VwGH vom 23.06.1994, 94/17/0002
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Kramer und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde des E in B, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. R/1-V-88130/02, betreffend Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Marktgemeinde B Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer als Grundeigentümer gemäß § 14 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200 in der damals geltenden Fassung anläßlich der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes (einer Doppelgarage) auf dem Bauplatz in B, X-Straße 18, KG Y, mit einer Grundstücksfläche von 726 m2 einen Aufschließungsbeitrag in der Höhe von S 73.666,-- vor. Dieser Betrag werde gemäß § 159 NÖ Abgabenordnung, LGBl. 3400 (im folgenden: NÖ AO 1977), binnen einem Monat nach Zustellung dieses Bescheides fällig.
Dieser Abgabenbescheid des Bürgermeisters wurde dem Beschwerdeführer laut Rückschein am zugestellt.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
1.2. Nachdem die Niederösterreichische Landesregierung die über die Berufung ergangene (abweisliche) Berufungsentscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom mit Bescheid vom und den neuerdings abweislichen Ersatzbescheid des Gemeinderates vom mit Bescheid vom aufgehoben hatte, wies der Gemeinderat mit neuerlichem Ersatzbescheid vom die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters, mit welchem dem Beschwerdeführer "ein Aufschließungsbeitrag in Höhe von S 73.666,--, fällig binnen einem Monat nach Zustellung jenes Bescheides, vorgeschrieben worden war".
Nach der Begründung dieses Bescheides des Gemeinderates vom habe der bautechnische Amtssachverständige der mitbeteiligten Marktgemeinde zwei Lokalaugenscheine vorgenommen und folgenden Befund erstellt: Auf dem Grundstück befinde sich eine einer Baulichkeit ähnliche Einrichtung, die aus zwei Eisenbahnwaggons bestehe, die in einem Abstand voneinander aufgestellt seien und deren Zwischenraum ebenfalls ausgebaut sei. In diesem Bereich befinde sich ein Kamin. Diesem mittleren Ausbau nach Süden vorgelagert befinde sich ein Windfang. Dieser sei mit einem Flachdach versehen. Über die Waggons samt den mittleren Ausbau sei ein Krüppelwalmdach gelegt worden. Einen dritten Eisenbahnwaggon habe man zwischenzeitlich entfernt. Die Decke der Waggons sei derzeit noch sichtbar, die Wände seien durch Ausfachungen verstärkt worden. Es existiere ein Strom- und Wasseranschluß, Sanitäranlagen seien keine vorhanden. Nach Aussage des Grundstückseigentümers sei ein freistehendes WC zusammen mit der Waschküche und einem zugebauten Schuppen abgetragen worden. Im Zuge des Lokalaugenscheins sei die Humusschichte bei den Außenwänden der Eisenbahnwaggons abgetragen worden; die Ziegeluntermauerung reiche auf eine Tiefe von etwa 25 cm an der West- und Südseite. Die Außenwände der Waggons seien an ihrer Außenseite mit Dachpappe und Eternitverkleidung versehen, an der Innenseite sei ein Verputz feststellbar. Eine Ausmauerung bzw. eine sonstige Ausfüllung der Eisenbahnwaggonaußenwände sei nicht feststellbar. Zwischen den beiden Waggons sei ein Baukörper mit massiven Außenwänden ausgeführt. Die Stärke betrage 30 cm; die Außenwände seien aus Ziegel ausgeführt. Über die beiden Waggons samt Mittelteil sei ein Holzdachstuhl gelegt, wobei im Dachboden noch das Blechdach der Eisenbahnwaggons sichtbar sei. Die lichte Raumhöhe im Bereich der Waggons betrage im Scheitelpunkt der gewölbten Decke 2,2 m, an der niedrigsten Stelle 2,1 m, die lichte Raumhöhe im Mittelteil betrage 2,25 m.
Der Zeuge L gab an, er habe zusammen mit seinem Vater in den Jahren 1929 oder 1930 drei Eisenbahnwaggons von der Straße mit Pferden über den Feldweg auf das Grundstück transportiert. Diese Waggons samt Zubauten seien in der Folge von zwei Frauen und deren Tochter bewohnt worden; diese Frauen hätten ihren Lebensunterhalt weitgehend durch Wäschewaschen und Aufziehen von Pflegekindern bestritten.
