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VwGH vom 16.02.1999, 97/08/0427

VwGH vom 16.02.1999, 97/08/0427

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der D in L, vertreten durch Dr. Hans Gerhard Schreiber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Canovagasse 5, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom , Zl. B1-12897192-O, betreffend Widerruf und Rückforderung von Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe , zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Abspruch über Widerruf und Rückforderung von Karenzurlaubsgeld wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, im übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG das Karenzurlaubsgeld der Beschwerdeführerin vom bis widerrufen und einen Übergenuß von S 32.256,-- zurückgefordert, sowie gemäß § 38 in Verbindung mit den §§ 39 Abs. 3 und 24 Abs. 2 AlVG die Sondernotstandshilfe der Beschwerdeführerin für den Zeitraum vom bis widerrufen und gemäß § 38 in Verbindung mit den §§ 39 Abs. 3 und 25 Abs. 1 AlVG den Übergenuß von S 109.445,-- zurückgefordert.

Der Erlassung dieses Bescheides ging folgendes Verwaltungsgeschehen voraus:

Die Beschwerdeführerin stand vom bis aufgrund eines Antrages vom im Bezug von Karenzurlaubsgeld. Im zuletzt erwähnten Antrag hat die Beschwerdeführerin die Fragen nach einer unselbständigen oder einer selbständigen Erwerbstätigkeit verneint.

Am beantragte die Beschwerdeführerin die Gewährung von Sondernotstandshilfe; auch in diesem Antragsformular verneinte sie die Fragen nach einer selbständigen oder einer unselbständigen Erwerbstätigkeit und bezog in der Folge diese Leistung vom bis .

Am (das diesbezügliche Aktenstück ist in den Verwaltungsakten allerdings unrichtig, nämlich nach einer neuerlichen Antragstellung auf Karenzurlaubsgeld vom eingeordnet) gab die Beschwerdeführerin vor dem Arbeitsmarktservice Linz niederschriftlich folgendes an:

"Ich bin seit handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. Panirek & Co OEG. Ich habe das damals nicht gemeldet, da ich darauf vergessen habe: Ich hatte nur meinen Namen hergegeben. Jetzt tauchte auf einmal 87.096,-- Gewinn auf, die ich jedoch nie erhalten habe, da ich nicht für die Fa. gearbeitet habe. Ich werde die Unterlagen bis Dezember 1996 nachreichen; früher ist es mir nicht möglich, da ich demnächst mein nächstes Kind bekomme."

In einer weiteren Niederschrift vom gab die Beschwerdeführerin folgendes an:

"Ich bin nach wie vor handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. Panirek & Co OEG. Einen Einkommensteuerbescheid gibt es noch nicht. Die Firma ruht seit Dez. 1995 aufgrund mangelnder Auftragslage, d.h. im Jahre 1996 gibt es keine Eingänge, keinen Gewinn und daher auch keine Veranlagung beim Finanzamt. Ich habe noch nie eine Tätigkeit in der Fa. ausgeübt, es ging lediglich um den Strafregisterauszug für meinen zukünftigen Gatten. 1994 gab es zwar einen Bescheid der Fa., ich war jedoch noch nicht im Handelsregister. Sobald mein Gatte aus der Haft entlassen wird, lege ich meine Tätigkeit wieder zurück."

In einem Schreiben einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft vom wurde der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice unter Bezugnahme auf eine Anfrage der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß diese seit Dezember 1995 keine Einkünfte aus ihrer Funktion als handelsrechtliche Geschäftsführerin des genannten Unternehmens erhalten habe. Dies insbesondere deshalb, da - wie auch dem Finanzamt mitgeteilt worden sei - das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt keine Tätigkeit ausgeübt habe. Aus diesem Grund seien auch für die handelsrechtliche Geschäftsführung keine Entgelte bezahlt worden.

