VwGH 23.04.1992, 91/15/0138
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Für den Vorsteuerabzug ist eine den Vorschriften des § 11 UStG 1972 entsprechende Rechnung mit offenem Steuerausweis essentielle Voraussetzung (Hinweis E , 90/15/0042; E , 87/15/0079; E , 83/15/0033, VwSlg 5835 F/1983). |
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RS 2 | Nur eine Rechnung des leistenden Unternehmers berechtigt zum Vorsteuerabzug; es muß sich iSd § 11 Abs 1 UStG 1972 um eine Rechnung des Unternehmers handeln, der die steuerpflichtige Lieferung oder die steuerpflichtige sonstige Leistung ausführt und demgegenüber der Leistungsempfänger den Anspruch auf Rechnungsausstellung hat (Hinweis E , 83/15/0033, VwSlg 5835 F/1983). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 87/15/0009 E RS 1 |
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RS 3 | Verfahrenskosten, die in einem gerichtlichen Exekutionstitel ausgewiesen sind und die die unterliegende Prozeßpartei der obsiegenden zu ersetzen hat, stellen nicht das Entgelt für eine von einem Unternehmer gegenüber dem Kostenschuldner (für dessen Unternehmen) erbrachte Lieferung oder sonstige Leistung dar (Hinweis Kranich-Siegl-Waba, Kommentar III, Anmerkung 91 zu § 11 UStG 1972; Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz - Mehrwertsteuer10, II/5, Randziffer 60 zu § 14d UStG 1972). Empfänger der vom Rechtsanwalt der obsiegenden Partei erbrachten Leistung ist immer der eigene Klient, also die obsiegende Partei, nicht aber die unterliegende Partei (Hinweis Doralt-Ruppe, Grundriß I4, 290). Einen Vorsteuerabzug für die Leistung kann - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen des § 12 UStG 1972 - nur der Klient des Rechtsanwaltes geltend machen. Im Ausmaß der Vorsteuerabzugsberechtigung der obsiegenden Partei steht der unterliegenden Partei ein entsprechender Rückersatzanspruch zu (Hinweis Doralt-Ruppe, Grundriß I4, 290, Kodek in RdW 1988, 56). |
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RS 4 | Die Urkunde, in der ein gerichtlicher Vergleich festgehalten ist, ist nicht geeignet, eine fehlende Rechnung iSd § 11 UStG 1972 zu ersetzen, weil sie nicht von dem Unternehmer ausgestellt worden ist, der die Leistung an den Abgabenschuldner erbracht hat. Davon abgesehen kann kein vom Gericht geschaffener Exekutionstitel die fehlende Rechnung mit Steuerausweis ersetzen, zumal nicht einmal ein Urteil des Gerichtes, mit dem ein Unternehmer schuldig befunden wurde, eine den Vorschriften des UStG entsprechende Rechnung für den Leistungsempfänger auszustellen, bei der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges von der Verpflichtung zur Vorlage einer dem § 11 UStG 1972 entsprechenden Rechnung, die vom leistenden Unternehmer ausgestellt worden ist, entbindet (Hinweis E , 82/15/0006, VwSlg 5766 F/1983). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 87/15/0009 E RS 2 |
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RS 5 | Eine Rechnungsberichtigung nach § 11 Abs 12 iVm § 16 Abs 1 UStG 1972 muß folgenden Inhaltserfordernissen genügen: Die Urkunde muß geeignet sein, als Grundlage sowohl der beim Aussteller vorzunehmenden Berichtigung des Steuerbetrages als auch der vom Empfänger vorzunehmenden Berichtigung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzuges zu dienen. Die Beurteilung dieser Eignung hat nach einem objektiven Maßstab zu erfolgen; davon ausgehend erfüllt nur eine solche Urkunde die Voraussetzung der "entsprechenden Berichtigung" einer Rechnung, in der Gegenstand und Inhalt der Berichtigung in eindeutiger und jeden Zweifel ausschließenden Weise zum Ausdruck kommen. Dies bedeutet nicht, daß die Berichtigung die Ausstellung einer (sämtliche in § 11 Abs 1 UStG 1972 geforderten Angaben enthaltenden) völlig neuen Rechnung erforderte. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie VwGH E 1991/04/08 90/15/0071 4 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Simon und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführes Oberkommissär Dr. Lebloch über die Beschwerde des R in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl. 30.082-3/90, betreffend Umsatzsteuer 1985 bis 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anläßlich einer im Jahre 1989 beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung, die auch die Umsatzsteuer der Streitjahre betraf, wurde u.a. festgestellt, daß der Beschwerdeführer seit 1985 keine Bücher mehr geführt habe. Der Prüfer vertrat die Ansicht, vom Beschwerdeführer beantragte Vorsteuerabzüge aus selbsterrechneten Zinsenbelastungen seien mangels Vorliegens von Rechnungen ebensowenig anzuerkennen wie Vorsteuern aus gerichtlichen Exekutionstiteln. Ein vom Gericht geschaffener Exekutionstitel könne eine fehlende Rechnung mit Steuerausweis nicht ersetzen. Rechnungen oder Belastungsanzeigen seien vom Beschwerdeführer trotz Aufforderung im Zuge der Betriebsprüfung nicht vorgelegt worden. Betreffend eine vom Beschwerdeführer am ausgestellte Rechnung über S 840.615,-- zuzüglich 20 % USt (= S 168.123) sei vom Beschwerdeführer keine Stornorechnung vorgelegt worden.
