VwGH vom 25.10.2000, 94/13/0150
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Urtz, über die Beschwerde der B GesmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. Peter Avancini, Rechtsanwalt in Wien IX, Währinger Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom , Zl. 6/3 - 3104/93-05, betreffend Umsatz- und Gewerbesteuer sowie einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für die Jahre 1984 bis 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Anlässlich einer bei der beschwerdeführenden GesmbH & Co KG, deren Unternehmensgegenstand nach dem abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag den Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Antiquitäten und Kunstgegenständen umfasst, und die ihren Gewinn nach § 5 EStG ermittelt, durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 1984 bis 1988 wurde festgestellt, dass der seit 1978 betriebene Handel mit Antiquitäten laufend im Detail angeführte Verluste (bis 1988 in Höhe von insgesamt S 4,000.000,--) ergeben habe. Ab Ende 1984 sei der bis zu diesem Zeitpunkt in der W-Gasse geführte Betrieb in die Wohnung des mit 90 % am Erfolg der KG beteiligten Kommanditisten (10 % hielt die Komplementär - GmbH), eines in führender Position tätigen Bankangestellten verlegt, und das Gassenlokal ab 1985 vermietet worden. Bei der Vermietung des Lokals sei die Beschwerdeführerin nur vermögensverwaltend tätig geworden, sodass es sich hiebei (entsprechend der zum Zeitpunkt der Prüfung anzuwendenden Liebhabereiverordnung vom ) um einen gesondert zu beurteilenden Nebenbetrieb handle. Bei den angeführten Verlusten seien die Mieterträge (von jährlich durchschnittlich S 410.000,-- ausgeschieden worden). Nach den weiteren Feststellungen des Prüfers hätten sich die Verluste des Antiquitätenhandels in der Größenordnung von 12 % bis 78 % der erklärten Umsätze bewegt. Im Prüfungszeitraum hätten sich gegenüber den Vorjahren deutlich steigende Verluste ergeben. In den Prüfungsjahren seien mehrfach Verkäufe unter den Einstandspreisen oder in Höhe der Einstandspreise sowie eine geringe Umschlagshäufigkeit festgestellt worden. Die Lagerzeit habe im Durchschnitt mehr als zwei Jahre betragen. Der durchschnittliche Rohaufschlag von 26 % sei deutlich unter dem vergleichbarer Betriebe (50 % bis 100 %) gelegen. Der Prüfer gelangte auf Grund dieser Feststellungen zur Ansicht, dass die objektive Ertragsfähigkeit nicht möglich und "in weiterer Folge" nicht zu erwarten sei. Da eine wesentliche Änderung der Bewirtschaftung nicht vorliege, sei der Handel mit Antiquitäten als Liebhaberei und der Überschuss aus der Untervermietung in den Jahren 1985 bis 1988 (durchschnittlich rund S 340.000,--) als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu betrachten. Die Vorsteuern aus dem Handel mit Antiquitäten seien nicht abzugsfähig, die erklärten Umsätze gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1972 der Umsatzsteuer zu unterziehen. Eine Veranlagung zur Gewerbesteuer habe mangels Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht zu erfolgen.
