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VwGH vom 17.06.1992, 91/13/0243

VwGH vom 17.06.1992, 91/13/0243

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schubert und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des NN in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. GA 7 - 928/91, betreffend Abweisung von Zahlungserleichterungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In einer an das zuständige Finanzamt gerichteten Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer nach Darstellungen über die Gründung einer GmbH und beabsichtigte "Überleitung" seines Einzelunternehmens in diese wörtlich folgendes Begehren: "Aus all diesen Gründen stelle ich den Stundungsantrag für alle Erklärungen und ev. Zahlungen, da ich überhaupt dzt. über keinerlei Unterlagen verfüge."

Das Finanzamt erließ ohne weiteres Verfahren einen Bescheid, dessen Spruch lautete: "Ihr am eingebrachtes Ansuchen um Bewilligung einer Zahlungserleichterung für die Entrichtung Ihrer Abgabenschuldigkeiten wird abgewiesen."

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurden sachverhaltsbezogene Einwendungen gegen die Höhe von Abgabenvorschreibungen erhoben. Wörtlich wurde weiters ausgeführt: "Ich habe daher gar nicht um Zahlungserleichterung, sondern um Berichtigung Ihrer geschätzten Vorauszahlungen gebeten, da ich Ihnen überhaupt nichts schulde. Ich beantrage daher die Richtigstellung all Ihrer Fehlbescheide und die endliche Auszahlung der Guthaben in Höhe von

ca. S 227.000,-- ... für Investitionen und Steuerguthaben."

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung "betreffend Zahlungserleichterung" abgewiesen. Begründet wurde der Bescheid damit, daß die Einbringlichkeit der Abgaben gefährdet sei.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides, mit dem über Zahlungserleichterungen im Sinne des § 212 BAO abgesprochen wird, ist das Vorliegen eines entsprechenden Antrages des Abgabepflichtigen (vgl. Stoll, BAO-Handbuch, S. 511 und die dort zitierte Rechtsprechung). Die Abgabenbehörde erster Instanz hat ohne Durchführung eines Vorhalteverfahrens, wozu sie im Hinblick auf den undeutlichen Inhalt des Anbringes vom verpflichtet gewesen wäre (vgl. § 115 BAO), angenommen, daß der Beschwerdeführer eine Stundung des aushaftenden Abgabenrückstandes anstrebte, und einen diesbezüglichen abweisenden Bescheid erlassen. Demgegenüber wurde vom Beschwerdeführer in der Berufung gegen diesen Bescheid klargestellt, daß sein Begehren nicht auf eine Stundung von Abgaben gerichtet gewesen war, sondern sich offensichtlich gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer-Vorauszahlungen gerichtet hatte. Entgegen diesen nicht weiter zweifelhaften Anträgen in der Berufungsschrift gelangte die belangte Behörde nicht etwa zur Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides, sondern sprach mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid ausdrücklich über eine Stundung von Abgaben ab. Da die belangte Behörde damit einen antragsgebundenen Bescheid ohne Vorliegen eines derartigen Antrages erlassen hat, hat sie eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zukommt (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 584, und die dort zitierte Rechtsprechung). Die Unzuständigkeit der belangten Behörde führt dabei auch dann, wenn sie wie im Beschwerdefall vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht wurde, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG (vgl. Dolp, a.a.O., S. 581).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.