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VwGH vom 19.12.1996, 94/16/0263

VwGH vom 19.12.1996, 94/16/0263

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde 1. der I in B, 2. des A in V, 3. des L in V, 4. der K in P und 5. des M in F, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 551/2-10/K-1994, betreffend Akteneinsicht (in einer Schenkungssteuerangelegenheit), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Erben nach der am verstorbenen Anna W.

Nach einer am erfolgten Schenkungsanzeige reichte Johann G. am eine Abgabenerklärung ein, derzufolge ihm Anna W. vom "Frühjahr bis Herbst 1991" eine größere Anzahl von Sparbüchern mit einem Einlagenstand von zusammen S 3,001.471,02 geschenkt habe. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz schrieb Johann G. daraufhin mit Bescheid vom Schenkungssteuer vor.

Mit einer an das genannte Finanzamt gerichteten Eingabe vom beantragten die Beschwerdeführer Einsicht in sämtliche Akten über Schenkungen der Erblasserin Anna W. In der Eingabe wurde ausgeführt, Anna W. habe nach den Beschwerdeführern zugekommenen Informationen dem Johann G. mehrere Sparbücher geschenkt. Offensichtlich auf Grund des Besitzes dieser Sparbücher hätten die Beschwerdeführer nunmehr Einkommen- und Vermögensteuervorschreibungen für die Jahre 1983 bis 1992 erhalten. Die Beschwerdeführer wollten nunmehr sämtliche steuerrechtlichen Sachverhalte klären, um nicht später weitere Vorschreibungen zu erhalten. Da die Beschwerdeführer als Gesamtrechtsnachfolger der Anna W. für die entsprechende Anzeige der Schenkungen und die daraus resultierenden Abgaben hafteten, hätten sie Anspruch auf Einsicht und Abschriftnahme der Akten.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt das Ansuchen um Akteneinsicht ab. Das Finanzamt vertrat die Meinung, den Erben nach Anna W. könne in einem Schenkungssteuerverfahren eines Dritten keine Parteistellung zukommen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde ausgeführt, gemäß § 22 ErbStG sei zur Anmeldung einer Schenkung auch derjenige verpflichtet, aus dessen Vermögen der Erwerb stammt. Es sei auch der Geschenkgeber zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet. Auch der Geschenkgeber hafte für die aus der Schenkung resultierenden Steuern; dessen Erben komme daher Parteistellung zu.

Nach einem entsprechendne Vorhalt wurde von den Beschwerdeführern in einer Eingabe vom darauf verwiesen, daß das Finanzamt Steyr an die Erbengemeinschaft nach Anna W. "Bescheide über Vermögensteuer" zu St.Nr. 130/4289 erlassen habe. Angeschlossen war die Kopie eines an die genannte Erbengemeinschaft gerichteten Einkommensteuerbescheides für 1983, in dem unter anderem Einkünfte aus Kapitalvermögen von rund S 67.000,-- ausgewiesen waren.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Von der belangten Behörde wurde die Auffassung vertreten, im Falle einer Schenkung von Anna W. an Johann G. würde die Erklärungspflicht und die Pflicht zu einer entsprechenden Abgabenzahlung nur diese beiden Personen betreffen, nicht aber die Beschwerdeführer. Aus der Vorschreibung von Einkommen- und Vermögensteuer könne nicht das Recht auf Einsichtnahme in einen allfälligen Schenkungssteuerakt abgeleitet werden.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf "Parteistellung und Akteneinsicht" verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 90 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde den Parteien die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist.

Als Partei im Sinne dieser Gesetzesstelle ist gemäß § 77 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 1 BAO derjenige anzusehen, der nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt. Daraus folgt, daß bei einem Gesamtschuldverhältnis - im Sinne des § 13 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 1 BAO sind im Falle einer Schenkung i.S.d. § 3 Abs. 1 ErbStG Geschenknehmer und Geschenkgeber Gesamtschuldner - alle Gesamtschuldner Partei sind, unabhängig davon, ob sie bereits zur Steuerleistung in Anspruch genommen worden sind oder nicht (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 891, zu § 90).

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde trifft dabei die Verpflichtung zur Anmeldung eines Erwerbsvorganges nach § 3 Abs. 1 ErbStG nicht allein den Erwerber und solidarisch mit diesem denjenigen, aus dessen Vermögen der Erwerb stammt (vgl. § 22 Abs. 2 ErbStG). Vielmehr ist dazu auch der Erbe dieser Personen als Gesamtrechtsnachfolger verpflichtet (vgl. Stoll, a.a.O., 1503). In gleicher Weise kommt der Erbe auch als Abgabenschuldner in Betracht. Dies folgt schon aus § 19 Abs. 1 BAO, wonach im Falle der Gesamtrechtsnachfolge die sich aus den Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen. Dies bedeutet, wie von den Beschwerdeführern zutreffend geltend gemacht wird, daß der Gesamtrechtsnachfolger sowohl in materiellrechtlicher als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht an die Stelle des Rechtsvorgängers tritt. Überdies trifft den Erben, der Pflichtverletzungen des Rechtsvorgängers erkennt, die Haftung im Sinne des § 15 BAO. Daraus folgt aber, daß die Beschwerdeführer grundsätzlich als Parteien des in Rede stehenden Schenkungssteuerverfahrens im Sinne des § 90 BAO anzusehen waren. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, wobei es sich erübrigte, auf die von den Beschwerdeführern vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht (mehr) relevierte Frage, ob das Verfahren des Finanzamtes Steyr zur Festsetzung von Einkommen- und Vermögensteuer gleichfalls ein Recht auf Akteneinsicht in den Schenkungssteuerakt nach sich zog, einzugehen. Der angefochtene Bescheid war aus den oben genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Im pauschalierten Schriftsatzaufwand ist dabei Umsatzsteuer bereits enthalten.