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VwGH vom 07.06.2001, 99/15/0254

VwGH vom 07.06.2001, 99/15/0254

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zehetner, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. Volkmar Schicker, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom , Zl. RV/6-06/09/99, betreffend Umsatzsteuer 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Steuerberater. In den Jahren 1986 bis 1990 wurden Kanzleitätigkeiten für ihn von der "CCI Integrierte Text- und Datenverarbeitung GmbH" durchgeführt. Der Firmenwortlaut dieser 1977 gegründeten Gesellschaft wurde mit Wirkung vom in "TAP Handel mit techn. Anlagen, Einrichtungen und Maschinen GmbH" geändert. Der Beschwerdeführer war vom bis Geschäftsführer dieser GmbH. Bei der GmbH fand 1991 und 1992 eine abgabenbehördliche Prüfung, unter anderem hinsichtlich USt-Nachschau 1990/1991 statt. Im darüber ergehenden Bericht wurde in Tz 22 Folgendes festgehalten:

"Vom geprüften Unternehmen wurden im Zeitraum 1-12/1990 Leistungen für die Steuerberatungskanzlei Dr. S.

(Beschwerdeführer) erbracht, aber bisher nicht ausfakturiert bzw. der USt unterzogen. Da gem. § 19 Abs. 2 Z. 1 UStG die Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist, entsteht, erfolgt im Zuge der BP die Versteuerung der bisher nicht abgerechneten Leistungen:

1-12/1990: S 1,440.000,-- (netto)"

Beim Beschwerdeführer fand vom mit Unterbrechungen bis eine Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 3 BAO unter anderem hinsichtlich Umsatzsteuer 1991 bis 1995 statt. Der Prüfer hielt im Bericht unter Tz 12 Folgendes fest:

"Tz 12 Vorsteuern 1992

Die Rechnung CCI vom betreffend den Zeitraum 1- 12/90 wird von der BP als Scheinrechnung gewertet, da der Firmenwortlaut nicht richtig ist bzw. die Adresse nicht stimmt.

Ferner ist auf Grund des Schriftbildes zu erkennen, dass die besagte Rechnung vom Pflichtigen selbst geschrieben wurde. Sie wird aus den Vorsteuern ausgeschieden."

Die angesprochene Rechnung hat folgenden Wortlaut:

"CCI Integrierte Text- und Datenverarbeitung Ges.m.b.H.

5412 Puch, Unterturnstraße 77

DVR: 0439142

Herrn

Dr. Anton Schirmbrand

Steuerberater

In der Wögling 1

2353 Guntramsdorf

RECHNUNG

Für die im Zeitraum Jänner bis Dezember 1990 erbrachten Leistungen erlauben wir uns, wie folgt in Rechnung zu stellen:

12 Monate a öS 120.000,-- öS 1,440.000,-- + 20 % Umsatzsteuer öS 288.000,-- öS 1,728.000,--

Bankverbindung:

Creditanstalt-Bankverein

Konto ...

BLZ ..."

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers und nahm das Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer für 1992 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ einen entsprechend geänderten Sachbescheid.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin führte er aus, der Begriff "Scheinrechnung" werde als Rechnung, der keine Lieferung oder Leistung zu Grunde liegt, definiert. Die beanstandete Rechnung beruhe auf den Feststellungen in Tz 22 des Berichtes über die abgabenbehördliche Prüfung bei der CCI. Allein aus diesem dem Finanzamt vorliegenden BP-Bericht sei das Vorliegen von der Rechnung zu Grunde liegenden Leistungen ersichtlich. Es könne daher keine Scheinrechnung vorliegen.

Woher der Prüfer die angeblichen Feststellungen über "nicht richtigen Firmenwortlaut" und "nicht stimmende Adresse" nehme, sei ihm unverständlich. Obwohl beide Begriffe für die "Scheinrechnung" keine Bedeutung hätten, lege er Kopien von Firmenbucheintragungen vor, aus denen zu ersehen sei, dass am die CCI GmbH mit Anschrift P. in das Firmenbuch Salzburg eingetragen worden sei und zumindest am mit den selben Angaben noch registriert sei.

