VwGH vom 17.08.1994, 91/15/0092

VwGH vom 17.08.1994, 91/15/0092

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Karger, Dr. Steiner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des H in M, W in B, R in S und A in E, alle Bundesrepublik Deutschland, alle vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom , 175-GA6-DMe/88, betreffend Haftung gemäß § 14 BAO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer erwarben mit Kaufvertrag vom ein Grundstück, auf dem der Veräußerer eine Pension errichtet hatte. Im Rahmen dieses Kaufvertrages wurde auch das dem Gastgewerbe dienende Inventar mitverkauft. Die Beschwerdeführer investierten in den Betrieb des Gastgewerbes insgesamt (netto) 107.297,13 S, wodurch ua die Bettenanzahl von 19 auf 34 erhöht wurde. Der Veräußerer führte die Pension nach Abschluß des Kaufvertrages zunächst als Pächter weiter. Vom Dezember 1986 bis Ostern 1987 führten die Beschwerdeführer die Pension. Seit Ostern 1987 ist der Betrieb eingestellt.

Auf Grund der Ergebnisse einer im Jahr 1986 durchgeführten Umsatzsteuerrevision gelangte das Finanzamt zur Ansicht, die vom Veräußerer anläßlich der Errichtung der Pension in den Jahren 1978 bis 1983 geltend gemachten Vorsteuern seien gemäß § 12 Abs 10 UStG im Zeitpunkt der Veräußerung der Pension im Ausmaß von 583.033 S zu berichtigen. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuervorauszahlung für Juni 1985 bzw die Umsatzsteuer für das Jahr 1985 gegenüber dem Veräußerer dementsprechend fest.

Da gegen den Veräußerer der Pension bereits seit Jahren mehr oder minder ergebnislos Exekution geführt worden war, zog das Finanzamt die Beschwerdeführer mit Bescheid vom gemäß § 14 BAO für den Betrag von 583.033 S zur Haftung heran.

Mit Berufung wandten die Beschwerdeführer ein, es sei kein lebender Betrieb übernommen bzw fortgeführt worden, weil die Pension mangels gewerberechtlicher Voraussetzungen nicht von ihnen selbst fortgeführt, sondern verpachtet worden sei und somit nur mehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt worden seien. Überdies sei die Pension nicht zwecks Führung eines Gewerbebetriebes, sondern als Kapitalanlage erworben worden.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt den Beschwerdeführern vor, von einer Übereignung eines Unternehmens im ganzen sei auszugehen, wenn der Käufer die für die Betriebsfortführung wesentlichen Wirtschaftsgüter erwerbe. Der Käufer müsse in der Lage sein, im erworbenen Betrieb ohne wesentliche Unterbrechung und ohne bedeutende Investitionen einen dem vorangegangenen entsprechenden gleichartigen Betrieb fortzuführen. Hiebei komme es nicht darauf an, ob der Erwerber den Betrieb selbst führe, verpachte oder weiterveräußere. Bei einer Pension stellten das Gebäude, die Betriebsgenehmigung und das Inventar die wesentlichen Grundlagen für die Fortführung des Betriebes dar, während dem Warenlager und dem Personal keine ausschlaggebende Bedeutung zukomme. Im Streitfall sei die Pension zunächst vom Veräußerer als Pächter ohne Unterbrechung des Betriebes im wesentlichen unverändert fortgeführt worden. Erst später sei die Pension von den Beschwerdeführern selbst geführt worden. Die Bettenanzahl sei erst nach Ablauf der Saison 1985/86 von 19 auf 34 erhöht worden. Diese Maßnahme stelle somit keineswegs eine Voraussetzung für die Fortführung der Pension dar, weil diese unmittelbar nach dem Erwerb durch die Beschwerdeführer am ohne Unterbrechung fortgeführt worden sei.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabebehörde zweiter Instanz behaupteten die Beschwerdeführer, es sei kein lebender bzw lebensfähiger Betrieb übernommen worden, weil das von ihnen eingesetzte Kapital durch die aus der Pension zu erzielenden Erträge nicht angemessen verzinst habe werden können. Es sei daher der Pensionsbetrieb mit 19 Betten auf ein Jugendheim mit 34 Betten umgestellt worden, weswegen von der Fortführung eines gleichartigen Betriebes keine Rede sein könne. Das vom Veräußerer übernommene Inventar habe somit keineswegs die wesentliche Grundlage für die Führung des Jugendheimes dargestellt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung unter Hinweis auf § 14 Abs 1 lit a BAO mit der Begründung ab, die Beschwerdeführer hätten die für die Fortführung einer Pension wesentlichen Grundlagen (Grundstück samt Gebäude und Inventar) erworben und den Betrieb auch sofort weitergeführt. Bei Lösung der Frage, ob ein Betrieb im ganzen veräußert worden sei, komme es gar nicht darauf an, daß der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführe, sondern nur, daß diese Möglichkeit bestehe. Die Verpachtung der Pension an den Veräußerer spiele ebenso keine Rolle wie die später erfolgte Erhöhung der Bettenanzahl bzw die Fortführung des Betriebes in Form eines Jugendheimes. Die von den Beschwerdeführern im Hinblick auf das eingesetzte Kapital behauptete mangelnde Rentabilität der Pension vermöge schließlich nichts zur Lösung der Frage, ob ein Betrieb im ganzen übernommen worden sei, beizutragen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch die Heranziehung zur Haftung für die Abgabenschuldigkeiten des Veräußerers durch unrichtige Anwendung des § 14 Abs 1 BAO in ihren gesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Anwendbarkeit des § 14 BAO idF BGBl Nr 194/1961 steht im Beschwerdefall außer Zweifel, weil der angefochtene Bescheid durch Zustellung am erlassen worden ist, also vor Kundmachung des Bundeskanzlers über die Aufhebung des § 14 BAO idoaF durch den Verfassungsgerichtshof mit Wirkung ab , BGBl Nr 457/91; außerdem handelt es sich um keinen Anlaßfall für das kundgemachte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes.

