VwGH vom 30.03.2000, 99/16/0404
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV 373-09/03/98, betreffend Rechtsgebühr und Börsenumsatzsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Gesellschafter der M GmbH traten mit Notariatsakt vom mit Stichtag ihren Geschäftsanteil an die Beschwerdeführerin und vier weitere Erwerber ab. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von insgesamt S 10,-- vereinbart, davon entfiel auf die Beschwerdeführerin auf Grund des erworbenen Anteils von 60% des Stammkapitals S 6,--. Die Erwerber verpflichteten sich eine Bankgarantie für die Ablösung der Konzernverbindlichkeiten der M GmbH gegenüber den vorherigen Gesellschaftern zu übergeben und Haftungsfreistellungen der vorherigen Gesellschafter und der A AG für Verbindlichkeiten der M GmbH zu erwirken. Sollte die Zustimmung der Gläubiger unterbleiben, dann würden die Erwerber die vorherigen Gesellschafter und die A AG für den Fall der Inanspruchnahme schad- und klaglos halten.
Mit Bescheid gemäß § 200 Abs. 1 BAO vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien der Beschwerdeführerin nach Übersendung der Bilanz per
ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 74.804.127,15 (kurzfristige Verbindlichkeiten lt. Bilanz S 122.000,000.-- und Verbindlichkeiten der S GmbH von S 2.673,535,25, somit insgesamt S 124.673.535,25 zuzüglich S 6,-- und von der Summe auf Grund des Anteils 60%), und dem Gebührensatz von 2 % die Rechtsgebühr in der Höhe von S 1.496.083,-- sowie dem Steuersatz von 0,5 % die Börsenumsatzsteuer in der Höhe von S 374.021,-- vorläufig vor.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die in der Bemessungsgrundlage des Bescheides herangezogenen Verbindlichkeiten seien nicht im Zuge der Abtretung, sondern aus dem laufendem und lebenden Betrieb entstanden und schon 1990 bilanziert worden. Unter dem Begriff "vereinbarter Preis" sei nur der Barpreis zu verstehen und keineswegs die erst zu bewertende Leistung. Die Haftungsfreistellung betreffe nicht die vorherigen Gesellschafter aus ihren ehemaligen Gesellschafterpositionen heraus, sondern die Konzernverbindlichkeiten seien aus dem laufenden Geschäftsbetrieb entstanden. Es sei verständlich, dass sich die ehemaligen Gesellschafter anlässlich der Abtretung ihrer Anteile gegenüber Forderungen der Tochtergesellschaft absicherten. Es könnten Lieferverbindlichkeiten nicht zur Kaufpreisbemessungsgrundlage herangezogen werden, wenn zufällig der Geschäftspartner auch gleichzeitig Anteilsinhaber einer Gesellschaft sei. Es dürfe daher lediglich der tatsächliche Kaufpreis in der Höhe von S 6,-- der Rechtsgebühr sowie der Börsenumsatzsteuer unterworfen werden.
Nach Ergehen der Berufungsvorentscheidung und dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies die belangte Behörde die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes neben dem vereinbarten Abtretungspreis auch übernommene Verbindlichkeiten in die Bemessungsgrundlage sowohl der Rechtsgebühr als auch der Börsenumsatzsteuer einzubeziehen seien, wenn dies zu einer Entlastung (= Vermehrung) des Vermögens des Verkäufers führt. Die Erwerber der Geschäftsanteile hätten sich nach dem "Kaufvertrag" vom ausdrücklich verpflichtet, eine Bankgarantie für die Ablöse von Verbindlichkeiten zu übergeben und durch Haftungsübernahmen Haftungsfreistellungen zu erwirken sowie die vorherigen Gesellschafter schad- und klaglos zu halten. Die ziffernmäßig bestimmbare Wertigkeit sei in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf richtige Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die vorgeschriebene Rechtsgebühr und Börsenumsatzsteuer sowie im Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen, den Bestimmungen der BAO entsprechenden Verfahren insbesondere durch Unterlassung von genauen Erhebungen der belangten Behörde über die Art der im Zuge des gegenständlichen Kaufvertrages vereinbarten Haftungsfreistellungen verletzt".