Der Gemeinderat gehe somit davon aus, daß die Baulichkeit um das Jahr 1930 errichtet worden sei. Bei der mitbeteiligten Marktgemeinde seien kaum mehr Aktenunterlagen über baubehördliche Bewilligungsvorgänge aus der Zwischenkriegszeit vorhanden. Die Kriegseinwirkungen des zweiten Weltkrieges hätten nahezu den gesamten Aktenbestand vernichtet. Eine baubehördliche Bewilligung für das in Frage stehende Gebäude habe weder vom nunmehrigen Beschwerdeführer vorgelegt werden können noch bestehe eine derartige Bewilligung bei der mitbeteiligten Gemeinde. Die Baubehörde könne keine entsprechenden Unterlagen über die Bauvorgänge im Jahr 1930 beischaffen. Die auf dem Grundstück bestehende Baulichkeit sei unbestritten. In diesem Zusammenhang bestehe nach der Rechtsprechung die Verpflichtung der Baubehörde, nachzuweisen, daß die in der Natur bestehende Baulichkeit niemals den Rechtsvorschriften der zum Zeitpunkt der Errichtung geltenden Bauordnung entsprochen habe. Die Vermutung beziehe sich ausschließlich darauf, daß die jeweilige Baubehörde nur ein den Bauvorschriften entsprechendes Gebäude bewilligt habe. Die Mutmaßungen des Beschwerdeführers über die in der damaligen Zeit herrschenden Krisen und Notsituationen könnten nicht die Konsensmäßigkeit einer Baulichkeit beweisen.
Der Gemeinderat gehe davon aus, daß entsprechend der damals in Geltung gestandenen Bauordnung für Niederösterreich aus dem Jahr 1883 für die Liegenschaft das "Rechtsbenefiz" der erleichterten Bedingungen nach dem 8. Abschnitt der Bauordnung zur Anwendung gekommen sei.
§ 98 Abs. 2 NÖ BauO 1883 habe die Anwendung von Holzwänden sowie von ausgemauerten oder mit Lehm ausgefüllten Riegelwänden sowohl nach außen als auch im Inneren gestattet. Dies gelte jedoch nicht für Feuermauern. Holzwände, die als Umfassungswände von Wohnungen oder Arbeitsräumen dienten, müßten gegen das Eindringen von Nässe und Kälte entsprechend geschützt werden. Nach den Auführungen des bautechnischen Amtssachverständigen sei ein derartiger Kälteschutz der Außenwände nicht vorhanden. Die Außenwände seien nicht ausgemauert bzw. sonst ausgefacht und böten nicht den erforderlichen Schutz gegen Kälte. Entgegen § 100 Abs. 1 NÖ BauO 1883 sei im Dachboden weder eine Schuttlage mit Lehmestrich ausgeführt noch ein Pflaster verlegt worden. Entgegen § 103 Abs. 1 und 2 leg. cit. sei die mindeste Raumhöhe - unter bereits erleichterten Bedingungen - bei weitem unterschritten worden. Gerade bei derartigen erleichterten Bestimmungen könne das Mindestmaß (2,50 m) nicht noch um weitere 10 % unterschritten werden.
Nach § 108a NÖ BauO 1883 wäre eine Bewilligung für vorübergehende Zwecke (u.a. Notstandsbauten für Wohnzwecke) mit Zustimmung der Bezirksverwaltungsbehörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf denkbar gewesen. Sie erscheine dennoch als äußerst unwahrscheinlich, weil von den bereits erleichterten Bedingungen - etwa der drastisch herabgesetzten Raumhöhe - nochmals hätte dispensiert werden müssen. Eine Raumhöhe von 2,10 m könne keinen Wohnraum mehr schaffen, der auch nur annähernd menschenwürdige Wohnumstände garantiere. Sollten dennoch derartige Ausnahmen gemacht worden sein, so habe eine Bewilligung nur auf bestimmte Zeit erteilt werden können. Bestenfalls habe es sich um ein Bauwerk im Sinne des nunmehrigen § 101 NÖ BauO 1976, also um einen Bau vorübergehenden Bestandes, gehandelt.
Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, daß auf dem Grundstück im Jahr 1970 ein unbefristet bewilligtes Bauwerk bestanden habe.
Der Beschwerdeführer erhob neuerdings Vorstellung. Die Abgabenbehörde gehe von einer gesetzwidrigen Umkehr der Beweislast aus. Es erscheine nicht vorstellbar, daß von seiten der Baubehörde die Existenz eines nicht bewilligten Objektes bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges geduldet worden wäre, auch wenn durch die Einwirkungen des zweiten Weltkrieges Aktenunterlagen nicht mehr vorhanden seien und eine baubehördliche Bewilligung für die gegenständliche Notunterkunft von keinem Beteiligten mehr vorgelegt werden könne.
1.3. Mit Bescheid vom wies die Niederösterreichische Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Gemeinderat zu Recht mehrere Bestimmungen der NÖ BauO 1883 angeführt, denen das aus Eisenbahnwaggons entstandene Bauwerk offensichtlich widersprochen habe. Auch ein Versäumnis der zuständigen Behörde, mit Demolierungsauftrag vorzugehen, könne die fehlende Baubewilligung nicht ersetzen.
1.4. Mit Beschluß vom , B 1895/93, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen den zuletzt genannten Vorstellungsbescheid erhobenen Beschwerde ab. Die Beschwerde wurde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
1.5. In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach dem gesamten Inhalt seines Vorbringens in seinem Recht auf eine den Verfahrensgesetzen und der Niederösterreichischen Bauordnung entsprechenden Feststellung des Abgabentatbestandes der erstmaligen Bauführung auf der Liegenschaft verletzt. Die Beschwerdebegründung behandelt diese Fragen (siehe dazu unten Punkt 2.2.1).
Darüber hinaus bemerkt der Beschwerdeführer im Ergänzungsschriftsatz noch, daß "die gegenständliche Abgabenforderung gemäß § 185 Abs. 1 iVm § 159 Abs. 1 Nö Abgabenordnung 1977 mangels jeglichen Einbringungsversuches durch die Abgabenbehörde seit dem Eintritt der Fälligkeit noch im Jahr 1987, dies, obwohl den bisher vom Beschwerdeführer erhobenen Rechtsmitteln und -behelfen niemals eine aufschiebende Wirkung beigemessen wurde (was nach der Nö Abgabenordnung auch gar nicht möglich gewesen wäre), mittlerweile verjährt ist".
1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift.
In der Gegenschrift der mitbeteiligten Gemeinde wird zur Frage der Verjährung zum Ausdruck gebracht, daß das Rechtsmittelverfahren den Eintritt der Verjährung der Abgabenschuld verhindere; es könne nicht "Aufgabe der Rechtsordnung sein, durch Berufungen und andere Rechtsmittel den Verjährungsprozeß in Gang zu setzen, da es dann für den jeweiligen Bürger ausreichen würde, einen längeren Rechtsstreit zu entfachen, um letztendlich durch Zeitablauf von seiner Gebührenschuld befreit zu werden".
1.7. Mit Schreiben vom ersuchte der Verwaltungsgerichtshof den Beschwerdeführer um Mitteilung, ob und in welchen Rechten er sich durch den angefochtenen Bescheid nach Eintritt des Zeitpunktes der behaupteten Einhebungsverjährung noch aktuell in seinen Rechten verletzt erachte oder ob nicht der Wegfall der Rechtsverletzungsmöglichkeit im Hinblick auf die die Wirkungen des Abgabenfestsetzungsbescheides überholende Rechts- und Sachlage bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeeinbringung angenommen werden müsse.
