auskünfte über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmers, wenn dieser der Auskunftserteilung nicht widerspricht.
(3) Eine Kreditunternehmung kann sich auf das Bankgeheimnis insoweit nicht berufen, als die Offenbarung des Geheimnisses zur Feststellung ihrer eigenen Abgabepflicht erforderlich ist."
Durch die KWG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 325, erhielt § 23 KWG folgenden Wortlaut:
"§ 23. (1) Die Banken, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für die Banken tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden oder auf Grund des § 16 Abs. 2 anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten (Bankgeheimnis). Werden Organen von Behörden sowie der Oesterreichischen Nationalbank bei ihrer dienstlichen Tätigkeit Tatsachen bekannt, die dem Bankgeheimnis unterliegen, so haben sie das Bankgeheimnis als Amtsgeheimnis zu wahren, von dem sie nur in den Fällen des Abs. 2 entbunden werden dürfen. Die Geheimhaltungsverpflichtung gilt zeitlich unbegrenzt.
(2) Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses besteht nicht
1. im Zusammenhang mit eingeleiteten gerichtlichen Strafverfahren gegenüber den Strafgerichten und mit eingeleiteten Strafverfahren wegen vorsätzlicher Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, gegenüber den Finanzstrafbehörden;
2. im Falle einer Verlassenschaftsabhandlung gegenüber dem Abhandlungsgericht und dem Notar als Gerichtskommissär (§ 98 des Außerstreitgesetzes, RGBl. Nr. 208/1854);
3. wenn der Kunde der Offenbarung des Geheimnisses ausdrücklich und schriftlich zustimmt;
4. für allgemein gehaltene bankübliche Auskünfte über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmers, wenn dieser der Auskunftserteilung nicht ausdrücklich widerspricht;
5. soweit die Offenbarung zur Klärung von Rechtsangelegenheiten aus dem Verhältnis zwischen Banken und Kunden erforderlich ist;
6. hinsichtlich der Meldepflicht des § 25 Abs. 1 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 557/1985.
(3) Eine Bank kann sich auf das Bankgeheimnis insoweit nicht berufen, als die Offenbarung des Geheimnisses zur Feststellung ihrer eigenen Abgabepflicht erforderlich ist.
(4) Hinsichtlich der Bestimmung des § 16 Abs. 2 gilt Abs. 1 auch für Unternehmen der Vertragsversicherung."
Weiters enthielt das KWG (bereits in der Stammfassung) folgende Bestimmung:
"§ 36. ...
(4) Insbesondere folgende Rechtsvorschriften werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt, soweit sie von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes abweichen:
...
3. Devisengesetz, BGBl. Nr. 162/1946, in der Fassung der Kundmachung BGBl. Nr. 160/1994 sowie der Bundesgesetze BGBl. Nr. 87/1955 und 264/1978;
..."
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend das Kreditwesengesetz, 844 NR XIV. GP, Seite 50, wird zu § 23 KWG unter anderem folgendes ausgeführt:
"Eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses ist nur in den im Abs. 2 Z. 1 bis 3 angeführten Fällen vorgesehen. In diesen Fällen entfällt nicht nur die Verpflichtung zur Geheimhaltung, sondern es ist auch die Berufung auf das Bankgeheimnis unzulässig, soweit hier Aussage- und Offenlegungspflichten zum Zuge kommen. Hingegen haben in anderen Fällen gesetzliche Auskunftspflichten hinter das Bankgeheimnis zurückzutreten. In Abgabenvorschriften enthaltene besondere Anzeigepflichten ... bleiben hingegen unberührt."
Nahezu gleichlautende Ausführungen enthalten auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Bankwesengesetzes, 1130 Blg. NR XVIII. GP, Seite 141. In den Erläuterungen zum allgemeinen Teil heißt es dort weiters (Seite 111), die Ausnahmen aus dem Bankgeheimnis hätten, ansonsten unverändert, eine Ausweitung durch die Anzeigepflicht bei Verdacht auf Geldwäscherei entsprechend der Geldwäscherei-Richtlinie der EG. erfahren.
