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VwGH vom 10.11.1993, 91/13/0181

VwGH vom 10.11.1993, 91/13/0181

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Büsser, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7 - 797/4/91, betreffend Heranziehung zur Haftung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.840,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war gemeinsam mit Mag. B. Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H., an welcher er auch als Gesellschafter mit einer Stammeinlage von S 35.000,-- bei einem Stammkapital von S 100.000,-- bis zum und von S 190.000,-- bei einem Stammkapital von S 500.000,-- ab dem beteiligt war. Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft m.b.H. war der Betrieb einer Pizzeria.

Nachdem die Gesellschaft den Betrieb im Jahre 1988 aufgegeben hatte, wurde sie einer Betriebsprüfung über den Zeitraum der Jahre 1984 bis 1986 unterzogen, welche sowohl als erheblich angesehene Kalkulationsdifferenzen "bei den 20 %igen Umsätzen", als auch Mängel bei der Kassabuchführung zu Tage förderte. So wurden etwa zwischenzeilige Eintragungen, Ausbesserung von Losungen, Differenzen zwischen Daten und Kassabuch und den Registrierkassenstreifen, Divergenzen zwischen den Zwischensummen der Registrierkassenstreifen und der Endsumme, das Fehlen eines Bilanzzusammenhangs beim Kassabestand vom zum , das teilweise Fehlen von Einlagebelegen, die Eintragung von Kassaeinlagen vor Behebung von der Bank und das Fehlen der Inventuren zum 31. Dezember der Jahre 1984 und 1985 beanstandet.

In seinem Prüfungsbericht vom nahm der Prüfer auf Grund dieser Feststellungen bei den 20 %igen Umsätzen Zuschätzungen von S 380.000,-- für das Jahr 1984, von S 845.000,-- für das Jahr 1985 und von S 550.000,-- für das Jahr 1986 vor und erhöhte dementsprechend die für diese Jahre geschuldete Umsatzsteuer und Abgabe von alkoholischen Getränken. Gleichzeitig beurteilte er die Umsatzzurechnungen samt der darauf entfallenden Umsatzsteuer als verdeckte Gewinnausschüttungen, welche er mit den Beträgen von S 456.000,-- für das Jahr 1984, S 1,014.000,-- für das Jahr 1985 und S 660.000,-- nicht auf alle Gesellschafter, sondern nur auf die beiden geschäftsführenden Gesellschafter Mag. B. und den Beschwerdeführer je zur Hälfte aufteilte und die Übernahme der davon einzubehaltenden 25 %igen Kapitalertragsteuer durch die Gesellschaft fingierte.

Im Zuge eines vom Finanzamt gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten Strafverfahrens brachte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers vor, daß von Anfang an vereinbart gewesen sei, daß der Beschwerdeführer lediglich für die Abwicklung des Schriftverkehrs und für die notwendigen Grundaufzeichnungen zuständig wäre. Der Beschwerdeführer habe das Betriebslokal nur gelegentlich betreten und keinerlei Einblick und Kontrolle der betrieblichen Tätigkeit gehabt. Die Berechnung der abzuführenden Steuern - insbesondere der Umsatzsteuer und der Alkoholabgabe - habe er nur auf Grund der ihm mitgeteilten entsprechenden Umsätze durchführen können; für die Ermittlung der Tageslosungen sei der zweite Gschäftsführer, Mag. B. verantwortlich gewesen. Eine Überprüfung der Richtigkeit der ihm bekanntgegebenen Umsatzzahlen sei dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen.

Mit Erkenntnis des Spruchsenates vom wurde der Beschwerdeführer des Finanzvergehens der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt, weil er durch Einbringung unrichtiger Jahresumsatzsteuererklärungen und Erklärungen über die Abgaben von alkoholischen Getränken für die Veranlagungsjahre 1984 bis 1986 unter Verletzung abgabenrechtlicher Offenlegungs- und Wahrheitspflichten eine Verkürzung an Umsatzsteuer 1984 bis 1986 von zusammen S 355.000,--, an Abgaben von alkoholischen Getränken für 1984 bis 1986 von S 106.900,-- und an Kapitalertragsteuer 1984 bis 1986 von zusammen S 532.500,-- bewirkt habe.

Mit Schreiben vom teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit, daß die Gesellschaft, deren Geschäftsführer er sei, derzeit Abgabenschulden im Ausmaß von S 999.310,52 habe, deren Einbringung das Finanzamt vergeblich versucht habe und hinsichtlich deren es erwäge, die Haftung des Beschwerdeführers geltend zu machen. Dieser werde aufgefordert zu beweisen, daß die Abgabenschulden bei der Gesellschaft einbringlich seien oder der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden daran gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der Abgaben zu sorgen.

Diesem Vorhalt erwiderte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers, daß das Vermögen der Gesellschaft mit Kaufvertrag vom vollständig verkauft und der Verkaufserlös ausschließlich zur Abdeckung damals bestehender und bekannter Verbindlichkeiten verwendet worden sei. Das Ergebnis der mit Bericht vom abgeschlossenen Betriebsprüfung habe zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt sein können, weshalb eine Schlechterbehandlung der Steuerschulden nicht vorliege. Das Vermögen der Gesellschaft habe zum buchmäßig rund S 50.000,-- betragen, die Gesellschaft sei aber vollständig überschuldet gewesen; infolge früherer Belastungen sei das zur Zeit erzielte Einkommen des Beschwerdeführers als Geschäftsführer einer anderen Gesellschaft m.b.H. bis auf das Existenzminimum gepfändet. Über weiteren Vorhalt teilte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers noch mit, daß der Erlös aus der Veräußerung des Gesellschaftsvermögens S 2,200.000,-- betragen habe, und stellte in groben Zügen dessen Verwendung zur Begleichung der Verbindlichkeiten dar. Die Zahlungen an das Finanzamt seien bei Fälligkeit geleistet worden; infolge Überzahlungen habe zum beim Finanzamt ein Guthaben von S 7.772,-- bestanden. Auszahlungen an Geschäftsführer oder Gesellschafter seien nicht geleistet worden.

Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen gemäß §§ 9, 80 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Gesellschaft an Kapitalertragsteuer, Umsatzsteuer, Alkoholabgabe, Säumniszuschlag, Pfändungsgebühr, Barauslagen des Vollstreckungsverfahrens und Vermögensteuer im Gesamtausmaß von S 999.560,52 in Anspruch. Begründend führte das Finanzamt aus, daß es nicht daran zweifle, daß der Verkaufserlös zur Abdeckung von Verbindlichkeiten gedient habe und den Gesellschaftern und Geschäftsführern davon kein Betrag zugekommen sei. Dies könne allerdings daran nichts ändern, daß es auf Grund der offensichtlich unrichtigen Erfassung der Geschäftsvorfälle erst zu dieser Steuernachforderung gekommen sei; bedeute doch das Auftreten von Kalkulationsdifferenzen, daß Einnahmen nicht zur Gänze erfaßt worden seien und daß die entsprechenden Beträge im Wege der verdeckten Gewinnausschüttung an die Gesellschaft geflossen seien, da sie im Betriebsvermögen der Gesellschaft nicht enthalten gewesen seien. Dieser Umstand sei vom Geschäftsführer zu verantworten. Dem Finanzamt sei bekannt, daß der Beschwerdeführer sich im Strafverfahren darauf berufe, daß er keinen Anlaß dazu gesehen habe, die Richtigkeit der ihm vom anderen Geschäftsführer übermittelten Tageslosungen zu überprüfen. Nun könne aber eine Geschäftsverteilung von den jedem Geschäftsführer obliegenden gesetzlich zwingenden Pflichten nicht befreien. Zu diesen Pflichten gehöre die Sorge für die ordnungsgemäße Führung der erforderlichen Bücher der Gesellschaft. Das Kassabuch sei vom Beschwerdeführer geführt worden; dieser habe sich nicht darauf beschränken dürfen, die vom anderen Geschäftsführer gemeldeten Umsatzzahlen ungeprüft in das Kassabuch zu übernehmen, es hätte die Pflicht zur ordnungsgemäßen Führung der Bücher auch die Überprüfung der Richtigkeit dieser Zahlen erfordert. Bei Anwendung der gebotenen und zumutbaren Sorgfalt hätte es dem Beschwerdeführer ebenso wie dem Betriebsprüfer des Finanzamtes auffallen müssen, daß die von ihm verarbeiteten Umsatzzahlen nicht stimmen könnten, weil sie einer Nachkalkulation nicht standhielten. Dem Beschwerdeführer müsse zumindest fahrlässige Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt vorgeworfen werden, was für seine Heranziehung zur Haftung ausreiche.

In seiner gegen diesen Haftungsbescheid erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die gegen das Erkenntnis des Spruchsenates im Finanzstrafverfahren erhobene Berufung mit dem Vorbringen, daß im Falle "der Aufhebung des Urteiles" die Verschuldensfrage zu seinen Gunsten entschieden und eine Haftung ausgeschlossen sein würde.

Dem Straferkenntnis des Spruchsenates im Finanzstrafverfahren war der Beschwerdeführer mit folgenden Argumenten entgegengetreten:

Ausschlaggebend für die Hinzuschätzungen durch die Betriebsprüfung seien nicht die vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Mängel bei der Kassabuchführung, sondern die festgestellten Kalkulationsdifferenzen gewesen. Dies ergebe sich daraus, daß zum einen die endgültigen Umsatzerhöhungen wesentlichen unter den vom Prüfer in den Nachkalkulationen festgestellten Differenzbeträgen lägen, und daß zum anderen eine Berücksichtigung auch der Buchführungsmängel zwangsläufig doch auch zu Erhöhungen bei den 10 %igen Umsätzen führen hätte müssen, welche aber unterblieben sei. Die Kalkulationsdifferenzen habe der Beschwerdeführer deswegen nicht zu vertreten, weil es Sache des Geschäftsführers Mag. B. gewesen sei, ihm die Zahlen über die im Restaurant erzielten Umsätze mitzuteilen. Für die Beurteilung der Verschuldensfrage habe es darauf anzukommen, welcher Geschäftsführer mit der Besorgung der steuerlichen Angelegenheiten befaßt gewesen sei. Eine Überprüfung der Tätigkeit eines Geschäftsführers durch den anderen Geschäftsführer komme nur dann in Betracht, wenn ein Anlaß vorliege, an der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung zu zweifeln. Anlaß zu einem Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung durch Mag. B., insbesondere betreffend die Richtigkeit der von diesem mitgeteilten Umsatzzahlen, habe der Beschwerdeführer nicht haben müssen. Sei doch die Gesellschaft vom Finanzamt über die Jahre 1980 bis 1982 einer Betriebsprüfung unterzogen worden, deren Schlußbericht vom keine Abweichungen und keine Umsatzhinzuschätzungen ergeben habe. Es hätten die Geschäftsführer demnach annehmen dürfen, daß das vorgelegte Zahlenwerk - insbesondere im Hinblick auf

Wareneinsatz - Erlöse - Rohaufschläge - als richtig anerkannt werde. Die in den Folgejahren durchgeführten Berechnungen von Rohaufschlägen und Spannen seien mit üblichen und erklärbaren Schwankungen im Bereiche der Werte der geprüften Jahre gelegen, sodaß auf Grund dieser Kontrollrechnungen sich für den Beschwerdeführer keine Veranlassung ergeben habe, die Richtigkeit der Umsatzwerte in Frage zu stellen.

