VwGH vom 25.10.1994, 94/14/0014
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat I) betreffend Einkommensteuer 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erzielt als AHS-Lehrer für Physik, Chemie und Informatik Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus dem Betrieb einer Gemischtwarenhandlung Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ist Vater mehrerer Kinder. Sein 1983 geborener Sohn D. lebt nicht in seinem Haushalt, sondern im Haushalt der Kindesmutter in dem vom Wohnort des Beschwerdeführers ca. 600 km entfernten Ort F.
In der Einkommensteuererklärung 1990 machte der Beschwerdeführer bei den Werbungskosten unter dem Titel Unterrichtsmittel u.a. Aufwendungen für drei Wanderkarten (S 173,--), ein Kärnten-Wanderbuch (S 240,--), ein Buch mit dem Titel "Der " (S 90,--), einen Burgenland-Reiseführer (S 60,80) und ein Burgenland-Buch (S 310,40) als Werbungskosten geltend. Weiters beantragte er die Anerkennung von mit dem Sohn D. zusammenhängenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung. Es handelt sich dabei um folgende Beträge: gesetzliche Unterhaltszahlungen (S 32.400,--), Sachleistungen (Osterpaket, Spiel, Bekleidung etc. in Höhe von S 4.960,--), Postgebühren für die Übersendung der Gegenstände (S 190,--), Geldgeschenke (S 4.124,25) sowie Kosten von drei Besuchen des Sohnes D beim Beschwerdeführer (S 6.245,26).
In der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid, mit welchem das Finanzamt die genannten Werbungskosten und außergewöhnlichen Belastungen nicht einkommensmindernd anerkannte, wird im wesentlichen vorgebracht, der Beschwerdeführer habe die Unterrichtsmittel aufgrund konkreter Dienstaufträge in seiner Funktion als Klassenvorstand getätigt. Die Unterlagen seien für die Vorbereitung und Durchführung der Schullandwoche, des Wandertages und der Feier zum Landesfeiertag erforderlich gewesen. Die Unterlagen würden von der Schule nicht bereitgestellt werden. Ohne konkrete berufliche Veranlassung wären die Unterlagen nicht gekauft worden. Sie dienten keinem privaten Zweck. Die Ausgaben für die angeschafften Unterrichtsmittel stellten daher zur Gänze Werbungskosten dar. Zu den außergewöhnlichen Belastungen führte der Beschwerdeführer aus, ein vom Unterhaltspflichtigen getrennt lebendes Kind verursache höhere Aufwendungen als ein im Haushalt des Unterhaltspflichtigen lebendes Kind, der Mehraufwand entstehe dadurch, daß der Fixkostenanteil der Haushaltsführung (u.a. Miete, Betriebskosten, Heizkosten) zweimal erwachse, dieser Mehraufwand betrage ca. 20 % der Unterhaltskosten. Der Beschwerdeführer beantrage daher, daß die laufenden Unterhaltszahlungen, die Sachleistungen und die Geldzuwendungen zu 20 % als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Die Aufwendungen für die Fahrten des Sohnes D. zum Beschwerdeführer wolle der Beschwerdeführer hingegen zur Gänze als außergewöhnliche Belastungen anerkannt wissen. Der Mehrzahl der Unterhaltspflichtigen, die Kinder bei sich hätten, würden Aufwendungen für Besuchsfahrten überhaupt nicht anfallen. Die Aufwendungen für die Besuchsfahrten würden zwangsläufig erwachsen, weil die Besuche für die Aufrechterhaltung der Beziehung des Beschwerdeführers zu seinem Kind und somit für das Wohl des Kindes unbedingt notwendig seien. Die Ausgaben für Besuchsfahrten würden auch beim Kind selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen, weil für die psychische Entwicklung die Aufrechterhaltung des Kontaktes zum Vater erforderlich sei. Es werde beantragt, diese Mehrbelastungen in analoger Anwendung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 ohne Abzug eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, weil ein zwangsläufiger auswärtiger Aufenthalt des Kindes vorliege.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die angeschafften Wanderkarten und Bücher seien ihrer Natur nach dem privaten Lebensbereich des Beschwerdeführers zuzurechnen. Sie dienten nach allgemeiner Erfahrung der Freizeitgestaltung bzw. der Befriedigung eines allgemeinen Bildungsbedürfnisses. Die Tatsache, daß diese Druckwerke für schulische Veranstaltungen, wie Wandertage, Schullandwochen und 10.-Oktober-Feier verwendet würden, ändere nichts daran, daß nichtabzugsfähige Aufwendungen im Sinn des § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 vorlägen. Nach dieser Bestimmung seien nämlich gemischt veranlaßte Aufwendungen, also Aufwendungen mit einer privaten und beruflichen Veranlassung, nicht abzugsfähig. Wenn aber der Beschwerdeführer eine ausschließliche berufliche Nutzung behaupte, so widerspreche dies der Lebenserfahrung; das Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht geeignet, die Vermutung der nicht unerheblichen privaten Nutzung zu widerlegen. Daß der Beschwerdeführer, der über die zur Durchführung von Wandertagen in gebirgigem Gelände entsprechende Bergerfahrung verfüge, die Wanderkarten und das Wanderbuch nicht für private Unternehmungen verwende, erscheine trotz gegenteiliger Beteuerung nicht glaubhaft. Die weiteren vom Beschwerdeführer angeschafften Bücher dienten der Allgemeinbildung; eine private Mitbenutzung könne bei derartigen Wirtschaftsgütern nicht ausgeschlossen werden. Die für den Sohn D. aufgewendeten Beträge seien zum Teil gesetzliche, zum Teil freiwillige Unterhaltsleistungen. Unterhaltsleistungen könnten aber gemäß § 34 Abs. 7 EStG 1988 nur insoweit Berücksichtigung finden, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt würden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellten. Diese Voraussetzung sei im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. Beim Unterhaltsberechtigten selbst seien nämlich die Aufwendungen, die durch den gesetzlichen Unterhalt sowie die Sach- und Geldzuwendungen abgegolten würden, keine außergewöhnlichen Belastungen. Auch die Aufwendungen für die Besuchsfahrten beim Beschwerdeführer in Höhe von S 6.245,-- sei nicht außergewöhnlich, da bei fast jedem Kind Aufwendungen für Besuchsfahrten zu nahen Angehörigen anfielen. Im übrigen seien auch die Voraussetzungen für die beantragte analoge Anwendung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht verletzt, daß die von ihm unter dem Titel "Unterrichtsmittel" geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten im Sinn des § 16 EStG 1988 sowie die Aufwendungen von S 6.245,-- für die Fahrten des Sohnes D. zum Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastung im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 berücksichtigt werden.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Werbungskosten:
Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 16 Abs. 1 Z. 7 EStG 1988 zählen Ausgaben für Arbeitsmittel (z.B. Werkzeug und Berufskleidung) zu den Werbungskosten.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht bei den einzelnen Einkünften abgezogen werden.