Nach Belehrung über die Mitwirkungspflicht gemäß § 36c Abs. 5 AlVG und die Folgen der Unterlassung der gebotenen Mitwirkung gem. § 36c Abs. 6 AlVG unterfertigte die Beschwerdeführerin mit Datum vom (im vorgelegten Verwaltungsakt - neuerlich unrichtig, nämlich zeitlich nach dem Schreiben der Wirtschaftstreuhandkanzlei vom eingeordnet) eine Erklärung folgenden Wortlautes:

"Ich bin selbständig erwerbstätig seit . Ein Einkommens- bzw. Umsatzsteuerbescheid liegt noch nicht vor, weil Erklärung zwar abgegeben, aber keine Veranlagung erfolgte.

Ich nehme zur Kenntnis, daß ich den ersten Einkommen- bzw. Umsatzsteuerbescheid binnen 14 Tagen ab Bescheiddatum unaufgefordert dem Arbeitsmarktservice vorzulegen habe, auch wenn dieser Bescheid nicht rechtskräftig wird.

Ich erkläre, daß ich im nachstehend angeführten Zeitraum aus selbständiger Erwerbstätigkeit ein Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG zuzüglich der Sozialversicherungsbeiträge, die als Werbungskosten geltend gemacht wurden, bzw. einen Umsatz, bei jeweiliger Berücksichtigung allfälliger Hinzurechnungsbeträge gemäß § 36a Abs. 3 AlVG, in folgender Höhe erzielt habe:

Zeitraum vom bis Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 76.452

Zeitraum bis Umsatz 2,421.587 Ich nehme zur Kenntnis, daß am Ende des ersten

Wirtschaftsjahres der Gesamtbetrag des erklärten Umsatzes bzw. der erklärten Einkünfte der Beurteilung der weiteren Leistungsansprüche bis zum Ergehen des ersten Umsatz- bzw. Einkommenssteuerbescheides zugrunde gelegt wird."

Diese Erklärung wurde vom Leiter der Amtshandlung und von der Partei unterfertigt. Zusätzlich befindet sich auf diesem Formular folgender Aktenvermerk, der - nach dem beigefügten

Handzeichen - offenbar vom Leiter der Amtshandlung stammt; dieser lautet:

"Lt. eig. Angaben Eink. + Umsatz pro Kopf d.h. die gemachten Angaben beziehen sich nur auf die Partei."

Aus einer aktenkundigen Kopie eines Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom ergibt sich, daß die Panirek & Co OEG im Firmenbuch mit dem Sitz in Wien eingetragen ist. Sie hatte dreizehn persönlich haftende Gesellschafter und Gesellschafterinnen, darunter auch die Beschwerdeführerin, wobei zwölf Gesellschafter seit gemeinsam mit der Beschwerdeführerin die OEG vertreten, diese hingegen seit selbständig vertretungsbefugt ist.

Im Berufungsverfahren legte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde die Ablichtung eines Gesellschaftsvertrages der genannten OEG und eines Antrages an das Firmenbuch beim Handelsgericht vor; aus diesen Urkunden ergibt sich, daß der Ehegatte der Beschwerdeführerin mit 13 weiteren Gesellschaftern die genannte OEG mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet hat sowie, daß am der Ehegatte der Beschwerdeführerin mit einem weiteren Gesellschafter aus dieser OEG ausgetreten und die Beschwerdeführerin gleichzeitig in die OEG eingetreten ist. Aus Anlaß dieses Gesellschafterwechsels wurde auch die Vertretungsbefugnis im oben genannten Sinn geregelt.

Ferner legte die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren eine Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1995 vor, aus der sich ergibt, daß die Martin Panirek & Co OEG einen Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Lieferungen, sonstigen Leistungen und Eigenverbrauch einschließlich steuerpflichtiger Anzahlungen in der Höhe von S 3,739.273,65 als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt erklärte. Die von der belangten Behörde angeforderten Einkommens- bzw. Umsatzsteuerbescheide könne die Beschwerdeführerin - wie sie der belangten Behörde am mitteilte - nicht zukommen lassen, da sie für das Jahr 1995 noch nicht veranlagt worden sei.

