VwGH vom 21.12.1999, 94/14/0174
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der E P in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Walser, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I), vom , Zl. 30.791-3/94, betreffend u.a. Einkommensteuer 1993, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin veräußerte im Jahr 1986 eine Liegenschaft. In dem darüber abgeschlossenen Kaufvertrag vom wurde u. a. vereinbart:
"III.
Als vereinbarte und angemessene Gegenleistung für die Überlassung des Eigentumsrechtes an der Kaufliegenschaft verpflichtet sich der Käufer, an die Verkäuferin beginnend mit , eine monatliche Rente von S 4.000,-- bis spätestens zum
10. eines jeden Monats an eine von der Verkäuferin bekanntzugebende Zahlstelle zu bezahlen. Die Zahlungsverpflichtung des Käufers endet mit dem Ableben der Verkäuferin, jedenfalls aber nach Ablauf von 15 Jahren ab dem Zeitpunkt der ersten Ratenzahlung, das ist der .
Die vorangeführte Rente ist wertgesichert nach dem Verbraucherpreisindex 1976 zu leisten,
....
Die Rentenforderung der Verkäuferin ist auf der Kaufliegenschaft pfandrechtlich sicherzustellen.
V.
Der Käufer räumt der Verkäuferin die Dienstbarkeit der Wohnung auf Lebenszeit der Verkäuferin an der an der Grenze der Kaufliegenschaft befindlichen Hütte ein, wobei die Verkäuferin auch berechtigt sein soll, den dort befindlichen Zirbenbaum und die dort wachsenden Sträucher zu nutzen und zwar in der Weise, dass sich der Käufer verpflichtet, diese Pflanzen während der Dauer der Ausübung des Wohnrechtes durch die Verkäuferin nicht zu entfernen. Das Wohnrecht ist ebenfalls grundbücherlich sicherzustellen.
VI.
Alle in dieser Urkunde vereinbarten Rechte und Pflichten gehen auf die Erben und Rechtsnachfolger der Vertragsteile über."
Strittig ist, ob diese Vereinbarung ab dem Jahr 1993 zu einer Steuerpflicht gemäß § 29 Z. 1 EStG 1988 führt. Die belangte Behörde ermittelte den Kapitalwert der Rente gemäß § 16 Abs. 2 und 4 BewG - die Beschwerdeführerin war bei Vertragsabschluss 66 Jahre alt - mit dem siebenfachen des Jahreswertes der Rente. Die von der Beschwerdeführerin vereinnahmten Renten hätten im Juli 1993 den Rentenbarwert in Höhe von S 336.000,-- erreicht, sodass die ab August 1993 zugeflossenen Renten als sonstige Einkünfte zu versteuern seien.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 29 Z. 1 EStG 1988 sind sonstige Einkünfte wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 1 bis 6 gehören. Werden die wiederkehrenden Bezüge als Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, so sind sie nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge den auf den Zeitpunkt der Übertragung kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (§ 16 Abs. 2 und 4 des Bewertungsgesetzes 1955) übersteigt.
Anders als die belangte Behörde beurteilt die Beschwerdeführerin die monatlichen Zahlungen des Käufers als ratenweise Abstattung des vereinbarten Kaufpreises.
Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen zu Recht davon aus, dass die mögliche Steuerpflicht am Rentencharakter der monatlichen Zahlungen hängt. Während die ratenweise Entrichtung eines Kaufpreises als solche (vom Spekulationstatbestand abgesehen) - auf eine allfällige Zinsenkomponente in den Raten sei hier nicht eingegangen - im außerbetrieblichen Bereich keine Steuerpflicht auslöst, sind Rentenleistungen unter den Voraussetzungen des § 29 Z. 1 EStG 1988 steuerpflichtig. Dabei hat die Abgrenzung nicht nach der von den Parteien gewählten Bezeichnung, sondern nach dem Vertragsinhalt zu erfolgen. Das Charakteristikum von Rentenvereinbarungen besteht im Vorliegen einer aleatorischen Komponente. Es spricht daher im Allgemeinen für Renten, wenn die Dauer der Leistungsverpflichtung weitgehend von in der Zukunft liegenden Unsicherheitsfaktoren abhängig ist. Haben die Vertragsteile hingegen eine feste Summe ihren Vereinbarungen zugrunde gelegt und ist in der Folge der feststehende Betrag in Form von Teilleistungen, wenn auch auf lange Dauer, zu tilgen, kann nicht mehr von Renten gesprochen werden. Renten sind regelmäßig von der Lebensdauer eines Menschen abhängig. Da der Zeitpunkt des Ablebens nicht vorhersehbar und bestimmbar ist, führen Vereinbarungen über die Erbringung wiederkehrender Leistungen regelmäßig dann zur Annahme von Renten, wenn das Ende der Leistungspflicht mit dem Leben eines Menschen verbunden ist (vgl. Stoll, Rentenbesteuerung, 4. Auflage, Tz 28).
Die Beschwerde wendet sich gegen die Steuerpflicht mit dem Argument, durch den Verzicht der Beschwerdeführerin auf fortwährende Zahlungen nach ihrem Tod sollte lediglich der Käufer begünstigt werden. Ein vorzeitiges Ableben hätte zur Folge, dass sie nicht einmal den gesamten - unbestritten günstigen - Kaufpreis erhalte. Es könne nicht angehen, die Beschwerdeführerin deshalb steuerlich schlechter zu stellen, als wenn der gesamte Kaufpreis in einem bezahlt worden wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 82/14/0109, ausgeführt hat, können auch (Höchst-)Zeitrenten Renten im Sinne des § 29 Z. 1 EStG sein; das aleatorische Element liege diesfalls darin, dass der Erwerber eines Wirtschaftsgutes für den Fall des Ablebens des Veräußerers - während der vereinbarten Tilgungsfrist für den festgesetzten Kaufpreis - von der Verpflichtung entbunden sei, den noch offenen Kaufpreisrest zu entrichten. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das angeführte Erkenntnis vom verwiesen.
Der Beschwerdeführerin ist einzuräumen, dass bei einer anderen Vertragsgestaltung eine Steuerpflicht allenfalls hätte vermieden werden können. Dem Verwaltungsgerichtshof obliegt es jedoch nur zu prüfen, ob der von den Vertragsparteien tatsächlich gewählte Weg einen Steuertatbestand erfüllt.
Schließlich vertritt die Beschwerde die Ansicht, eine Steuerpflicht könne sich gegenständlich jedenfalls erst dann ergeben, wenn die Rentenleistungen den gemeinen Wert der übertragenen Liegenschaft überstiegen hätten. Die belangte Behörde hätte nach § 16 Abs. 5 BewG den gemeinen Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes heranziehen müssen, da dieser weit über dem Kapitalwert gemäß § 16 Abs. 2 leg. cit. liege. Damit setzt sich die Beschwerde über den eindeutigen Gesetzeswortlaut hinweg. Die Bestimmung des § 29 Z. 1 EStG 1988 verweist ausschließlich auf § 16 Abs. 2 und 4 BewG, nicht hingegen auf dessen Abs. 5, sodass andere Werte als die sich daraus ergebenden, also etwa der in § 16 Abs. 5 leg. cit. vorgesehene gemeine Wert der Renten, nicht berücksichtigt werden können.
Aus den angeführten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am