Aufgrund der Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z. 2
lit. a EStG 1988 sind Aufwendungen für typischerweise der Lebensführung dienende Wirtschaftsgüter, wenn sie gemischt, also zum Teil privat, zum Teil beruflich veranlaßt sind, zur Gänze nicht abzugsfähig. Anderes gilt nur, wenn feststeht, daß das betreffende Wirtschaftsgut (nahezu) ausschließlich beruflich genutzt wird (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 20 Tz 10f, § 16 Tz 64). Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Anschaffung von Werken der Literatur - Gleiches gilt für Atlanten und Landkarten - die von allgemeinem Interesse sind, zur längerfristigen Nutzung stets auch privat veranlaßt ist (vgl. hg. Erkenntnisse vom , Zl. 88/13/0121, und vom , Zl. 81/14/0022, sowie die weitere, bei Doralt, EStG2, § 20 Tz. 163 Stichwort "Literatur" angeführte hg. Judikatur), sodaß die Anschaffungskosten somit nicht abzugsfähige Aufwendungen im Sinn des § 20 EStG darstellen.
Strittig ist die steuerliche Behandlung der Anschaffungskosten für Landkarten "Freytag Berndt 221, Bundesamt 183 und 184", ein Kärntner Wanderbuch mit dem Titel "Denzel Kombiführer, Kärnten, Auto + Wanderschuh", ein Buch mit dem Titel "Der , Kärntens Tag der Selbstbestimmung", der Burgenlandreiseführer von Polyglott sowie das Burgenlandbuch aus der Reihe DuMont Kunst-Reiseführer. Die genannten Wanderkarten und Bücher sind Gegenstände, die typischerweise der privaten Bedürfnisbefriedigung dienen. Es handelt sich nicht um Fachliteratur, weil sie auch bei nicht in der Berufssparte des Beschwerdeführers tätigen Personen von allgemeinem Interesse oder zumindest für einen nicht fest abgrenzbaren Teil der Allgemeinheit bestimmt sind. Da es nur auf diese Voraussetzungen ankommt, können die streitgegenständlichen Bücher auch nicht, wie der Beschwerdeführer meint, dadurch zu Fachliteratur werden, daß es allenfalls spezielle Fachbücher (der Beschwerdeführer sucht beispielsweise den Titel "Hinweise für Klassenvorstände zur Abhaltung einer Schullandwoche im Burgenland") nicht gibt.
Dem Beschwerdeführer ist zwar einzuräumen, daß der Klassenvorstand bei der Durchführung von Wandertagen, Gedenkfeiern und Schullandwochen, will er seine Berufspflichten gewissenhaft erfüllen, sinnvollerweise Wanderkarten, Wanderbücher, Reise- und Kunstführer sowie für die Allgemeinheit bestimmte, historische Ereignisse darstellende Literatur beizieht, doch ändert dies nichts daran, daß diese Literatur und diese Landkarten nach der ständigen Rechtsprechung, von der abzugehen der Verwaltungsgerichtshof durch den vorliegenden Beschwerdefall nicht veranlaßt wird, wegen ihrer Beschaffenheit aus den oben dargestellten Gründen unter das Abzugsverbot des § 20 EStG 1988 fallen.
2. Außergewöhnliche Belastung:
Hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastung wird der angefochtene Bescheid ausschließlich deshalb bekämpft, weil Aufwendungen in Höhe von S 6.245,-- für die Fahrten des Sohnes D. nicht anerkannt wurden. Unbekämpft blieb u.a., daß auf diese Aufwendungen die Bestimmung des § 34 Abs. 8 EStG 1988 auch nicht analog zur Anwendung kommen kann, sodaß die Aufwendungen nur bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG 1988 Berücksichtigung finden könnten.
Das dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Einkommen des Beschwerdeführers beträgt S 323.488,--, wobei keinerlei außergewöhnlich Belastungen anerkannt worden sind. Selbst unter der Annahme, die vier in der Einkommensteuererklärung des Beschwerdeführers angeführten Kinder wären Kinder im Sinn des § 106 EStG 1988, übersteigen die vom Beschwerdepunkt umfaßten Aufwendungen (S 6.245,--) den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 EStG 1988 nicht. Auch hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastung wird der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid also im Beschwerdepunkt nicht in seinen Rechten verletzt.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. 416/1994.