1.8. Mit Schriftsatz vom nahm der Beschwerdeführer zur Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes wie folgt Stellung:
"I.1) Die Marktgemeinde B hat dem Beschwerdeführer aufgrund einer mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde B als Baubehörde erster Instanz am erteilten baubehördlichen Bewilligung zum Neubau eines Gebäudes mit Abgabenbescheid vom , Zahl 6/20/85, einen Aufschließungsbeitrag vorgeschrieben. Gemäß § 156 Abs. 1 Nö. Abgabenordnung verjährt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, in fünf Jahren, wobei der Verjährungslauf gemäß § 157 lit. a leg. cit. mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, beginnt. Dies bedeutet vorliegendenfalls, daß das Recht zur Vorschreibung eines Aufschließungsbeitrages mit verjährt ist.
Davon zu unterscheiden ist die Verjährung bereits fälliger Abgaben. Auch diese ist, wie der Beschwerdeführer bereits ausgeführt hat, gemäß § 185 Abs. 1 iVm § 159 Abs. 1 Nö. Abgabenordnung spätestens mit eingetreten, je nachdem, ob die Fälligkeit noch im Jahre 1987 oder erst 1988 eingetreten ist.
2) Geht man daher davon aus, daß sowohl das Recht auf Abgabenfestsetzung, als auch das Recht auf Einhebung des bereits fälligen Aufschließungsbeitrages verjährt ist, so bedeutet dies, daß die Rechtsstellung des Beschwerdeführers gleich bleibt, ob der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufhebt oder nicht, sodaß derzeit offenbar nicht (mehr) von einer aktuellen Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers auszugehen sein wird. Geht man davon aus, daß das Recht der Einhebung des Aufschließungsbeitrages erst am verjährt ist, ist der Verjährungseintritt jedoch erst nach Einbringung der Beschwerde gelegen.
II. Zu den Ausführungen der mitbeteiligten Partei Marktgemeinde B in deren Gegenschrift vom ist im Hinblick auf die Verjährung folgendes anzumerken: Ein anhängiges Rechtsmittelverfahren verhindert nach der Nö. Abgabenordnung keineswegs den Eintritt der Verjährung der Einhebung der Abgabenschuld. Gemäß § 185 Abs. 2
Nö. Abgabenordnung ist es vielmehr an der Abgabenbehörde gelegen, den Verjährungseintritt durch nach außen erkennbare Amtshandlungen, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen oder durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung zu unterbrechen. Solche Amtshandlungen wurden von der Abgabenbehörde erster Instanz bzw. der belangten Behörde nicht gesetzt.
Schließlich ist im Hinblick auf die Ausführungen der mitbeteiligten Partei noch darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer durch Erhebung von Rechtsmitteln im gegenständlichen Verfahren sein (jedermann zustehendes) staatsbürgerliches Recht, eine Entscheidung im Rechtsmittelverfahren überprüfen zu lassen, wahrnimmt und keinesfalls diese kostenaufwendigen, nicht ersatzfähigen Überprüfungshandlungen im Instanzenwege deshalb setzt, um eine Verjährung der Abgabenschuld zu bewirken."
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Zunächst ist der Verwaltungsgerichtshof auf die Frage der Legitimation des Beschwerdeführers (der Möglichkeit, in seinen Rechten verletzt zu sein) eingegangen:
2.1.1. § 185 NÖ AO 1977 lautet auszugsweise:
"(1) Das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist; keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen oder durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung unterbrochen. Nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen."
Hinsichtlich der Fälligkeit der Abgaben bestimmt § 159 Abs. 1 erster Satz NÖ AO 1977, daß Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 74) des Abgabenbescheides fällig werden.
Eine von dieser Bestimmung abweichende Regelung wurde in der hier anzuwendenden Abgabenvorschrift, nämlich der NÖ BauO 1976 in der Fassung LGBl. 8200-3, nicht getroffen.
2.1.2. Der erstinstanzliche Abgabenbescheid vom wurde dem Beschwerdeführer am nachweislich zugestellt. Die EINHEBUNGSverjährungsfrist begann daher mit zu laufen und endete am .
Verjährungsunterbrechende Amtshandlungen im Sinne des § 185 Abs. 2 NÖ AO 1977 (wie insbesondere Mahnungen, Vollstreckungsmaßnahmen oder die Bewilligung einer Zahlungserleichterung) sind nicht aktenkundig und wurden auch von der mitbeteiligten Gemeinde in ihrer Gegenschrift nicht ins Treffen geführt.