Wird ein Unternehmen oder ein im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen übereignet, so haftet der Erwerber gemäß § 14 Abs 1 lit a BAO idF BGBl Nr 194/1961 (unbeschränkt) für Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, soweit die Abgaben auf die Zeit seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entfallen.

Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, es handle sich bei einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs 10 UStG um Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht nicht auf den Betrieb, sondern auf die Veräußerung des Unternehmens gründe.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß jeder Vorsteuerabzug eine unternehmerische Tätigkeit voraussetzt. Nach § 12 Abs 10 UStG kann es daher nur dann zu Vorsteuerberichtigungen kommen, wenn sich für Gegenstände des Anlagevermögens, somit für solche, die dem Betrieb des Unternehmens dienen, die Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, ändern. Die Vorsteuerberichtigung hat die Jahre 1978 bis 1983 betroffen, wobei es sich hiebei um Beträge, die mit dem Betrieb (der Pension) des Veräußerers im Zusammenhang gestanden sind, gehandelt hat. Nach dem letzten Halbsatz des § 12 Abs 10 UStG ist eine Vorsteuerberichtigung spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Veräußerung erfolgt ist. Bei der in Rede stehenden Vorsteuerberichtigung handelt es sich somit um eine im Zeitpunkt der Veräußerung der Pension, somit am , entstandene Umsatzsteuer. Eine Betriebsveräußerung im ganzen stellt aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht keinen besonderen Steuertatbestand dar, weswegen die Haftungsbestimmung des § 14 Abs 1 lit a BAO idF BGBl Nr 194/1961 hinsichtlich der so entstandenen Umsatzsteuer (mangels Ablaufes der Jahresfrist) grundsätzlich anwendbar ist (vgl das hg Erkenntnis vom , 89/15/0141, mwA).

Im Sinn des weiteren Beschwerdevorbringens ist noch zu prüfen, ob der Veräußerer ein lebendes Unternehmen geführt und damit übergeben habe, wobei das übernommene Inventar keineswegs für die Fortführung eines Beherbergungsbetriebes ausreichend gewesen und damit im Erwerb des Grundstückes samt Gebäude keine Übereignung eines Betriebes im ganzen zu erblicken sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Übereignung eines Unternehmens im ganzen nur zur Voraussetzung, daß jene Wirtschaftsgüter übertragen und übernommen werden, die die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens bilden und den Erwerber in die Lage versetzen, das Unternehmen fortzusetzen. Eine Pension gehört zum Typ der ortsgebundenen Unternehmungen. Ihre wesentlichen Grundlagen sind das Grundstück, das Gebäude und das Inventar, nicht jedoch das Warenlager und das Personal (vgl das hg Erkenntnis vom , 90/14/0122, mwA). Hiebei kommt es nicht einmal darauf an, ob der Betrieb tatsächlich fortgeführt wird (vgl das hg Erkenntnis vom , 1330/79, mwA).

Unbestritten ist, daß die Beschwerdeführer die Pension sofort nach Abschluß des Kaufvertrages unverändert - somit auch mit dem übernommenen Inventar - mit dem Veräußerer als Pächter fortgeführt haben. Die Beschwerdeführer haben somit einen lebenden Betrieb mit ALLEN Grundlagen übernommen. Der Umstand, daß rund ein Jahr nach dem Erwerb der Pension aus wirtschaftlichen Gründen die Bettenanzahl von 19 auf 34 erhöht worden ist, ändert nichts daran, daß die Führung des Betriebes ohne jegliche Investitionen durch ein Jahr lang möglich gewesen ist. Überdies stellt die Erhöhung der Bettenanzahl und die Umstellung des Betriebes von einer Pension auf ein Jugendheim keine so weitgehende Änderung der Betriebsform dar, daß von einem anderen Gewerbebetrieb als dem eines Gastgewerbes die Rede sein könnte. Hiebei ist noch zu berücksichtigen, daß die getätigten Investitionen von insgesamt (netto) 107.297,13 S im Verhältnis zum Kaufpreis der Pension von 4,2 Mio S als nicht wesentlich anzusehen sind.

Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie bei dem im wesentlichen unbestrittenen Sachverhalt die Beschwerdeführer für die aus der Vorsteuerberichtigung resultierende, im Zeitpunkt der Veräußerung der Pension am entstandene Umsatzsteuer von 583.033 S zur Haftung herangezogen hat.

In Ausführung der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, der Zeitraum, auf den sich die Berichtigung des Vorsteuerabzuges bezogen habe, sei nicht erkennbar.

Mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil - wie bereits ausgeführt - nicht dieser Zeitraum, sondern der, in dem die aus der Vorsteuerberichtigung resultierende Umsatzsteuer entstanden ist, für die Heranziehung zur Haftung maßgeblich ist.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.