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete die Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 629/1994 unterlagen Zessionen von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einer Gebühr in Höhe von 2 v.H. vom Entgelt, mindestens aber vom Wert der Anteile.
Gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG idF vor der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 6/99 u.a., vorgenommenen Aufhebung gelten als Anschaffungsgeschäfte auch bedingte oder befristete Anschaffungsgeschäfte.
Gemäß § 21 Z. 2 KVG wird die Börsenumsatzsteuer regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/16/0100, und vom , Zl. 91/15/0109) gelten gemäß § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG bedingte Anschaffungsgeschäfte als unbedingt geschlossen und begründen die Steuerpflicht ohne Rücksicht darauf, ob in der Folge überhaupt eine Verbindlichkeit zur Erfüllung des Geschäftes begründet wird. Dies entspricht dem für Verkehrsteuern ganz allgemein geltenden Grundsatz, dass auch der spätere Wegfall der vertraglich vereinbarten Pflicht nichts mehr an der bereits entstandenen Steuerschuld ändert. Angewendet auf die hier in Rede stehenden Haftungsvereinbarungen bedeutet dies aber, dass die vertraglich übernommene Haftungen ohne Rücksicht darauf in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, ob die Erwerberin des Anteils aus der getroffenen Vereinbarung letzten Endes überhaupt bzw. in welchem Ausmaß zur Haftung herangezogen wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0348, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Nach ständiger Rechtsprechung sind weiters in die Bemessungsgrundlage sowohl der Rechtsgebühr als auch der Börsenumsatzsteuer neben dem vereinbarten Abtretungspreis auch übernommene Verbindlichkeiten einzubeziehen, wenn dies zu einer Entlastung (=Vermehrung) des Vermögens des Verkäufers führt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zlen. 95/16/0111, 0112, 0113, m.w.N.). Zum Entgelt gehören alle jene Leistungen, die der Erwerber der Anteile dafür zu erbringen hat - gleichgültig, an wen auch immer -, um diese zu erhalten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob und in welchem Ausmaß dem Abtretenden bzw. einem Dritten die vereinbarten Leistungen tatsächlich zukommen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , Zl. 92/16/0130, m.w.N.).
In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen je vom , Zl. 96/16/0040, 0041, und Zl. 96/16/0046, unter Bezugnahme auf die Vorjudikatur ausgesprochen, dass auch eine Haftungsübernahme sich als Teil des Entgelts iSd § 21 Z. 2 KVG der bezeichneten Fassung darstellt. Eine solcherart ziffernmäßig bestimmte Geldleistung durch Übernahme einer entsprechenden Haftung zähle auch zum vereinbarten Preis iSd § 21 Z. 1 KVG.
Wenn die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, es habe § 6 BewG zumindest aber § 14 BewG auch im Bereich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Börsenumsatzsteuer zur Anwendung zu kommen, so übersieht sie dabei, dass die im § 21 Z. 1 KVG im Wege des Begriffes "vereinbarter Preis" normierte Bemessungsgrundlage von der hg. Judikatur dahin verstanden wird, dass dadurch oft schwierige Bewertungsfragen vermieden werden sollen (vgl. dazu insbesondere das oben schon zitierte hg. Erkenntnis vom19. Jänner 1994, Zl. 93/16/0142, 0143 und die dort angeführte Vorjudikatur). Angesichts der in § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG enthaltenen Regelung über bedingte Vereinbarungen besteht im Bereich der Börsenumsatzsteuer auch keine echte Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung des § 6 BewG rechtfertigen könnte (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0348).
Der Beschwerdefall war kein Anlassfall betreffend die mit Erkenntnis vom , G 6/99 u.a., erfolgten Aufhebung der Worte "bedingte der" in § 18 Abs. 2 Z. 3 KVG.
Da die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzeigte war die Beschwerde aus den angeführten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG (mit Rücksicht auf die zitierte hg. Rechtsprechung in einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat) als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am