Allerdings erweist sich die in dieser Gegenschrift vertretene Rechtsauffassung, daß das den Abgabenbemessungsbescheid betreffende Rechtsmittelverfahren "den Eintritt der Verjährung einer derartigen Abgabenschuld" verhindere, im Ergebnis als zutreffend. Aus dem oben wiedergegebenen § 185 Abs. 1 zweiter Halbsatz NÖ AO 1977 ergibt sich nämlich, daß das Einhebungsrecht keinesfalls vor dem Recht zur FESTSETZUNG der Abgabe verjährt.
Unter dem Recht zur Festsetzung der Abgabe ist nun nicht nur das Recht auf erstmalige Festsetzung der Abgabe durch die Abgabenbehörde erster Instanz, an die die Fälligkeit anknüpft, zu verstehen. Vielmehr ist mit dem Begriff der Festsetzung der Abgabe auch die Abgabenfestsetzung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erfaßt. Dieses Begriffsverständnis ergibt sich insbesondere aus der Regelung des § 158a NÖ AO 1977, der von "einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat" handelt. Mit der erstmaligen erstinstanzlichen Abgabenfestsetzung, die an sich die Fälligkeit auslöst, an die wiederum die Einhebungsverjährung anknüpft, ist somit das Recht der Abgabenfestsetzung im Sinne des § 185 Abs. 1 zweiter Halbsatz NÖ AO 1977 noch nicht verbraucht.
Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, wiederum verjährt nach § 156 Abs. 1 NÖ AO 1977 in fünf Jahren, bei hinterzogenen Abgaben in zehn Jahren. Gemäß § 157 lit. a leg. cit. beginnt die Verjährung in den Fällen des § 156 Abs. 1 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Gemäß § 158 Abs. 1 leg. cit. wird die Verjährung durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 54) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen. Derartige Amtshandlungen wurden im Beschwerdefall, wie die Sachverhaltsdarstellung zeigt, innerhalb der ursprünglichen und der jeweils wieder neu in Lauf gesetzen Verjährungsfrist durch Erlassung der Abgabenfestsetzungsbescheide zweiter Instanz mehrfach gesetzt. Im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung waren - im Hinblick auf die Bescheide des Gemeinderates vom , vom und vom - das Recht zur Abgabenfestsetzung und damit auch das Einhebungsrecht noch nicht verjährt.
Die Beschwerdelegitimation ist daher zu bejahen; da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
2.2.1. In seiner Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer geltend, nach § 93 Abs. 1 NÖ AO 1977 sei die Beweislast der Abgabenbehörde und nicht dem Abgabenschuldner auferlegt. Ein alter Baubestand habe die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich, welche nur durch Gegenbeweis entkräftet werden könne. Die Behörde hätte wesentlich gravierendere Anhaltspunkte für das Nichtvorliegen einer Baubewilligung ins Treffen führen müssen als die sich erst aus Sachverständigenmessungen und Probebohrungen ergebenden vermeintlichen Konsenswidrigkeiten. Insbesondere wäre zu beachten gewesen, daß durch mehr als sechs Jahrzehnte kein Behebungs- oder Abbruchauftrag erfolgt sei. Die Nichtbeachtung dieses Umstandes stelle einen "unzumutbaren Vertrauensbruch" dar. Zu Unrecht habe es die Behörde unterlassen, den Gemeindebehörden Feststellungen aufzutragen, ob es für ähnliche Baulichkeiten im örtlichen Umkreis eine Baubewilligung gegeben habe; zu solchen amtswegigen Nachforschungen hätten insbesondere auch Erhebungen in den Archiven angestellt werden müssen.