Dass die beanstandete Rechnung von ihm (eher seiner Kanzlei) geschrieben worden sei, habe er nie bestritten, habe aber mit einer Scheinrechnung wiederum nichts zu tun. Nachdem er im Mai oder Juni 1992 von Teilen des CCI-BP-Berichtes Kenntnis erlangt habe, habe er den nächsten Besuch seines Mandanten und Geschäftsführers der CCI, J.H., benützt, ihn um die Ausstellung einer der Tz 22 des Berichtes entsprechenden Rechnung zu bitten. Seinem Wunsch entsprechend sei die Rechnung von einem Mitarbeiter des Beschwerdeführers geschrieben worden. Den Formerfordernissen für das Ausstellen einer Rechnung wäre durch Überreichen einer Gutschrift an den in seiner Kanzlei anwesenden CCI-Geschäftsführer ebenso entsprochen worden.

Da somit eindeutig feststehe, dass eine Scheinrechnung nur bei Fehlen der in der Rechnung behaupteten Leistung vorliege und dies im konkreten Fall infolge Feststellung dieser Leistung in einem BP-Bericht nicht zutreffen könne, entbehre der angefochtene Bescheid einer ihn tragenden Begründung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, strittig sei die Nichtanerkennung von Vorsteuern von S 288.000,-- aus einer Rechnung vom der CCI-GmbH in P., U-Straße. Anlässlich einer beim Beschwerdeführer vorgenommenen Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 3 BAO sei folgender Sachverhalt festgestellt worden: Die in der bezeichneten Rechnung angegebene Firmenadresse sei nach Ansicht der Betriebsprüfung falsch, weil an der angeführten Adresse zu keinem Zeitpunkt eine CCI-GmbH (bis (richtig: ab) TAP Handel mit techn. Anlagen, Einrichtungen und Maschinen GmbH in P., U-Straße) existiert habe. Im Erhebungsbericht vom sei dazu Folgendes festgehalten worden: Auf der ganzen Liegenschaft habe kein Hinweis (Namensschild, Firmentafel, Briefkasten, etc.) einer Firma TAP (CCI) oder J.H. (Geschäftsführer der CCI seit ) gefunden werden können. Auch sei die Firma am Gewerbeamt in H. nicht bekannt; es seien die Firma TAP und auch J.H. am Gemeindeamt in P. nicht gemeldet gewesen. Auch die Prüfungsabteilung für Strafsachen, die an der angeführten Adresse in P. eine Hausdurchsuchung durchgeführt habe, habe festgestellt, dass es sich hinsichtlich des Betriebssitzes der CCI-GmbH um eine "reine Postanschrift" und keinesfalls um einen Betriebssitz gehandelt habe. Bei der genannten Adresse in P., U-Straße, handle es sich um die Privatwohnung der Familie V. Anlässlich der Hausdurchsuchung an dieser Adresse am durch die Prüfungsabteilung für Strafsachen habe Gabriele V. unter anderem niederschriftlich angegeben, der Beschwerdeführer sei ein Bekannter ihres Ehegatten. Er habe Gabriele V. vor ca. eineinhalb Jahren angerufen und gefragt, ob es ihr etwas ausmache, wenn ein Bekannter des Beschwerdeführers, der viel unterwegs sei, an der Adresse der Gabriele V. einen Firmensitz angeben könne. Eine Gegenleistung sei bis dato aber nicht erfolgt. Cirka ein bis zwei Monate nach diesem Telefonat mit dem Beschwerdeführer sei dann J.H. gekommen und habe Gabriele V. versichert, dass er sie nicht stören werde. J.H. wäre dann cirka drei bis fünfmal für cirka eine Stunde dort gewesen, habe etwas geschrieben und telefoniert. Gabriele V. habe auch die einlangende Post gesammelt, in ein Kuvert gesteckt und an den Beschwerdeführer weitergeschickt bzw. sei sie von J.H. (dieser sei zuletzt Ende August / Anfang September 1992 bei Gabriele V. gewesen) selbst übernommen worden. Bei wichtigen Sachen hätte sie immer den Beschwerdeführer in seiner Kanzlei angerufen. Zu J.H. habe sie keinen Kontakt gehabt.

