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VwGH vom 28.02.2002, 99/15/0100

VwGH vom 28.02.2002, 99/15/0100

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. H. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. U. Zehetner, über die Beschwerde des W in K, vertreten durch Dr. Franz Amler und Dr. Michael Schwarz, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Brunngasse 12/2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/85-07/99, betreffend Zurückweisung einer Berufung als unzulässig in einer Angelegenheit nach der AbgEO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom pfändete das Finanzamt die der Abgabenschuldnerin, E. GmbH, gegen den Beschwerdeführer zustehende Forderung auf Einzahlung der Stammeinlage. Gegen den Beschwerdeführer wurde gleichzeitig der Bescheid (Aufforderung zur Drittschuldnererklärung) vom und gegen die Abgabenschuldnerin mit diesem Tag ein Verfügungsverbot erlassen. Die ergangenen Bescheide wurden rechtskräftig.

Mit Bescheid (Überweisung zur Einziehung) vom sprach das Finanzamt bezüglich der mit Bescheid vom gepfändeten Geldforderung gemäß § 71 AbgEO die Überweisung zur Einziehung aus. Der Beschwerdeführer wurde zur Einzahlung der pfändbaren Teile der gegenständlichen Geldforderung bis zu der im Pfändungsbescheid genannten Höhe aufgefordert.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid (Überweisung zur Einziehung) Berufung.

Nachdem das Finanzamt dieses Rechtsmittel mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen hatte, beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz über die Berufung.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 273 i.V.m.

§ 278 BAO als unzulässig zurück. In der Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Gesetzeszitaten aus, der Überweisungsbescheid berechtige den Abgabengläubiger die im § 73 AbgEO näher umschriebenen Rechte des Abgabenschuldners in Bezug auf die überwiesene Forderung namens des Abgabenschuldners geltend zu machen. Der Überweisungsbescheid berechtige somit den Abgabengläubiger keinesfalls gegen den Drittschuldner im abgabenbehördlichen Verfahren exekutiv vorzugehen. Der Drittschuldner könne seine Einwendungen gegen den Bestand und den Umfang der gepfändeten und überwiesenen Forderung in einem gegen ihn angestrengten zivilgerichtlichen Verfahren vorbringen. Für solche Einwendungen sei der Verwaltungsweg ausgeschlossen. Das Rechtsmittel des Drittschuldners gegen einen Überweisungsbescheid, das sich inhaltlich mit der vorangegangenen Pfändungsverfügung decke, sei daher unzulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer meint, eine verfassungskonforme Interpretation der Verfahrensgesetze impliziere, dass gegen jeden Beschluss (gemeint: Bescheid) ein Rechtsmittel möglich sein müsse, außer dies sei ausdrücklich ausgeschlossen. Die Rechtsmittelausschlüsse in der AbgEO seien in den §§ 52 und 77 abschließend geregelt. Überdies habe der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf das Erkenntnis vom , 93/15/0243) über eine Beschwerde gegen einen derartigen Bescheid meritorisch entschieden.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Nach § 1 AbgEO sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, die Bestimmungen der BAO auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden. Nach § 243 BAO ist gegen Bescheide, welche die Abgabenbehörden erster Instanz erlassen, als Rechtsmittel die Berufung gegeben, soweit nicht in Abgabenvorschriften ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt wird. Die AbgEO enthält in den §§ 9, 52 und 77 Ausschlüsse von Rechtsmitteln. Diese Bestimmungen schließen eine Berufung des Drittschuldners gegen Überweisungsverfügungen gemäß § 71 AbgEO ausdrücklich nicht aus. Damit ist aber für die Beschwerde noch nichts gewonnen. Ein Rechtsmittel kann nämlich nicht nur aus den im Gesetz aufgezählten Bestimmungen über die Ausschlüsse von Rechtsmitteln unzulässig sein bzw. werden. Dies ist vielmehr zusätzlich für jeden Verfahrensschritt anhand der ihn regelnden Bestimmungen zu beurteilen.

Nach § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbots an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen (§ 65 Abs. 3 AbgEO). Der Beschwerdeführer ist Schuldner des Abgabenschuldners, sohin der Drittschuldner. Dieser kann nach § 65 Abs. 4 leg. cit. das Zahlungsverbot anfechten. Gegen den Auftrag, eine Erklärung gemäß § 70 AbgEO abzugeben, steht ihm nach § 77 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. kein Rechtsmittel zu. Die Überweisung der gepfändeten Geldforderung ist in den §§ 71 bis 74 AbgEO geregelt. Durch den Überweisungsbescheid nach § 71 AbgEO wird der Abgabengläubiger berechtigt, die im § 73 leg. cit. näher umschriebenen Rechte des Abgabenschuldners in Bezug auf die überwiesene Forderung namens des Abgabenschuldners geltend zu machen. Erst dadurch wird der Abgabengläubiger berechtigt, vom Drittschuldner die Zahlung seiner Verbindlichkeit bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung zu verlangen. Im Weigerungsfall kann der Abgabengläubiger den Drittschuldner nur mit Klage vor den ordentlichen Gerichten belangen (Drittschuldnerklage). Die genannten Bestimmungen der §§ 71 bis 74 AbgEO enthalten auch die Befugnisse und Rechte des Drittschuldners im Falle der Überweisung der gepfändeten Forderung. Dieser kann seine Einwendungen gegen Bestand und Umfang der gepfändeten und überwiesenen Forderung nur in dem gegen ihn angestrengten zivilgerichtlichen Verfahren vorbringen.

Daraus ergibt sich, dass der Rechtsschutz des Drittschuldners in jeder Phase der Vollstreckung auf Geldforderungen gewahrt ist. Gegen den Pfändungsbescheid steht ihm das Rechtsmittel gemäß § 65 Abs. 4 AbgEO zu. Die Überweisung an sich beeinträchtigt seine Rechtsposition nicht. Im Falle der Einziehung der überwiesenen Forderung durch den Abgabengläubiger stehen dem Drittschuldner die Einwendungen im Rahmen des gegen ihn allenfalls anzustrengenden Zivilprozesses offen. Wenn daher die belangte Behörde unter Berufung auf Reeger-Stoll, AbgEO, 171 (die sich auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu den insofern inhaltlich identen Bestimmungen der EO berufen) die Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen hat, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden (vgl. auch EF Slg. 61.035).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am