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VwGH vom 20.11.1996, 94/13/0226

VwGH vom 20.11.1996, 94/13/0226

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der M GmbH in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IIIa, vom , Zl. 6/2-2019/92-11, 6/2-2434/93-11, betreffend Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftsteuer für 1987 sowie Umsatzsteuer für 1988 und 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH, die im Jahre 1979 gegründet worden war, erklärte für das Jahr 1987 einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 114.878,12, wobei die Einnahmen auf Bankzinsen in Höhe von S 38,-- beschränkt waren.

Das Finanzamt stellte die jeweiligen Bemessungsgrundlagen für Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer mit S 0,-- fest. In der Begründung wurde vom Finanzamt darauf hingewiesen, seit dem Jahre 1983 seien keinerlei Einnahmen erzielt worden. Eine unternehmerische Tätigkeit liege daher nicht vor.

In der Berufung gegen die Bescheide betreffend Umsatz-, Körperschaft- und Gewerbesteuer 1987 wurde ausgeführt, daß von der GmbH folgende Tätigkeiten ausgeübt worden seien:

Beim Markenregister des Österreichischen Patentamtes sei im Jahre 1985 die Marke "P" für die GmbH eingetragen worden. Es sei ein Projekt für die Erzeugung und den Vertrieb einer völlig neuen "fast-food-Speise" ausgearbeitet worden. Mit der Produktion hätte nicht begonnen werden können, da sich große "fast-food-Produzenten" dagegen gestellt hätten.

Weiters sei der Markenname "G" eingetragen worden. Für die Vermarktung dieses zweifellos interessanten Markennamens seien bisher vergeblich Partner gesucht worden.

Ferner sei ein Markenzeichen "A-A" registriert worden. In Zusammenhang mit der "Interessengemeinschaft zur Förderung österreichischer Qualität im Handel, Gewerbe und Industrie" hätte ein Gästeführer für die Aktion "Österreich grüßt seine Gäste" herausgegeben werden sollen. Die Reaktionen der Fremdenverkehrswirtschaft seien so gering gewesen, daß diese Aktion habe abgebrochen werden müssen.

Im Jahre 1987 sollte anläßlich des Papstbesuches im Juni 1988 eine Statue angefertigt werden. Es seien 40.000 Werbedrucke verteilt und ein Inserat in einer Tageszeitung plaziert worden. Der Erfolg der Aktion seien 68 Anfragen und drei Bestellungen gewesen. Da eine Mindestauflage von 500 Stück vorgesehen gewesen sei, hätten diese bestellten drei Stück bei einem Preis von S 4.800,-- gar nicht angefertigt werden können.

Für das Jahr 1988 erklärte die Beschwerdeführerin einen Verlust von S 136.915,68, ohne daß Einnahmen erzielt worden waren. Für 1989 wurde bei Einnahmen von S 40.840,-- zuzüglich Bankzinsen von S 361,-- ein Verlust in Höhe von S 107.571,31 erklärt.

Das Finanzamt erließ in der Folge vorläufige Bescheide, mit denen es die Umsatzsteuer für 1988 und für 1989 nicht festsetzte.

Bei einer persönlichen Vorsprache gab der Gesellschafter und Geschäftsführer Ernst C. am gegenüber der belangten Behörde an, er habe im Jahre 1979 mit Edith S. die GmbH gegründet. 1979/1980 sei von der GmbH in W ein Sexshop eröffnet worden. Seitens des Bezirksvorstehers sei ihm nahegelegt worden, diese Tätigkeit nicht im 19. Bezirk auszuüben. Bereits in der ersten Nacht sei ein Pflasterstein in die Auslage geworfen worden, worauf das Geschäft sofort wieder geschlossen worden sei. In der Folge seien zunächst keine weiteren Tätigkeiten ausgeübt worden. 1984/1985 habe ein Bekannter seines Vaters die "P-Idee" entwickelt. Da es nicht gelungen sei, "P" am Markt zu etablieren, sei es letztlich beim Versuch geblieben, ein neues Produkt auf den Markt zu bringen. Die nächsten Projekte seien ein Gästeführer, die Statue anläßlich des Papstbesuches sowie ein Vermittlungsauftrag mit dem deutschen Unternehmen K-Optik in H zum Vertrieb von Refraktometern gewesen. Refraktometer dienten zur Bestimmung von Feststoffen in Flüssigkeiten. Die Beschwerdeführerin habe an sämtliche österreichische Apotheken Prospekte für diese Geräte versandt. Es hätten vier Handrefraktometer (zum Preis von je S 2.000,--) und zwei Standrefraktometer zum Preis von ca. S 35.000,-- verkauft werden können. Außer den angeführten Projekten seien für die Jahre 1987 bis 1989 keine betrieblichen Tätigkeiten entfaltet worden.