J.H. sei für die Betriebsprüfung unerreichbar gewesen. Er sei laut Auskunft der Meldebehörde am mit unbekanntem Aufenthaltsort von seiner bisherigen Meldeadresse in W. amtlich abgemeldet worden. Es sei daher äußerst unwahrscheinlich, dass J.H. am eine Rechnung beim Beschwerdeführer in Auftrag gegeben habe. Wie der Beschwerdeführer selbst bestätigt habe, sei die strittige Rechnung in seiner Kanzlei auf Grund des Ersuchens von J.H. ausgestellt worden. Ein Zahlungsfluss im Zusammenhang mit dieser Rechnung habe bis dato nicht festgestellt werden können.

Die Betriebsprüfung sei daher zum Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer selbst (als Geschäftsführer der CCI vom bis habe er über die notwendigen Unterlagen und Kenntnisse zur Ausstellung einer derartigen Rechnung verfügt) die strittige Rechnung am ausgestellt habe, nachdem bei der TAP laut BP-Bericht vom eine Betriebsprüfung mit Kontenöffnung beim Beschwerdeführer durchgeführt worden sei.

Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, die CCI habe am eine Rechnung, die Leistungen aus dem Jahre 1990 zum Gegenstand gehabt habe, ausgestellt. Die belangte Behörde sehe es auf Grund der Feststellungen der Prüfungsabteilung für Strafsachen und der Angaben der Gabriele V. als erwiesen an, dass zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung () an der in der Rechnung angegebenen Adresse (P., U-Straße) keine Hinweise für eine fremdübliche Geschäftstätigkeit der CCI GmbH bestanden hätten. Dieser Schluss ergebe sich aus dem Umstand, dass an der angegebenen Adresse im Jahre 1992 nur die Familie V., die in keiner wirtschaftlichen oder rechtlichen Beziehung zum Beschwerdeführer gestanden sei, gewohnt habe und nicht einmal ein einziges Zimmer der CCI uneingeschränkt zur Verfügung gestanden sei. Eine Vermietung von Büroräumlichkeiten auch nur für kurze Zeit habe nicht stattgefunden. Es sei daher davon auszugehen, dass die CCI GmbH am in P., U-Straße, nicht ansässig gewesen sei. Dass im Firmenbuch die strittige Adresse eingetragen sei, sei für den Vorsteuerabzug nicht ausreichend.

Selbst unter der Annahme, das J.H. den Beschwerdeführer tatsächlich ersucht hätte, die strittige Rechnung auszustellen, hätte der Beschwerdeführer dies in Form einer Gutschrift machen müssen und nicht die Ausstellung der Rechnung in fremdem Namen vornehmen dürfen. Der Beschwerdeführer sei nur berechtigt, im eigenen Namen Rechnungen bzw. Gutschriften auszustellen. Wäre dem nicht so, wäre dem Missbrauch des unrechtmäßigen Vorsteuerabzuges durch eigene Ausstellung irgendwelcher fremder Rechnungen nicht mehr entgegenzuwirken. Dass der Beschwerdeführer aber eine Gutschrift ausgestellt hätte, habe er nicht behauptet. Da somit die Ausstellung der Rechnung vom nicht den Formerfordernissen des § 11 UStG 1972 entsprochen habe, sei der Vorsteuerabzug zu Recht versagt worden (es folgen Ausführungen zur Begründetheit der - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht strittigen - Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 1992).