Die belangte Behörde begründete den eingangs erwähnten (die erstinstanzlichen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bestätigenden) Berufungsbescheid bei dieser Aktenlage nach Hinweis auf das Verwaltungsgeschehen und die zum Teil auszugsweise wiedergegebenen, von der belangten Behörde als einschlägig in Betracht gezogenen Bestimmungen des AlVG wie folgt:

"Unstrittig ist, daß Sie seit handelsrechtliche Geschäftsführerin der Firma Panirek & Co OEG sind und somit als selbständig erwerbstätig gelten.

Mangels Vorliegens entsprechender Einkommens- und Umsatzsteuerbescheide ist für die Beurteilung Ihres Anspruches auf Karenzurlaubsgeld und Sondernotstandshilfe Ihre Erklärung vom hinsichtlich des Einkommens und Umsatzes Ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit heranzuziehen.

In der Zeit vom bis haben Sie Karenzurlaubsgeld von S 268,80 täglich bezogen.

Gemäß § 29 Abs. 1 in Verbindung mit § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes zu widerrufen, wenn sich diese nachträglich als gesetzlich als nicht begründet herausstellt.

Gemäß § 26 Abs. 3 lit. b in Verbindung mit § 26 Abs. 4 lit. c AlVG haben Mütter keinen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld, wenn sie auf andere Art selbständig erwerbstätig sind und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielen, von dem 11,1 % die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des ASVG angeführten Beträge (1995: S 3.452,-- brutto/monatlich) übersteigt.

Als Umsatz aus Ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit vom bis (335 Tage) haben Sie S 2,421.587,-- erklärt. Davon sind 11,1 % monatlich S 24.071,30.

Dieser Betrag übersteigt die o.a. 'Geringfügigkeitsgrenze', sodaß die Zuerkennung des Karenzurlaubsgeldes vom bis (120 Tage) von S 268,80 täglich zu widerrufen war.

U.a. haben Sie in der Zeit vom bis (215 Tage) Sondernotstandshilfe von S 322,20 täglich und vom bis (121 Tage) von S 332,-- täglich bezogen.

Für die Beurteilung des Anspruches auf Sondernotstandshilfe sind die Bestimmungen über das Arbeitslosengeld heranzuziehen.

Als arbeitslos gemäß § 12 Abs. 3 und 6 AlVG gilt nicht, wer als geschäftsführender Gesellschafter ein Einkommen gemäß § 36a oder einen Umsatz gemäß § 36b erzielt, wenn das Einkommen oder 11,1 % des Umsatzes des aufgrund seiner Anteile aliquotierten Umsatzes der Gesellschaft die in § 5 Abs. 2 lit. a bis c des ASVG angeführten Beträge (1996: S 3.600,-- brutto/monatlich) übersteigen.

Wie oben bereits beim Karenzurlaubsgeld ausgeführt, liegt Ihr monatlicher Umsatz als geschäftsführende Gesellschafterin sowohl 1995 als auch 1996 über der jeweils geltenden Geringfügigkeitsgrenze.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Annahme der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 12 AlVG im Falle eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses voraus, daß das Beschäftigungsverhältnis des Anspruchswerbers, an das sich die Arbeitslosenversicherungspflicht anknüpft, beendet ist und andererseits weder ein Fall des § 12 Abs. 3 lit. c, e oder f vorliegt, noch der Anspruchswerber eine (nicht unter einen der Tatbestände des § 12 Abs. 6 AlVG fallende) neue Beschäftigung gefunden hat.

