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VwGH vom 11.12.1992, 91/17/0171

VwGH vom 11.12.1992, 91/17/0171

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des O in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom , Zl. MD-VfR - B 22/91, betreffend Versteigerungsabgabe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unbestritten ist folgender Sachverhalt:

Die Liegenschaft EZ 8 des Grundbuches der Katastralgemeinde S stand im Miteigentum des R, der H, des Beschwerdeführers (zu 7/48 Anteilen) und anderer Miteigentümer. Mit ihrer am bei Gericht eingelangten Klage begehrten die Miteigentümer R und H die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft in Ansehung der vorher genannten Liegenschaft. Mit Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , GZ. 29 Cg 5/87, wurde die Eigentumsgemeinschaft an der genannten Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung aufgehoben. Mit Beschluß des genannten Gerichtes vom wurde auf Antrag der betreibenden Parteien R und H gemäß § 352 EO die gerichtliche Versteigerung der zuvor genannten Liegenschaft bewilligt.

Durch eine Reihe von Schenkungs- (hievon der erste vom ) und Kaufverträgen erwarb K insgesamt 41/48stel Anteile an der gegenständlichen Liegenschaft, sodaß nur mehr der Beschwerdeführer als weiterer grundbücherlicher Miteigentümer verblieb.

Mit Beschluß des BG Fünfhaus vom , GZ. 7 E 132/87-41, wurde die am selben Tag zur Versteigerung gelangte Liegenschaft dem K als Meistbietendem um das Meistbot von S 5,050.000,-- zugeschlagen, wobei der Ersteher eine pfandrechtsbekleidete Forderung von S 202.000,-- ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen hatte.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, MA 4, vom , wurde "gemäß § 1 in Verbindung mit den §§ 2 und 3 des Beschlusses des Wiener Gemeinderates vom über die Ausschreibung einer Abgabe von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom ", die vom Beschwerdeführer und K als Gesamtschuldner von der freiwilligen öffentlichen Versteigerung der Liegenschaft EZ 8 KG S zu entrichtende Versteigerungsabgabe, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 5,252.000,--, mit S 105.040,-- festgesetzt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung als unbegründet ab. Da der Beschwerdeführer unbestritten Miteigentümer der Liegenschaft im Zeitpunkt der Versteigerung gewesen sei, sei er abgabepflichtig. Weiters könne eine Versteigerung nach § 352 EO durch Wechsel der Eigentümer ihren Rechtscharakter nicht ändern. Das Meistbot stelle den Versteigerungserlös dar, von dem die Versteigerungsabgabe zu berechnen sei. Der Einwand, daß als Bemessungsgrundlage lediglich der Versteigerungserlös heranzuziehen sei, der auf den Beschwerdeführer entfalle, übersehe, daß jeder Miteigentümer einer zur versteigernden Sache Gesamtschuldner sei. Die Heranziehung des Beschwerdeführers entspreche den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit, da die Heranziehung sämtlicher Miteigentümer im Interesse der Verwaltungsökonomie liege. Sie sei auch nicht unbillig, da der in Anspruch genommene Gesamtschuldner einen zivilrechtlichen Regreßanspruch gegen die anderen Gesamtschuldner habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem Vorbringen in dem Recht verletzt, daß ihm keine Versteigerungsabgabe vorgeschrieben werde. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Beschwerdeführer replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die wesentlichen Bestimmungen des Versteigerungsabgabegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 45/1983, idF der Novelle LGBl. Nr. 28/1985, lauten:

"§ 1. (1) Soweit keine bundesgesetzliche Ermächtigung gemäß § 7 Abs. 5 Finanz-Verfassungsgesetz 1948, BGBl. Nr. 45, für Abgaben von freiwilligen Feilbietungen vorliegt, wird die Gemeinde ermächtigt, von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen beweglicher und unbeweglicher Sachen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes eine Abgabe auszuschreiben.

(2) Versteigerungen gemeinschaftlicher Liegenschaften nach § 352 Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, gelten als freiwillige Versteigerungen.

(3) Versteigerungen unbeweglicher Sachen sind abgabepflichtig, wenn sie von Gerichten oder Notaren durchgeführt werden ...

§ 2. Die Abgabe beträgt 2 % des bei der Versteigerung erzielten Erlöses. Der Versteigerungserlös besteht aus dem Meistbot und dem Wert jener Lasten, die vom Ersteher zusätzlich zum Meistbot zu übernehmen sind. Der Wert solcher Lasten ist bezogen auf den Versteigerungstag in sinngemäßer Anwendung des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 148, zu ermitteln.

