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VwGH vom 10.04.1997, 94/15/0212

VwGH vom 10.04.1997, 94/15/0212

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Dr. N in D, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg (Berufungssenat) vom , Zl. 884-2/94, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte vom 1. Jänner bis u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von einem Schweizer Arbeitgeber, wobei er täglich zwischen seinem Wohnsitz in Dornbirn und seinem Arbeitsplatz in der Schweiz pendelte (Grenzgänger).

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beanspruchte der Beschwerdeführer u.a. die Anerkennung seines im Hinblick darauf, daß die Verpflegungskosten in der Schweiz im Vergleich zu gleichartigen Leistungen im Inland wesentlich höher seien, somit allein wegen des Kaufkraftunterschiedes in den beiden Ländern angenommenen, mit S 10.395,-- geschätzten Verpflegungsmehraufwandes für in Gasthäusern am Arbeitsort eingenommene Mittagessen als Werbungskosten; in der Höhe des genannten Betrages sei ihm auch ohne Vorliegen einer Reise ein beruflich bedingter, als Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988 zu beurteilender Verpflegungsmehraufwand entstanden.

Demgegenüber vertrat das Finanzamt in dem für das Streitjahr erlassenen Einkommensteuerbescheid die Ansicht, es handle sich bei dem durch den erwähnten Kaufkraftunterschied bedingten Mehraufwand des Beschwerdeführers für Mittagessen in der Schweiz um steuerlich nicht berücksichtigungsfähige Aufwendungen der privaten Lebensführung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobene Berufung ab; dies im wesentlichen mit der Begründung, Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis stimmten darin überein, daß die steuerliche Abgeltung eines Verpflegungsmehraufwandes grundsätzlich das Vorliegen einer Reise (im Sinne der §§ 4 und 16 EStG 1988) voraussetze. Andernfalls handle es sich um Kosten der normalen Lebensführung. Die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise von diesem Grundsatz abgegangen werden könne - so etwa, wenn ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber ins Ausland entsendet und im Rahmen der Auslandstätigkeit ein Mittelpunkt der Tätigkeit begründet werde -, lägen hier nicht vor, zumal der Beschwerdeführer das Arbeitsverhältnis mit seinem Schweizer Arbeitgeber über eigenen Entschluß eingegangen sei, er in der Schweiz keinen zweiten Hausstand gegründet und die Möglichkeit gehabt habe, Verpflegung vom Inland mitzunehmen. Auch könne beim Vergleich seiner Verpflegungskosten in der Schweiz mit den Kosten für gleichartige Leistungen in Lech, Zürs oder Salzburg nicht von unüblichen Aufwendungen gesprochen werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Bedachtnahme auf die vom Beschwerdeführer erstattete Gegenäußerung erwogen:

Die Beschwerde stellt außer Streit, daß der Beschwerdeführer anläßlich seiner Berufsausübung als Grenzgänger keine Reisen im Sinne des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 unternommen hat. Strittig ist hingegen, ob ihm dennoch ein beruflich veranlaßter Verpflegungsmehraufwand entstanden ist, der unter den allgemeinen Werbungskostenbegriff fällt. Der Verwaltungsgerichtshof habe zwar wiederholt ausgesprochen, daß Verpflegungsaufwendungen am Arbeitsort grundsätzlich steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten, weil eine Vielzahl von selbständig und unselbständig Erwerbstätigen genötigt sei, sich (teilweise) außer Haus zu verköstigen, ohne daß damit die üblichen Kosten der Verpflegung berufsbedingt überschritten würden. In den Erkenntnissen vom , Zl. 90/13/0199, und vom , Zl. 91/13/0150, habe der Gerichtshof aber auch betont, daß diese Aussage sinnvollerweise nur auf das Inland bezogen werden könne. Verpflegungskosten, die sich aus dem Kaufkraftunterschied zwischen dem Inland und dem teureren Ausland ergäben, seien demnach abzugsfähig; denn dieser Verpflegungsmehraufwand lasse sich auch dann nicht vermeiden, wenn der Steuerpflichtige im Ausland (am ausländischen Arbeitsplatz) die preisgünstigsten Verpflegungsmöglichkeiten in Anspruch nehme. Die von der belangten Behörde zusätzlich herangezogenen Gesichtspunkte rechtfertigten hingegen allesamt die im angefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung nicht.