Die herrschende Lehre sowohl zu § 23 KWG (vgl. Laurer in:
Fremuth-Laurer-Pötzelberger, Handkommentar zum Kreditwesengesetz1, Seite 283; Jabornegg-Strasser-Floretta, Das Bankgeheimnis, Seite 93 ff; Avancini in: Avancini-Iro-Koziol, Österreichisches Bankvertragsrecht I, Seite 129) als auch zu § 38 BWG (Chini-Frölichsthal, Praxiskommentar zum Bankwesengesetz, Seite 359) steht auf dem Standpunkt, daß die Aufzählung des § 23 Abs. 2 KWG bzw. § 38 Abs. 2 BWG entgegen dem augenscheinlichen Gesetzeswortlaut und den oben wiedergegebenen Erläuternden Bemerkungen KEINE taxative ist. Zutreffend verweisen Jabornegg-Strasser-Floretta und Avancini, jeweils aaO., auf die Widersprüchlichkeit der Erläuternden Bemerkungen zu § 23 KWG, wonach einerseits eine Durchbrechung des Bankgeheimnisses NUR in den in Abs. 2 angeführten Fällen vorgesehen sei, andererseits die in Abgabenvorschriften enthaltenen besonderen Anzeigepflichten vom Bankgeheimnis unberührt bleiben sollten. Für den Bereich des BWG verweisen Chini-Frölichsthal aaO. zutreffend darauf, daß im BWG selbst weitere Durchbrechungen des Bankgeheimnisses (insbesondere § 70 Abs. 1) normiert sind.
Gleichfalls überzeugend sind die Ausführungen von Jabornegg-Strasser-Floretta aaO., Ergänzungsheft 1987, Seite 7, wonach auch die Ergänzung des Ausnahmekataloges durch die KWG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 325, in dieser Hinsicht keine Änderung gebracht habe, weil der Gesetzgeber lediglich in zwei besonders herausgestellten Fallgruppen Rechtsklarheit habe schaffen wollen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der gegenteiligen Auffassung von Laurer in:
Fremuth-Laurer-Pötzelberger-Ruess, Handkommentar zum Kreditwesengesetz2, Seite 428, wonach diese Erweiterung den Grundsatz der taxativen Aufzählung bestätigt habe, nicht anzuschließen. Zudem steht diese Aussage in offenkundigem Widerspruch zu den Ausführungen Laurers aaO., S. 427, wonach (sinngemäß) die Aufzählung NICHT taxativ sei.
Als eine solche weitere Durchbrechung des Bankgeheimnisses wird in der Lehre unter anderem die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Devisengesetz in der Stammfassung sowie idF. der Novelle 1992 angesehen. Diese Auffassung vertreten etwa Schwarzer-Csoklich-List in: Das österreichische Währungs- und Devisenrecht MGA4, Seite 457, Anmerkung 2; Schwarzer-List, Das österreichische Devisenrecht MGA2, Seite 62 f; Arnold, Das Bankgeheimnis, Sonderdruckbeilage ZGV-Sevice 1/1981, Seite 18; Avancini aaO., S. 160, alle ohne nähere Begründung. Chini-Frölichsthal aaO. stützen ihre gleichlautende Meinung darauf, daß eine andere Interpretation das gesamte System der Devisenwirtschaft nach dem Devisengesetz, also einen wesentlichen Bereich des Wirtschaftsverwaltungsrechtes, zum völligen Erliegen bringen würde; dieser Wunsch könne dem Gesetzgeber keinesfalls unterstellt werden. Ähnlich - freilich nur hinsichtlich der ANMELDUNGSpflichten nach dem Devisengesetz - argumentiert Laurer in beiden Auflagen des erwähnten Handkommentars (1. Auflage: Seite 288, 2. Auflage: Seite 435).
