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VwGH vom 25.02.1993, 91/16/0027

VwGH vom 25.02.1993, 91/16/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Närr, Dr. Kramer, Dr. Fellner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Ladislav, über die Beschwerde

1. des E in H, 2. des F in S (beides Schweiz), beide vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom , Zl. Jv 606 - 33/91, betreffend Rückzahlung von Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 10.620,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der am beim Bezirksgericht Bludenz zu 2 C 1465/89 k eingelangten Klage gegen die Republik Österreich begehrten die Beschwerdeführer das Urteil, eine näher bezeichnete Fahrnisexekution sei unzulässig. Der Streitwert der Klage wurde mit S 3,000.000,-- angegeben.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom schränkten die Beschwerdeführer das Klagebegehren auf Kostenersatz ein. Dessen ungeachtet wies das Bezirksgericht Bludenz mit Urteil vom das vermeintlich nur auf Unzulässigkeit der Exekution hinsichtlich eines Teiles der gepfändeten Gegenstände eingeschränkte Klagebegehren kostenpflichtig ab.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer "Berufung", in der sie den Streitwert nach wie vor mit S 3,000.000,-- angaben, und überwiesen hiefür eine Pauschalgebühr in Höhe von S 50.000,--.

Am faßte das Landesgericht Feldkirch über die genannte Berufung zu 1aR 342/90 in nichtöffentlicher Sitzung folgenden Beschluß:

"Soweit die Berufung die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache betrifft, wird sie als unzulässig zurückgewiesen.

Im weiteren Umfang wird die insoweit als Rekurs anzusehende Berufung als verspätet zurückgewiesen. In diesem Umfang ist ein Rekurs jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 3 ZPO).

Die als "Berufungsbeantwortung" bezeichnete Rechtsmittelgegenschrift wird zurückgewiesen. Die Parteien haben die Kosten der Rechtsmittel- und der Rechtsmittelgegenschrift selbst zu tragen."

Das Landesgericht Feldkirch begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß, soweit mit dem angefochtenen Urteil über den Kostenersatz hinaus abgesprochen worden sei, ihm kein Sachentscheidungsantrag zugrundeliege; in diesem Umfang handle es sich somit um ein Nichturteil. Da Nichturteile ipso facto keine Gerichtsakte seien und auch deren Wirkungen nicht auslösen könnten, seien sie auch im Prozeß ein rechtliches Nichts. Werde gegen sie ein Rechtsmittel erhoben, sei es vom Erstgericht (und auch noch vom Rechtsmittelgericht) als unzulässig zurückzuweisen, weil die Rechtsmittelzulässigkeitsvoraussetzung - eine anfechtbare Entscheidung - fehle. Da die Zurückweisung nicht bereits vom Erstgericht erfolgt sei, sei sie vom Rechtsmittelgericht auszusprechen gewesen. Die Entscheidung des Erstgerichts sei somit von vornherein nur hinsichtlich des Kostenspruchs anfechtbar gewesen. Dies habe nur mittels Rekurses geschehen können; die Rekursfrist betrage 14 Tage. Der Umstand, daß die Rechtsmittelschrift der Beschwerdeführer gegen das vorliegende "Kostenurteil" als "Berufung" bezeichnet werde, sei prozeßrechtlich ohne Bedeutung. Denn die unrichtige Benennung eines Rechtsmittels sei unerheblich, wenn das Begehren deutlich erkennbar sei. Das Rechtsmittel der Kläger, soweit es als Rekurs nach § 55 ZPO aufzufassen sei, sei daher (mangels Einhaltung der 14-tägigen Rekursfrist) als verspätet zurückzuweisen gewesen.

Mit Schriftsatz vom richteten die Beschwerdeführer an das Bezirksgericht Bludenz den Antrag auf Rückzahlung der für den Rechtsmittelschriftsatz beigebrachten Pauschalgebühr von S 50.000,--, da dieser Schriftsatz nach Ansicht des Berufungsgerichtes nur als Rekurs anzusehen, für einen solchen jedoch eine Pauschalgebühr nicht zu erbringen sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Präsident des Landesgerichtes Feldkirch (§ 30 Abs. 3 zweiter Satz GGG, BGBl. Nr. 501/1984) den Rückzahlungsantrag ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, die Pflicht zur Entrichtung der Pauschalgebühr werde dadurch nicht berührt, daß eine im Verfahren zweiter Instanz ergangene Entscheidung aufgehoben oder abgeändert werde. Die Gebührenpflicht erlösche auch dann nicht, wenn über das Rechtsmittel nicht entschieden oder das Rechtsmittel zurückgezogen werde. Die die Gebührenpflicht auslösende Rechtsmittelschrift werde ausdrücklich als Berufung bezeichnet und es lasse auch der Antrag erkennen, daß über das Rechtsmittel der Berufung entschieden werden sollte. Der Kostenbeamte sei nicht berechtigt, eine gebührenpflichtige Eingabe auf den Inhalt und die Absichten des Gebührenschuldners zu prüfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Rückzahlung der Pauschalgebühr von S 50.000,-- verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie erklärt, der Beschwerde nicht entgegenzutreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z. 1 lit. c GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr für das zivilgerichtliche Verfahren zweiter und dritter Instanz mit der Überreichung der Rechtsmittelschrift begründet.