Nachdem die nunmehrigen Beschwerdeführervertreter die Verteidigung des Beschwerdeführers im Finanzstrafverfahren übernommen hatten, führten sie in einem knapp vor dem Termin der Berufungsverhandlung im Finanzstrafverfahren überreichten Schriftsatz gegen das Verschulden des Beschwerdeführers noch weitere Umstände ins Treffen:

Die festgestellten Buchführungsmängel hätten, soweit sie im Vorliegen zwischenzeiliger Eintragungen bestanden hätten, die abgabenpflichtigen Eingänge erhöht und nicht reduziert; diese Mängel seien insgesamt nicht so gravierend gewesen, daß sie die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung beseitigen hätten können. Daß die Buchführungsmängel diese Wirkung auch nicht gehabt hätten, ergebe sich aus der Unterschiedlichkeit der prozentuellen Zuschätzungen in den drei Jahren, weil deren Ausmaß in jedem Jahr gleich gewesen sein müßte, hätten sie tatsächlich auf den Buchführungsmängeln beruht. Dies ergebe sich ferner aus dem Umstand, daß nur die Getränke-, nicht aber die Speisenumsätze erhöht worden seien, sowie daraus, daß der Betriebsprüfer von einem Sicherheitszuschlag Abstand genommen habe, woraus folge, daß die Zuschätzungen ausschließlich im Bereiche des Getränkeumsatzes ihren Grund gehabt hätten. Es habe auch der Betriebsprüfer ausdrücklich erklärt, daß der Grund für die Zuschätzungen in Kalkulationsdifferenzen liege. Für die auf den Kalkulationsdifferenzen beruhenden Zuschätzungen aber könne der Beschwerdeführer nicht verantwortlich gemacht werden. Dem Beschwerdeführer sei ausschließlich die Erstellung der notwendigen Grundaufzeichnungen oblegen, worin er auf die ihm vom Mitgeschäftsführer Mag. B. mitgeteilten Umsatzziffern angewiesen gewesen sei, deren Richtigkeit er nicht habe überprüfen können. Der Beschwerdeführer sei in Wien berufstätig gewesen und habe das nicht in Wien gelegene Geschäftslokal nur sehr selten betreten; Wahrnehmungen über die Richtigkeit oder Vollständigkeit der ihm mitgeteilten Umsatzzahlen habe er bei solchen Anlässen nicht machen können. Da die Unterlassungen in den Abgabenerklärungen auf Fehler der dem Beschwerdeführer von Mag. B. mitgeteilten Umsätze zurückgegangen seien, müsse geprüft werden, inwieweit dem Beschwerdeführer eine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbereich des anderen Geschäftsführers treffen könne. Dem Beschwerdeführer könne dabei weder Auswahl- noch Überwachungsverschulden vorgeworfen werden. Er habe zu einer Überprüfung der Tätigkeit seines Mitgeschäftsführers aus mehrfachen Gründen keinen Anlaß gehabt. Zum einen habe er bei Gründung der Gesellschaft über Mag. B. beste Auskünfte auch in bezug auf dessen persönliche Zuverlässigkeit erhalten. Anläßlich der mit Schlußbericht vom durchgeführten Betriebsprüfung seien in keinem einzigen Fall fehlende Umsätze festgestellt und Umsatzzuschätzungen vorgenommen worden. Zudem habe der Beschwerdeführer mangels kaufmännischer Ausbildung seinen Steuerberater darum ersucht, alle Fragen, die ihm bei Bearbeitung der vom Beschwerdeführer erstellten Grundaufzeichnungen zwecks Ausfertigung der Steuererklärungen prüfungswürdig erschienen, dem Mitgeschäftsführer zu stellen. Der Steuerberater habe dem Beschwerdeführer mitgeteilt, daß Mag. B. alle ihm gestellten Fragen plausibel beantwortet hätte. Seit Herbst 1986 seien die Gesellschafter auf Betreiben des Beschwerdeführers bemüht gewesen, das Unternehmen zu verkaufen, weil es Verluste gebracht habe. Hätte der Beschuldigte gewußt, daß die von der Betriebsprüfung 1989 der Zuschätzung zugrunde gelegten Umsatzerhöhungen tatsächlich vorliegen, dann hätte er an einen Verkauf nicht gedacht, sondern Geschäft und Beteiligung behalten und weitergeführt. Erst im Herbst 1986 habe der Beschwerdeführer erstmals davon erfahren, daß einem zur Einarbeitung eingeladenen Kaufinteressenten Diebstähle im Zusammenhang mit "Schwarzverkäufen" nachgewiesen worden seien, wodurch der Beschwerdeführer erstmals mit einer solchen Möglichkeit überhaupt konfrontiert worden sei. Von übergroßen Eigenkonsumationen der Dienstnehmer an Getränken habe er erst später erfahren. Wie ungenau schon die Ergebnisse der Betriebsprüfung 1989 gewesen seien, zeige der Umstand, daß die zu entrichtende Kapitalertragsteuer auf die beiden Geschäftsführer je zur Hälfte aufgeteilt worden sei, obwohl Gewinne doch auf die Gesellschafter aufzuteilen seien und Feststellungen darüber, daß insbesondere dem Beschwerdeführer die halbe verdeckte Gewinnausschüttung zugeflossen sei, überhaupt fehlten.