Jabornegg-Strasser-Floretta, Das Bankgeheimnis, S. 130, schließlich begründen die Durchbrechung des Bankgeheimnisses durch die Anmelde- und Auskunftspflichten des Devisengesetzes mit dem Hinweis auf die Bestimmung des § 36 Abs. 4 Z. 3 KWG, wonach - wie bereits erwähnt - das Devisengesetz durch das KWG nicht berührt wird, soweit es von den Bestimmungen des KWG abweicht. Auch Laurer verweist in der 1. Auflage des genannten Handkommentars aaO. auf die zuletzt genannte Bestimmung, wenn er meint, das von ihm ins Treffen geführte, oben dargestellte teleologische Argument sei offenbar der Grund dafür, warum das KWG im § 36 Abs. 4 Z. 3 anordne, daß das Devisengesetz durch das KWG nicht berührt werde. In der 2. Auflage des Handkommentars führt er im Gegensatz dazu aus, aus § 36 Abs. 4 Z. 3 KWG sei diesbezüglich kein sicherer Schluß zu ziehen. Vielmehr stützt sich Laurer - wie insofern schon in der 1. Auflage - auf Überlegungen, die die Abwägung der Schwere der Strafdrohungen nach den §§ 24 und 34 Devisengesetz zum Gegenstand haben. In ähnlicher Weise argumentiert übrigens auch die Beschwerdeführerin, wenn sie die Strafdrohung des § 101 BWG gegenüber jenen der §§ 23 und 24 Devisengesetz abwägt.
Auszugehen ist davon, daß die besondere Verschwiegenheitspflicht der Bank und der bei ihr tätigen Personen zwar schon vor dem Inkrafttreten des KWG im Jahre 1979 als Bestandteil des bankgeschäftlichen Verkehrs allgemein anerkannt war bzw. geübt, das sogenannte Bankgeheimnis jedoch erst durch dieses Gesetz erstmals positiv-rechtlich geregelt wurde (vgl. Jabornegg-Strasser-Floretta aaO., S. 15; Arnold aaO., S. 3; Schinnerer, Das Bankgeheimnis im KWG-Entwurf, FS Krasensky 1978, S. 169). Hiebei sollte offenbar im wesentlichen nur die bisherige "Übung" in Gesetzesform gekleidet werden.
Eine ausführliche Übersicht über die bis dahin geübte Praxis auf dem Hintergrund der geltenden Rechtslage geben Schinnerer-Avancini, Bankverträge3 I S. 166 ff. Sie führen dort (S. 179 f) weiters aus, wenn eine Auskunftspflicht gesetzlich festgelegt sei, müsse das dem Bankgeheimnis zugrundeliegende Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung eines ungestörten Kreditapparates und eines gesunden Kapitalmarktes gegenüber dem anderen ebenfalls öffentlichen Interesse, dem an der Offenlegung von Vorgängen bei den Kreditunternehmungen, zurücktreten. Es sei eine anerkannte Tatsache, daß auch innerhalb der staatlichen Ordnung Konflikte von Interessen aufträten und daß die Gesetze die Aufgabe hätten, diese Interessenskonflikte zu regeln, ja zumeist sei sogar dies ihre wesentliche Aufgabe. So auch hier. Insoweit Staatsinteressen dazu geführt hätten, daß durch ein Gesetz eine auch die Kreditunternehmungen bindende Auskunftspflicht angeordnet sei, sei die Entscheidung in diesem Konflikt von Interessen auf Grund der vom Gesetzgeber aufgestellten Wertungsmaßstäbe zugunsten der Offenlegung gefallen. In diesem Zusammenhang nennen die erwähnten Autoren (S. 187) auch die Bestimmungen des § 20 Devisengesetz (in der damals - 1975 - geltenden Stammfassung).
Der Gesetzgeber des KWG hat im Jahre 1979 Rechtslage, Praxis und Lehre zu diesen Fragen in der dargestellten Form vorgefunden. Dies deutet darauf hin, daß er bei der gesetzlichen Verankerung des Bankgeheimnisses diesbezüglich insofern keine Änderung in DEM Sinne herbeiführen wollte, daß nunmehr die aus § 20 DevG erfließenden Befugnisse der Oesterreichischen Nationalbank, soweit hievon Banken betroffen sind, ERSTMALS Einschränkungen im Sinne des Bankgeheimnisses unterworfen werden sollten. Gegen eine solche Auffassung sprechen auch Gesichtspunkte der Gesetzessystematik: Es kann nicht angenommen werden, daß die in einem "Sondergewerberecht" niedergelegten, das heißt nur Banken betreffenden Bestimmungen des KWG eine solche Regelung, die unter devisenrechtlichen Gesichtspunkten jedermann betrifft, beseitigen oder auch nur berühren sollten.