Im Falle eines Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung liegen diese Voraussetzungen nicht schon dann vor, wenn der Anstellungsvertrag aufgelöst wurde, sondern erst dann, wenn auch die Hauptleistungspflicht, soweit sie mit der Innehabung der Funktion eines Geschäftsführers nach dem GesmbH-Gesetz zwingend verbunden ist, nicht mehr besteht, d.h., daß auch das Organschaftsverhältnis zur Gesellschaft erloschen sein muß. Ob der Geschäftsführer tatsächlich eine Tätigkeit entfaltet oder keinerlei Tätigkeit als Geschäftsführer ausübt, weil der Betrieb geschlossen ist, ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ohne Belang.

Ihr Einkommen als handelsrechtliche Geschäftsführerin vom

bis gaben sie mit S 76.452 an. Aufgrund der mit eingetretenen Novelle und Ihrer neuen Antragstellung auf Sondernotstandshilfe am sind die Bestimmungen der §§ 36a und 36b AlVG anzuwenden, d.h. mangels Vorliegens eines Bescheides über Einkommen und Umsatz aus der selbständigen Erwerbstätigkeit ist Ihre Erklärung vom für die Beurteilung Ihrer Leistungsansprüche ab heranzuziehen.

Ihr darin erklärtes Einkommen liegt mit S 6.846,45 monatlich über den jeweils geltenden Geringfügigkeitsgrenzen.

Daher ist die Gewährung der Sondernotstandshilfe mangels Arbeitslosigkeit vom bis (215 Tage) von S 322,20 täglich und vom bis (121 Tage) von S 332,-- täglich zu widerrufen."

Im weiteren Verlauf der Begründung des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde aus, daß sie sich wegen Unterlassung einer gemäß § 50 AlVG gebotenen Meldung der selbständigen Erwerbstätigkeit durch die Beschwerdeführerin zur Rückforderung der unberechtigt bezogenen Geldleistungen für berechtigt erachte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeausführungen lassen erkennen, daß sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf ein Unterbleiben des Widerrufs des Karenzurlaubsgeldes und der Sondernotstandshilfe insoweit als verletzt erachtet, als die belangte Behörde bei der Feststellung der zum Widerruf führenden Einkünfte teils von aktenwidrigen Annahmen ausgegangen ist, teils Angaben der Beschwerdeführerin unbeachtet gelassen hat.

Mit diesem Vorwurf ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht:

Den folgenden Ausführungen sei vorausgeschickt, daß die belangte Behörde - wie sie nach der Begründung ihres Bescheides auch erkannt hat - bei der Beurteilung, ob der Beschwerdeführerin das Karenzurlaubsgeld im Zeitraum vom bis zustand, von einer anderen Rechtslage auszugehen hatte, als bei der Beurteilung der Frage der Gebührlichkeit der Sondernotstandshilfe im Zeitraum vom bis .

1. Zum Anspruch auf Karenzurlaubsgeld:

§ 26 Abs 3 und 4 AlVG 1977, BGBl. Nr. 609, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 817/1993 lauteten auszugsweise:

"3) Keinen Anspruch auf Karenzurlaubsgeld haben Mütter, die


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
in einem Dienstverhältnis stehen;
b)
selbständig erwerbstätig sind;
c)
...
d)
...
e)
...

(4) Anspruch auf Karenzurlaubsgeld haben jedoch bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Mütter, die

a) aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielen, daß (Anm.: richtig: das) die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt;


Tabelle in neuem Fenster öffnen
b)
...
c)
...
d)
auf andere Art selbständig erwerbstätig sind und daraus im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit einen Umsatz erzielen, von dem 11,1 vH die im § 5Abs. 2 lit. a bis c des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes angeführten Beträge nicht übersteigt;
..."
§ 12 Abs 9 bis 11 AlVG in der bis in Geltung gestandenen Fassung der Novelle BGBl. Nr. 314/1994 lauteten:

"(9) Der Umsatz gemäß § 12 Abs. 6 lit. c wird auf Grund des Umsatzsteuerbescheides für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wird, festgestellt. Als monatlicher Umsatz gilt bei durchgehender selbständiger Erwerbstätigkeit ein Zwölftel des sich ergebenden Jahresumsatzes, bei nur vorübergehender selbständiger Erwerbstätigkeit der anteilsmäßige Umsatz in den Monaten, in denen selbständige Erwerbstätigkeit vorlag.

