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VwGH vom 05.06.2003, 99/15/0038

VwGH vom 05.06.2003, 99/15/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Dr. W in W, vertreten durch Mag. Ivo Deskovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark (Berufungssenat) vom , Zl. RV 46/1- 8/98, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 187 BAO für die Jahre 1984 bis 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Facharzt mit Wohnsitz in W und einem Zweitwohnsitz am G See, teilte mit Schreiben vom dem Finanzamt mit, dass er mit Kaufvertrag vom eine Liegenschaft am A See zur gewerblichen Nutzung (Jausenstation, gastgewerblicher Betrieb) erworben habe. Bei einer telefonischen Rücksprache gab der Beschwerdeführer an, er beabsichtige, in den nächsten beiden Jahren auf dem erworbenen Grundstück einen Gastbetrieb zu errichten. Es werde in den nächsten Wochen mit dem Bau begonnen werden. Der Bauaufwand werde S 10,000.000,-- betragen.

In den Jahren 1984 bis 1995 erklärte der Beschwerdeführer Verluste in folgender Höhe:


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1984
- 134.798 S
1985
- 256.392 S
1986
- 232.847 S
1987
- 320.617 S
1988
- 355.130 S
1989
- 472.427 S
1990
- 512.303 S
1991
- 602.473 S
1992
- 651.607 S
1993
- 623.355 S
1994
- 613.801 S
1995
- 411.535 S

Diese Verluste setzten sich aus folgenden Aufwendungen zusammen: Zinsen, Rechts- und Beratungskosten, Raum- und Personalkosten, Fahrtspesen, sonstiger Aufwand, AfA, Steuern und Abgaben.

Die Einkünftefeststellung für die Jahre 1984 bis 1989 erfolgte vorläufig gemäß § 200 BAO. Im Juni 1997 erließ das Finanzamt endgültige Bescheide für die Jahre 1984 bis 1989 und führte in der Begründung aus, dass nunmehr seit zwölf Jahren die geplante Errichtung eines Gastgewerbebetriebes nicht erfolgt und die bisherige Vorgangs- und Verhaltensweise auch nicht auf die Eröffnung eines solchen gerichtet gewesen sei, weshalb sich die Untersuchung des Vorliegens der Liebhaberei gemäß der Liebhabereiverordnung erübrige. Eine nicht entfaltete Tätigkeit entziehe sich von Vornherein einer Untersuchung, ob sie mit Gewinnabsicht erfolgt sei.

Mit derselben Begründung erließ das Finanzamt für die Jahre 1990 bis 1995 einen Bescheid, in welchem festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen für eine gesonderte Feststellung von Einkünften gemäß § 187 BAO nicht gegeben seien.

Im Berufungsverfahren gab der Beschwerdeführer an, die besagte Liegenschaft in der Absicht, sich ein weiteres berufliches Standbein zu schaffen, erworben zu haben. Die Liegenschaft sei durch mehr als 130 Jahre ununterbrochen ein Gastbetrieb (bis in die Zeit nach dem 2. Weltkrieg ein Gasthaus mit Musik und Tanz, dann eine sog. Jausenstation) gewesen. Eine Revitalisierung des Gastbetriebes sei auch im Interesse der Allgemeinheit gelegen. Auf Grund der außergewöhnlich schönen landschaftlichen Lage des Betriebes direkt am Ufer des A Sees sei das Projekt nicht mit Durchschnittsprojekten anderer Art zu vergleichen.

