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VwGH vom 14.11.1996, 94/16/0157

VwGH vom 14.11.1996, 94/16/0157

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der O Baugesellschaft mbH in G, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. 159/2-9/Nd-1994, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

O.S., dessen Gattin I.S. und deren Kinder S.M. und W.S. als Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Einbringende einerseits und S.M. und W.S. als Geschäftsführer der beschwerdeführenden GesmbH als übernehmende Körperschaft andererseits haben nachstehenden (auszugsweise wiedergegebenen) Einbringungsvertrag vom geschlossen:

"E r s t e n s: Präambel

Zweck dieses Vertrages ist die Einbringung des gesamten, den Baustoffhandel samt Nebenleistungen umfassenden Betriebes der Einbringenden (Gesellschaft nach bürgerlichem Recht) in die übernehmende Körperschaft zu Buchwerten in Entsprechung und unter Anwendung der Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes (UmgrStG),

Bundesgesetzblatt 699/1991, insbesondere der Bestimmungen dessen Artikels III.

Z w e i t e n s: Gegenstand der Einbringung


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a)
Die Einbringenden bringen den Betrieb (Betriebsvermögen der mit notariellem Gesellschaftsvertrag vom errichteten Gesellschaft nach bürgerlichem Recht samt allen Rechten und Verbindlichkeiten als Gesamtsache auf der Grundlage der Einbringungsbilanz zum
31. (einunddreißigsten) Mai 1993 (eintausendneunhundertdreiundneunzig) mit Stichtag , 24.00 Uhr, zu Buchwerten in die übernehmende Körperschaft ein. ...
...
F ü n f t e n s: Gegenleistung für die Einbringung
a)
Die Einbringung des Betriebes (Betriebsvermögens) in die übernehmende Körperschaft erfolgt gegen Gewährung von neu zu schaffenden Geschäftsanteilen
(Stammanteilen) bei der "... Baugesellschaft m.b.H."
aus einer Erhöhung des Stammkapitals von S 500.000,-- (Schilling fünfhunderttausend) um S 100.000,-- (Schilling einhunderttausend) auf S 600.000,-- (Schilling sechshunderttausend).
b)
Die übernehmende Körperschaft wird zur Übernahme dieser Kapitalerhöhung ausschließlich die
Einbringenden, nämlich ... im Verhältnis ihrer
bisherigen Beteiligungen, also zu je S 25.000,-- (Schilling fünfundzwanzigtausend) zulassen."

Mit vorläufigem Gesellschaftsteuerbescheid schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz der beschwerdeführenden Gesellschaft die Gesellschaftsteuer nach § 2 Z. 3 lit. a KVG in der Höhe von S 16.518,-- vor. In der Begründung heißt es, die Befreiung nach § 22 Abs. 3 Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) könne hinsichtlich der Einbringung durch W.S. und S.M. nicht zuerkannt werden, weil diese das zu übertragende Vermögen am erworben hätten und das zu übertragende Vermögen am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages nicht länger als zwei Jahre als Vermögen der Einbringenden bestehe.