Gemäß § 16 Z. 1 lit. f GGG beträgt die Bemessungsgrundlage unter anderem bei Streitigkeiten über Oppositions- (§ 35 EO), Impugnations- (§ 36 EO) und Exszindierungsklagen (§ 37 EO) 6.000 S.

Gemäß § 30 Abs. 2 GGG sind Gebühren unter anderem zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, daß überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.

Nach Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat die Rückzahlung der Kostenbeamte von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Gebühr entrichtet hat, zu verfügen. Hält der Kostenbeamte den Rückzahlungsanspruch nicht für begründet, dann entscheidet über den Rückzahlungsantrag der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz mit Bescheid. Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Nach Anmerkung 1 zu TP 2 des gemäß § 1 Abs. 1 GGG einen Bestandteil dieses Bundesgesetzes bildenden Tarifes unterliegen der Pauschalgebühr dieser Tarifpost Berufungsverfahren, Verfahren über Rekurse gegen Endbeschlüsse im Besitzstörungsverfahren (§ 459 ZPO) und gegen Beschlüsse, mit denen über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Erkenntnisse der Börsenschiedsgerichte (Artikel XXIII EGZPO) entschieden wird. Nach Anmerkung 2 erster Satz zu TP 2 sind neben den Pauschalgebühren nach Tarifpost 2 in Verfahren zweiter Instanz keine weiteren Gerichtsgebühren zu entrichten. Nach Anmerkung 3 hiezu wird die Pflicht zur Entrichtung der Pauschalgebühr nach Tarifpost 2 dadurch nicht berührt, daß eine im Verfahren zweiter Instanz ergangene Entscheidung aufgehoben oder abgeändert wird. Die Gebührenpflicht erlischt auch dann nicht, wenn über das Rechtsmittel nicht entschieden wird.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind der Kostenbeamte und der ihm übergeordnete Gerichtshofpräsident in Vollziehung des GGG an die Entscheidungen des Gerichtes gebundene Justizverwaltungsorgane (vgl. hiezu unter anderem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/16/0100, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Im Beschwerdefall war daher die belangte Behörde an den Ausspruch des Landesgerichtes Feldkirch im Beschluß vom gebunden, wonach es sich bei der Entscheidung erster Instanz in der Hauptsache um ein Nichturteil, das heißt um ein rechtliches Nichts, gehandelt habe.

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem soeben zitierten Erkenntnis vom unter Hinweis auf Vorjudikatur weiters dargetan, daß, ebenso wie Anmerkung 1 zu TP 1 GGG nicht auf den das betreffende Verfahren jeweils einleitenden Schriftsatz, sondern auf das jeweilige Verfahren selbst abstellt, dasselbe auch für den in Anmerkung 1 zu TP 2 gebrauchten Begriff "Berufungsverfahren" gilt, zumal nach dem durch das GGG eingeführten System der Pauschalgebühren letztere grundsätzlich nicht mehr für einzelne Schriftsätze etc., sondern für das GESAMTE VERFAHREN zu entrichten sind.

Der Verwaltungsgerichtshof pflichtet den Beschwerdeführern bei, wenn sie geltend machen, daß ein "rechtliches Nichts" einer Anfechtung nicht zugänglich ist und dagegen auch kein BERUFUNGSVERFAHREN stattfinden kann. Zutreffend machen die Beschwerdeführer weiters geltend, daß die Rechtslage nicht anders ist, als wenn jemand eine als "Berufung" bezeichnete Eingabe an das Gericht richtete, ohne daß überhaupt ein Verfahren in erster Instanz stattgefunden hätte und ein Urteil erster Instanz vorläge.

Entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung kam es daher nicht darauf an, daß die die Gebührenpflicht vermeintlich auslösende Rechtsmittelschrift ausdrücklich als "Berufung" bezeichnet wurde. Verfehlt war auch der Hinweis auf Anmerkung 3 zu TP 2 GGG, weil dort völlig anders gelagerte Sachverhalte geregelt sind; weder wurde eine im Verfahren ZWEITER Instanz ergangene Entscheidung aufgehoben oder abgeändert noch über das vorliegende Rechtsmittel nicht entschieden.

Der Umstand, daß das Landesgericht Feldkirch im Beschluß vom das Rechtsmittel der Beschwerdeführer hinsichtlich des erstinstanzlichen Kostenzuspruchs als Rekurs aufgefaßt hat, vermochte eine Gebührenpflicht dieser Eingabe gleichfalls nicht auszulösen, weil für Rekurse - ausgenommen Rekurse gegen Endbeschlüsse im Besitzstörungsverfahren und gegen Beschlüsse, mit denen über Nichtigkeitsbeschwerden gegen Erkenntnisse der Börsenschiedsgerichte entschieden wird - keine Gebühren zu entrichten sind (vgl. Tschugguel-Pötscher, Die Gerichtsgebühren4, Seite 86 FN 5).

Da die belangte Behörde die Rechtslage im aufgezeigten Sinn verkannte, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Es kam daher auch nicht mehr darauf an, daß die Bemessungsgrundlage für die vorliegende Klage im Sinne des § 16 Z. 1 lit. f GGG jedenfalls nur 6.000 S betragen hätte.

Der Kostenzuspruch gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.