Dkfm. Erich F., Vater des Geschäftsführers Ernst C., gab als Auskunftsperson am gegenüber der belangten Behörde an, die L. GmbH, deren Firmenwortlaut im Jahre 1993 geändert worden sei, sei im Jahre 1979 gegründet worden. 1980/1981 habe er Otto N. kennengelernt; gemeinsam sei die "P-Idee geboren" worden. Es sei erfolglos versucht worden, "P" am Markt zu plazieren. Seiner Ansicht nach hätte sein Sohn mehr Kapital gebraucht, um das Projekt realisieren zu können. 1984/1985 sei das "A-Paket" markenrechtlich geschützt worden; es hätte in der Form verwertet werden sollen, daß sich österreichische Hoteliers dadurch beteiligen sollten, daß an Gäste zu diversen Anlässen Glückwunschkarten mit dem Signet "Österreich grüßt seine Gäste" versendet werden sollten. Es sei zu keinem wirtschaftlichen Erfolg gekommen, weil die Hoteliers kein Interesse an dem Projekt gehabt hätten. Zur Adressenerstellung sei eine Computeranlage angeschafft worden, die von der "Firma F", L, finanziert worden sei. Die Firma F habe arabischen Kaufleuten gehört, die keinen wirtschaftlichen Erfolg erwartet hätten. Sämtliche Entscheidungen der GmbH seien deswegen von Dkfm. F. getroffen worden, weil er sehr viele Erfahrungen und gute Beziehungen habe. Anläßlich des Papstbesuches sei versucht worden, eine vom Papst gesegnete Statue auf den Markt zu bringen. Es sei eine Aussendung im Kurier gemacht worden; weiters seien 40.000 Blätter zur Bestellung aufgelegt worden, die bei sämtlichen Terminen des Papstbesuches verteilt worden seien. Lediglich dem Papst sei eine Statue durch den Kardinal überreicht worden. Im Jahre 1989 habe Dkfm. F. zur Firma K, H, einen geschäftlichen Kontakt aufgebaut. Die GmbH sei beauftragt worden, Refraktometer an österreichische Apotheken und Labors zu verkaufen. Die Firma K habe sich einen Verkauf von ca. 600 Geräten zu S 30.000,-- erwartet. Die Apotheker hätten aber kein Interesse gezeigt. Sämtliche Projekte, mit Ausnahme des Verkaufs einiger Refraktometer, hätten sich als "wirtschaftliche Flops" erwiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde seien die Ursachen für den fehlenden Geschäftserfolg darin gelegen gewesen, daß der Betrieb in keiner Weise nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt worden sei. Es seien immer wieder Geschäftsideen aufgegriffen worden, die nicht erfolgversprechend gewesen seien. Es habe an betrieblicher Planung und Organisation sowie an den finanziellen Mitteln gefehlt, um eine Geschäftsidee realisieren zu können. Auch die Buchhaltung der Beschwerdeführerin sei mangelhaft gewesen. Es genüge nicht, lediglich ein Gewinn- und Verlust-Konto zu führen, auf dem hauptsächlich Treibstoff, Kraftfahrzeuginstandhaltungskosten sowie Werbeaufwand und Abschreibungen geltend gemacht würden. Im Jahre 1987 seien z.B. Prüfungs- und Beratungskosten in Höhe von S 14.000,-- geltend gemacht worden, obwohl die Beschwerdeführerin keinen steuerlichen Vertreter gehabt habe. Gehälter in Höhe von S 17.000,-- und gesetzlicher sozialer Aufwand in Höhe von S 13.722,-- seien abgesetzt worden, obwohl die Beschwerdeführerin nach Aussage des Geschäftsführers niemals Mitarbeiter beschäftigt habe.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit sich die Beschwerdeführerin auf die "Liebhabereiverordnung" beruft, ist ihr zunächst entgegenzuhalten, daß die Verordnung vom , BGBl. Nr. 322, für die Streitjahre 1987 bis 1989 keine Anwendung findet (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/13/0126).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - an der sich auch durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 93/13/0171, nichts geändert hat - ist die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung in erster Linie danach zu beurteilen, ob die geprüfte Tätigkeit in der betriebenen Weise objektiv Aussicht hat, sich lohnend zu gestalten. Liebhaberei in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht ist anzunehmen, wenn unter Bedachtnahme auf den Betriebsgegenstand und die Art der Betriebsführung Gewinne oder Einnahmenüberschüsse überhaupt nicht erwirtschaftet werden können, sodaß eine Person dann nicht Unternehmer i.S.d. UStG ist, wenn ihre Tätigkeit auf Dauer gesehen und unter Anwendung objektiver Kriterien Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten läßt. Eine solche Beurteilung kann dabei im Einzelfall schon dann Platz greifen, wenn bei einer Tätigkeit nach den besonderen Umständen die Erzielung von positiven Einkünften von vornherein aussichtslos erscheint (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/13/0027, und vom , 90/14/0062).

