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VwGH vom 28.05.1998, 94/15/0074

VwGH vom 28.05.1998, 94/15/0074

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. Otto Dietrich, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Operngasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA 5 - 1560/94, betreffend Jahresausgleich 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von 3.035 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein bei einer im Ausland ansässigen Gesellschaft angestellter Staatsbürger Australiens, ist Fachmann für die Exploration von Kohlenwasserstoffvorkommen. Der Beschwerdeführer ist verheiratet und hat zwei Kinder. Über Weisung seines Arbeitgebers wurde der Beschwerdeführer zunächst für den Zeitraum vom bis nach Österreich entsandt. Im Februar 1993 wurde diese Entsendung bis verlängert. Mitte des Jahres 1993 wurde die Entsendung des Beschwerdeführers nach Pakistan vereinbart, welche Anfang Februar 1994 realisiert wurde.

Im April 1992 übersiedelte die Familie des Beschwerdeführers von Australien nach Österreich. Von Mai 1992 bis Mai 1993 besuchten die Kinder des Beschwerdeführers die American International School in Wien. Im Juni 1993 kehrte die Familie des Beschwerdeführers nach Australien zurück.

Im Jahresausgleichsantrag für das Streitjahr machte der Beschwerdeführer ua die Kosten des Schulbesuches seiner Kinder (idF Schulgeld) von 270.590 S als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt verweigerte die Anerkennung des geltend gemachten Schulgeldes als außergewöhnliche Belastung mit der Begründung, derartige Kosten würden pauschal mit der Gewährung der Familienbeihilfe und der Begünstigung des § 106 EStG 1988 abgegolten.

In der Berufung erklärte der Beschwerdeführer, der Besuch der American International School in Wien sei die einzige Möglichkeit gewesen, seinen Kindern eine den fehlenden Deutschkenntnissen und dem bisherigen Bildungsweg entsprechende Ausbildung zukommen zu lassen. Eine außergewöhnliche Belastung läge insoweit vor, als seine Kinder dem Unterricht in einer allgemeinbildenden höheren österreichischen Schule nicht hätten folgen können. Ihm seien dadurch zwangsläufig größere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen, welche seine Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt hätten. Nach Abzug des im erstinstanzlichen Bescheid angeführten Selbstbehaltes von 208.651 S ergebe sich ein Betrag von 61.939 S, um welchen das Einkommen noch verringert werden müsse. Er beantrage daher die Anerkennung des Schulgeldes von 270.590 S als außergewöhnliche Belastung.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem Beschwerdeführer vor, das Schulgeld sei ihm nicht zwangsläufig erwachsen. Er wohne mit seiner Familie im Nahbereich einer öffentlichen Schule. Mangelnde Deutschkenntnisse beträfen eine Vielzahl von ausländischen Arbeitnehmern, welche ihre Kinder durchaus öffentliche Schulen besuchen ließen. Es sei daher zu prüfen gewesen, ob die Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers einen Privatschulbesuch seiner Kinder überhaupt noch als außergewöhnlich erscheinen lasse oder ob bei den gegebenen Verhältnissen ein Privatschulbesuch nicht ohnedies üblich sei. Hiebei sei es zur Auffassung gelangt, die Kosten für den Besuch der American International School in Wien seien weder zwangsläufig noch außergewöhnlich, wobei überdies das Schulgeld mit jenen Maßnahmen, mit denen der Gesetzgeber der Belastung durch Kinder Rechnung trage (Familienbeihilfe, Begünstigung gemäß § 106 EStG 1988), abgegolten sei. Mangels Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit liege daher keine außergewöhnliche Belastung vor.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz erklärte der Beschwerdeführer, im Gegensatz zu anderen Arbeitnehmern habe er in Österreich nur eine zeitlich befristete Tätigkeit aufgenommen. Seine Kinder hätten die American International School in Wien nur für ein Jahr besucht und seien danach wegen seiner Entsendung nach Pakistan nach Australien zurückgekehrt. Durch den zeitlich befristeten Aufenthalt in Österreich sei es nicht zumutbar gewesen, die Kinder eine öffentliche österreichische Schule besuchen zu lassen, weil in einem so kurzen Zeitraum keine wesentlichen Deutschkenntnisse erlernt werden könnten, wodurch das dem jeweiligen Alter entsprechende Lernziel nicht erreicht werden könne. Bei der Prüfung der Außergewöhnlichkeit seien seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht von Bedeutung. Die Kinder von österreichischen leitenden Angestellten mit vergleichbarem Einkommen könnten öffentliche Schulen besuchen, ohne daß diesen Angestellten dadurch zusätzliche Ausgaben erwüchsen. Dies treffe jedoch auf ihn nicht zu. Zudem sei die Höhe des steuerlich wirksam werdenden Betrages durch den zu berücksichtigenden Selbstbehalt wesentlich begrenzt. Bei näherer Überlegung des Sachverhaltes sei er jedoch zu dem Ergebnis gekommen, Aufwendungen für umzugsbedingtes Schulgeld seien als Werbungskosten zu berücksichtigen. Wenn ein ausländischer Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum in Österreich ansässig werde, sei er in der Regel gezwungen, seine Kinder eine internationale Schule besuchen zu lassen, weil sie in einer allgemeinbildenden österreichischen Schule auf Grund der fehlenden Deutschkenntnisse kaum dem Unterricht folgen würden können. Somit sei der Besuch der American International School in Wien in direkter Verbindung mit seiner Arbeitsaufnahme in Österreich und damit auch als beruflich veranlaßt anzusehen. Er ersuche daher, das Schulgeld als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde die Ansicht, um Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigen zu können, müsse zwischen dem Aufwand und den Einnahmen, zu deren Erzielung der Aufwand notwendig sei, ein unmittelbarer, ursächlicher Zusammenhang bestehen.

