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VwGH vom 03.07.2003, 99/15/0017

VwGH vom 03.07.2003, 99/15/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. Gerwin Brandauer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Faistauergasse 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) vom , Zl. RV 098.96/1-7/96, betreffend Einkommensteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war zu 42,5 % an der W Holding GmbH beteiligt und übte neben dem Mehrheitsgesellschafter die Funktion des Geschäftsführers aus. Die W Holding GmbH war Alleineigentümerin der P HandelsgmbH, der W HandelsgmbH sowie der W ModevertriebsgmbH. 1990 verzichteten der Beschwerdeführer sowie der Mehrheitsgesellschafter an der W Holding GmbH teilweise auf die Ausübung eines ihnen am Grundstück in S, S-Hauptstraße 38, zustehenden Vorkaufsrechtes. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde das mit den Käufern der Liegenschaft, nämlich der W HandelsgmbH und der W ModevertriebsgmbH, dafür vereinbarte Entgelt, welches dem Beschwerdeführer 1991 zugeflossen ist, als Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG 1988 beurteilt.

Der Beschwerdeführer erwarb 1991 weiters anteilig die Liegenschaften G-Straße 59a und GB-Straße 3 in S, wobei er diesen Erwerb vorwiegend mit Fremdmitteln finanziert hat. In der Folge vermietete er die drei Wohnungen der genannten Liegenschaften. 1994 verkaufte er diese. Für 1991 bis 1994 erklärte er folgende Verluste:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1991
- S
406.305,--
1992
- S
250.305,--
1993
- S
168.186,--
1994
- S
88.150,--

Das Finanzamt beurteilte diese Einkünfte als steuerlich nicht relevante Liebhaberei und ließ sie bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage außer Ansatz.

Im Berufungsverfahren führte der Beschwerdeführer hinsichtlich der Vermietung aus, eine Einkunftsquelle liege vor, weil die Veräußerung zwangsweise erfolgt sei. Die Betätigung habe nachweislich dergestalt stattgefunden, dass ein Gesamtgewinn in absehbarer und der Einkunftsart angemessener Frist habe erzielt werden sollen. Dies sei der Behörde kalkulatorisch nachgewiesen worden. Eine Veräußerung sei nie geplant gewesen. Durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Gesellschaften, an denen der Antragsteller beteiligt und bei denen er auch Geschäftsführer gewesen sei, hätten Banken die von ihm gegebenen Sicherheiten, darunter die genannten Liegenschaften, realisiert. Der Veräußerungserlös sei nachweislich von der Bank eingezogen worden. Mangels Freiwilligkeit der vorzeitigen Beendigung der Tätigkeit sei eine Einkunftsquelle von Beginn an gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und zur Liebhabereibeurteilung ausgeführt, das Ertragsstreben des Steuerpflichtigen müsse darauf gerichtet sein, im Laufe der Betätigung Gewinne bzw. Überschüsse in einer Höhe zu erwirtschaften, die nicht nur die angefallenen Verluste ausglichen, sondern darüber hinaus zu einem Überhang der Überschüsse gegenüber den Verlusten (Gesamtüberschuss) führten. Liege nun ein abgeschlossener Betätigungszeitraum vor (hier 1991 bis 1994), seien die Ergebnisse innerhalb dieses Zeitraumes heranzuziehen. Sei davon auszugehen, dass von Vornherein kein Gesamtüberschuss zu erwarten sei, liege - unabhängig von den Gründen der Beendigung - jedenfalls Liebhaberei vor. Sei von der - ungeprüften, aber für den Beschwerdeführer günstigeren - Situation auszugehen, dass ein Gesamtüberschuss zu erwarten sei, werde aber vor Erzielung des Gesamtüberschusses die Betätigung beendet, sei für den abgeschlossenen Zeitraum von Liebhaberei auszugehen, wenn die Beendigung aus privaten Gründen erfolge. Im vorliegenden Fall seien die Wohnungen vor Erzielen eines Gesamtüberschusses verkauft worden. Ein Verkauf sei als private Entscheidung (etwas anderes sei auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden) anzusehen. Daher sei die Vermietungstätigkeit 1991 bis 1994 als Liebhaberei anzusehen. Die aus dieser Vermietung erzielten (negativen) Einkünfte seien somit steuerlich nicht relevant.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG 1988:

Der Beschwerdefall ist diesbezüglich sowohl hinsichtlich des Vorbringens im Verwaltungsverfahren, der Entscheidungsgründe des angefochtenen Bescheides als auch der Beschwerdeausführungen gleich gelagert wie der dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, 99/15/0003, zu Grunde liegende Fall. Mit dem genannten Erkenntnis wurde die Beschwerde eines vom selben Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführers mit der Begründung abgewiesen, dass sonstige Einkünfte gemäß § 29 Z 3 EStG vorliegen. Es wird daher gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das zitierte Erkenntnis verwiesen.

2. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , 97/15/0009, und vom , 97/15/0166, zum Ausdruck gebracht hat, ist sowohl für Zeiträume vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnungen (LVO) als auch für Zeiträume, in welchen die LVO 1990 zur Anwendung kommt, die Liegenschaftsvermietung dann als Liebhaberei zu qualifizieren, wenn nach der konkret ausgeübten Art der Vermietung nicht innerhalb eines Zeitraumes von ca. 20 Jahren ein "Gesamtgewinn" bzw. Gesamteinnahmenüberschuss erzielbar ist. Gleiches gilt im zeitlichen Anwendungsbereich der LVO 1993.

Dieser Zeitraum von ca. 20 Jahren kommt nur zur Anwendung, wenn der Plan des Steuerpflichtigen dahin geht, die Vermietung zumindest bis zum Erreichen eines gesamtpositiven Ergebnisses fortzusetzen. Beinhaltet der Plan hingegen das Vermieten auf einen begrenzten Zeitraum, so muss das positive Ergebnis innerhalb dieses Zeitraumes erzielbar sein.

Es muss der Annahme der Ertragsfähigkeit einer Vermietungsbetätigung nicht entgegenstehen, wenn die Liegenschaft vor der tatsächlichen Erzielung eines gesamtpositiven Ergebnisses übertragen wird. Das gilt entsprechend für den Fall der Einstellung einer Vermietung. Die Behörde kann allerdings in der Regel keine Kenntnis davon haben, ob der Steuerpflichtige geplant hat, die Vermietung unbegrenzt (bzw. zumindest bis zum Erzielen eines gesamtpositiven Ergebnisses) fortzusetzen, oder ob er die Vermietung für einen zeitlich begrenzten Zeitraum geplant hat. Daher wird es, wenn der Steuerpflichtige die Vermietung tatsächlich vorzeitig einstellt, an ihm gelegen sein, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist, sondern sich die Beendigung erst nachträglich, insbesondere durch den Eintritt konkreter Unwägbarkeiten, ergeben hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/15/0012, mwN).

Die belangte Behörde vertritt die Rechtsauffassung, trotz objektiver Ertragsfähigkeit einer konkreten Vermietung liege Liebhaberei vor, wenn die Betätigung aus privaten und nicht unmittelbar mit der Vermietung zusammenhängenden Motiven beendet werde, bevor ein Gesamteinnahmenüberschuss erreicht sei. Damit hat sie aber die Rechtslage verkannt.

Der Steuerpflichtige, der eine Tätigkeit vorzeitig einstellt, hat zwar den Beweis zu führen, dass seine ursprüngliche Planung auf die Aufrechterhaltung der Tätigkeit (zumindest) bis zur Erreichung eines Gesamteinnahmenüberschusses abgestellt und sich somit der Entschluss zur vorzeitigen Einstellung erst nachträglich ergeben hat; in diesem Zusammenhang kommt aber auch solchen Unwägbarkeiten steuerlich beachtliche Indizwirkung zu, die den Bereich der privaten Lebensführung betreffen.

In Verkennung der Rechtslage hat es die belangte Behörde unterlassen, unter Rückgriff auf die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Nachweis erbracht ist, dass die Vermietung durch den Beschwerdeführer nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist und deren tatsächliche Beendigung durch Unwägbarkeiten bedingt war. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass eine fehlende Bescheidbegründung durch die Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann.

Der angefochtene Bescheid ist mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am