In der dagegen erhobenen Berufung vertrat die beschwerdeführende Gesellschaft unter Hinweis auf Wundsam-Zöchling-Huber-Kuhn, Handkommentar zum Umgründungssteuergesetz, die Ansicht, wenn einer bereits bestehenden Gesellschaft innerhalb der Zweijahresfrist weitere Gesellschafter beiträten oder Gesellschafter wechselten, dies nicht gesellschaftsteuerbefreiungschädlich sei, wenn nur die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbst bereits länger als zwei Jahre bestanden habe. Dies treffe im Beschwerdefall zu.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen und nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung ging die belangte Behörde zunächst davon aus, daß die genannten vier Personen jeweils ihren Gesellschaftsanteil an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in die GmbH eingebracht hätten. Im Erwägungsteil der Begründung heißt es weiter, nach dem Wortlaut des Einbringungsvertrages vom hätten unter anderem W.S. und S.M. als Einbringende den als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht geführten Betrieb nach näherer vertraglicher Regelung in die GmbH eingebracht. Unstrittig sei, daß der Einbringungsvertrag in den Anwendungsbereich des Art. III, § 12 UmgrStG, falle und das eingebrachte Vermögen am Einbringungsstichtag einen positiven Verkehrswert besessen habe. Bei dem eingebrachten Vermögen handle es sich um solches im Sinne des § 12 Abs. 2 Z. 1 UmgrStG, im konkreten Fall um einen Betrieb. Die Einbringenden seien Gesellschafter einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Ihrer Rechtsnatur nach unterscheide sich die Gesellschaft bürgerlichen Rechts von der schlichten Rechtsgemeinschaft darin, daß sich die letztgenannte auf gemeinschaftlichen Besitz und gemeinsame Nutzung der Sache beschränke, während das Wesen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zumindest die Absicht erfordere, gemeinschaftlich zu wirtschaften. Sie besitze jedoch wie die schlichte Rechtsgemeinschaft keine Rechtspersönlichkeit, könne daher keine bücherlichen Rechte erwerben und sei nicht parteifähig. Dies unterscheide sie als Personengesellschaft von den Personengesellschaften nach dem HGB, weil eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht nicht berechtigt sei, ein Vollhandelsgewerbe im Sinne der §§ 2 ff HGB auszuüben. Aus diesen Überlegungen folge, daß im Falle der Einbringung eines Betriebes in der Rechtsform einer Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht in eine GmbH mangels Rechtspersönlichkeit der Erwerbsgesellschaft nicht diese, sondern ihre Gesellschafter als Einbringende im Sinne des § 22 Abs. 3 UmgrStG anzusehen seien und die weiteren Voraussetzungen für die Anwendung dieser Steuerbegünstigung nach dem UmgrStG bei den einzelnen Gesellschaftern als Einbringende vorliegen müßten. Die Begünstigungsbestimmung komme demnach nur dann zur Anwendung, wenn das zu übertragende Vermögen am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages länger als zwei Jahre als Vermögen jedes einzelnen Gesellschafters an der Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht bestehe. In bezug auf die Einbringungsvorgänge von W.S. und S.M. werde diese Voraussetzung nicht erfüllt, weil deren Vermögen erst ab dem Zeitpunkt bestehe und zwischen diesem Zeitpunkt und dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages am ein Zeitraum von weniger als zwei Jahren liege. Dadurch mangle es an einer wesentlichen Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 22 Abs. 3 UmgrStG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrikeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 UmgrStG liegt eine Einbringung im Sinne dieses Bundesgesetzes vor, wenn Vermögen (Abs. 2) auf Grundlage eines Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) nach Maßgabe des § 19 einer übernehmenden Körperschaft tatsächlich übertragen wird. Soweit eine Eintragung in das Firmenbuch vorgesehen ist, gilt nur diese als Nachweis der tatsächlichen Übertragung. Voraussetzung ist, daß das Vermögen am Einbringungsstichtag, jedenfalls aber am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages, einen positiven Verkehrswert besitzt. Der Einbringende hat den positiven Verkehrswert im Zweifel durch ein Gutachten eines Sachverständigen nachzuweisen.

Nach § 12 Abs. 3 Z. 1 UmgrStG können übernehmende Körperschaften unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sein.

Auf Einbringungen sind gemäß § 12 Abs. 4 UmgrStG die §§ 13 bis 22 anzuwenden.

Einbringungen nach § 12 und dafür gewährte Gegenleistungen nach § 19 sind gemäß § 22 Abs. 3 UmgrStG von den Kapitalverkehrsteuern und von den Gebühren nach § 33 TP 15, 16 und 21 des GebG 1957 befreit, wenn das zu übertragende Vermögen am Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrages länger als zwei Jahre als Vermögen des Einbringenden besteht.

In der Regierungsvorlage (266 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP) wird zu § 22 Abs. 3 ausgeführt:

"Bei einbringenden Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) ist die Zweijahresfrist unabhängig davon auf die Gesellschaft zu beziehen, ob die Gesellschafter (Mitunternehmer) die Anteile innerhalb der Zweijahresfrist erworben haben oder nicht. Die persönliche Beziehung ist nur bei der Einbringung von Gesellschaftsanteilen selbst herzustellen."

Im Bericht des Finanzausschusses (354 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP) heißt es:

"Umgründungen stellen - wirtschaftlich betrachtet - lediglich einen Formwechsel der Unternehmensorganisation dar. ...

Weiters sollen die Begünstigungen außerhalb des Ertragsteuerbereiches, als endgültiger Verzicht auf die Besteuerung, Umgründungen als besondere Vorgänge nicht erschweren oder verhindern."

