VwGH vom 28.11.2001, 99/17/0297
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde 1. der IP in Salzburg, und 2. des HR in Salzburg, beide vertreten durch Dr. Michael Pallauf, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 9, gegen den Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Salzburg vom , Zl. MD/00/66243/98/8 (BBK/66/98), betreffend Vorschreibung eines Beitrages zur Herstellung eines Hauptkanals, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Salzburg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- (EUR 331,75) binnen zwei Wochen zu gleichen Teilen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde gab diese der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Salzburg vom betreffend Vorschreibung eines Beitrages zur Herstellung des Hauptkanales nach dem Anliegerleistungsgesetz, LGBl. für das Land Salzburg Nr. 77/1976 (im Folgenden: Sbg ALG), keine Folge. Bei der Berechnung der Abgabe wurde gemäß § 16 Abs. 2 Sbg ALG der mit Bescheid vom nach der damals in Geltung stehenden Stadtbauordnung für Salzburg vorgeschriebene Kanalherstellungsbeitrag berücksichtigt; dieser Abgabenberechnung im Jahre 1974 lag eine beitragspflichtige Längenausdehnung von 54,18 m zugrunde; entsprechend der für den neuen Bauplatz ermittelten Längenausdehnung von 77,71 m wurde nunmehr ein Kanalherstellungsbeitrag anlässlich der Bauplatzerklärung für eine verbleibende Längenausdehnung von 23,53 m vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , B 621/99-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird die Verletzung im Recht auf richtige Auslegung des § 16 Abs. 2 Sbg ALG und somit auf Unterbleiben der Vorschreibung eines Beitrages für die Errichtung des Hauptkanales für das gegenständliche Grundstück im Gebiet der Landeshauptstadt Salzburg geltend gemacht.
Die Beschwerdeführer wenden sich dagegen, dass bei Anwendung des § 16 Abs. 2 Sbg ALG die einer früheren Beitragsleistung konkret zu Grunde gelegte Längenausdehnung berücksichtigt wurde und nicht eine fiktiv analog § 11 Abs. 3 Sbg ALG berechnete Längenausdehnung.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der insbesondere der Rechtsauffassung der Beschwerdeführer, dass nicht die konkret zu Grunde gelegte Längenausdehnung bei der früheren Berechnung des Anliegerbeitrages zu Grunde zu legen sei, entgegengetreten und beantragt wird, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Sbg ALG, im Beschwerdefall zuletzt geändert durch die Novelle LGBl. Nr. 76/1988, lauten:
"Kostentragung für Hauptkanäle
§ 11
(1) ...
(3) Die Kosten sind in der Weise zu ermitteln, daß der Gemeinderat den Durchschnittspreis aller Hauptkanäle im Gemeindegebiet per Längenmeter feststellt. Auf dieser Grundlage ist der Beitrag im Sinne des Abs. 1 für den Bauplatz nach dessen Längenausdehnung zu berechnen. Als Längenausdehnung gilt bei einem Bauplatz mit einer Fläche von 1200 m2 die Seite eines Quadrates mit diesem Flächeninhalt. Als Längenausdehnung kleinerer oder größerer Bauplätze gilt jener Teil bzw. jenes Vielfache dieser Strecke, der bzw. das dem Verhältnis der Fläche des jeweiligen Bauplatzes zur Fläche von 1200 m2 entspricht; für den Teil eines Bauplatzes, der eine Fläche von 2000 m2 übersteigt, gilt jedoch als Längenausdehnung, ausgehend von der Seite eines Quadrates mit einem Flächeninhalt von 3600 m2, jener Teil bzw. jenes Vielfache dieser Strecke, der bzw. das dem Verhältnis der Fläche des jeweiligen 2000 m2 übersteigenden Bauplatzteiles zur Fläche von 3600 m2 entspricht. Bei Bauplätzen, für die die höchstzulässige Höhe des obersten Gesimses oder der obersten Dachtraufe mehr als 7,5 m oder 11 m beträgt, kommt hiezu ein Zuschlag in der Höhe von 20 bzw. 30 v.H. Legt ein Bebauungsplan oder in Fällen des § 12 Abs. 2 und 3 des Bebauungsgrundlagengesetzes eine Bauplatzerklärung statt oder neben dieser zulässigen Höhe nur bzw. auch die Zahl der zulässigen Geschosse fest, gilt der Zuschlag von 20 v.H. bei drei Vollgeschossen und der von 30 v.H. bei vier und mehr Vollgeschossen. Lassen sich derartige Bebauungsgrundlagen bei bestehenden Bauten (§ 1 Abs. 4) nicht feststellen, so richtet sich ein allfälliger Zuschlag nach der tatsächlichen Zahl der Vollgeschosse. Ist ein Hauptkanal nicht zur Aufnahme von Niederschlagswässern bestimmt, sind der Beitragsermittlung 60 v.H. dieser Längenausdehnung zugrunde zu legen. Die Berechnung hat in Metern auf zwei Dezimalstellen abgerundet zu erfolgen."
