VwGH vom 26.11.1991, 91/14/0169
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kirchmayr, über die Beschwerde des JL und der HL in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat II) vom , Zl. 74-GA4BK-DVie/91, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde hat im Instanzenzug im Zusammenhang mit der Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 Abs. 1 lit. d BAO für 1989 die Absetzung für Abnutzung des der Vermietung dienenden Gebäudes nicht erklärungsgemäß mit 2 %, sondern mangels Nachweises einer kürzeren Nutzungsdauer gemäß der Regel des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 mit 1,5 % der Bemessungsgrundlage angenommen. Die Beschwerdeführer haben im Verwaltungsverfahren die Aufforderung, den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer zu erbringen, mit der Erklärung beantwortet, daß das Gesetz keinen Nachweis in Form eines Gutachtens fordere; beim gegenständlichen Gebäude handle es sich um ein vor mindestens 15 Jahren errichtetes Bauwerk, welches sehr starken Abnutzungen unterliege, weshalb eine Nutzungsdauer von 67 Jahren völlig unrealistisch sei.
Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Anerkennung der von ihnen erklärten Absetzung für Abnutzung verletzt. Sie behaupten inhaltliche Rechtswidrigkeit und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragen deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienen, können gemäß § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5 % der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden.
Gemäß § 114 Abs. 4 EStG 1988 wird durch § 16 Abs. 1 Z. 8 gegenüber § 16 Abs. 1 Z. 8 EStG 1972 für Wirtschaftsgüter, die vor dem angeschafft, hergestellt oder unentgeltlich erworben worden sind und dem Steuerpflichtigen bereits am zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 4 bis 7 gedient haben, weder eine neue Bemessungsgrundlage noch ein neues Wahlrecht für die Berechnung der Absetzung für Abnutzung oder für Substanzverringerung begründet.
Diese Übergangsbestimmung berührt den zeitlichen Anwendungsbereich im Sinne des § 125 Z. 1 EStG 1988 hinsichtlich der Regel des § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 nicht, weil es sich bei der Nutzungsdauer nicht um die Bemessungsgrundlage handelt und hinsichtlich der Nutzungsdauer nach dem EStG 1972 ein Wahlrecht nicht bestanden hat. § 16 Abs. 1 Z. 8 lit. e EStG 1988 ist daher bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1989 anzuwenden. Danach ist es nicht von Bedeutung, welche Nutzungsdauer hinsichtlich desselben Gebäudes in früheren Kalenderjahren von den Abgabenbehörden anerkannt worden ist. Erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1989 gilt daher die Regel, daß ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich keine höhere Absetzung für Abnutzung als 1,5 % der Bemessungsgrundlage anerkannt werden darf (s.a.
Hofstätter-Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar III B, Tz 4 zu § 114 EStG 1988). Der Gesetzgeber vermutet daher bei Gebäuden, die der Vermietung und Verpachtung dienen, eine Nutzungsdauer von 66,6 Jahren und nicht weniger (§ 167 Abs. 1 BAO). Die Beweislast (vgl. Stoll, Bundesabgabenordnung Handbuch, 386) für eine kürzere Nutzungsdauer trifft daher denjenigen, der eine solche behauptet, hier also die steuerpflichtigen Beschwerdeführer.
Der belangten Behörde kann darin nicht entgegengetreten werden, daß die Beschwerdeführer einen solchen Nachweis durch ihre Behauptung, das Gebäude sei vor mindestens 15 Jahren errichtet worden, es unterliege sehr starker Abnutzung, weshalb eine Nutzungsdauer von 67 Jahren völlig unrealistisch sei, nicht erbracht haben.
Bedenken an der Vereinbarkeit dieser Rechtslage mit dem Gleichheitsgrundsatz sind nicht entstanden. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob durch den Gesetzgeber des EStG 1988 im betreffenden Zusammenhang der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit durchbrochen wurde, wie die Beschwerdeführer unter Hinweis auf Doralt (Einkommensteuergesetz Kommentar, Teil I, Rz 27 zu § 8) meinen.
Im Hinblick auf die Beweislastverteilung ist der Vorwurf der Beschwerdeführer unberechtigt, die belangte Behörde habe amtswegige Ermittlungspflichten verletzt.
Es kann im Beschwerdefall dahinstehen, ob der Nachweis einer kürzeren als der vom Gesetz vermuteten Nutzungsdauer nur durch Sachverständigengutachten oder auch auf andere Weise erbracht werden kann. Die Beschwerdeführer haben nämlich auch andere Nachweise nicht beigebracht. Der Umstand, daß in der Vergangenheit stets ein "AfA-Satz von 2 % herangezogen" wurde, stellt einen solchen Nachweis nicht dar.
Es ist dem einfachen Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt, ab einem bestimmten Kalenderjahr vom Steuerpflichtigen den Nachweis einer Nutzungsdauer zu verlangen, die ein gewisses, der Erfahrung entsprechendes Ausmaß unterschreitet, und zwar auch in solchen Fällen, in denen bisher von den Abgabenbehörden die Behauptungen derart kürzerer Nutzungsdauer ohne weitere Prüfung der Veranlagung zu Grunde gelegt wurden. Die Beschwerdeführer haben nicht vorgebracht, daß die Abgabenbehörden in früheren Jahren den "AfA-Satz von 2 %" auf die Ergebnisse eines Ermittlungsverfahrens gestützt hätten und aus diesem Grund der Nachweis als erbracht anzusehen sei. Die Aktenlage läßt einen derartigen Sachverhalt nicht erkennen.
Die Beschwerdeführer werden daher durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.