Mit der in der Finanzstrafsache des Beschwerdeführers ergangenen Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Finanzstrafverfahren gemäß den §§ 136, 157 FinStrG eingestellt. Begründend führte die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz aus, daß im Falle einer Aufteilung der Geschäftsführungstätigkeit auf mehrere Geschäftsführer die übrigen Geschäftsführer sich darauf verlassen dürften, daß jeder der Geschäftsführer in dem ihm zugewiesenen Bereich seinen Aufgaben nachkomme, solange sich nicht Indizien für das Gegenteil ergäben. Lediglich dann, wenn ein Verdacht in der Richtung, daß die Tageslosungen manipuliert wären, beim Beschwerdeführer entstanden wäre oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte entstehen können, wäre er verpflichtet gewesen, Maßnahmen und Kontrolltätigkeiten zu setzen, die ihm eine Überprüfung ermöglicht hätten, ob die tatsächlichen Abläufe im Unternehmen mit den Tageslosungen im Einklang stünden. Der Beschwerdeführer hätte sich diesfalls einer solchen Verpflichtung auch dann nicht entziehen dürfen, wenn sie eine eingehende Mitarbeit im Unternehmen erfordert hätte; Vorgänge und Umstände, welche einen solchen Verdacht hätten nähren müssen, seien aber weder dem bekämpften Straferkenntnis noch dem Akteninhalt zu entnehmen. Der dem Beschwerdeführer gemachte Schuldvorwurf habe sich demnach als unzureichend konkret erwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Haftungsbescheid nur insoweit statt, als die Haftung auf einen Betrag von S 999.476,52 eingeschränkt wurde, während sie die Berufung im übrigen als unbegründet abwies. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde begründend aus, daß das Abgabenkonto der Gesellschaft zum Abgabenschulden in Höhe von S 1,000.310,52 ausweise, in welchem Betrag folgende Abgaben enthalten seien, für welche der Beschwerdeführer nunmehr zur Haftung herangezogen werde:

Kapitalertragsteuer 1986 S 528.403,52

Umsatzsteuer 1984 S 76.000,--

Alkoholabgabe 1984 S 21.000,--

Säumniszuschlag 1985 S 1.520,--

Umsatzsteuer 1985 S 169.000,--

Alkoholabgabe 1985 S 53.600,--

Säumniszuschlag 1986 S 3.380,--

Säumniszuschlag 1986 S 1.072,--

Umsatzsteuer 1986 S 110.000,--

Alkoholabgabe 1986 S 32.300,--

Säumniszuschlag 1987 S 2.200,--

Alkoholabgabe 1987 S 1,--

Vermögensteuer 7 - 9/89 S 250,--

Vermögensteuer 10 - 12/89 S 250,--

Vermögensteuer 1 - 3/90 S 250,--

Vermögensteuer 4 - 6/90 S 250,--

Summe S 999.476,52

Exekutionsversuche bei der Gesellschaft seien erfolglos

geblieben, ein Antrag auf Konkurseröffnung sei am

abgewiesen worden, die

haftungsgegenständlichen Abgaben seien bei der Gesellschaft

m. b.H. somit uneinbringlich. Es könne aus der zwischenzeitig

erfolgten Einstellung des Finanzstrafverfahrens gegen den

Beschwerdeführer nicht der zwingende Schluß gezogen werden, daß

der Beschwerdeführer auch keine schuldhafte Verletzung der

Vertreterpflichten im Sinne der §§ 9, 80 BAO zu verantworten

habe; diese Frage sei vielmehr im Haftungsverfahren gesondert

zu prüfen. Es könnten bei Verteilung der Agenden zwischen

mehreren Geschäftsführern einer Gesellschaft m.b.H. die mit den

Abgabenangelegenheiten nicht betrauten Personen wohl im

Regelfall nicht zur Haftung herangezogen werden; es ergebe sich

jedoch aus den Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach er

lediglich für die Abwicklung des Schriftverkehrs und für die

notwendigen Grundaufzeichnungen zuständig gewesen sei, daß im

vorliegenden Fall beide Geschäftsführer mit abgabenrechtlichen

Angelegenheiten befaßt gewesen seien. Das für eine

Arbeitsteilung in der Geschäftsführung grundsätzlich

vorausgesetzte Vertrauen zwischen den Geschäftsführern dürfe

nun aber nicht so weit gehen, offensichtlich durch Jahre

hindurch ungeprüft von einem anderen Geschäftsführer

bekanntgegebene Umsätze in den Grundaufzeichnungen zu

verarbeiten und als Basis für die Berechnung von Umsatzsteuer

und Alkoholabgabe heranzuziehen. Die Verantwortung des

Beschwerdeführers, hinsichtlich der ihm bekanntgegebenen

Umsatzzahlen keine Überprüfungsmöglichkeit gehabt zu haben,

bestätige seine schuldhafte Pflichtverletzung. Habe der

Beschwerdeführer seine Tätigkeit darauf beschränkt, jahrelang

kritiklos geliefertes Zahlenmaterial zu verarbeiten, ohne jeden

Versuch zu unternehmen, festzustellen, ob diese Zahlen den

Tatsachen entsprechen, und ob die abgabenrechtlichen

Verpflichtungen vom ebenfalls damit befaßten Geschäftsführer

ordnungsgemäß erfüllt würden, dann verantworte der

Beschwerdeführer zumindest eine fahrlässige Verletzung der

Offenlegungs- und Wahrheitspflicht in der fahrlässigen

Unterlassung der Kontrolle seines Mitgeschäftsführers. Zudem

seien im Betriebsprüfungsbericht vom Mängel bei

der Kassabuchführung festgestellt worden, welche für den

Beschwerdeführer ebenfalls Anlaß hätten sein müssen, die

Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen seitens des

zweiten Geschäftsführers zu überwachen. Die vom

Beschwerdeführer zu vertretende mangelnde Kontrolltätigkeit

habe dazu geführt, daß im Zuge der Betriebsprüfung verdeckte

Gewinnausschüttungen für die Jahre 1984 bis 1986 festgestellt

worden seien, die der Kapitalertragsteuer zu unterziehen

gewesen seien. Wäre der Beschwerdeführer seinen Pflichten

ordnungsgemäß nachgekommen, so wäre die Vorschreibung dieser

Abgabe an die Gesellschaft m.b.H. nicht erfolgt. Bezüglich der

Vermögensteuervorauszahlungen 7/89 bis 6/90 sei dem

Beschwerdeführer vorzuwerfen, daß er sich - obwohl ihm bekannt

gewesen sein habe müssen, daß die Gesellschaft m.b.H. ihre

Tätigkeit eingestellt und ihr Vermögen veräußert habe - nicht

um die Löschung der Gesellschaft m.b.H. im Handelsregister

gekümmert habe, sodaß durch diese Unterlassung weiterhin der

Gesellschaft Vermögensteuer vorgeschrieben worden sei. Die

Umsatzsteuer sei mit den Preisen für die erbrachten Lieferungen

und sonstigen Leistungen bezahlt worden und habe für die Abfuhr

an das Finanzamt daher zur Verfügung gestanden, was ebenso für

die Alkoholabgabe gelte. Hinsichtlich der Säumniszuschläge 1985

bis 1987 sei daran festzuhalten, daß sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO

persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstreckten. Daß

zum Fälligkeitszeitpunkt nicht ausreichend Mittel vorhanden

gewesen wären, um diese zu entrichten, werde weder vom

Beschwerdeführer behauptet noch seien derartige Umstände

aktenkundig. Für die im Haftungsbescheid angeführte

Pfändungsgebühr und die Barauslagen des

Vollstreckungsverfahrens 1989 seien dem Beschwerdeführer zu

deren Fälligkeit keine Mittel mehr zur Verfügung gestanden,

weshalb der diesbezügliche Teil des Haftungsbetrages

auszuscheiden gewesen sei. Die Pflichtverletzungen des

Beschwerdeführers hätten dazu geführt, daß die

haftungsgegenständlichen Abgaben nicht fristgerecht an das

Finanzamt abgeführt worden seien, sie seien demnach kausal für

die nunmehrige Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der

Gesellschaft m.b.H.; dieser wären bei rechtzeitiger Entrichtung

genügend Mittel zur Verfügung gestanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, nicht ohne gesetzlichen Grund zur persönlichen Haftung für eine fremde Schuld herangezogen zu werden, und in Verfahrensrechten verletzt.

Die belangte Behörde hat Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat repliziert und einen in den Akten nicht einliegenden Auszug aus dem Betriebsprüfungsbericht des Jahres 1985 vorgelegt. Die belangte Behörde hat auf die Replik mit einer Gegenäußerung erwidert und dieser den vom Beschwerdeführervertreter im Finanzstrafverfahren ergänzend verfaßten Schriftsatz angeschlossen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 84/17/0224). Den Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren Abgaben nicht entrichtet wurden und uneinbringlich geworden sind, trifft im Haftungsverfahren die Obliegenheit darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, daß die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf (vgl. für viele aus jüngster Zeit die hg. Erkenntnisse vom , 91/15/0123, 0125, sowie 93/15/0039). Im Falle des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 90/15/0176, und vom , 90/15/0114).

Der Beschwerdefall ist dadurch gekennzeichnet, daß sich am Abgabenkonto der Gesellschaft nach Einstellung ihrer betrieblichen Tätigkeit, Abverkauf ihres Betriebsvermögens und Befriedigung ihrer Gläubiger aus dessen Erlös zum Jahresende 1988 - von der Behörde unwidersprochen - ein Guthaben befand, welches sich erst durch die Auswirkungen der mit Prüfungsbericht vom abgeschlossenen Betriebsprüfung über die Jahre 1984 bis 1986 in die nunmehr haftungsgegenständliche Abgabenschuld verwandelte. Das vom Beschwerdeführer bestrittene Vorliegen der Voraussetzungen seiner Haftung muß für die seiner Haftung zugrunde gelegten Abgabenschulden der Gesellschaft insoweit auch unter Bedachtnahme auf den zeitlichen Ablauf des Geschehens und die Entstehungszeitpunkte der Abgabenschulden geprüft werden.

Verfehlt war unter diesem Gesichtspunkt die Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung auch für die Vermögensteuervorauszahlungsbeträge der Jahre 1989 und 1990. Diese wurden auf der Basis der Mindestbesteuerungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Z. 2 Vermögensteuergesetz 1954 gemäß § 19 Abs. 1 leg. cit. zu den im § 18 Abs. 1 leg. cit. genannten Terminen der Jahre 1989 und 1990 fällig; die zugrundeliegende Abgabenschuld der Gesellschaft konnte im Sinne des § 4 Abs. 1 BAO nicht vor dem und 1990 entstanden sein. Daß zu diesen Zeitpunkten die Gesellschaft aber bereits mittellos war und dem Beschwerdeführer Gesellschaftsmittel zur Entrichtung dieser Abgaben nicht zur Verfügung standen, steht außer Streit. Es wirft die belangte Behörde dem Beschwerdeführer freilich auch nicht vor, diese Abgaben für die Gesellschaft nicht entrichtet zu haben. Sie erblickt eine für die Uneinbringlichkeit auch dieser Abgaben bei der Gesellschaft ursächliche Pflichtverletzung des Beschwerdeführers vielmehr darin, daß er sich ungeachtet der ihm bekannten Einstellung der Tätigkeit der Gesellschaft m.b.H. und der Veräußerung ihres Vermögens um ihre Löschung im Handelsregister nicht gekümmert habe, wodurch der Gesellschaft weiterhin Vermögensteuer vorgeschrieben worden sei. Mit diesem Vorwurf verkennt die belangte Behörde die Rechtslage.