Dem steht auch nicht entgegen, daß es in den Erläuternden Bemerkungen zu § 23 KWG - wie oben bereits dargestellt - unter anderem heißt:
"... Hingegen haben in anderen Fällen gesetzliche
Auskunftspflichten hinter das Bankgeheimnis zurückzutreten ..."
Abgesehen davon nämlich, daß es dort nicht etwa heißt:
"... in ALLEN anderen Fällen ...", ist der oben wiedergegebenen
Bestimmung des § 36 Abs. 4 Z. 3 KWG zu entnehmen, daß der Gesetzgeber unter diesen "anderen Fällen gesetzlicher Auskunftspflichten", von denen in den Erläuternden Bemerkungen die Rede ist, nicht auch jene des § 20 DevG verstanden wissen, sondern den Status quo diesbezüglich unberührt lassen wollte. DIES war offenbar auch der Grund dafür, daß im Gesetzgebungsverfahren zum KWG einer Anregung der Oesterreichischen Nationalbank nicht Rechnung getragen wurde, wonach AUSDRÜCKLICH im Abs. 2 des § 23 KWG festgehalten werden sollte, daß auch Auskunftserteilungen nach § 20 DevG nicht unter Berufung auf das Bankgeheimnis verweigert werden können (vgl. hiezu Raab in: Die Kreditwesengesetze 1979, Dr.-Stigleitner-Schriftenreihe, S. 90).
Aufgrund DIESER Erwägungen ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß im Beschwerdefall das im § 23 KREDITWESENGESETZ normierte Bankgeheimnis der Erfüllung der im § 20 DevG normierten Verpflichtungen nicht im Wege stand. Für den Geltungsbereich des BANKWESENGESETZES erachtet es der Verwaltungsgerichtshof für entscheidend, daß nach den oben wiedergegebenen Erläuterungen zur Regierungsvorlage an der Regelung des Kreditwesengesetzes über das Bankgeheimnis, ausgenommen eine Ausweitung der Ausnahmen aus demselben, nichts geändert werden sollte. Daran vermag der Umstand, daß der Vorbehalt zugunsten des Devisengesetzes im BWG (offenbar versehentlich) nicht mehr enthalten ist, nichts zu ändern.
Aus den dargestellten Gründen scheint auch - insofern ist Jabornegg-Strasser-Floretta aaO., S. 130, Recht zu geben - der Versuch Laurers entbehrlich, die Ausnahme vom Bankgeheimnis aus einer Kollision strafrechtlicher Normen zu begründen; dies auch auf Grund der weiteren Erwägung, daß vom Normunterworfenen die Anstellung solch komplizierter Erwägungen nicht erwartet werden kann.
Weil jedoch nach der hier vertretenen Auffassung jedenfalls § 20 Abs. 1 des Devisengesetzes von den Bestimmungen des KWG bzw. des BWG über das Bankgeheimnis unberührt geblieben ist, versagt auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Verfassungsbestimmung des § 38 Abs. 5 BWG (früher § 35a KWG), die sich schon nach ihrem Wortlaut nur auf die vorangehenden Bestimmungen dieses Paragraphen, nicht jedoch auf Bestimmungen des Devisengesetzes bezieht. Von einer diesbezüglichen Derogation des Devisengesetzes kann daher keine Rede sein. Der mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Aufforderung stand daher - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - das Bankgeheimnis nicht entgegen.
Die Beschwerdeführerin behauptet weiters die Unangemessenheit der im angefochtenen Bescheid gesetzten Leistungsfrist im Sinne des § 59 Abs. 2 AVG. Nach dieser Vorschrift ist, wenn die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen wird, in dem Spruche zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen. Angemessen ist die Leistungsfrist dann, wenn innerhalb derselben die erforderlichen Arbeiten durchgeführt werden können (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 5732/A). Daß letzteres zutrifft, geht im Beschwerdefall allein daraus hervor, daß die Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen in der Lage war, dem Auftrag auf Vorlage der Handelsbücher und Belege innerhalb der gesetzten Frist nachzukommen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die obsiegende belangte Behörde hat Aufwandersatz nicht angesprochen.