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VwGH vom 12.01.1993, 91/14/0157

VwGH vom 12.01.1993, 91/14/0157

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Dr. Baumann und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des H und des G in U, beide vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl B 154-3/90, betreffend Feststellung von Einkünften aus selbständiger Arbeit für 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Jahre 1987 erzielten die damaligen Gesellschafter einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs 1 EStG 1972 ermittelt, ua für zwei von ihnen entwickelte österreichische Patente Lizenzeinnahmen.

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, daß der beantragte ermäßigte Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter volkswirtschaftlich wertvoller Erfindungen nicht zustehe, weil beide Patente im Jahre 1986 (per bzw per ) wegen Nichtzahlung der dritten bzw vierten Jahresgebühr erloschen seien.

Gegen den diesen Feststellungen entsprechend erlassenen Bescheid betreffend Feststellung von Einkünften aus selbständiger Arbeit für 1987 wurde Berufung erhoben. Darin wurde begründend im wesentlichen ausgeführt, das Einkommensteuergesetz 1972 enthalte im Gegensatz zum Einkommensteuergesetz 1988 keine Bestimmung, daß der patentrechtliche Schutz für den Zeitraum gegeben sein müsse, für den die Lizenzzahlungen erfolgten. Es sei vielmehr davon auszugehen, daß die Verwertung der Erfindungen durch den Abschluß des Lizenzvertrages erfolge und die zu leistenden Lizenzzahlungen durch diesen Verwertungsakt bedingt seien. Die Gegenüberstellung der §§ 38 nach dem EStG 1972 und dem EStG 1988 zeige deutlich, daß entgegen den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage eine materielle Änderung der Rechtslage eingetreten sei.

Mit dem nunmehr mit Beschwerde angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde lägen patentrechtlich geschützte Erfindungen im Sinne des § 38 Abs 1 EStG 1972 nur dann vor, wenn der patentrechtliche Schutz der betreffenden Erfindungen für jenen Zeitraum gegeben sei, für den die Lizenzzahlungen erfolgten. Da bezüglich beider Patente der patentrechtliche Schutz im Jahre 1986 erloschen sei, komme die beantragte Tarifbegünstigung nicht in Betracht.

Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung dieses Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Daß die Erlöse 1987 aus Lizenzen für Zeiträume nach dem Erlöschen der Patente erwuchsen, ist vor dem Verwaltungsgerichtshof unbestritten.

Strittig ist im vorliegenden Fall ausschließlich die Frage, ob die belangte Behörde § 38 Abs 1 EStG 1972 dahingehend auslegen durfte, daß der patentrechtliche Schutz der gegenständlichen - unbestritten volkswirtschaftlich wertvollen - Erfindungen auch bzw insbesondere für jenen Zeitraum gegeben sein muß, für den die Lizenzzahlungen erfolgten oder ob - wie die Beschwerdeführer meinen - in logischer und teleologischer Interpretation für die Zuerkennung des begünstigten Steuersatzes bezüglich der Lizenzzahlungen die Tatsache hinreicht, daß die Erfindungen in davorliegenden Zeiträumen, insbesondere im Zeitpunkt des Abschlusses des Lizenzvertrages, patentrechtlich geschützt waren. Die Beschwerdeführer stützen ihre Ansicht insbesondere darauf, daß die Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen auf den gegenständlichen Fall bezogen durch Abschluß des Lizenzvertrages erfolgt sei, womit eine Verwertungshandlung durch den Erfinder auch schon beendet bzw abgeschlossen sei. Die Verwertungshandlung betreffe unbestrittenermaßen eine "patentrechtlich geschützte Erfindung", die Lizenzzahlungen seien nur mehr Ausfluß der (begünstigten) Verwertungshandlung.

Dazu ist darauf hinzuweisen, daß § 38 Abs 1 EStG 1972 seinem Wortlaut und Wortsinn nach nicht darauf abstellt, ob eine "Verwertungshandlung" eine patentrechtlich geschützte Erfindung "betrifft". § 38 Abs 1 EStG 1972 stellt vielmehr auf EINKÜNFTE aus der Verwertung patentrechtlich GESCHÜTZTER Erfindungen ab. Einkünfte aus der Verwertung derartiger Erfindungen stellen aber nun zweifellos nur die Lizenzzahlungen, nicht aber der Abschluß des Lizenzvertrages als solcher dar. Die Beschwerdeführer räumen ausdrücklich ein, daß bei Interpretation der Bestimmung allein nach dem Wortlaut "der belangten Behörde sicherlich Recht zu geben" wäre. Der Gerichtshof vermag demgegenüber aus den oben angeführten Gründen nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde gegenständlich bei Anwendung weiterer Methoden zur Auslegung der Bestimmung des § 38 Abs 1 EStG 1972 zu einem anderen Ergebnis kommen hätte müssen. Darüber hinaus steckt der äußerste mögliche Wortsinn die Grenze jeglicher Auslegung ab (vgl Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts9 I, 21). Eine Interpretation der involvierten gesetzlichen Bestimmung, wie sie den Beschwerdeführern vorschwebt, überschreitet jedoch diese Grenze, weil Einkünfte aus der Verwertung von Erfindungen, deren Patentschutz nicht (mehr) besteht, nicht solche aus (im Zeitraum der Einkünfte) patentrechtlich GESCHÜTZTEN Erfindungen, sondern bestensfalls solche aus (in anderen Zeiträumen) patentrechtlich geschützt GEWESENEN Erfindungen darstellen. Der Gerichtshof kann daher nicht finden, daß die belangte Behörde § 38 Abs 1 EStG 1972 rechtswidrig interpretiert hätte. An dieser Beurteilung vermag weder der Umstand etwas zu ändern, daß im konkreten Beschwerdefall den Beschwerdeführern erstmalig und ausschließlich im Streitjahr "höhere" Einkünfte aus der Verwertung ihrer Erfindung zugeflossen sind, noch daß nach Erlöschen des "Patentes" infolge Nichtzahlung der Patentgebühr der Patentschutz "de facto" für einen gewissen Zeitraum weiterhin aufrecht sei. § 38 Abs 1 EStG 1972 stellt nämlich weder darauf ab, ob oder wann "höhere" Einkünfte zufließen, noch darauf, ob oder wie lange trotz Erlöschens des Patentschutzes eine mißbräuchliche Nutzung der (nicht mehr geschützten) Erfindung "de facto" ausgeschlossen werden kann.

Aus den oben angeführten Erwägungen zum Inhalt des § 38 Abs 1 EStG 1972 ergibt sich, daß durch die unbestreitbaren Änderungen im Text des § 38 EStG 1988 aus der Sicht des Beschwerdefalles keine materielle Änderung der Rechtslage eingetreten ist, weshalb es sich erübrigt, auf die Beschwerdeausführungen zum Wortlaut des § 38 EStG 1988 bzw auf die aus dem angefochtenen Bescheid nicht nachvollziehbare Behauptung der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte § 38 EStG 1988 rückwirkend angewendet, einzugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 104/1991.