Mit diesen Ausführungen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehören Mehraufwendungen für Gasthausverpflegung grundsätzlich zu den Kosten der Lebenshaltung, zumal ein bedeutender Teil der Erwerbstätigen darauf angewiesen ist, Mahlzeiten außerhalb des Haushaltes einzunehmen. Wenn dem Arbeitnehmer allerdings Mehraufwendungen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen muß und weder ein Umzug noch die tägliche Rückkehr zur Familienwohnung zumutbar ist, sind dadurch bedingte Aufwendungen (auch Verpflegungsmehraufwendungen) nach der hg.Rechtsprechung einkünftemindernd (als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten) grundsätzlich zu berücksichtigen. Hält sich der Steuerpflichtige aber - u.U. auch mit Unterbrechungen - länger an einem Ort auf, so sind ihm die örtlichen Verpflegungsmöglichkeiten ausreichend bekannt, sodaß ein Mehraufwand für Verpflegung nicht mehr steuerlich zu berücksichtigen ist. Ein - anders als im Beschwerdefall - auf die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 1 Z. 9 EStG 1988 gestützter Abzug von Reisekosten findet seine Begründung allein darin, daß dem Reisenden die besonders preisgünstigen Verpflegungsmöglichkeiten am jeweiligen Aufenthaltsort in der Regel nicht bekannt sind, weshalb die Verpflegung durch die örtliche Gastronomie typischerweise zu Mehraufwendungen führt (vgl. hiezu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/13/0013, m.w.N.).

Von einem (steuerlich zu berücksichtigenden) "VerpflegungsMEHRaufwand" kann nur gesprochen werden, wenn einem Abgabepflichtigen ein höherer Aufwand erwächst, als er "ansonsten AM JEWEILIGEN AUFENTHALTSORT" anfällt (siehe hiezu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/14/0156, und vom , Zl. 90/14/0216, und das dort zitierte Vorerkenntnis). Der Abgabepflichtige ist hiebei nicht mit Abgabepflichtigen, die ihre Mahlzeiten regelmäßig zu Hause einnehmen, sondern mit Abgabepflichtigen, die aus beruflichen Gründen genötigt sind, regelmäßig einen Teil ihrer Mahlzeiten (z.B. Mittagessen) außer Haus einzunehmen, zu vergleichen (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/15/0045, m.w.N.).

Im vorliegenden Fall sind dem Beschwerdeführer Mehraufwendungen als Arbeitnehmer unbestrittenermaßen nicht deswegen erwachsen, weil er am Beschäftigungsort wohnen mußte (und weder ein Umzug noch die tägliche Rückkehr zur Familienwohnung zumutbar war). Dadurch unterscheidet sich der Beschwerdefall von den bereits zitierten hg. Erkenntnissen vom , Zl. 90/13/0199, und vom , Zl. 91/15/0150, war doch den damaligen Beschwerdeführern der Verpflegungsmehraufwand entweder im Zusammenhang mit einem Zweitwohnsitz in den USA oder im Zusammenhang mit einem dienstlichen Aufenthalt in England erwachsen. Ohne einen zumindest im Anschluß an eine Reise längeren Aufenthalt im Ausland erscheint aber eine auf dem Gedanken der Härtenvermeidung beruhende Ausnahme von dem Grundsatz, daß von einem steuerlich zu berücksichtigenden Verpflegungsmehraufwand nur gesprochen werden kann, wenn der Aufwand im Verhältnis zu dem anderer Berufstätiger AM JEWEILIGEN AUFENTHALTSORT unüblich hoch ist, nicht gerechtfertigt. Bei Verpflegungskosten außerhalb von Reisen bzw. ohne Aufenthaltnahme im Ausland wird - unbeschadet der dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/14/0156, zugrundeliegenden, hier nicht gegebenen Konstellation - typischerweise der für den allgemeinen Werbungskostenbegriff maßgebende Tatbestand, daß die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen getätigt wurden, durch das Abzugsverbot des § 20 EStG überlagert.

Da schließlich selbst die Beschwerde nicht behauptet, der vom Beschwerdeführer als Werbungskosten für das Streitjahr geltend gemachte Verpflegungsaufwand sei höher gewesen als der anderer Arbeitnehmer an seinem Schweizer Arbeitsort, ist ein Eingehen auf diese Frage im Beschwerdefall entbehrlich.

Da auch kein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.