Aufwendungen, die mit den Einnahmen in keinem oder nur in einem mittelbaren Zusammenhang stünden, seien keine Werbungskosten. Den strittigen Aufwendungen fehle es am unmittelbaren, ursächlichen Zusammenhang mit der Einnahmenerzielung, weshalb eine Berücksichtigung des Schulgeldes als Werbungskosten nicht in Betracht komme. Entsprechend dem ursprünglichen Antrag des Beschwerdeführers sei jedoch zu prüfen, ob eine außergewöhnliche Belastung vorliege. Die Abzugsfähigkeit von Schulgeldern für den Besuch einer Privatschule sei nach den allgemeinen Grundsätzen als außergewöhnliche Belastung zu beurteilen. Sie seien nur dann vom Merkmal der Zwangsläufigkeit umfaßt, wenn innerhalb des Einzugsbereichs des Wohnortes keine gleichartige öffentliche Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Dabei sei allerdings ein Selbstbehalt zu berücksichtigen. Es sei daher zu prüfen, ob das im Zusammenhang mit dem Besuch der American International School in Wien bezahlte Schulgeld nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 als zwangsläufig erwachsen zu beurteilen sei. Durch den befristeten Aufenthalt des Beschwerdeführers und dadurch bedingt auch durch den von vornherein nur auf ein Jahr befristet beabsichtigten Aufenthalt seiner Familie in Österreich sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, seine Kinder eine öffentliche Schule besuchen zu lassen, weil ihnen dies nicht zumutbar gewesen wäre. Der Vergleich mit anderen ausländischen Arbeitnehmern sei im gegebenen Zusammenhang nicht zweckmäßig, weil deren Aufenthalt in Österreich zumeist nicht von vornherein befristet (beabsichtigt) sei. Wenn sich auch die Familie in Österreich aufhalte, sei nämlich in der Regel von einem zumindest unbefristet beabsichtigten Aufenthalt auszugehen. Es sei daher den Ausführungen des Beschwerdeführers beizupflichten, als ihm durch den notwendigen Besuch der American International School in Wien durch seine Kinder zwangsläufig höhere Aufwendungen als der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen seien, welche auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt hätten. Das geltend gemachte Schulgeld stelle daher eine außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 dar. Unter Berücksichtigung des beim Beschwerdeführer zur Anwendung gelangenden Selbstbehaltes betrage die zu berücksichtigende außergewöhnliche Belastung 61.939 S.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hält dem angefochtenen Bescheid entgegen, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Berücksichtigung des Schulgeldes als Werbungskosten versagt. Zur Einordnung von Aufwendungen oder Ausgaben als Werbungskosten sei nicht bloß der (End-)Zweck der Aufwendung, somit die finale Komponente, sondern auch die Veranlassung, somit die kausale Komponente, zu berücksichtigen. Wie sehr von einer bloß finalen Betrachtungsweise bei der Begriffsbestimmung der Werbungskosten abgegangen worden sei und abgegangen werde, bewiesen auch die Lohnsteuerrichtlinien 1992. Als Werbungskosten seien Aufwendungen oder Ausgaben zu berücksichtigen, die durch eine auf die Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte gerichtete Tätigkeit veranlaßt seien. Gegen diesen Grundgedanken verstoße der angefochtene Bescheid. Die belangte Behörde habe nur die Finalinterpretation des Begriffes Werbungskosten im Auge. Davon abgesehen sei die rechtliche Beurteilung verfehlt, den geltend gemachten Aufwendungen fehle einerseits ein unmittelbarer und ursächlicher Zusammenhang mit der Einnahmenerzielung, anderseits stünden sie mit den Einnahmen in keinem oder nur in einem mittelbaren Zusammenhang. Das Gegenteil sei der Fall. Das geltend gemachte Schulgeld sei unmittelbar und ursächlich auf seine Entsendung nach Österreich zurückzuführen. Einen anderen Grund habe es dafür nicht gegeben. Für das Leben einer Familie sei gemeinsames Wohnen von Eltern und Kindern charakteristisch. Er habe sich daher bemüht, mit seiner Familie in seinem neuen Dienstort zusammenzuleben. Dies sei seit April 1992 der Fall gewesen. Die Zusammenführung seiner Familie sei objektiv in einem untrennbaren Konnex mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich gestanden, habe in subjektiver Hinsicht der Sicherung und Erhaltung von Einnahmen aus seiner nichtselbständigen Tätigkeit gedient und ihn unfreiwillig getroffen. Auf Grund seines Dienstverhältnisses habe er sich der Entsendung nach Österreich zu fügen gehabt. Jede Weigerung, dieser Entsendung nachzukommen, hätte unausweichlich das Ende seines Dienstverhältnisses zur Folge gehabt. Damit stünde das als Werbungskosten geltend gemachte Schulgeld in einem klar erkennbaren Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit. Der Aufwand sei notwendig und zweckmäßig gewesen und überdies in einem unmittelbaren Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit gestanden. Das Schulgeld sei daher als Umzugskosten im weiteren Sinn beruflich veranlaßt gewesen und gehöre daher nicht zu den nichtabzugsfähigen Kosten der Lebensführung iSd § 20 EStG 1988, weil es mit seiner beruflichen Tätigkeit nicht bloß in einem mittelbaren Zusammenhang gestanden sei. Es sei vielmehr ausschließlich auf seine berufliche Sphäre zurückzuführen gewesen. Private Gründe, einen Wohnsitz in Österreich zu begründen, habe es nicht gegeben. Insofern werde auf die Rechtslage in Deutschland verwiesen, nach der Auslagen für umzugsbedingten zusätzlichen Unterricht (Schulgeld für eine internationale Schule) als Werbungskosten zu berücksichtigen seien.