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Nichtanerkennung der Vorsteuer von S 288.000,-- beschwert. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht er wie bereits im Verwaltungsverfahren geltend, der Begriff "Scheinrechnung" bezeichne eine Rechnung, der keine Lieferung oder Leistung zu Grunde liege. Die laut Rechnungsinhalt an ihn erbrachten Leistungen seien in einem BP-Bericht festgestellt worden. Es liege daher schon begrifflich keine Scheinrechnung vor.

Die Auffassung der belangten Behörde, die CCI GmbH sei am in P., U-Straße, nicht ansässig gewesen, sei eine Vermutung. In dem den Behörden vorliegenden Prüfungsbericht des Finanzamtes für Körperschaften vom sei unter Name und Anschrift des Abgabepflichtigen die wohl amtliche Angabe enthalten: TAP Handel mit techn. Anlagen, P., U-Straße. Die Feststellung der belangten Behörde, "am in P., U-Straße, nicht ansässig", sei somit aktenwidrig.

Zum Zeitpunkt der Ausstellung der strittigen Rechnung habe der Beschwerdeführer und auch der Geschäftsführer der CCI GmbH von den ihnen aus dem zitierten BP-Bericht des Finanzamtes für Körperschaften bekannten Angaben über die Adresse der CCI ausgehen können. Der Umstand, dass das Finanzamt Salzburg in einem am zugestellten Auskunftsersuchen Fragen zum tatsächlichen Ort der Geschäftsleitung gestellt habe, am eine Niederschrift des Erhebungsdienstes aufgenommen worden sei und schließlich noch später eine Hausdurchsuchung der Prüfungsabteilung Strafsachen stattgefunden habe, sei für die Beurteilung der Rechtslage zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung unerheblich.

Die belangte Behörde begründe nicht ihre Zweifel, der Geschäftsführer J.H. sei bei der Rechnungssausstellung am in seinem Büro anwesend gewesen. Die Behörde halte ausdrücklich fest, dass J.H. Ende August/Anfang September 1992 bei Gabriele V. gewesen sei und am amtlich abgemeldet worden sei. Daraus sei keinerlei Widerspruch zu seinen Angaben zu entnehmen. J.H. sei am im Büro des Beschwerdeführers gewesen und habe einen Mitarbeiter des Beschwerdeführers gebeten, die strittige Rechnung im Namen des Geschäftsführers der CCI GmbH zu schreiben. J.H. habe damals auch die vom Beschwerdeführer angefertigten Steuererklärungen für 1990 der CCI GmbH unterschrieben. Dies sei als Beweis der belangten Behörde vorgelegt worden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 kann der Unternehmer, der die in dieser Gesetzesstelle angeführten Erfordernisse erfüllt, die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Nach § 11 Abs. 1 UStG 1972 müssen Rechnungen folgende Angaben enthalten:

1. den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;

2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;

3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;

4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (z.B. Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;


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5.
das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung und
6.
den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag.
Die Auffassung der belangten Behörde, dass ein Vorsteuerabzug auf Grund dieser Rechnung nicht möglich ist, erweist sich bereits aus folgendem Umstand als mit der aufgezeigten Rechtslage im Einklang: Nach § 11 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 ist in der Rechnung die Art und der Umfang der sonstigen Leistung anzugeben. Demnach müssen die Angaben in der Rechnung nicht nur die Art der erbrachten Leistung, sondern auch deren Umfang erkennen lassen. Bereits diesen Anforderungen entspricht die in Rede stehende Rechnung in keiner Weise. In dieser Rechnung werden nämlich die erbrachten Leistungen nicht bezeichnet, geschweige denn der Umfang derselben angegeben.
Da die vorgelegte Rechnung bereits aus diesem Grunde einen Vorsteuerabzug nicht zulässt, ist auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers nicht mehr einzugehen.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am