(10) Der Leistungsbezieher ist verpflichtet, den Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem Arbeitslosengeld bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen. Bis zur Erlassung und Vorlage des Bescheides ist die Frage der Arbeitslosigkeit bzw. der Einkommenshöhe, insbesondere auf Grund einer eidesstattlichen Erklärung des Arbeitslosen über die Höhe seines Umsatzes bzw. seiner Einkünfte, einer allenfalls bereits erfolgten Einkommensteuererklärung bzw. eines Umsatz- bzw. Einkommensteuerbescheides aus einem früheren Jahr vorzunehmen. Des weiteren hat der Arbeitslose schriftlich seine Zustimmung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt zu erteilen. Für die von den Finanzämtern erteilten Auskünfte gilt die abgabenrechtliche Geheimhaltepflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961. Lehnt der Arbeitslose die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung bzw. der Zustimmungserklärung ab, ist ein geringfügiges Einkommen nicht anzunehmen.

(11) Bei der Ermittlung des Umsatzes oder des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf Familienzuschlag (§ 20 Abs. 2) und Karenzurlaubsgeld (§§ 26 Abs. 4 und 27 Abs. 3) sind die Abs. 9 und 10 und § 36 Abs. 3 lit. A sublit. f und lit. B sublit. d sinngemäß anzuwenden."

Die in der zuletzt wiedergegebenen Bestimmung verwiesenen § 36 Abs 3 lit A sublit f und lit B sublit d AlVG lauteten:

„f) Bei der Ermittlung des Einkommens aus Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2, 3 und 5 bis 7 EStG 1988 ist vom Gesamtbetrag der Einkünfte die darauf entfallende Einkommensteuer abzuziehen."

bzw

"d) Bei der Ermittlung des Einkommens aus Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 2, 3 und 5 bis 7 EStG 1988 ist vom Gesamtbetrag der Einkünfte die darauf entfallende Einkommensteuer abzuziehen. Lehnt der selbständig erwerbstätige Angehörige die Abgabe der eidesstattlichen Erklärung bzw. der Zustimmungserklärung zur Einholung von Auskünften beim Finanzamt ab, so besteht kein Anspruch auf Notstandshilfe des Arbeitslosen."

Diese Rechtslage wurde hinsichtlich der Berücksichtigung von Einkommen und Umsatz durch Art. XXII des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, wesentlich geändert. Gemäß der in Art. XXII Z. 38 des genannten Strukturanpassungsgesetzes eingefügten Übergangsbestimmung traten diese Änderungen zwar mit in Kraft, galten jedoch nur für Ansprüche, deren Anfallstag nach dem liegt; bestimmte Regeln im Zusammenhang mit dem Karenzurlaubsgeld galten erst für Fälle, deren Anfallstag nach dem liegt.

Die belangte Behörde hatte daher die bis zum geltende Rechtslage in Ansehung des vor dem Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes angefallenen Anspruches der Beschwerdeführerin auf Karenzurlaubsgeld - ungeachtet der sonst gebotenen zeitraumbezogenen Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit - hier auch hinsichtlich des Monates Mai 1995 anzuwenden.