Die Bemühungen des Beschwerdeführers seien schon während der Ankaufsverhandlungen (1980 bis 1984) darauf gerichtet gewesen, die Gaststätte wieder zu errichten. Es sei dem Beschwerdeführer vor dem Kauf der Liegenschaft mangels Legitimation nicht möglich gewesen, eine definitive, d. h. bescheidmäßige Abklärung der rechtlichen Durchführbarkeit zu erlangen. Auch sei im Zeitpunkt des Kaufes keinesfalls absehbar gewesen, dass das Bauvorhaben durch verschärfte gesetzliche Bestimmungen über den Natur- und Landschaftsschutz erheblich erschwert würde. Es sei nicht nur eine Baubewilligung erforderlich, sondern auch auf das Raumordnungsgesetz, den Flächenwidmungsplan, die jeweils gültige Naturschutzgesetzgebung und den Landschaftsschutz Bedacht zu nehmen. Dies könne ihm jedoch nicht zur Last gelegt werden. Auf Grund "öffentlicher und behördlicher Auflagen" sei eine rein private Nutzung der für betriebliche Zwecke angeschafften Liegenschaft nicht möglich.

Während die frühere Jausenstation nur in der warmen Jahreszeit (traditionellerweise von Pfingstmontag bis Ende September) geführt worden sei, beabsichtige der Beschwerdeführer, den Betrieb ganzjährig zu führen und im Winter mit der Möglichkeit, am zugefrorenen See Eis zu laufen oder Eisstock zu schießen, und dem Betrieb einer Langlaufloipe entlang des südseitigen Ufers mit unmittelbarem Endpunkt bei der wiedererrichteten Gaststätte neue Attraktionen zu schaffen.

Trotz aller Schwierigkeiten habe der Beschwerdeführer weiterhin die Absicht, das Projekt mit Nachdruck zu betreiben. Sollte er möglicherweise auf Grund seines fortgeschrittenen Lebensalters nicht mehr in der Lage sein, den Betrieb persönlich zu führen, so könne sein Sohn, der 1999 sein Studium an der Fachhochschule Fremdenverkehr in Innsbruck abschließen werde, die Geschäftsführung übernehmen.

Zahlreiche technische Neuerungen seit dem Erwerb der Liegenschaft würden es nunmehr ermöglichen, das Bauvorhaben moderner, zweckmäßiger und wirtschaftlicher zu gestalten, beispielsweise durch die Entsorgung der Abwässer - nicht wie ursprünglich vorgesehen durch eine im Bau und Betrieb teure, über mehrere Kilometer durch den A See führende Schlauchleitung - sondern durch ein ökologisch gut verträgliches Biotop, wie es in der näheren Umgebung bereits erfolgreich praktiziert werde. Auch könne mittlerweile die Versorgung mit elektrischer Energie auf günstigere Art und Weise erfolgen als zur Zeit der ersten Projekteinreichungen.

Auf Grund einer Aufforderung seitens des Bürgermeisters und des Baureferenten der Gemeinde A habe der Beschwerdeführer am den Antrag gestellt, die Liegenschaft "im Ausmaß von 6.978 m2 nunmehr als Bauland auszuweisen entsprechend der Widmungskategorie für die Nutzung als Gastgewerbebetrieb einschließlich der für diesen Betrieb notwendigen Wohnmöglichkeiten und Nebengebäude". Er habe "in letzter Zeit ganz allgemein den Eindruck gewonnen", dass auch die Behörden, die früher dem Projekt ablehnend gegenübergestanden seien, nunmehr für die Erteilung der notwendigen Genehmigungen eintreten würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, vor einer Prüfung von Einkünften nach den Gesichtspunkten der Liebhaberei habe zunächst die Beurteilung der Frage zu treten, ob der Steuerpflichtige die zu prüfenden Ergebnisse überhaupt auf Grund einer Betätigung nach § 23 Z 1 EStG 1988 erwirtschaftet habe.