2.2.2. Über die Berufung gegen den erstinstanzlichen Abgabenbescheid erging die Berufungsentscheidung des Gemeinderates vom ; über die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung erging der kassatorische Vorstellungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom . Damit war das Berufungsverfahren wiederum anhängig. Die Bindungswirkung dieses Aufhebungsbescheides erstreckt sich nur soweit, als sich nicht die Rechtslage danach geändert hat. Tatsächlich hatte der Gemeinderat bei Erlassung des Ersatzbescheides vom eine neue materiell-rechtliche Gesetzeslage zugrunde zu legen. Denn am , dem Tag des Inkrafttretens der 6. Novelle LGBl. 8200-6 zur NÖ BauO 1976, Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. 8200-0, war das Berufungsverfahren - wie gesagt - (neuerdings) anhängig und Art. II Abs. 2 dieser 6. Novelle bestimmt, daß die am anhängigen Verfahren nach den neuen Vorschriften zu Ende zu führen sind. Da diese Übergangsvorschrift innerhalb der Regelungstatbestände der Novelle nicht unterscheidet, gilt dies auch für die Aufschließungsbeiträge (Aufschließungsabgabe). § 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 in der somit anzuwendenden Fassung LGBl. 8200-6 lautet auszugsweise:
"(1) ... eine Aufschließungsabgabe vorzuschreiben. Diese
Abgabe ist auch dem Eigentümer eines Bauplatzes nach § 2 Z. 7
lit. b aus dem Anlaß der erstmaligen Errichtung eines Gebäudes
(§ 2 Z. 5) oder ... auf diesem Bauplatz vorzuschreiben, wenn
für diesen Bauplatz noch kein der Höhe nach bestimmter Aufschließungsbeitrag und auch keine Aufschließungsabgabe vorgeschrieben worden ist. Als erstmalig gilt die Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz, wenn auf diesem am kein unbefristet bewilligtes Gebäude gestanden ist. Eine Gerätehütte mit höchstens 6 m2 bebauter Fläche und einer Gebäudehöhe bis zu 2 m gilt in diesem Zusammenhang nicht als Gebäude."
Es kommt daher darauf an, ob das in Rede stehende Gebäude, das sich unbestritten am auf dem Grundstück befand, ein unbefristet bewilligtes Gebäude war.
2.2.3. Zutreffend geht der Beschwerdeführer davon aus, daß die Abgabenbehörden gemäß § 93 Abs. 1 NÖ AO 1977 die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln haben, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Der aufzuklärende Sachverhalt betrifft das Tatbestandselement der Erstmaligkeit, und zwar des Nichtbestehens eines unbefristet bewilligten Gebäudes auf dem Grundstück. Strittig ist das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen einer unbefristeten Bewilligung im Sinne des § 14 Abs. 1 NÖ BauO 1976 in der Fassung LGBl. 8200-6. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde hat im Bescheid vom festgestellt, daß eine Baubewilligung weder vom Beschwerdeführer habe vorgelegt werden können noch sich in den Aktenunterlagen der Gemeinde befinde. Begründend wird dazu ausgeführt, daß die Kriegseinwirkungen des zweiten Weltkrieges nahezu den gesamten Aktenbestand aus der Zwischenkriegszeit vernichtet hätten. Diesen Feststellungen ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.
Der Umstand, daß Unterlagen durch Kriegseinwirkungen oder ähnliche Ereignisse verlorengegangen sein könnten, ist - ähnlich wie bei sehr lange zurückliegenden Errichtungszeitpunkten des Gebäudes - einer jener Fälle, die es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich gerechtfertigt erscheinen lassen, die Konsensgemäßheit des Gebäudebestandes zu vermuten. Bei der Prüfung dieser Frage ist aber - wie der Verwaltungsgerichtshof stets betont hat - zu beachten, daß die Vermutung der Konsensgemäßheit alter Baubestände nur jenen Bauzuständen zukommt, die nach der zur Zeit ihrer Herstellung geltenden Bauordnung dem Gesetz entsprachen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0221, und die dort zitierte Rechtsprechung).