Im Hinblick auf die Hinweise der belangten Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Arbeitslosigkeit von Geschäftsführern einer Ges.m.b.H., insbesondere auf das Erfordernis der Beendigung nicht nur des Anstellungsverhältnisses, sondern auch der Organfunktion (vgl. dazu die seit dem Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0138 ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) in der Begründung des angefochtenen Bescheides, sei - ungeachtet dessen, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid auf diese Ausführungen nicht ausdrücklich zu stützen scheint - den folgenden Ausführungen vorausgeschickt, daß diese Rechtsprechung mit den hier zu entscheidenden Fragen schon deshalb in keinem Zusammenhang steht, weil die Beschwerdeführerin die Anwartschaft für das Karenzurlaubsgeld nach der Aktenlage in einer Tätigkeit als Magistratsangestellte der Stadt Linz erworben hat und überdies bei der OEG nicht als Arbeitnehmerin, sondern als eine - ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis von vornherein ausschließende - persönlich haftende und allein vertretungsbefugte Gesellschafterin selbständig erwerbstätig gewesen ist.

Danach hing der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Karenzurlaubsgeld bei gleichzeitiger selbständiger Erwerbstätigkeit als Gesellschafterin einer OEG nach der anzuwendenden Rechtslage allein davon ab, ob 11,1 % des im Zeitraum der selbständigen Erwerbstätigkeit erzielten und der Beschwerdeführerin zuzurechnenden monatlichen Umsatzes die Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG überstiegen hat. Wie der Verwaltungsgerichtshof in den Erkenntnissen vom , Zl. 96/08/0272, und vom , Zl. 95/08/0226, ausgesprochen hat, setzt die Zurechnung von Umsätzen - in Ermangelung einer anderslautenden gesetzlichen Anordnung nach der auf den Karenzurlaubsgeldanspruch der Beschwerdeführerin anzuwendenden Rechtslage vor der mit in Kraft getretenen Änderung (vgl. § 12 Abs. 6 lit. d) des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995 - die Identität von Steuersubjekt nach dem Umsatzsteuergesetz und Arbeitslosengeldbezieher voraus.

Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid in seinem Abspruch über den Widerruf und die Rückforderung von Karenzurlaubsgeld schon deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weil sie der Beschwerdeführerin Umsätze der OEG zugerechnet hat; insoweit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2. Zum Widerruf und zur Rückforderung der Sondernotstandshilfe:

Da der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Sondernotstandshilfe am entstanden ist, hatte die belangte Behörde insoweit bereits die ab geltenden Änderungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, anzuwenden.

Gemäß § 39 Abs. 1 Z. 3 AlVG hängt danach der Anspruch auf Sondernotstandshilfe unter anderem davon ab, daß die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe, insbesondere also das Vorliegen von Notlage, erfüllt sind.

Gemäß § 36 Abs. 1 und 2 AlVG sind über das Ausmaß der Notstandshilfe Richtlinien (damals des Bundesministers für soziale Verwaltung) zu erlassen. Bei Erlassung dieser Richtlinien waren die in § 36 Abs. 3 lit. A AlVG in der hier anzuwendenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes, BGBl. Nr. 297/1995, anzuwenden.

Gemäß § 36 Abs. 3 lit. A sublit. b AlVG ist das sonstige Einkommen des Arbeitslosen, das er neben seiner Notstandshilfe erzielt, im Folgemonat nach Abzug des zur Erzielung des Einkommens notwendigen Aufwandes auf die Notstandshilfe anzurechnen.

Wie bei der Feststellung des Einkommens für die Anrechnung auf die Notstandshilfe vorzugehen ist, war in § 36a AlVG in der Fassung der wiederholt genannten Novelle geregelt. § 36a AlVG in der Fassung der AlVG-Novelle BGBl. Nr. 297/1995 lautete:

"Einkommen

§ 36a. (1) Bei der Feststellung des Einkommens für die Beurteilung des Vorliegens von Arbeitslosigkeit (§ 12 Abs. 3 lit. g, 12 Abs. 6 lit. a bis e), des Anspruchs auf Familienzuschlag (§ 20 Abs. 2 und 5), des Anspruches auf Karenzurlaubsgeld (§ 26 Abs. 4) sowie für die Anrechnung auf die Notstandshilfe ist nach den folgenden Absätzen vorzugehen.