Unbestritten sei, dass der Beschwerdeführer in den Streitjahren 1984 bis 1995 keine gewerbliche Tätigkeit (gastgewerblicher Betrieb) entfaltet habe und dass er diese auch nicht hätte entfalten können. Da dem Finanzamt die Probleme des Beschwerdeführers ("Bauverbot im Naturschutzgebiet, die Liegenschaft ist nur über einen Fußweg zu erreichen, eine Sanierung des Objektes wäre nur nach Erfüllung zahlreicher Auflagen möglich") bewusst gewesen seien, sei die Veranlagung nur vorläufig erfolgt. Trotz aller ihm zumutbaren Anstrengungen sei es dem Beschwerdeführer nicht einmal möglich gewesen, mit den hiefür notwendigen Baumaßnahmen zu beginnen. Wie der Beschwerdeführer aufgezeigt habe, sei der Grund dafür in der rechtlichen Unmöglichkeit (ua sei eine Änderung des Flächenwidmungsplanes noch ausständig) gelegen. Das Interesse des Beschwerdeführers an einer Realisierung des Projektes und die Ernsthaftigkeit seines Vorhabens würden zwar nicht in Frage gestellt, es lägen jedoch von dem Beschwerdeführer unbeeinflussbare Umstände vor, die eine Realisierung des Projektes bis dato verhindert hätten. Eine nicht entfaltete Betätigung entziehe sich einer Beurteilung ihrer konkreten Ertragsaussichten ebenso wie einer Untersuchung darauf hin, ob sie durch die Absicht zur Erzielung eines Gesamtgewinnes veranlasst sei. Die in den Streitjahren erklärten negativen Einkünfte könnten nicht als Ergebnisse der Einkunftsart gewerbliche Tätigkeit beurteilt werden. Die steuerlichen Ergebnisse der Streitjahre hätten ihre Wurzel im Eigentumsrecht des Beschwerdeführers an der Liegenschaft und nicht im - nicht entfalteten - Gewerbebetrieb.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Wie die belangte Behörde zu Recht ausgeführt hat, hat vor eine Prüfung von erklärten (negativen) Einkünften nach den Gesichtspunkten der Liebhaberei zunächst die Beurteilung der Frage zu treten, ob der Beschwerdeführer die zu prüfenden Ergebnisse überhaupt auf Grund einer Betätigung in einer der gesetzlich aufgezählten Einkunftsarten "erwirtschaftet" hat. Angesichts der Geltendmachung der Ergebnisse der Streitjahre als Einkünfte aus Gewerbebetrieb setzt dies nach § 23 Z 1 EStG 1988 voraus, dass die (negativen) Einkünfte aus einer selbstständigen, nachhaltigen Betätigung erzielt worden waren, die mit Gewinnabsicht unternommen wurde und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dargestellt hat (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0165, vom , 92/14/0167, und vom , 96/14/0045).

Eine gewerbliche Tätigkeit liegt bereits in der Vorbereitungsphase, sohin vor Erzielung der ersten Einnahmen vor, wenn sich der innere Entschluss des Steuerpflichtigen zur Aufnahme der werbenden Betätigung durch entsprechende Handlungen dokumentiert und der Steuerpflichtige zielstrebig auf die Betriebseröffnung hinarbeitet. Bei einer über einige Jahre hinausgehenden Vorbereitungsphase wird dabei besonderes Gewicht darauf zu legen sein, dass auf Grund der bereits gesetzten Handlungen des Steuerpflichtigen die eindeutige Absicht der künftigen Betriebseröffnung erweislich ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/14/0045).