Gegen die in der Folge je am erlassenen Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1988 berief der Beschwerdeführer in drei Punkten: Er begehrte die Berücksichtigung von Vorsteuer im Ausmaß von S 146.189 aus "vorgelegten Zinsenbelastungen", weiters die Anerkennung der in den Kostenbeträgen diverser gerichtlicher Exekutionstitel enthaltenen Vorsteuern und schließlich die Berücksichtigung des Umstandes, daß die Rechnung vom wieder storniert worden sei.
Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung die Berufung als unbegründet ab, wobei es im wesentlichen die Auffassung vertrat, der Beschwerdeführer habe keine Rechnungen vorgelegt. Exekutionstitel könnten Rechnungen nicht ersetzen. Der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung durch die Betriebsprüfung keine Rechnungen beigebracht. In Exekutions- und Gerichtskosten enthaltene Umsatzsteuerbeträge könnten mangels Leistungsaustausch nicht als Vorsteuer abgezogen werden.
Was die Rechnung vom anlange, vertrat das Finanzamt die Auffassung, daß allein durch die Inrechnungstellung die Umsatzsteuer zur Zahlung fällig geworden sei, die vom Beschwerdeführer behauptete Stornorechnung sei nicht vorgelegt worden.
Der Beschwerdeführer stellte daraufhin den Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie vertrat ausgehend vom eingangs geschilderten Sachverhalt rechtlich die Auffassung, der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung durch den Betriebsprüfer weder anläßlich der beiden Schlußbesprechungen vom 24. Mai bzw. noch anläßlich seines Vorlageantrages Belege vorgelegt, die den Erfordernissen des § 11 UStG ensprächen. Gerichtliche Exekutionstitel könnten die Rechnungsausstellung nicht ersetzen. Vorsteuer aus gerichtlichen Exekutions- und Verfahrenskosten könne nicht in Abzug gebracht werden, weil derartige Kosten nicht der Umsatzsteuer unterlägen. Gerichte seien weder als Unternehmer anzusehen noch liege in diesem Zusammenhang ein Leistungsaustausch vor. Bezüglich der Rechnung vom sei keine Stornorechnung vorgelegt worden, sodaß eine Entgeltminderung nicht erfolgen könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachtet sich
- zusammengefaßt - in seinem Recht auf Vorsteuerabzug verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG kann ein Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebstätte hat, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen.
§ 16 Abs. 1 leg.cit. bestimmt:
"(1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 geändert, so haben
der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für
den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist."
Auch mit der Beschwerde strebt der Beschwerdeführer - wie schon im Verfahren vor der belangten Behörde - die Berücksichtigung dreier Umstände an, nämlich einen Abzug von Vorsteuer im Ausmaß von S 146.189,-- aus einer Liste von Zinsenbeträgen, ferner die Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen aus gerichtlichen Exekutionstiteln als Vorsteuer und schließlich eine Entgeltminderung betreffend die Rechnung vom , hinsichtlich der "später der Fakturenbetrag herabgesetzt worden sei".