Die Beschwerdeführerin hat vor und während des Streitzeitraumes einige Marken im Markenregister eintragen lassen, aus diesen Marken aber unbestrittenermaßen keinerlei wirtschaftlichen Erfolg erzielt. Zutreffend hat die belangte Behörde hiezu die Auffassung vertreten, daß die bloße Veranlassung der Registrierung einer Marke noch keine Bestätigung ist, die für sich eine wirtschaftlich lohnende Gestaltung erwarten läßt.

Die belangte Behörde hat aus dem Ermittlungsergebnis, insbesondere aus den vorgelegten Gewinn- und Verlust-Rechnungen und den Einvernahmen des Gesellschafters Ernst C. und seines Vaters, Dkfm. F., den Schluß gezogen, die Beschwerdeführerin habe über keine Organisation und keine finanziellen Mittel verfügt, die in der Beschwerdeschrift selbst als solche bezeichneten "Ideen" wirtschaftlich zu nutzen. Abgesehen davon, daß von den in Rede stehenden Betätigungen die Registrierung der Marken "P" und "G" vor dem Streitzeitraum erfolgt ist, konnten vom Vertreter der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren keine Angaben darüber gemacht werden, auf welche Weise eine wirtschaftliche Nutzung der "Ideen" konkret erfolgen sollte. Auch der beabsichtigte Vertrieb einer Statue anläßlich des Papstbesuchs spricht nicht für eine nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten durchgeführte Geschäftstätigkeit, da es sich dabei nur um einmalige Betätigung aus einem bestimmten Anlaß handelte. Überdies sind die im Beschwerdefall gemachten Angaben in sich widersprüchlich, da Dkfm. F. von der Übergabe einer Statue an den Papst gesprochen hat, während ansonsten der Eindruck erweckt wurde, man habe von der Herstellung der Statuen Abstand genommen. Auch entsprechende Aufwendungen (etwa für die Auflage von Prospekten und deren Vertrieb) sind aus den vorgelegten Gewinn- und Verlust-Rechnungen nicht erkennbar. Schließlich änderten die vereinzelten Einnahmen für die wenigen verkauften Refraktometer, wie von der belangten Behörde zutreffend festgestellt wurde, nichts daran, daß die Gesamtbetätigung der Beschwerdeführerin nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt worden ist.

Der Umstand, daß über längere Zeiträume jeweils nur einzelne Versuche unternommen wurden, ein bestimmtes Projekt zu betreiben, alle Projekte offenkundig mangels ausreichender finanzieller Mittel der Beschwerdeführerin sowie mangels Erforschung der Marktgängigkeit der zu vertreibenden Waren oder angebotenen Leistungen aber zum Scheitern verurteilt waren, läßt bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung die Aussichtslosigkeit einer Gewinnerzielung erkennen. Nicht eine nachhaltige Betätigung unternehmerischen Willens führte zu den vereinzelten Projekten, sondern vielmehr waren Hinweise von Bekannten des Vaters des Geschäftsführers und äußere Ereignisse Anlaß für die jeweilige Aktivität der Beschwerdeführerin.

Soweit schließlich von der Beschwerdeführerin darauf verwiesen wurde, daß sie nach Umbenennung in M GmbH im Herbst 1993 von dem Fast-Food-Unternehmen X geklagt worden und daß im Jahre 1992 eine Wohnung zur Vermietung an Prostituierte erworben worden sei, ist nicht erkennbar, weshalb sich aus diesem Vorbringen eine Unrichtigkeit der von der belangten Behörde für die Streitjahre getroffenen Entscheidung ergeben soll.

Die Beschwerdeführerin rügt letztlich, eine "Schätzung nach § 84 BAO" (richtig: § 184 BAO) sei nicht berechtigt gewesen. Tatsächlich hat die Abgabenbehörde erster Instanz hinsichtlich des Streitjahres 1987 - anders als für die Jahre 1988 und 1989 - die Besteuerungsgrundlagen mit S 0,-- festgesetzt und somit nicht etwa - wie für die Jahre 1988 und 1989 - festgestellt, daß eine Veranlagung nicht vorgenommen wird. Aus dem Zusammenhang mit der zur Auslegung des Spruches heranzuziehenden Begründung sollte damit aber nicht etwa eine Besteuerungsgrundlage in Höhe von S 0,-- festgestellt werden; vielmehr sollte damit von der Abgabenbehörde zum Ausdruck gebracht werden, daß solche Besteuerungsgrundlagen eben nicht vorhanden waren. Aus welchem Grund die belangte Behörde dennoch im letzten Absatz des angefochtenen Bescheides ausführte, die Besteuerungsgrundlagen hätten geschätzt werden müssen, ist dabei allerdings nicht verständlich. Dennoch ist nicht erkennbar, in welchem Recht die Beschwerdeführerin durch diesen zum übrigen Inhalt des angefochtenen Bescheides im Widerspruch stehenden Begründungsteil verletzt sein könnte, zumal die Überprüfbarkeit des angefochtenen Bescheides dadurch nicht beeinträchtigt erscheint.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.