Nun hat der Beschwerdeführer die (laut Berufungsvorbringen) aus "weitgehend verfallenen" Gebäuden bestehende Jausenstation in den Streitjahren 1984 bis 1995 nicht betrieben. Der Grund dafür sei in der rechtlichen Unmöglichkeit des Gaststättenbetriebes durch den Beschwerdeführer mangels baulicher Voraussetzungen sowie behördlicher Genehmigungen zu sehen.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, auf Grund des noch anhängigen Verfahrens zur Änderung des Flächenwidmungsplanes habe nicht ausgeschlossen werden können, dass der Gastgewerbebetrieb auf dem genannten Grundstück wieder aufgenommen werde, so muss er darauf hingewiesen werden, dass auch eine allfällige Änderung des Flächenwidmungsplanes noch nicht geeignet wäre, alle Hindernisse, die einer Wiederaufnahme des Gastgewerbebetriebes entgegen stehen, zu beseitigen. Der Beschwerdeführer selbst führt aus, dass auch eine Bewilligung nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz nebst diverser anderer Bewilligungen (etwa gewerberechtlicher Art) erforderlich gewesen wäre. Dem Berufungsvorbringen ist zu entnehmen, dass die Steiermärkische Landesregierung 1991 einen Antrag des Beschwerdeführers "auf Ausnahme vom Naturschutz" abgelehnt hat. Wenn in der Beschwerde erstmals vorgebracht wird, von der Landesregierung sei später ausdrücklich zugesichert worden, dass - insbesondere im Hinblick auf eine zwischenzeitlich eingetretene Gesetzesänderung - ein neuerliches Ansuchen auf Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung durchaus Erfolgaussichten hätte, so wäre auch dieses Vorbringen vor dem Hintergrund der oben dargelegten Sachlage nicht geeignet der Beschwerde zu einem Erfolg zu verhelfen.

Dazu kommt, dass in den Streitjahren auch die Absicht des Beschwerdeführers, zielstrebig einen Gewerbebetrieb zu eröffnen, nicht erweislich ist. Der Beschwerdeführer hat 1985 eine nur über einen Fußweg erreichbare Liegenschaft im Ausmaß von fast 7.000 m2 erworben, die laut Flächenwidmungsplan nicht als Bauland ausgewiesen war und bei der erhebliche naturschutzrechtliche Einschränkungen bestanden haben. Angesichts dieser rechtlichen Schranken hätte jemand, der zielgerichtet die Eröffnung eines Gewerbebetriebes anstrebt, dem Liegenschaftserwerb die Klärung der wesentlichsten Voraussetzungen für die Durchführbarkeit des Vorhabens vorangestellt. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Bemühungen nach dem Erwerb der Liegenschaft können überdies nicht als eindeutig auf die Schaffung einer Einkunftsquelle aus Gewerbebetrieb gerichtet betrachtet werden, da sowohl eine allfällige naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung als auch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes zu einer erheblichen Wertsteigerung der Liegenschaft und damit auch einer besseren Verwertbarkeit in jeglicher Form führen würden.

Lag eine dem Beschwerdeführer zurechenbare Betätigung im Betrieb eines Gastgewerbes - mangels Schaffung ihrer rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse - in den Streitjahren gar nicht vor, dann war das steuerliche Anliegen des Beschwerdeführers schon im Vorfeld der Liebhabereiprüfung zum Scheitern verurteilt. Denn eine nicht entfaltete Betätigung entzieht sich einer Beurteilung ihrer konkreten Ertragsaussichten ebenso wie einer Untersuchung daraufhin, ob sie durch die Absicht zur Erzielung eines Gesamtgewinnes veranlasst ist (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0165). Die belangte Behörde war demgemäß - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht dazu gehalten, Feststellungen darüber zu treffen, ob das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers nach den besonderen Umständen des Einzelfalles geeignet gewesen ist, in absehbarer Zeit einen Gesamtüberschuss der Einnahmen aus Gewerbebetrieb zu ergeben.

Soweit der Beschwerdeführer das Unterlassen von Feststellungen, welche tatsächlichen und rechtlichen Gründe ihn an der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit gehindert hätten, rügt, ist festzuhalten, dass im Verwaltungsverfahren das Vorliegen der Hindernisse stets unbestritten geblieben ist und im angefochtenen Bescheid auf bereits dem Finanzamt bekannt gewesen seiende Probleme ("Bauverbot im Naturschutzgebiet, die Liegenschaft ist nur über einen Fußweg zu erreichen, eine Sanierung des Objektes wäre nur nach Erfüllung zahlreicher Auflagen möglich") sowie auf die bereits erwähnte ausständige Änderung des Flächenwidmungsplanes hingewiesen wurde.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am