§ 16 lautet:
"Wirksamkeitsbeginn und Übergangsbestimmungen
§ 16
(1) Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Bautechnikgesetz in Kraft.
(2) Soweit für Grundstücke wegen ihrer Widmung als Bauland (§ 14 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1968, LGBl. Nr. 78) bereits Kostenbeiträge für Straßenbeleuchtungen oder Gehsteige auf Grund früherer Rechtsvorschriften geleistet wurden, entsteht aus Anlaß allfälliger Bauplatzerklärungen keine neuerliche Beitragspflicht. Wurden für Grundflächen auf Grund früherer Rechtsvorschriften Kostenbeiträge für Hauptkanäle geleistet, entsteht aus Anlaß der Bauplatzerklärung daraus gebildeter, am Hauptkanal liegender Bauplätze nur insoweit eine neuerliche Beitragspflicht, als die Längenausdehnung gemäß § 11 Abs. 3 die dem geleisteten Beitrag zugrunde gelegte Längenausdehnung im Bereiche des betreffenden Bauplatzes überschreitet. Dies gilt auch für weitere, die Beitragspflicht begründende Kanalanlagenerrichtungen bei bestehenden Bauplätzen und sinngemäß für den Fall, daß als späterer Kanal ein solcher zur Errichtung kommt, der zur Abfuhr auch von Niederschlagswässern bestimmt ist.
(3) Auf Gehsteige, für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits ein Beitragsbescheid erlassen worden ist, sind die bisherigen Vorschriften weiterhin anzuwenden. Soferne eine Beitragsvorschreibung für Straßenbeleuchtungen oder Hauptkanäle zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits vorliegt, ist das betreffende Verfahren auf Grund der bisherigen Rechtsvorschriften zu Ende zu führen."
Die für die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten der Kanalerrichtung im Jahre 1974 geltenden Regelungen der Salzburger Stadtbauordnung, LGBl. Nr. 83/1968, lauteten:
"Kostentragung für die Hauptkanäle
§ 57a
(1) Die Kosten der Herstellung der Hauptkanäle (§ 57 Abs. 1) sind von der Gemeinde zu tragen. Die Eigentümer der an die Verkehrsfläche oder sonstige Grundfläche, in der der Hauptkanal errichtet ist, an beiden Seiten angrenzenden Grundstücke haben, soferne diese Grundstücke im Flächenwidmungsplan als Bauland festgelegt sind, einen Beitrag von je einem Drittel der Kosten zu leisten, gleichgültig, ob die Grundstücke an die Hauptkanäle angeschlossen sind oder nicht. Werden Grundflächen, die im Zeitpunkt der Herstellung der Hauptkanäle im Flächenwidmungsplan nicht als Bauland festgelegt sind, zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Abänderung des Flächenwidmungsplanes als Bauland festgelegt, so gebührt der Gemeinde von den Eigentümern der in diesen Grundflächen liegenden und an die Verkehrsfläche oder sonstige Grundfläche, in der der Hauptkanal errichtet ist, angrenzenden Grundstücke ein Ersatz von je einem Drittel der für die Herstellung der Hauptkanäle zu diesem Zeitpunkt festgestellten Kosten.
(2) Die Kosten sind in der Weise zu ermitteln, daß der Gemeinderat den Durchschnittspreis aller Hauptkanäle im Gemeindegebiet per Längenmeter feststellt. Auf dieser Grundlage ist der Beitrag (Ersatz) im Sinne des Abs. 1 für jedes angrenzende Grundstück nach dem Verhältnis der Längenausdehnung des Grundstückes zu berechnen. Grenzt ein Grundstück mit mehr als einer Seite an öffentliche Verkehrsflächen, so ist der Berechnung der Kosten das Längenausmaß zugrunde zu legen, das sich aus dem arithmetischen Mittel der Längenausdehnungen jener Seiten des Grundstückes ergibt, die an die öffentlichen Verkehrsflächen angrenzen. Grenzt ein Grundstück mit keiner Seite an eine öffentliche Verkehrsfläche, so ist der Berechnung der Kosten das Längenausmaß zugrunde zu legen, das sich aus dem Viertel des Umfanges des Grundstückes mit Ausnahme der Zufahrt ergibt."