Auf diese Frage ist der Gemeinderat, sowohl was den Sachverhalt (die Art des Gebäudealtbestandes) als auch was die im Errichtungszeitpunkt ca. im Jahr 1930 bestehende Gesetzeslage anlangt, ausführlich eingegangen. Der Verwaltungsgerichtshof hat oben im Punkt 1.2. die wesentlichen Punkte der diesbezüglichen Begründung wiedergegeben. Auch der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Sachverhaltsfeststellungen und die Darstellung der Rechtslage nach der NÖ BauO 1883. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß der Gemeinderat zu Unrecht zum Ergebnis gelangt wäre, das aus zwei baulich miteinander verbundenen Eisenbahnwaggons bestehende Gebäude habe mehreren, im Zeitpunkt der Errichtung etwa im Jahr 1930 geltenden Bauvorschriften der NÖ BauO 1883, widersprochen, wie z.B. dem § 98 Abs. 2 (Ausstattung von Holzwänden), dem § 100 Abs. 1 (Ausgestaltung des Dachbodens) oder dem § 103 Abs. 1 und 2 (lichte Raumhöhen).
Im besonderen ist für den Beschwerdeführer auch aus der Bestimmung des § 108a NÖ BauO 1883 in der Fassung LGBl. Nr. 132/1922 nichts zu gewinnen. Diese Bestimmung lautete:
"Bauführungen für vorübergehende Zwecke (bei Ausstellungen, Notstandsbauten für Wohnzwecke, Industrie und Gewerbe u.dgl.) kann die Baubehörde mit Zustimmung der politischen Bezirksbehörde auf eine bestimmte Zeit oder auf Widerruf unter Festsetzung der nach der Lage des Falles erforderlichen Bedingungen gestatten, ohne an die sachlichen Vorschriften dieser Bauordung gebunden zu sein."
Es kommt bei dem hier in Betracht zu ziehenden Abgabentatbestand des § 14 Abs. 1 dritter Satz NÖ BauO 1976 in der Fassung LGBl. 8200-6 nämlich auf das Vorliegen eines unbefristet bewilligten Gebäudes an. Gebäude bloß vorübergehend bewilligten Bestandes (vgl. § 101 leg. cit.) sollen daher die Erstmaligkeit der Bauführung und deren Abgabepflicht nicht hindern. Unter Gebäuden dieser Art sind im Bereich des § 14 Abs. 1 leg. cit. auch die gegen jederzeitigen Widerruf ehemals bewilligten Gebäude nach der BauO 1883, die die derzeitige Bauordnung nicht mehr kennt, zu verstehen. Auch sie betrafen begrifflich Gebäude vorübergehenden Bestandes. Eine der NÖ BauO 1883 entsprechende Bewilligung des in Rede stehenden Gebäudes wäre nach § 108a dieser Bauordnung nur auf bestimmte Zeit oder auf Widerruf möglich gewesen. Es hätte somit nur eine die Abgabepflicht der späteren Errichtung eines Gebäudes auf dem Bauplatz nicht ausschließende Bewilligung als Baulichkeit vorübergehenden Bestandes erteilt werden dürfen.
Mangels Bewilligungsfähigkeit auf Dauer nach der damaligen Gesetzeslage wurde somit die Vermutung des Vorliegens eines Dauerkonsenses zu Recht verneint.
2.2.4. Wenn der Beschwerdeführer schließlich meint, es hätte bei der Beurteilung der Konsensgemäßheit beachtet werden müssen, daß durch mehr als 60 Jahre kein Behebungs- oder Abbruchauftrag erlassen worden sei, so ist er auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Nichterteilung eines Abbruchbescheides selbst durch einen langen Zeitraum keine baubehördliche Bewilligung des Altbestandes darstellt und eine Baubewilligung nur durch Bescheid, nicht aber durch ein konkludentes Verhalten der Bauaufsichtsorgane begründet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/17/0441). Dieser Umstand kann daher bei der Beurteilung der vermuteten Konsensgemäßheit eines Gebäudes, das offenkundig den zur Zeit seiner Errichtung in Geltung stehenden Bauvorschriften widersprach, nicht in Betracht gezogen werden.
2.2.5. Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen, die Vorstellung abweisenden Bescheid nicht mit der vom Beschwerdeführer behaupteten und auch mit keiner vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit belastet hat. Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
2.4. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom , Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513).
2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.