§ 3. Abgabepflichtig ist derjenige, der die Sache versteigern läßt. Ist er nicht der Eigentümer der Sache, so haftet der Eigentümer mit ihm zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Abgabe. Sämtliche Miteigentümer einer zu versteigernden Sache sind Gesamtschuldner.

..."

Im Beschluß des Wiener Gemeinderates vom über die Ausschreibung einer Abgabe von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen, kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 22/1985 vom , Seite 38, heißt es:

"Der Wiener Gemeinderat hat auf Grund des § 15 Abs. 3 Z. 4 und Abs. 5 des Finanzausgleichsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 544/1984, beschlossen:

§ 1. (1) Von den in Wien stattfindenden freiwilligen öffentlichen Versteigerungen beweglicher und unbeweglicher Sachen wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen eine Abgabe erhoben..."

Die Bestimmungen des § 1 Abs. 2 und 3 sowie der §§ 2 und 3 des genannten Gemeinderatsbeschlusses stimmen mit den gleichartig bezeichneten Bestimmungen des Versteigerungsabgabegesetzes wörtlich überein. Laut § 6 des Gemeinderatsbeschlusses ist dieser mit in Kraft getreten.

In seiner Rechtsrüge bringt der Beschwerdeführer zunächst sinngemäß vor, die Eigentumsgemeinschaft an der genannten Liegenschaft sei durch die oben genannten Rechtsgeschäfte bereits vor der Versteigerung vom aufgehoben worden. Auch sei der Teilungsanspruch laut Teilungsurteil nicht auf den (nunmehrigen) Miteigentümer K übergegangen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Abgabentatbestand ist nämlich nicht die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft als solche, sondern gemäß § 1 Abs. 2 des genannten Gemeinderatsbeschlusses unter anderem die VERSTEIGERUNG einer gemeinschaftlichen Liegenschaft nach § 352 EO. Diese hat jedoch unbestrittenermaßen stattgefunden.

Der Beschwerdeführer meint weiters, gemäß § 3 erster Satz des Gemeinderatsbeschlusses seien jedenfalls die betreibenden Parteien des Feilbietungsverfahrens, R und H abgabepflichtig; nur im Falle der Uneinbringlichkeit bei diesen greife die Solidarhaftung nach dem letzten Satz der zitierten Bestimmung ein.

Auch damit ist der Beschwerdeführer letztlich nicht im Recht.

Gemäß § 3 erster Satz des oben genannten Gemeinderatsbeschlusses ist abgabepflichtig derjenige, der die Sache versteigern läßt, das ist jener, der gemäß § 352 EO als betreibende Partei den Antrag auf gerichtliche Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft stellte (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 86/17/0005); dies unabhängig davon, ob er zum Zeitpunkt der Versteigerung noch Miteigentümer der Liegenschaft war oder nicht. Richtigerweise sind daher R und H im Beschwerdefall (primär) als Abgabenschuldner anzusehen.