Was zunächst die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Zinsenlisten anlangt, ist darauf zu verweisen, daß nach ständiger hg. Judikatur für den Vorsteuerabzug eine den Vorschriften des § 11 UStG entsprechende Rechnung mit offenem Steuerausweis essentielle Voraussetzung ist (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 90/15/0042, vom , Zl. 87/15/0079 und vom , Zl. 83/15/0033 Slg. N.F. Nr. 5835/F). Nur eine Rechnung des liefernden oder leistenden Unternehmers berechtigt zum Vorsteuerabzug, wobei es sich um eine Rechnung i.S. des § 11 Abs. 1 UStG handeln muß (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/15/0009). Da die vom Beschwerdeführer vorgelegten Zinsenlisten den Kriterien der letztzitierten Vorschrift selbst nicht gerecht werden und darüber hinaus auch keinerlei Beweis für eine entsprechende Rechnungslegung dem Beschwerdeführer gegenüber darstellen können (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 1347/77) und weil der Beschwerdeführer nach Ausweis der Verwaltungsakten insbesondere auf Grund der Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung ausreichend Gelegenheit hatte, entsprechende Rechnungen im Rahmen des Berufungsverfahrens vorzulegen, von dieser Gelegenheit aber keinen Gebrauch machte, hat die belangte Behörde, ohne ihr Verfahren mit dem jetzt behaupteten Mangel zu belasten, zu Recht zu den Zinsenlisten das Recht des Beschwerdeführers zum Vorsteuerabzug verneint. Ein amtswegiges Vorgehen zur Beischaffung allenfalls doch vorhandener Rechnungen war bei dieser Sachlage nicht geboten.
Auch was die Frage eines Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit gerichtlichen Exekutionstiteln betrifft, ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten. Verfahrenskosten, die in einem gerichtlichen Exekutionstitel ausgewiesen sind und die die unterliegende Prozeßpartei der obsiegenden zu ersetzen hat, stellen - gleichgültig ob man darin (wie Fasching, Lehrbuch2 Rz 468) einen materiellen Ersatzanspruch sui generis oder (wie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 298/61 Slg. N.F. Nr. 2757/F und Doralt-Ruppe, Grundriß I4 290, Kranich-Siegl-Waba, Kommentar III Anm. 91 zu § 11 UStG sowie M. Bydlinski, RZ 1989, 157) einen Schadenersatzanspruch erblickt - nicht das Entgelt für eine von einem Unternehmer gegenüber dem Kostenschuldner (für dessen Unternehmen) erbrachte Lieferung oder sonstige Leistung dar (vgl. Kranich-Siegl-Waba aaO; Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz-Mehrwertsteuer10 II/5 Rz 60 zu § 14 dUStG). Empfänger der vom Rechtsanwalt der obsiegenden Partei erbrachten Leistung ist immer der eigene Klient, also die obsiegende Partei, nicht aber die unterliegende Prozeßpartei (Doralt-Ruppe aaO). Auch der Vorsteuerabzug kommt
- Unternehmereigenschaft vorausgesetzt - jeweils nur dem Klienten des Rechtsanwaltes zu, der ihm gegenüber als Unternehmer für dessen Unternehmen die anwaltliche Tätigkeit als Leistung i.S. des Umsatzsteuergesetzes erbracht und darüber eine Rechnung i.S. des § 11 UStG ausgestellt hat. Im Ausmaß der Vorsteuerabzugsberechtigung der obsiegenden Partei steht der unterliegenden Partei ein entsprechender Rückersatzanspruch zu (Doralt-Ruppe aaO unter Berufung auf Kodek, RdW 1988, 56). Schon aus diesen Gründen muß daher das Begehren des Beschwerdeführers auf Berücksichtigung von Vorsteuer aus gerichtlichen Exekutionstiteln scheitern. Dazu kommt, daß nach der hg. Judikatur ein vom Gericht geschaffener Exekutionstitel eine fehlende Rechnung i.S. des § 11 UStG mit Steuerausweis nicht zu ersetzen vermag (vgl. dazu das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/15/0009).
Die behauptete nachträgliche Herabsetzung des Entgelts betreffend die Rechnung vom schließlich kann der Beschwerde (abgesehen davon, daß diese Behauptung vollkommen unpräzisiert geblieben ist) auch nicht zum Erfolg verhelfen, weil es Sache des Beschwerdeführer gewesen wäre, im Ausmaß der behaupteten Senkung des Fakturenbetrages eine Berichtigung i.S. des § 16 Abs. 1 UStG vorzunehmen. Dazu wäre nach der hg. Judikatur die Vorlage einer Urkunde erforderlich gewesen, die geeignet ist, als Grundlage sowohl der beim Aussteller vorzunehmenden Berichtigung des Steuerbetrages als auch der vom Empfänger vorzunehmenden Berichtigung des in Anspruch genommenen Vorsteuerabzuges zu dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/15/0071). Das ist aber nach Ausweis der Verwaltungsakten nicht geschehen.
Da somit dem angefochtenen Bescheid die behaupteten Rechtswidrigkeiten nicht anhaften, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in der Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/91.
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:1992:1991150138.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAE-62768