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VwGH vom 15.02.1994, 91/14/0248

VwGH vom 15.02.1994, 91/14/0248

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Fellner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom , Zl 30.686-3/91, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erwarb in Bietergemeinschaft mit seinem Bruder (welcher dem Beschwerdeführer in der Folge seinen Hälfteanteil übertrug) durch den am erfolgten Zuschlag in einem Zwangsversteigerungsverfahren eine Liegenschaft, auf welcher sich ein Hotel befindet.

Anläßlich einer ua das Streitjahr umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer hinsichtlich eines geltend gemachten Investitionsfreibetrages für die Anschaffungskosten des Hotelgebäudes und des mitersteigerten Hotelinventars fest, daß in der Zwangsversteigerung die wesentlichen, für die Fortführung des Betriebes erforderlichen Wirtschaftsgüter, wie Grundstück, Gebäude und Einrichtung, wenn auch in vernachlässigtem Zustand, an den Beschwerdeführer übergegangen seien. Es handle sich daher um den Erwerb eines Betriebes, für welchen gemäß § 10 Abs 2 Z 5 EStG 1972 ein Investitionsfreibetrag nicht in Anspruch genommen werden dürfe.

Das Finanzamt folgte der Ansicht des Prüfers und erließ für 1986 einen entsprechenden Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid.

In einer gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung wurde auf den äußerst schlechten Bauzustand im Inneren des Hotelgebäudes hingewiesen, auf Grund dessen eine "Eröffnung des Hotels ohne umfangreiche Adaptierungsarbeiten unmöglich" gewesen wäre. Die umfangreichen Umbau- und Adaptierungsarbeiten - den Anschaffungskosten für Grund und Boden in Höhe von rund S 2 Mio und für das Gebäude und die Einrichtung in Höhe von rund S 3,6 Mio seien Kosten der Umbauarbeiten in Höhe von rund S 4,2 Mio gegenübergestanden - zeigten klar, daß im Versteigerungsweg einzelne Wirtschaftsgüter, aber kein lebendes Unternehmen erworben worden wäre. Es wäre kein Hotel, sondern eine "Hülle" erworben worden, welche anschließend 11,5 Monate lang adaptiert hätte werden müssen.

Nach Erlassung einer abweisenden Berufungsvorentscheidung brachte der Beschwerdeführer im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ergänzend vor, daß es nicht zum Konkurs des Vorgängers gekommen wäre, wenn dieser das Hotel nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt hätte. Werde aber ein Betrieb nicht nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt, fehle die Gewinnabsicht. Es liege dann kein Betriebsvermögen und somit kein Betrieb vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ua in diesem, vor dem Verwaltungsgerichtshof allein strittigen Punkt ab. Unter Berücksichtigung von zwei im Zwangsversteigerungsverfahren im Auftrag des Gerichtes erstellten Sachverständigengutachten, welche auch Aufschlüsse über den Zustand des Gebäudes und der Einrichtung vor den Umbauarbeiten boten, vertrat die belangte Behörde die Ansicht, daß ein Großteil der Arbeiten der Anhebung des Niveaus des Hotelbetriebes gedient hätte. Das erworbene Objekt hätte - bei Beibehaltung der niedrigeren Kategorie - im wesentlichen unverändert weitergeführt werden können. Verbesserungen zum Zweck der Anpassung des erworbenen Objektes an die Vorstellungen des Erwerbers seien bei Prüfung der Frage, ob ein Betriebserwerb vorliegt, außer Ansatz zu lassen. Aus dem Umstand, daß über das Vermögen des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers der Konkurs eröffnet worden wäre, könne nicht auf eine mangelnde Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid erkennbar in seinem Recht auf Anerkennung des geltend gemachten Investitionsfreibetrages verletzt und beantragt dessen Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs 2 Z 5 EStG 1972 darf ein Investitionsfreibetrag ua bei Erwerb eines Betriebes nicht in Anspruch genommen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist eine Betriebsübertragung zu bejahen, wenn ein in sich organisch geschlossener Komplex von Wirtschaftsgütern übereignet wird, der die wesentliche Grundlage des Betriebes bildet - mit anderen Worten -, wenn ein sogenannter lebender Betrieb veräußert wird und der Erwerber dadurch in die Lage versetzt wird, den Betrieb fortzuführen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 1618/80, Slg Nr 5512/F, oder aus jüngster Zeit das hg Erkenntnis vom , 89/14/0268).

Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte den schlechten baulichen Zustand, die Notwendigkeit bedeutender Investitionen und die Betriebsunterbrechung nicht in Abrede gestellt, so ist ihm folgendes zu entgegnen: Es ist richtig, daß die belangte Behörde die TATSACHE der Betriebsunterbrechung nicht in Abrede gestellt hat. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang allerdings darauf hingewiesen, daß aus einer Betriebsunterbrechung allein noch nicht abgeleitet werden könne, es liege kein Betriebserwerb vor. Damit ist die belangte Behörde im Recht. Ist die Betriebsunterbrechung nicht dadurch verursacht, daß etwa die wesentlichen Grundlagen des Betriebes mangels entsprechenden Erwerbes erst angeschafft werden müssen, sondern dadurch, daß - wie im gegenständlichen Fall - einerseits durch Verhandlungen mit dem Bruder des Beschwerdeführers eine Klärung der Verhältnisse erreicht werden sollte, andererseits - erst daran anschließend - die für die im wesentlichen unveränderte Weiterführung des Betriebes nicht notwendige Standardverbesserungsarbeiten in Angriff genommen wurden, so vermag der Hinweis auf die Tatsache der Betriebsunterbrechung die Rechtswidrigkeit der Beurteilung als Betriebserwerb nicht aufzuzeigen. Die NOTWENDIGKEIT "bedeutender Investitionen" ist von der belangten Behörde entgegen dem Beschwerdevorbringen aber durchaus in Abrede gestellt worden, wenn sie detailliert aufgezeigt hat, daß die Umbauarbeiten (Investitionen) im wesentlichen der Standardverbesserung gedient haben. Gleiches gilt für "den schlechten baulichen Zustand".

Der Beschwerdeführer tritt der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, es hätte der erworbene Betrieb - bei Behaltung des niedrigeren Standards - ohne besondere Investitionen weitergeführt werden können, in der Beschwerde auch substantiiert nicht entgegen. Er vertritt vielmehr die Ansicht, mit der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens und der "letztendlich im X/85 endgültigen Einstellung" hätte der Betrieb zu existieren aufgehört. Spätestens durch den Konkurs sei sämtliches "Leben" in diesem Betrieb erloschen. Es könne daher begrifflich kein Betriebserwerb vorliegen, zumal "beim Rechtsvorgänger eine Betriebsveräußerung stattgefunden" hätte.

Dem ist zunächst zu erwidern, daß eine Betriebsveräußerung durch den Rechtsvorgänger einem Betriebserwerb durch den Betriebsnachfolger keineswegs entgegensteht. Dies ist vielmehr die Regel. Aber auch der Umstand, daß die Liegenschaft aus einer Konkursmasse - und dies im Wege einer Zwangsversteigerung - erworben wurde, steht der Beurteilung als Betriebserwerb im steuerrechtlichen Sinn nicht entgegen (vgl abermals das hg Erkenntnis vom , 89/14/0268). Unter einem "lebenden" Betrieb ist in diesem Zusammenhang nur ein in seinen wesentlichen Grundlagen vollständiger Organismus des Wirtschaftslebens zu verstehen, welcher objektiv die Fortführung des Betriebes ermöglicht (vgl auch das hg Erkenntnis vom , 82/13/0091). Eine andere Form von "Leben" ist nicht erforderlich. Werden Wirtschaftsgüter erworben, die - in Summe - die wesentliche Grundlage des bisherigen Betriebes bildeten und an sich geeignet sind, dem Erwerber die Fortführung des erworbenen Betriebes zu ermöglichen, wobei nicht entscheidend ist, ob der Erwerber den erworbenen Betrieb auch tatsächlich unverändert weiterführt, so ist es nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde einen solchen als erwiesen angenommenen Sachverhalt, unabhängig von der Form des Erwerbes oder der Ursache der Veräußerung, als Betriebserwerb beurteilt hat. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Veräußerung des Betriebes den letzten betrieblichen Vorgang des BISHERIGEN Unternehmens darstellte und die werbende Tätigkeit DIESES Unternehmens damit eingestellt wurde, weil dies mit einer Betriebsveräußerung zwangsläufig verbunden ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.