Unter jenen im § 9 Abs. 1 BAO genannten Pflichten, deren schuldhafte Verletzung eine der Voraussetzungen für die Haftung des Vertreters ist, sind nur abgabenrechtliche Verpflichtungen und damit ausschließlich solche Obliegenheiten zu verstehen, die in Abgabenvorschriften begründet sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 81/15/0108, 0109, und das bereits zitierte, zur gleichlautenden Rechtslage nach § 7 Abs. 1 WAO ergangene hg. Erkenntnis vom , 84/17/0224). Die von der belangten Behörde gesehene Pflicht des Beschwerdeführers, für die Löschung der Gesellschaft m.b.H. im Handelsregister Sorge zu tragen, ist in keiner abgabenrechtlichen Vorschrift begründet. Eine Verletzung dieser Pflicht berechtigte die belangte Behörde demnach nicht, den Beschwerdeführer für diese Abgabenschulden der Gesellschaft zur Haftung heranzuziehen. Der angefochtene Bescheid ist insoweit inhaltlich rechtswidrig.

Anders verhält es sich unter dem Aspekt des zeitlichen Ablaufs der Ereignisse mit den übrigen, den Gegenstand der Haftung des Beschwerdeführers bildenden uneinbringlichen Abgaben der Gesellschaft. Daß diese erst zu einem Zeitpunkt ermittelt und festgesetzt worden waren, zu dem keine Gesellschaftsmittel mehr vorhanden waren, aus denen die Abgaben entrichtet oder einbehalten werden konnten, steht der Haftung des Beschwerdeführers - unter der Annahme einer ihm vorzuwerfenden Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten - nämlich nicht entgegen. Unter dem Blickwinkel der §§ 9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 BAO kann sich der Zeitpunkt, zu dem die Abgabennachforderungen zu entrichten waren, nicht erst auf Grund der Bescheide ergeben, welche diese Nachforderungen festsetzten. Der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen ist, ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel zur Verfügung hatte, muß vielmehr mit der Antwort auf die Frage bestimmt werden, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären; dies ist bei der Umsatzsteuer, der Abgabe von alkoholischen Getränken und der Kapitalertragsteuer der Zeitpunkt, zu dem diese Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung und Einbehaltung abzuführen gewesen wären (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 86/14/0077).

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist die im angefochtenen Bescheid gezogene Kausalkette vom schuldhaften Verkennen der Unrichtigkeit der für die Grundaufzeichnungen verwendeten Umsatzzahlen zur Uneinbringlichkeit auch der Kapitalertragsteuer dann keine Fiktion, wenn die zugrunde gelegte Prämisse richtig war: Da Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht die dem Beschwerdeführer aus § 248 BAO offengestandene Bekämpfung der Kapitalertragsteuer ist, muß für das Haftungverfahren von der Rechtsrichtigkeit deren Vorschreibung ebenso prüfungslos ausgegangen werden, wie von der Rechtsrichtigkeit der ihrem Entstehen im Beschwerdefall zugrunde gelegten verdeckten Gewinnausschüttung. Daß einer solchen begrifflich - zumindest bedingt - vorsätzliches Handeln der Gesellschaftsorgane vorausgesetzt worden sein mußte (vgl. etwa die dem hg. Erkenntnis vom , 85/14/0080, zugrundeliegende Fallkonstellation), während dem Beschwerdeführer nur fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird, begründet eine Durchbrechung der Kausalitätskette zur Uneinbringlichkeit der Kapitalertragsteuer nicht. Herbeigeführt wurde die verdeckte Gewinnausschüttung - auf der Basis der vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfenden Abgabenbescheide - demnach durch die als vorsätzlich zu erkennende Vorgangsweise des anderen Geschäftsführers. Eine dem Beschwerdeführer gegebenenfalls vorzuwerfende Fahrlässigkeit erstreckte sich aber gerade auch darauf, solche Vorgangsweisen seines Mitgeschäftsführers, die zum Entstehen der verdeckten Gewinnausschüttung und des daraus erfließenden Abgabenanspruchs auf Abfuhr der Kapitalertragsteuer geführt hatten, nicht zu jenem Zeitpunkt erkannt zu haben, zu dem es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, die von der Gesellschaft einzubehaltende Kapitalertragsteuer abzuführen oder dem Entstehen dieses Abgabenanspruchs entgegenzuwirken.

Im Vordergrund der Beschwerdeausführungen steht die Bekämpfung der behördlichen Beurteilung einer schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer. Die belangte Behörde gründet diese ihre Beurteilung auf die Sachverhaltsannahme, daß der Beschwerdeführer einerseits jahrelang die von Mag. B. gelieferten Umsatzdaten kritiklos in seinen Grundaufzeichnungen verwertete, ohne sich von deren Richtigkeit je zu überzeugen, und daß andererseits die dem Betriebsprüfungsbericht vom zu entnehmenden Mängel bei der Kassabuchführung den Beschwerdeführer dazu veranlassen hätten müssen, die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen durch den zweiten Geschäftsführer zu überwachen. Diese Sachverhaltsannahmen könnten die behördliche Beurteilung dann tragen, wenn sie das Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer schlüssigen Beweiswürdigung gewesen wären. Sie sind es aber nicht.