Nach § 22 Abs. 3 UmgrStG können - dies wird durch die in der Regierungsvorlage erklärte Absicht des Gesetzgebers verstärkt - auch Personengesellschaften (Mitunternehmergesellschaften) ihr Vermögen kapitalverkehrsteuerbefreit in eine Körperschaft einbringen. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist eine Personengesellschaft, der unter bestimmten Voraussetzungen Mitunternehmerschaft zukommt (vgl. Hofstätter-Reichl, Die Einkommensteuer (EStG 1988), Kommentar, § 23, Rz. 23). Das der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gewidmete Vermögen steht nach der Regelung des ABGB im Miteigentum der Gesellschafter, soweit diese nicht reine Arbeitsgesellschafter sind. Es bildet ein Sondervermögen. Der Miteigentumsanteil ist nämlich gesellschaftsrechtlich gebunden, sodaß nur nach der gesellschaftsrechtlichen Regelung darüber verfügt werden darf, aber frei verfügt werden kann. Das Gesellschaftsvermögen ist als Sondervermögen von den anderen Vermögen der Mitglieder (Privatvermögen) zu trennen (§ 1182 ABGB). Rechte und Verbindlichkeiten, die ein Dritter gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat, sind also von den Rechten und Verbindlichkeiten gegen einzelne Mitglieder zu unterscheiden (Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 58). Überträgt eine solche Personengesellschaft ihr Vermögen einer übernehmenden Körperschaft, dann ist für diese Einbringung die Befreiung von der Gesellschaftsteuer nach § 22 Abs. 3 UmgrStG gegeben.

Wenn nun die belangte Behörde die Ansicht vertritt, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts könne mangels Rechtspersönlichkeit, Parteifähigkeit und Berechtigung, ein Vollhandelsgewerbe zu führen, nicht Einbringende im Sinne des UmgrStG sein, sondern es könnten nur deren Gesellschafter Einbringende sein, dann verkennt sie - wie dargestellt - die Rechtslage. Auch eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft), somit auch eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, kann nach den Bestimmungen des UmgrStG die Einbringende des Vermögens in die Körperschaft sein. Bei einbringenden Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften) ist - wie bereits erwähnt - die Zweijahresfrist unabhängig davon auf die Gesellschaft zu beziehen, ob die Gesellschafter (Mitunternehmer) die Anteile innerhalb der Zweijahresfrist erworben haben oder nicht (vgl. auch Helbich/Wiesner, Umgründungen5, 178). Daraus folgt, daß auch bei Einbringung durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf die Dauer der Zugehörigkeit des Einbringungsvermögens zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts abzustellen ist und ein Gesellschafterwechsel innerhalb der Zwei-Jahres-Frist nicht befreiungsschädlich ist (Wundsam-Zöchling-Huber-Kuhn, Handkommentar zum UmgrStG2, § 22, Rz. 14). Im Beschwerdefall bedeutet dies, daß durch den erfolgten Eintritt von S.M. und W.S. in die von ihren Eltern geführte Gesellschaft bürgerlichen Rechts innerhalb von zwei Jahren vor der Einbringung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in die übernehmende Körperschaft die Kapitalverkehrsteuerbefreiung nicht verlorengeht, soferne die vorliegende Gesellschaft nach bürgerlichem Recht eine Mitunternehmerschaft war; dies wäre wohl auch noch zu klären. Die im angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht der belangten Behörde erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig.

Auf Grund der Verkennung der Rechtslage unterblieb im angefochtenen Bescheid die widerspruchsfreie Darstellung des sich auf Grund des Einbringungsvertrages ergebenden maßgebenden Sachverhaltes. Ohne den Vertragswillen zu klären, vertrat die belangte Behörde die Ansicht, die Gesellschafter seien auf Grund der Rechtslage als Einbringende anzusehen. Nach der Sachverhaltsdarstellung des angefochtenen Bescheides hätten die angeführten Personen "jeweils ihren Gesellschaftsanteil an der Gesellschaft nach bürgerlichem Recht" in die GmbH eingebracht. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides heißt es, nach dem Wortlaut des Einbringungsvertrages vom hätten unter anderem W.S. und S.M. als Einbringende den als Gesellschaft nach bürgerlichem Recht geführten Betrieb in die GmbH eingebracht. Es wird somit nicht schlüssig und nachvollziehbar festgestellt, ob jeder Gesellschafter allein für sich Gesellschaftsanteile an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder aber die Gesellschafter gemeinsam als Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) das Sondervermögen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in die Körperschaft eingebracht haben. Die oben dargestellte Rechtswidrigkeit des Inhaltes geht jedoch diesem Verfahrensmangel vor.

Aus den oben angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.