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VwGH vom 10.07.1996, 94/15/0013

VwGH vom 10.07.1996, 94/15/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Steiner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des F in E, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. B 116-3/90, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1985 bis 1987 sowie Vorauszahlungen an Einkommen- und Gewerbesteuer ab dem Jahr 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betrieb in den Streitjahren in E ein Elektrounternehmen (Handel und Installation). Er ermittelte den Gewinn gemäß § 5 EStG 1972. Die steuerpflichtigen Umsätze betrugen rund S 8,1 Mio (1985), S 4,2 Mio (1986) bzw. S 10,1 Mio (1987). Der Beschwerdeführer erzielte in diesen Jahren ein steuerpflichtiges Einkommen von rund S 693.000,--, S 417.000,-- bzw. S 571.000,--. Im Betrieb des Beschwerdeführers waren in den Streitjahren seine ledigen Töchter V (geb. 1944) und S (geb. 1951) im Rahmen steuerlich anerkannter Dienstverhältnisse tätig.

Anläßlich einer die Jahre 1975 bis 1977 betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde die V als Dienstwohnung überlassene 75 m2 große Wohnung nicht als Betriebsvermögen des Beschwerdeführers anerkannt. Nach Aufhebung des hiezu im Instanzenzug ergangenen Bescheides mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 4/81, Slg. Nr. 9417/1982, wurde diese Wohnung jedoch sodann als Betriebsvermögen des Beschwerdeführers anerkannt.

Anläßlich einer die Streitjahre 1985 bis 1987 betreffenden abgabenbehördlichen Prüfung wurde die S als Dienstwohnung überlassene 55 m2 große Wohnung nicht als Betriebsvermögen des Beschwerdeführers anerkannt.

Gegen die dieser Auffassung des Prüfers folgenden Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuerbescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte hierin im wesentlichen folgendes vor: Die seit 1960 (zunächst als kaufm. Lehrling) im Betrieb des Beschwerdeführers tätige Tochter V sei mit Ein- und Verkauf, Lagerüberwachung, Kalkulation, Lohnverrechnung sowie Fakturierung (teilweise) und die seit 1966 (ebenfalls zunächst als kaufm. Lehrling) im Betrieb tätige Tochter S mit Buchhaltung bis zur Bilanzerstellung, Korrespondenz (einschließlich Schriftverkehr mit Behörden), Fakturierung (teilweise) sowie Verkauf (teilweise) beschäftigt. Der ebenfalls im Betrieb als Dienstnehmer tätige Sohn des Beschwerdeführers befasse sich mit der Kalkulation von Anboten, Überwachung und Mitarbeit auf Baustellen, Arbeitseinteilung u. dgl. Die Wohnungen der beiden Töchter seien in einem Gebäude untergebracht, welches der Beschwerdeführer im Jahr 1973 erworben habe und das gegenüber den in Bestand genommenen Betriebsräumlichkeiten liege. Unter- und Erdgeschoß dieses Gebäudes würden als Lager- bzw. Ausstellungsräume und Werkstätte genutzt. Im Obergeschoß befinde sich die Wohnung von V und im Dachgeschoß die Wohnung von S. Das Einfamilienhaus des Beschwerdeführers, in welchem letzterer bis 1986 gewohnt habe, befinde sich außerhalb des Ortes in ca. 1,5 km Entfernung vom Betrieb. In diesem Einfamilienhaus (mit je 80 m2 Wohnfläche im Erd- und Obergeschoß) wohne auch der Sohn des Beschwerdeführers. Da qualifiziertes Personal weder aus dem Ort noch aus der näheren Umgebung zu bekommen sei, müsse Personal an den Betrieb gebunden werden. Durch die Überlassung von Dienstwohnungen habe der Beschwerdeführer den Vorteil, jederzeit im Betriebsgebäude seine Angestellten zur Verfügung zu haben und sei auch ein gewisser Objektschutz gegeben. Die leitende Funktion von S und V stehe außer Streit. Beide Töchter des Beschwerdeführers hätten die Einrichtung für ihr Wohn- und Schlafzimmer aus eigenen Mitteln bezahlt. Die Zurverfügungstellung der Kücheneinrichtung um brutto S 158.528,-- an S ergebe für deren Wohnung keinen höheren Quadratmeterpreis als für die Wohnung von V. Auch mit S sei für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses hinsichtlich der Wohnung eine mündliche Vereinbarung getroffen worden. Im übrigen regle das Angestelltengesetz ohnehin die Einräumung einer Dienstwohnung. Sohin verbleibe für die Nichtanerkennung dieser Wohnung als Betriebsvermögen des Beschwerdeführers nur das vom Verfassungsgerichtshof nicht akzeptierte Naheverhältnis.