Zu Unrecht hält die belangte Behörde jenen Beschwerdeausführungen, mit denen der Beschwerdeführer ihr vorwirft, sich mit seinem Sachvorbringen im Strafverfahren nicht ausreichend auseinandergesetzt zu haben, die Unbeachtlichkeit der vorgetragenen Sachverhalte wegen des aus § 41 Abs. 1 VwGG ableitbaren Neuerungsverbots entgegen. Wie der Beschwerdeführer in seiner Replik aufzeigt und die belangte Behörde in ihrer dazu erstatteten Gegenäußerung auch zugeben mußte, war der vom Beschwerdeführervertreter kurz vor dem Termin der mündlichen Berufungsverhandlung im Strafverfahren überreichte Schriftsatz ungeachtet des Umstandes, daß die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz ein Eingehen auf dessen Vorbringen für unzulässig ansah, zu den Akten des Finanzstrafverfahrens dennoch genommen worden; die der Berufungsentscheidung zu entnehmende Weigerung der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, diesen Schriftsatz zu den Akten zu nehmen, hatte sich nämlich auf eine andere, dem Vorsitzenden des Berufungssenates im direkten Wege übermittelte Ausfertigung der Eingabe bezogen. Da der Beschwerdeführer in seiner im Haftungsverfahren erhobenen Berufung ausreichend deutlich auf das gegen ihn anhängige Strafverfahren verwiesen hatte, bewirkte dies in zulässiger Weise (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 17/0294/79, 17/0295/79) eine Rezeption seines im Strafverfahren aktenkundigen Sachvorbringens in das Haftungsverfahren. Die belangte Behörde war im Haftungsverfahren zwar an die zur Einstellung des Strafverfahrens führenden Gründe der Finanzstrafbehörde nicht gebunden, wie dies der Beschwerdeführer erkennbar auch einräumt, sie war allerdings angesichts des Verweises des Beschwerdeführers auf das gegen ihn anhängige Finanzstrafverfahren zumal im Hinblick auf dessen Ausgang durch Einstellung aus dem Grunde unzureichend erhobenen Schuldvorwurfes dazu verhalten, sich mit dem Inhalt der Akten des Finanzstrafverfahrens beider Instanzen in der gebotenen Weise vertraut zu machen und alle jene dort aktenkundigen Umstände und Sachbehauptungen des Beschwerdeführers als Beschuldigten der eingehenden Berücksichtigung, Nachprüfung und Würdigung zu unterziehen, bevor sie sich entschließen durfte, die rechtserhebliche Verschuldensfrage gegenteilig zulasten des Beschwerdeführers zu lösen.

Daß die belangte Behörde dies in der zu fordernden Weise unternommen hätte, ist schon deswegen nicht zu erkennen, weil sie sich mit dem ergänzenden Vorbringen des Beschwerdeführers im Finanzstrafverfahren überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Die an früherer Stelle erwähnte qualifizierte Behauptungs- und Mitwirkungspflicht des Geschäftsführers im Haftungsverfahren konnte dem keine Rechtfertigung bieten. Diese qualifizierte Mitwirkungspflicht bedeutet nämlich nicht, daß die Behörde von jeder Ermittlungspflicht entbunden wäre (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom , 88/17/0216, und vom , 91/17/0129); entspricht der Geschäftsführer nämlich seiner Obliegenheit, das Nötige an Behauptung und Beweisanbot zu seiner Entlastung darzutun, dann liegt es an der Behörde, erforderlichenfalls Präzisierungen und Beweise vom Geschäftsführer noch abzufordern, jedenfalls aber konkrete Feststellungen über die von ihm angebotenen Entlastungsbehauptungen zu treffen (vgl. dazu auch die Aussagen in den hg. Erkenntnissen vom , 535/80, und vom , 84/13/0086).

Der Beschwerdeführer hat zu seiner Entlastung behauptet, bei Gründung der Gesellschaft über Mag. B. erstklassige Auskünfte auch über dessen persönliche Zuverlässigkeit erhalten zu haben, auf Grund der positiven Ergebnisse der im Februar 1985 abgeschlossenen Betriebsprüfung in seinem Vertrauen bestärkt worden zu sein, und seinen Steuerberater damit beauftragt zu haben, jegliche Auffälligkeiten in den Daten durch Rückfrage beim anderen Geschäftsführer aufzuklären, welcher nach Auskunft des Steuerberaters alle Rückfragen plausibel beantworten habe können. Dieses vor der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz erstatteten Vorbringen des Beschwerdeführers widersprach wohl zum Teil den zunächst erstatteten Ausführungen des steuerlichen Vertreters im Haftungsverfahren. Dies allein bot aber noch keinen Anlaß, es vollständig zu übergehen. Der auf der Ebene der Beweiswürdigung nicht ohne jede Indizienwirkung bleibende Ausgang des Finanzstrafverfahrens erlaubte es der belangten Behörde nicht, die vor der Finanzstrafbehörde zweiter Instanz aufgestellten Behauptungen des Beschwerdeführers in das gebotene Ermittlungsverfahren nicht einzubeziehen.

Im Falle der Erweislichkeit der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Entlastungsbehauptungen läßt sich aber nicht ausschließen, daß die belangte Behörde zu einem anders lautenden Bescheid gelangt wäre. Zwar geht die Berufung des Beschwerdeführers auf jene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich die haftungsrechtliche Verantwortung im Falle des Vorhandenseins mehrerer potentiell Haftender sich danach zu richten habe, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut sei (vgl. die

hg. Erkenntnisse vom , 81/14/0083, 0169, vom , 91/15/0100, und vom , 90/15/0123), deswegen fehl, weil der Beschwerdeführer selbst als jener Geschäftsführer anzusehen war, dem nach der von ihm dargestellten Geschäftsverteilung die Besorgung der abgabenrechtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft zugekommen war. Das ändert aber nichts daran, daß es dem Beschwerdeführer grundsätzlich nicht verboten sein konnte, sich in der Besorgung der steuerlichen Agenden auch anderer Personen, erst recht des Mitgeschäftsführers und auch des Steuerberaters zu bedienen. Freilich konnte ihn eine solche Delegation von der Haftung dann nicht befreien, wenn er Auswahl- oder Überwachungspflichten verletzt hätte (vgl. hiezu neben den bereits zitierten hg. Erkenntnissen vom , 90/15/0114, auch das Erkenntnis vom , 91/15/0065, und die zu einer Strafsache angestellten Überlegungen des Gerichtshofs in den vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnis vom , 83/14/0152). Auswahlverschulden wirft die belangte Behörde dem Beschwerdeführer nicht vor. Daß sich die behördliche Beurteilung eines dem Beschwerdeführer zuzuschreibenden Überwachungsverschuldens aufrechterhalten ließe, wenn sich seine Behauptungen betreffend die über Mag. B. zuvor erhaltenen Auskünfte, sein Ersuchen an den Steuerberater und dessen Antworten über die Plausibilität der von Mag. B. gegebenen Aufklärungen, betreffend vor allem aber das anstandslose Ergebnis der im Jahre 1985 abgeschlossenen Betriebsprüfung als erweislich zeigten, kann nicht mit einer Gewißheit gesagt werden, welche die belangte Behörde davon enthoben hätte, diese Behauptungen des Beschwerdeführers ihrem Ermittlungsverfahren zu unterziehen.