§ 3 letzter Satz des Gemeinderatsbeschlusses betrifft den Fall, daß einer (oder einige) von mehreren Miteigentümern die Sache versteigern läßt (lassen); für diesen Fall wird angeordnet, daß alle diese Personen als Gesamtschuldner im Sinne des § 4 Abs. 1 WAO dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, und zwar sowohl jene, die als betreibende Parteien den Antrag auf gerichtliche Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft stellen, als auch jene, denen im Versteigerungsverfahren die Rolle des Verpflichteten zukommt (vgl. auch hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 86/17/0005). Auch der Beschwerdeführer ist daher als Gesamtschuldner der Abgabe in nicht rechtswidriger Weise herangezogen worden, zumal seine im Schriftsatz vom vertretene Auffassung, er sei "durch die Auflösung der Miteigentumsgemeinschaft im Wege der rechtsgeschäftlichen Weitergabe der (erg.: übrigen) Miteigentumsanteile" im Zeitpunkt der Feilbietung nicht mehr Miteigentümer der Liegenschaft gewesen, verfehlt ist. Nach ständiger Rechtsprechung kann jedoch die Abgabenbehörde, wenn mehrere Personen zur Entrichtung einer Abgabe als Gesamtschuldner verpflichtet sind, entscheiden, wen sie in Anspruch nimmt, ob sie also das abgabenrechtliche Leistungsgebot an einen, an mehrere oder an alle Gesamtschuldner richtet. Es handelt sich hiebei um eine Ermessensentscheidung, die entsprechend zu begründen ist (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom , Zl. 92/16/0013, und vom , Zlen. 90/17/0333, 0334). Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung gegenüber anderen Abgabepflichtigen ist nicht Voraussetzung der Solidarschuld. Lediglich bei Ausübung des der Behörde obliegenden Ermessens kann die Uneinbringlichkeit bei anderen Gesamtschuldnern insofern eine Rolle spielen, als in einem solchen Fall ein Ermessensspielraum der Behörde nicht mehr vorliegt, das heißt die Abgabe von demjenigen Gesamtschuldner einzufordern ist, bei dem Uneinbringlichkeit NICHT gegeben ist (vgl. hiezu unter anderem die Erkenntnisse vom , Zl. 16/3023/80, vom , Zl. 82/16/0163, und vom , Zl. 84/16/0027). Unbeschadet ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Ermessensbegründung waren die Behörden daher nicht, wie der Beschwerdeführer vermeint, VERPFLICHTET, Abgabenbescheide gegen R und H zu erlassen.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist auch der Hinweis der belangten Behörde im Rahmen der von ihr gegebenen Ermessensbegründung, der in Anspruch genommene Gesamtschuldner habe einen zivilrechtlichen Regreßanspruch gegen die anderen Gesamtschuldner, grundsätzlich richtig (vgl. § 896 ABGB). Unzutreffend ist auch die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, ihm stünden keine Regreßansprüche gegenüber R und H zu. Wie bereits ausgeführt, sind die beiden Genannten als Abgabenschuldner nach § 3 erster Satz des Gemeinderatsbeschlusses anzusehen, und zwar gemäß § 3 WAO unabhängig davon, ob gegen sie die Abgabe bereits festgesetzt wurde. Einem Regreß des Beschwerdeführers gegen sie steht daher nichts im Wege, zumal nicht aktenkundig ist, daß die belangte Behörde etwa von einer Inanspruchnahme dieser beiden Gesamtschuldner - etwa durch Entlassung aus der Gesamtschuld oder rechtswidrige Festsetzung der Abgabe gegenüber einem oder mehreren anderen Gemeinschuldnern mit einem niedrigeren Abgabenbetrag oder gar mit Null - Abstand genommen hätte (vgl. hiezu die beiden Erkenntnisse vom ,

Zlen. 91/16/0071 bis 0073 und 91/16/0077, 0078).

Dasselbe gilt hinsichtlich des Ersteigerers K. Auch er wurde von der Abgabenbehörde richtigerweise als Gesamtschuldner für die gegenständliche Abgabe herangezogen, weil er im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches, nämlich der Versteigerung, (bereits) Miteigentümer der gegenständlichen Liegenschaft war (vgl. hiezu auch das K betreffende Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 91/17/0189).

Unzutreffend ist die in diesem Zusammenhang vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsmeinung, K hätte lediglich als Haftpflichtiger gemäß § 5 Abs. 1 WAO zur Entrichtung der gegenständlichen Abgabe herangezogen werden können. § 3 zweiter Satz des Gemeinderatsbeschlusses kann nämlich in einem Fall wie dem vorliegenden grundsätzlich nicht zur Anwendung gelangen, weil hier derjenige, "der die Sache versteigern läßt", jedenfalls zumindest ursprünglich Miteigentümer der zu versteigernden Liegenschaft gewesen sein muß.

Die belangte Behörde hat daher auch ihre Ermessensentscheidung zutreffend und ausreichend begründet.

Zum weiteren Beschwerdevorbringen ist folgendes zu bemerken:

Die vom Beschwerdeführer gerügte gedankliche Verbindung zwischen dem ersten und dem dritten Satz des § 3 des genannten Gemeinderatsbeschlusses entspricht, wie bereits dargelegt, der im bereits zitierten Erkenntnis vom , Zl. 86/17/0005, dargelegten Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichtshofes.

Daß auch bei Ersteigerung einer Liegenschaft durch einen Miteigentümer das GESAMTE Meistbot (zuzüglich des Wertes jener Lasten, die vom Ersteher zusätzlich zum Meistbot zu übernehmen sind) den Versteigerungserlös bildet, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu ein weiteres Mal das Erkenntnis vom , Zl. 86/17/0005, sowie die Erkenntnisse vom , Zl. 90/17/0412, und vom , Zl. 88/17/0124). Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse verwiesen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.