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VwGH vom 25.11.2002, 99/14/0273

VwGH vom 25.11.2002, 99/14/0273

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

99/14/0265 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde des HP in L, vertreten durch Dr. Jakob Oberhofer und Dr. Johannes Hiebler, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Tiroler Straße 30, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. UVS- 1999/14/027-1, betreffend Übertretung des Kommunalsteuergesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma P. Ges.m.b.H. "und sohin als Steuerschuldner hinsichtlich der Kommunalsteuer auf die Arbeitslöhne" zu verantworten, dass Kommunalsteuer zu näher bezeichneten Fälligkeitsterminen nicht eingebracht worden sei. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach "§ 9 Abs. 1 VStG i.V.m. § 15 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 2 Kommunalsteuergesetz 1993"(KommStG) begangen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen das genannte Straferkenntnis mit der Maßgabe nicht Folge, dass das Teilzitat "§ 9 Abs. 1 VStG i. V.m." zu entfallen habe. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus: Bereits auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers stehe fest, dass dieser die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen begangen habe. Zur Frage des Verschuldens sei darauf hinzuweisen, dass er bereits in seinem Einspruch gegen die Strafverfügung ausgeführt hätte, ihm sei die rechtzeitige Entrichtung der Kommunalsteuer auf Grund der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens nicht möglich gewesen, weil die Firmenkonten keine Deckung für die Überweisung der Kommunalsteuer aufgewiesen hätten. Mit Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom sei er aufgefordert worden, seine Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse bekannt zu geben, da diese bei der Bemessung einer allenfalls zu verhängenden Geldstrafe wichtige Kriterien darstellten. Dieser Aufforderung habe der Beschwerdeführer nicht entsprochen. Im Hinblick darauf, dass ihm die Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung der Kommunalsteuer bekannt gewesen sei, dass er weiters kein Ansuchen um Zahlungsaufschub oder Zahlungserleichterung gestellt habe und darüber hinaus auch die Aufforderung der Erstbehörde zur Bekanntgabe seiner Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht beantwortet habe, seien Umstände nicht hervorgekommen, die die von ihm behauptete Zahlungsunfähigkeit zu stützen vermocht hätten. Der Hinweis auf mangelnde Kontendeckung und weitere Schulden lasse nicht erkennen, warum eine zeitgerechte Entrichtung der Kommunalsteuer nicht möglich gewesen sein sollte. Die Kommunalsteuer (für die Monate Juli bis September 1998) habe durch Teilzahlungen im Dezember 1998 und März 1999 bezahlt werden können. Dem Beschwerdeführer sei die Verschuldensform der Fahrlässigkeit anzulasten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 2 KommStG in der maßgeblichen Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 2001, BGBl. I Nr. 144, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer die Kommunalsteuer nicht bis zum Zeitpunkt der Fälligkeit entrichtet oder die Steuererklärung nicht termingemäß einreicht. Gemäß Abs. 3 leg. cit. richtet sich die Ahndung der Verwaltungsübertretungen nach dem Verwaltungsstrafgesetz 1991.

Gemäß § 11 Abs. 2 leg. cit. ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauf folgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Dem angefochtenen Bescheid haftet in mehrfacher Hinsicht eine inhaltliche Rechtswidrigkeit an:

Zunächst ist nicht einsichtig, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ein fahrlässiges Verhalten vorwirft, stellte sie doch unbestritten fest, dass er die Kommunalsteuer bewusst (behauptetermaßen mangels finanzieller Möglichkeiten) nicht entrichtet hat. Unerfindlich ist somit der Vorwurf eines fahrlässigen Verhaltens, kommt doch nach diesen Feststellungen nur eine vorsätzliche Tatbegehung in Frage. Durch diesen Rechtsirrtum wurde der Beschwerdeführer allerdings nicht in subjektiven Rechten verletzt.

Eine Verletzung in subjektiven Rechten erfolgte jedoch dadurch, dass die belangte Behörde ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers annahm, ohne auf den Einwand der fehlenden Mittel der Gesellschaft in der Weise Bedacht zu nehmen, dass darüber konkrete Feststellungen getroffen werden. Den diesbezüglichen Einwand des Beschwerdeführers verwarf die belangte Behörde im Wesentlichen mit der Begründung, es sei kein Ansuchen um Zahlungsaufschub oder Zahlungserleichterung gestellt worden und er sei der Aufforderung zur Bekanntgabe "seiner" Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse nicht nachgekommen. Steuerschuldner der Kommunalsteuer ist nämlich nicht der Geschäftsführer einer Gesellschaft, sondern die Gesellschaft als Unternehmer selbst. Verfehlt ist daher die Ansicht, die finanziellen Verhältnisse des Geschäftsführers als gemäß § 9 Abs. 1 VStG strafrechtlich Verantwortlichen stünden in einem Zusammenhang mit der Möglichkeit, aus Gesellschaftsmitteln die Kommunalsteuer zu entrichten. Wie die erstinstanzliche Behörde im Aufforderungsschreiben vom diesbezüglich richtig ausführte, stellen die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers (lediglich) bei der Bemessung der Geldstrafe Kriterien dar. Die unverschuldete Unmöglichkeit, eine Vorschrift einzuhalten, lässt ein schuldhaftes Verhalten im Sinn des § 5 Abs. 1 VStG entfallen. Genau darauf bezog sich der Einwand des Beschwerdeführers, die rechtzeitige Entrichtung der Kommunalsteuer sei auf Grund der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens nicht möglich gewesen. An sich zutreffend wertete die belangte Behörde die Übertretung nach § 15 Abs. 2 KommStG als Erfolgsdelikt. (Vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/13/0035; zum fehlenden Verschulden vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, § 5 VStG/E 8).

Zur weiteren Bescheidbegründung ist anzumerken, dass spätere Teilzahlungen eine vorher bestandene Zahlungsunmöglichkeit nicht auszuschließen vermögen. Ob der Steuerschuldner "schon längst konkursreif" ist, spielt für sich gesehen im gegebenen Zusammenhang keine Rolle.

Aus dem zur Beweiswürdigung abgegebenen Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer kein Ersuchen um Zahlungsaufschub oder Zahlungserleichterung gestellt hat, kann noch keine Feststellung über die Zahlungsmöglichkeit aus Gesellschaftsmitteln abgeleitet werden.

Rechtswidrig im Sinn des § 44b Z. 1 VStG ist der Tatvorwurf, der Beschwerdeführer sei "Steuerschuldner hinsichtlich der Kommunalsteuer auf die Arbeitslöhne". Richtigerweise - und in der Beschwerde nicht bestritten - ist der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich. Wenn es auch der Anführung der letztgenannten Vorschrift nicht bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/11/0042), lässt die Beseitigung dieses Zitats durch die belangte Behörde erkennen, dass sie in rechtsirriger Weise den Beschwerdeführer als Steuerschuldner angesehen hat. Daraus erklärt sich die - oben dargelegte - gleichfalls rechtswidrige Ansicht, es käme bei der Beurteilung des fehlenden Verschuldens auf die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers an.

Für das fortzusetzende Verfahren sei darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. G 110/02 u.a., ausgesprochen hat, dass § 15 KommStG in der hier anzuwendenden Fassung verfassungswidrig war.

Aus den oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am