Der im angefochtenen Bescheid getroffene Hinweis auf die in den Betriebsprüfungsbericht vom auch aufgenommenen Mängel der Kassabuchführung ist nicht geeignet, an dieser Beurteilung etwas zu ändern. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die festgestellten Mängel bei der Kassabuchführung den Beschwerdeführer dazu veranlassen hätten müssen, die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen durch den zweiten Geschäftsführer zu überwachen, entbehrt einer schlüssigen Begründung. Soweit die festgestellten Mängel in buchhaltungstechnischen Fehlern des Beschwerdeführers bestanden, widerspricht die behördliche Schlußfolgerung, wie der Beschwerdeführer richtig einwendet, den Denkgesetzen. Welche der Mängel der Kassabuchführung durch den Beschwerdeführer aber aus welchen Gründen auf welche, worin bestehende Verdächtigkeit welcher konkreten Belege zurückgegangen sein mußten, aus welcher dem Beschwerdeführer bei gehöriger Aufmerksamkeit zu welchem Zeitpunkt die Einsicht in die Erforderlichkeit welcher Kontroll- und Abhilfemaßnahmen erwachsen mußte, wäre von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid unter Bezugnahme auf aktenkundig vorhandene Belege nachprüfbar zu erläutern gewesen. Die statt dessen im angefochtenen Bescheid zu diesem Punkt gegebene Begründung entspricht diesen Anforderungen nicht. Sie erschöpft sich trotz ihres Umfangs in einer Aufzählung von Mangelhaftigkeiten, die in der allgemein gehaltenen Beschreibung der Mängel deren Eignung, aus ihrem Vorliegen ein Überwachungsverschulden des Beschwerdeführers abzuleiten, nicht in einer Weise aufzeigt, welcher der dem Verwaltungsgerichtshof aufgetragenen Schlüssigkeitskontrolle standhielte. In diesem Zusammenhang fällt auf, daß die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer gegebenen Darstellung jener Umstände, aus welchen gefolgert werden müsse, daß die festgestellten Buchführungsmängel den Schätzungsgrund gar nicht gebildet hätten, zu keiner Zeit entgegengetreten ist. Den im Haftungsbescheid des Finanzamtes dem Beschwerdeführer gemachten Vorwurf, es hätte ihm die Unrichtigkeit der mitgeteilten Umsatzzahlen auf Grund einer Nachkalkulation ebenso wie dem Betriebsprüfer auffallen müssen, hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht mehr erhoben. Es hätte ein solcher Vorwurf im übrigen auch der entsprechend eingehenden, dem sachlichen und rechnerischen Nachvollzug in jeder Hinsicht zugänglichen Begründung bedurft.

Es beruht die behördliche Beurteilung einer schuldhaften Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer somit zum einen auf einem unzureichend geführten Ermittlungsverfahren, und zum anderen auf einer in der oben dargestellten Weise unzulänglichen Begründung.

Es haftet dem angefochtenen Bescheid jedoch noch ein weiterer Begründungsmangel an. Die Heranziehung zur Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, welche sich gemäß § 20 BAO innerhalb der Grenzen zu halten hat, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 87/14/0059, vom , 87/15/0136, und vom , 87/17/0313). Wie insbesondere im letztzitierten Erkenntnis klargestellt wurde, obliegt es in der Ermessensentscheidung der Behörde darzulegen, aus welchen Gründen den Erwägungen der Zweckmäßigkeit gegenüber jenen der Billigkeit der Vorzug einzuräumen war. Dies hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid unterlassen. Eine Begründung der Ermessensübung war zwar nicht unter dem vom Beschwerdeführer aufgezeigten Aspekt eines Mitverschuldens der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der Abgaben der Gesellschaft angezeigt. Bei diesem Beschwerdevorbringen handelt es sich tatsächlich um eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung, da das Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren in dieser Richtung nichts enthalten hatte. Wohl gebot aber die Besonderheit der gesamten Fallkonstellation, zumal in der Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung auch für die uneinbringlich gewordene Kapitalertragsteuer, eine sorgfältige Begründung jenes Ermessens, mit welchem die belangte Behörde dem öffentlichen Interesse an der Einbringung der Abgaben gegenüber den Interessen des Beschwerdeführers den Vorrang einzuräumen müssen glaubte.

Die belangte Behörde hat ihren Bescheid demnach in der dargestellten Weise mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Diese Rechtswidrigkeit hat als Aufhebungsgrund jedoch jener inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hintanzustehen, welche in der Heranziehung des Beschwerdeführers zur Haftung auch für die Vermögensteuervorauszahlungen der Jahre 1989 und 1990 besteht; es war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens gründet sich darauf, daß folgender Stempelgebührenmehraufwand nicht ersetzt werden konnte: Der Vorlage des angefochtenen Bescheides bedurfte es in lediglich einfacher Ausfertigung; die Vorlage der Berufungsentscheidung im Finanzstrafverfahren war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich; die Replik war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung zwar als erforderlich anzusehen, weil der Beschwerdeführer dem in der Gegenschrift erhobenen Vorwurf eines Verstoßes seiner Ausführungen gegen das Neuerungsverbot erfolgreich entgegengetreten ist, sie war aber lediglich in zweifacher Ausfertigung zu überreichen, was ebenso für die ihr angeschlossene Beilage gilt, die in ihrem zweiten Blatt trotz Relevanz in den Verwaltungsakten nicht enthalten gewesen war.