Die Beschwerdeführer übersehen mit ihrer Argumentation, dass § 16 Abs. 2 zweiter Satz Sbg ALG ausdrücklich davon spricht, dass aus dem dort näher umschriebenen Anlass eine neuerliche Beitragspflicht nur insoweit entsteht, als die Längenausdehnung gemäß § 11 Abs. 3 die dem geleisteten Beitrag zu Grunde gelegte Längenausdehnung im Bereiche des betreffenden Bauplatzes überschreitet. Schon eine Auslegung nach dem Wortsinn ergibt somit, dass die Anrechnung nach der der früheren Beitragsvorschreibung konkret zu Grunde gelegten Längenausdehnung zu erfolgen hat. Auch die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten verfassungsrechtlichen Gründe für eine andere Auslegung verfangen nicht. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber bei der Anrechnung von früheren Beitragsleistungen nicht an die konkrete Berechnung der Abgabe anknüpfen dürfte, sondern eine fiktive Berechnung anordnen sollte, die dazu führen müsste, dass je nach dem, ob sich aus der fiktiven Berechnung ein höherer oder geringerer Abgabenbetrag ergebe, Vor- oder Nachteile für bestimmte Abgabepflichtige (je nach dem Zeitpunkt der früher erfolgten Vorschreibung) ergeben (vgl. auch die Hinweise im angefochtenen Bescheid auf die einschlägige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
Wenn auch der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0194, ausgeführt hat, dass die Einrechnungsnorm des § 16 Abs. 2 zweiter Satz Sbg ALG für - auf Grund von öffentlich-rechtlichen Rechtsvorschriften - erbrachte Leistungen nicht die Einrechnung tatsächlich geleisteter Beträge vorsieht, sondern an die Differenz der Längenausdehnung gemäß § 11 Abs. 3 leg. cit. anknüpft, so darf doch nicht übersehen werden, dass die Längenausdehnung auch nach den seinerzeitigen Rechtsvorschriften die Grundlage für die Beitragsbemessung gebildet hat. Stellt der Gesetzgeber bei der Einrechnung auf die zu Grunde gelegte Längenausdehnung ab, so bewirkt er damit entsprechend der Baukostenentwicklung eine Valorisierung der einzurechnenden Leistung. Diese tatsächlich erbrachten Leistungen konnten je nach Konfiguration des Grundstückes erheblich von jenem Ergebnis abweichen, das sich bei Zugrundelegung der Fläche des Grundstückes ergeben hätte. Im Bericht des Verfassungs- und Verwaltungsausschusses 305 BlgLTSbg 2. Session der 7. Wahlperiode zur RV betreffend das ALG heißt es dazu allgemein:
"Als erhebliche Änderung im Verhältnis zur Gesetzesvorlage ist weiters anzusehen, daß bei den Anliegerleistungen für Hauptkanäle einheitlich für alle Bauplätze nicht mehr die vom Zufall bestimmte Länge einer bestimmten Seite des Grundstückes zugrunde zu legen ist, sondern die Seite eines Quadrates, welches den gleichen Flächeninhalt wie das betreffende Grundstück hat. Für gleich große Grundstücke bedeutet das eine gleiche Höhe der Anliegerleistungsverpflichtung, während nach der bisherigen Rechtslage zwischen solchen Grundstücken je nach Form und Lage zur Verkehrsfläche sehr wesentliche Unterschiede in der Beitragshöhe auftreten konnten."
Vor diesem Hintergrund dient eine Einrechnungsvorschrift nur dann einer ausgleichenden Berücksichtigung von in der Vergangenheit geleisteten, jedoch nach derzeitigem Maßstab für möglicherweise unangemessen hoch oder niedrig zu wertenden Leistungen, wenn auf ihre tatsächliche Höhe bzw. auf eine für diese maßgebliche Rechengröße abgestellt wird. Auch diese Überlegung spricht gegen eine Auslegung, die den Wortlaut der Bestimmung korrigieren wollte, wie dies dem Beschwerdeführer vorschwebt.
§ 16 Abs. 2 Sbg ALG nimmt ausdrücklich nur im Zusammenhang mit der (nach derzeitiger Rechtslage zu berechnenden) "Längenausdehnung gemäß § 11 Abs. 3" auf § 11 Abs. 3 Bezug und stellt dieser die "dem geleisteten Beitrag zu Grunde gelegte Längenausdehnung" gegenüber. Hätte der Gesetzgeber eine Anordnung treffen wollen, wie sie die Beschwerdeführer dem § 16 Abs. 2 Sbg ALG unterstellen, hätte er dies im Wortlaut zum Ausdruck gebracht. So hätte etwa an Stelle der Formulierung "die dem geleisteten Beitrag zu Grunde gelegte Längenausdehnung" in sprachlich geeigneter Form der Hinweis aufgenommen werden können, dass es nicht auf die (seinerzeit) zu Grunde gelegte Längenausdehnung, sondern auf die nach § 11 Abs. 3 Anliegerleistungsgesetz (nachträglich fiktiv) zu berechnende Längenausdehnung ankäme.
Die von der belangten Behörde zu Grunde gelegte Auslegung entspricht somit dem Gesetz (vgl. beispielsweise auch das von der belangten Behörde genannte hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/17/0158).
Die Beschwerdeführer führen im Übrigen keine Gründe an, aus welchen der angefochtene Bescheid rechtswidrig sein könnte (so werden insbesondere die Bemessungsgrundlagen wie Bauplatzgröße und maximale Geschoßhöhe nicht bestritten).
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994 sowie § 3 Abs. 2 Z 2 Eurogesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.
Wien, am