Das Finanzamt wies die Berufung mittels Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Es sah als unglaubwürdig an, daß in einem Betrieb mit 12 bis 14 Dienstnehmern vier Personen (nämlich der Beschwerdeführer und seine drei Kinder) in leitender Stellung tätig seien. Aus den in der Berufung angegebenen Aufgabenbereichen von S könne nur entnommen werden, daß diese im wesentlichen nur wie eine Angestellte eines vergleichbaren Mittelbetriebes und daher nicht leitend tätig sei. In ihrem Aufgabenbereich habe sich nach der Überlassung der Wohnung an sie nichts geändert und weise dies darauf hin, daß ihr die Wohnung nicht aus einem betrieblichen Anlaß zur Verfügung gestellt worden sei.

Im Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz brachte der Beschwerdeführer vor, er habe sich bei dem im Jahr 1985 erfolgten Beginn der Errichtung der Wohnung für S bereits im Pensionsalter befunden und sei abgesehen von seiner 70 prozentigen Erwerbsminderung berechtigt gewesen, wesentliche Agenden an seine Kinder zu übertragen. Die Tätigkeit von S sei mit der eines Prokuristen vergleichbar; sie sei nicht als Betriebsübernehmerin vorgesehen.

Laut amtlicher Niederschrift vom betragen die den Töchtern des Beschwerdeführers gewährten Geldbezüge in den Streitjahren ca. S 20.500,-- bis S 22.300,-- (V nach 25 bis 27 Dienstjahren) bzw. S 20.100,-- bis S 22.300,-- (S nach 19 bis 21 Dienstjahren). Darüber hinaus erhielt jede der beiden Töchter des Beschwerdeführers im Jahre 1986 den Betrag von S 30.000,-- als Remuneration für das Jahr 1985.

Mit Vorhalt vom teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit, daß auch die Wohnung von V nicht als Betriebsvermögen anerkannt werden könne. Die Geldbezüge beider Töchter des Beschwerdeführers lägen nämlich weit über den Geldbezügen von vergleichbaren Dienstnehmern in Vergleichsbetrieben und entsprächen offensichtlich einer Einstufung in die Verwendungsgruppe IV des Kollektivvertrages (Buchhalter und Kassiere von Betrieben mit über 50 Dienstnehmern, selbständige Filialleiter). Da zwei namentlich genannte familienfremde Dienstnehmer nur in die Verwendungsgruppe I eingestuft seien, spreche die Einstufung der Töchter des Beschwerdeführers in die Verwendungsgruppe IV für eine ausreichende Entlohnung. In diesem Vorhalt wurden dem Beschwerdeführer die daraus resultierenden Änderungen der Bemessungsgrundlagen im einzelnen mitgeteilt.

In seiner Beantwortung führte der Beschwerdeführer aus, er könne mangels Offenlegung sämtlicher Merkmale der Vergleichsbetriebe zum Vorhalt nicht Stellung nehmen.

Mit Vorhalt vom wurden dem Beschwerdeführer die Umsätze von zwei Vergleichsbetrieben in den Streitjahren, die Anzahl der Dienstnehmer und die Monatslöhne der vergleichbaren Angestellten mitgeteilt. Die Umsätze beider Betriebe, in denen die zum Vergleich herangezogene Angestellte 1987 mit einem Gehalt von S 11.500,-- (nach 7 Dienstjahren und 7 Jahren Vordienstzeiten) tätig war, betragen ca. S 15,6 Mill. (1985), S 17,4 Mill. (1986) und S 16,7 Mill. (1987). Dienstwohnungen wurden den zum Vergleich herangezogenen Angestellten nicht zur Verfügung gestellt.

Hiezu brachte der Beschwerdeführer in seiner Vorhaltsbeantwortung vor, die so erfolgte Beschreibung der Vergleichsbetriebe sei nicht ausreichend, weil z.B. die Angabe der Größe und Bevölkerungszahl des Einzugsgebietes, der örtlichen Konkurrenzverhältnisse, der Zusammensetzung und Ausbildung der gesamten Belegschaft, des Betriebsklimas, des Alters des Betriebes und des Umfanges des persönlichen Einsatzes des Betriebsinhabers fehlten. Auch wurde darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer mit gleicher Beschäftigtenzahl wie der Vergleichsbetrieb I höhere Umsätze erzielt habe, weil sein Personal höher qualifiziert und daher höher entlohnt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gegen den Vorauszahlungsbescheid, insoweit er Jahre nach 1989 betrifft, zurückgewiesen, im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Während die Vorauszahlungen für das Jahr 1989 unverändert blieben, wurden die Bemessungsgrundlagen der Abgaben neu berechnet und die Abgaben dementsprechend unter Angabe des Fälligkeitstages festgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen folgendes aus:

Im vorliegenden Fall werde zwar die betriebliche Veranlassung der Überlassung einer Wohnung an nahe Angehörige des Beschwerdeführers, mit denen ein steuerlich anerkanntes Dienstverhältnis bestehe, nicht ausschließlich wegen des (verwandtschaftlichen) Naheverhältnisses verneint; nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei aber bei Betrieben mittlerer Größe die Schaffung von Dienstwohnungen nicht üblich und daher diesfalls die Errichtung einer Wohnung für im Betrieb tätige nahe Angehörige des Beschwerdeführers nur durch das Naheverhältnis erklärlich. Aber auch unabhängig davon könne die Überlassung von Wohnungen im vorliegenden Fall ihre Begründung nur in außerbetrieblichen Erwägungen finden, sei es doch als das Ergebnis eines an Hand des Kollektivvertrages (für Privatangestellte der Industrie und des Gewerbes) im Abgabenverfahren durchgeführten Fremdvergleiches anzusehen, daß die Geldbezüge der beiden Töchter des Beschwerdeführers eine ausreichende Entlohnung für ihre Dienstleistung gegenüber dem Beschwerdeführer dargestellt hätten. Diese Auffassung werde trotz gewisser Unterschiedlichkeiten auch durch die Entlohnung in den Vergleichsbetrieben bestätigt. Der Umstand, daß durchaus qualifizierte kaufmännische Angestellte trotz schlechter Bezahlung in der betroffenen wirtschaftlich schwachen Region tätig seien, deute darauf hin, daß die Abwanderung in die angrenzenden Ballungszentren nicht durch die Zurverfügungstellung von Dienstwohnungen verhindert werden brauche, zumal in diesen Zentren die Wohnversorgung weit teurer sei als in der "Provinz". Auch habe der Beschwerdeführer nicht behauptet, daß seine beiden Töchter mit Kündigung ihres Dienstverhältnisses gedroht hätten und durch die Zurverfügungstellung von Wohnungen hievon abgehalten worden seien. So habe es S trotz der im Jahr 1977 erfolgten Zurverfügungstellung einer Wohnung an ihre Schwester V immerhin fast 10 Jahre im Betrieb des Beschwerdeführers "ausgehalten", bis auch ihr "aus heiterem Himmel" eine Wohnung zur Verfügung gestellt worden sei. Da der Beschwerdeführer auch nicht angeführt habe, welche üblicherweise vom Betriebsinhaber ausgeübten Tätigkeiten seinen beiden Töchtern übertragen worden seien, könne nicht davon die Rede sein, daß diese eine leitende Tätigkeit ausgeübt hätten. Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Objektschutz sei durch geeignete Alarmanlagen wirksamer und billiger zu erreichen als durch zwei nachts im Obergeschoß und Dachgeschoß in Dienstwohnungen schlafende weibliche Angestellte. Insgesamt ergebe sich sohin, daß der Beschwerdeführer die Wohnversorgung seiner Töchter aus außerbetrieblichen Erwägungen vorgenommen habe. Die Wohnungen der Töchter des Beschwerdeführers seien daher nicht dessen Betriebsvermögen zuzurechnen.

Mit Beschluß vom , B 1473/93-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ist nach der Verkehrsauffassung bei Betrieben von mittlerer Größe die Zurverfügungstellung von Dienstwohnungen an Arbeitnehmer nicht üblich (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0003, und die dort zitierten Vorerkenntnisse). Auf Grund der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid weiters dargestellten Umstände läßt sich auch nicht sagen, daß ein Ausnahmsfall vorliegt, in dem die außerbetrieblichen Gründe für die Zurverfügungstellung von Wohnungen an die beiden Töchter des Beschwerdeführers gegenüber den betrieblichen Erfordernissen entscheidend in den Hintergrund getreten sind. Daran ändert auch der Hinweis in der Beschwerde auf die Bestimmung des § 8 Abs. 2 Z. 1 lit. a EStG 1972 in der für die Jahre 1985 bis 1987 geltenden Fassung, wonach von der Regel, daß bei unbeweglichen Wirtschaftsgütern eine vorzeitige Abschreibung nicht vorgenommen werden darf, Gebäude ausgenommen sind, die für Wohnzwecke betriebszugehöriger Arbeitnehmer bestimmt sind, worin die Beschwerde eine von der Größe eines Betriebes unabhängige Legaldefinition des Begriffes "unbewegliches Wirtschaftsgut" erblickt, nichts, weil der in Rede stehenden Gesetzesstelle nichts zur Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen entnommen werden kann.

Dadurch, daß die Wohnung von Tochter V nicht als zum Betriebsvermögen des Beschwerdeführers gehörend angesehen wurde, wurde auch nicht in unzulässiger Weise in die Rechtskraft von Abgabenbescheiden eingegriffen.

Da somit der angefochtene Bescheid frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit ist, mußte die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden. Diese Entscheidung konnte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG im Dreiersenat getroffen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.