(2) Einkommen im Sinne dieses Bundesgesetzes ist das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, in der jeweils geltenden Fassung, zuzüglich den Hinzurechnungen gemäß Abs. 3 und dem Pauschalierungsausgleich gemäß Abs. 4. Einkommensteile, die mit dem festen Satz des § 67 oder mit den Pauschsätzen des § 69 Abs. 1 des Einkommenssteuergesetzes 1988 zu versteuern sind, bleiben außer Betracht.

(3) Dem Einkommen nach § 2 Abs. 2 EStG 1988 sind die folgenden Beträge hinzuzurechnen:

1. Steuerfreie Bezüge gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. b bis e, Z 4 lit. a, lit. c zur Hälfte und lit. e, Z 5 lit. a bis d, Z 8 bis 12, Z 15 lit. a, Z 15 lit. b, Z 22 bis 24 und § 112 Z 1 EStG 1988;

2. die Beträge nach den §§ 10, 12, 18 Abs. 1 Z 4 sowie Abs. 6 und 7, 24 Abs. 4, 27 Abs. 3, 31 Abs. 3, 36, 41 Abs. 3 sowie 112

Z 5, Z 7 und Z 8 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden;

3. Sonderunterstützungen nach dem Sonderunterstützungsgesetz, BGBl. Nr. 642/1973, und die besondere Schulbeihilfe nach dem Schülerbeihilfengesetz 1983, BGBl. Nr. 455.

(4) Werden Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher oder Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt, sind diese Einkünfte zu erhöhen. Die Erhöhung beträgt

1. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 40 vH des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,

2. bei Einkünften aus Gewerbebetrieben 10 vH dieser Einkünfte.

(5) Das Einkommen ist wie folgt nachzuweisen:

1. bei Personen, die zur Einkommensteuer veranlagt werden, durch die Vorlage des Einkommensteuerbescheides über das zuletzt veranlagte Kalenderjahr,

2. bei Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit durch die Vorlage einer aktuellen Lohnbestätigung,

3. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, die nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt werden, durch Vorlage des zuletzt ergangenen Einheitswertbescheides und

4. bei steuerfreien Bezügen durch eine Bestätigung der bezugsliquidierenden Stelle.

(6) Über Sonderausgaben, allfällige steuerfreie Bezüge und Beträge gemäß Abs. 3 Z 2 ist eine Erklärung abzugeben."

Die Mitwirkungspflicht der der Partei bei Ermittlung dieses Einkommens ist in § 36c in der Fassung der genannten Novelle geregelt.

Diese Bestimmung lautet:

"Mitwirkungspflicht

§ 36c. (1) Personen, deren Einkommen oder Umsatz zur Feststellung des Anspruches auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz heranzuziehen ist, haben die erforderlichen Erklärungen und Nachweise auf Verlangen der regionalen Geschäftsstelle abzugeben bzw. vorzulegen.

(2) Arbeitgeber, bezugsliquidierende und sonstige Stellen, die Beträge im Sinne des § 36a Abs. 2 und 3 anweisen, haben alle Angaben, die zur Feststellung des Einkommens notwendig sind, binnen vier Wochen ab Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle mitzuteilen.

(3) Die gemäß Abs. 1 und 2 bescheidmäßig festgestellten Verpflichtungen können von den Vollstreckungsbehörden nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53, erzwungen werden.

(4) Die Abgabenbehörden haben für Personen, deren Einkommen bzw. Umsatz zur Feststellung des Anspruches auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz heranzuziehen ist, im Rahmen ihres Wirkungsbereiches im Ermittlungsverfahren festgestellte und für die Abgabenfestsetzung bedeutsame Daten über Anfrage den regionalen Geschäftsstellen bekanntzugeben, wenn die obgenannten Personen ihrer Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht oder nicht ausreichend nachgekommen sind oder begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen. Die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt sinngemäß.