Dieses Vorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Es muß sich hiebei um Aufwendungen handeln, die ebenso im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit stehen, wie das Tätigwerden des Erwerbstätigen selbst. Der Zusammenhang muß sich aus der Sicht der Erwerbstätigkeit ergeben und ist daher sachlicher Natur. Aufwendungen, die ihre Ursache in den persönlichen Lebensverhältnissen des Steuerpflichtigen haben, stellen keine Werbungskosten dar (vgl das hg Erkenntnis vom , 94/13/0154 mwA). Bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Schulgeld handelt es sich um keine Aufwendungen oder Ausgaben, die unter dem Begriff der Sicherung und Erhaltung der Einkünfte fallen. Das Schulgeld hat seine Ursache vielmehr ausschließlich in den persönlichen Lebensverhältnissen (Unterhaltsverpflichtung) des Beschwerdeführers (vgl § 20 Abs 1 Z 1 EStG 1988). Aus der Sicht der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich somit kein Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Erwerbstätigkeit selbst.

Bezüglich des Hinweises des Beschwerdeführers auf die Lohnsteuerrichtlinien 1992 wird bemerkt, daß sich auch in diesen keine Stütze für die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht findet und überdies aus den Lohnsteuerrichtlinien 1992 keine Rechte abgeleitet werden können (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom , 93/15/0076).

Was schließlich die Ausführungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Rechtslage in Deutschland betrifft, genügt es darauf hinzuweisen, daß es in Österreich keine vergleichbare Rechtslage gibt. In diesem Zusammenhang wird bemerkt, daß Auslagen für umzugsbedingten zusätzlichen Unterricht (Schulgeld für eine internationale Schule) in Deutschland über den allgemeinen Werbungskostenbegriff hinaus "auch" Werbungskosten darstellen, was in Österreich nicht der Fall ist.

Der Beschwerdeführer rügt zwar die Verletzung von Verfahrensvorschriften, führt jedoch nicht aus, in welchem Punkt der festgestellte Sachverhalt von der belangten Behörde aktenwidrig angenommen worden sein soll noch welche Ermittlungen vermißt werden oder welche von der belangten Behörde angestellten Überlegungen unschlüssig wären, wodurch ein im Spruch anderslautender Bescheid hätte ergehen können. Unter Berücksichtigung der Tatsache, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt nicht strittig war, erübrigte es sich, auf die nur behauptete, nicht jedoch ausgeführte Verletzung von Verfahrensvorschriften einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Der Aufwandersatz war lediglich im geltend gemachten Umfang zuzusprechen, zumal die Gegenschrift der belangten Behörde erst am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt ist. Die Verordnung BGBl Nr 416/1994 ist jedoch bereits am ausgegeben worden und somit am in Kraft getreten.