(5) Personen, deren Einkommen oder Umsatz aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz herangezogen wurde, sind verpflichtet, den Einkommen- bzw. den Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen.

(6) Wenn der Leistungsbezieher oder dessen Angehöriger (Lebensgefährte) keine Nachweise nach § 36a Abs. 5 und § 36b Abs. 2 vorlegt bzw. keine Erklärung nach § 36a Abs. 6 und § 36b Abs. 2 abgibt, so ist für den Leistungsbezieher kein geringfügiges Einkommen anzunehmen bzw. kein Anspruch des Leistungsbeziehers auf Familienzuschlag, auf Karenzurlaubsgeld und auf Notstandshilfe gegeben.''

Entgegen der der Behörde obliegenden Ermittlungspflicht hat sie dem angefochtenen Bescheid - insoweit auf die nämliche Niederschrift mit der Beschwerdeführerin vom zurückgreifend - ein Einkommen der Beschwerdeführerin von S 76.452,-- für die Zeit vom 31. Jänner bis aufgrund einer nicht näher belegten Erklärung der Beschwerdeführerin zugrunde gelegt, sich aber nicht mit dem Einwand der Beschwerdeführerin befaßt, daß sie tatsächlich kein Einkommen aus dem genannten Unternehmen bezogen und überdies "nur ihren Namen hergegeben" habe. Dieses Vorbringen läßt nämlich nicht etwa nur außer acht, daß es nicht auf den tatsächlichen Bezug (dh die Entnahme) bestimmter Beträge ankommt, sondern auf die rechtliche Zurechnung zur Beschwerdeführerin - gleichgültig wie diese über diese Einkünfte in der Folge verfügt haben mag - , es enthält auch die Behauptung, nur zum Schein für jemand anders als Gesellschafterin aufgetreten zu sein. Eine solche zB bloß treuhändige Innehabung der Gesellschafterfunktion könnte uU die Zurechnung des daraus zustehenden Einkommens an den Treugeber zur Folge haben, womit die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen, nie etwas erhalten zu haben, im Ergebnis durchdringen könnte.

Die belangte Behörde hätte daher zu dieser Frage geeignete Ermittlungen, etwa eine Aufklärung des Sachverhalts durch gezielte Befragung der Beschwerdeführerin, erforderlichenfalls aber auch durch Beischaffung der erforderlichen Daten vom zuständigen Finanzamt, anstellen müssen. Insbesondere hätte sie dabei feststellen können, ob der Beschwerdeführerin dieses Einkommen tatsächlich zurechenbar ist. Sollte eine Treuhandschaft bestanden und auch gegenüber den Finanzbehörden offengelegt worden sein, dann wäre das genannte Einkommen nicht der Beschwerdeführerin, sondern dem Treugeber, angenommenerweise ihrem Ehegatten, zuzurechnen und die belangte Behörde hätte die Frage der Notlage unter Anrechnung des Einkommens gemäß § 36 Abs. 3 lit. b AlVG in Verbindung mit § 6 der Notstandshilfeverordnung zu beurteilen gehabt.

Hinsichtlich des Zeitraumes vom bis läßt der angefochtene Bescheid überhaupt jede Begründung dafür vermissen, aufgrund welcher Beweisergebnisse und darauf gegründeter Sachverhaltsannahmen die belangte Behörde ein die Geringfügigkeitsgrenzen übersteigendes Einkommen der Beschwerdeführerin angenommen hat. Nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten wurden diesbezüglich von der belangten Behörde überhaupt keine Ermittlungen angestellt.

Der angefochtene Bescheid war daher in seinem Abspruch über den Widerruf und die Rückforderung von Sondernotstandshilfe wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gem. § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.

Kosten waren nicht zuzusprechen, weil der Zuspruch von Kosten in der Beschwerde nicht beantragt wurde.

Wien, am