In einer gegen die entsprechend erlassenen Abgabenbescheide erhobenen Berufung wurde insbesondere gerügt, dass die Liebhabereiverordnung unrichtig angewandt worden sei, darüber hinaus wurde aber auch ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin zunächst bis 1984 in den Geschäftsräumen einen Handel mit Antiquitäten, Bildern alter Meister und Skulpturen geführt habe. Wegen der insbesondere für kleine Unternehmen ungünstigen Marktlage, woraus sich ergeben habe, dass ständig Verluste hätten hingenommen werden müssen, habe sich die Geschäftsführung entschlossen, verschiedene wirtschaftliche Maßnahmen zu setzen, die in Zukunft eine positive Ertragslage ermöglichen sollten. So sei das Geschäftslokal auf einige Jahre untervermietet worden und gleichzeitig das Warenangebot von Grund auf geändert worden. Antiquitäten, alte Bilder und Skulpturen seien zur Gänze abverkauft und an ihrer Stelle moderne Kunst erworben und angeboten worden. Der Betrieb sei in die Wohnung des Kommanditisten verlegt worden, wobei aber einige Räume ausschließlich für das Unternehmen in Verwendung seien. Leider habe sich zunächst auch der Handel mit moderner Kunst defizitär entwickelt, weil einerseits erst günstige Bezugsquellen hätten gefunden und andererseits ein neuer Kundenstock hätte aufgebaut werden müssen. Die "Geschäftsführerin" der Beschwerdeführerin (gemeint: die Geschäftsführerin der geschäftsführenden Komplementär GmbH der Beschwerdeführerin) habe auf einschlägigem Gebiet die Berechtigung erworben, als gerichtlich beeidete Sachverständige tätig zu sein, wodurch der Bekanntheitsgrad am Markt hätte verbessert werden können. Dennoch seien in den Jahren 1984 bis 1989 Verluste eingetreten. Erst im Jahr 1990 habe erstmals ein Gewinn erzielt werden können (rund S 170.000,-- einschließlich der Erträge aus der Vermietung des ursprünglichen Geschäftslokales in Höhe von rund S 500.000,--). Völlig unrichtig sei auch die Vorgangsweise, das zeitweilig vermietete Lokal aus dem Betriebsvermögen auszuscheiden und im Rahmen der Vermietung und Verpachtung als eigene Einkunftsquelle zu beurteilen. Es könne nämlich nicht übersehen werden, dass dieses Lokal kraft Mietvertrages der Beschwerdeführerin und nicht deren Gesellschaftern persönlich zustehe. Da eine Untervermietung nur auf maximal fünf bis sieben Jahre (zur Kosteneinsparung) vorgesehen gewesen sei und dann wieder Eigennutzung habe eintreten sollen, habe das Lokal für die Dauer der Untervermietung ein betriebliches Reservewirtschaftsgut dargestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen, wobei die Liebhabereiverordnung im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V 53/91-15 u.a., nicht angewandt wurde. Zu den erklärten Gewinnen der Jahre 1990 und 1991 (rund S 170.000,-- und rund S 180.000,--) wies die belangte Behörde darauf hin, dass darin jeweils Mieterlöse von über S 500.000,-- enthalten seien, sodass sich der "Antiquitätenhandel" nach wie vor "hochgradig in der Verlustzone" bewege. Es erlaube "keine wie immer geartete steuerliche Betrachtungsweise die gegenständliche Vermietung als Wirtschaftsteil des Antiquitätenhandels" anzusehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin insofern in ihren Rechten verletzt, als der Kunsthandel nicht als Einkunftsquelle anerkannt, sondern als Liebhaberei eingestuft und die befristete Untervermietung des Geschäftslokales vom Kunsthandel (trotz "Betriebswidmung") abgespalten worden sei.
Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, dass die Liebhabereiverordnung 1990 (in der Folge: Verordnung) ungeachtet der Aufhebung ihres Art. II durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , V 53/91-15 u.a., auf den gegenständlichen, die Jahre 1984 bis 1988 betreffenden Fall anzuwenden sei, weil nach Art. 139 Abs. 6 B-VG eine wegen Gesetzwidrigkeit aufgehobene Verordnung auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles weiterhin anzuwenden sei, sofern der Verfassungsgerichtshof - wie gegenständlich - in seinem aufhebenden Erkenntnis nicht etwas anderes ausspreche.
Zu einem gleichartigen Vorbringen wurde mit hg. Erkenntnis vom , 98/13/0012, ausgesprochen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst sehe, von seiner Rechtsprechung, wonach die vom Verfassungsgerichtshof nicht aufgehobenen Teile der Verordnung erst ab der Veranlagung 1990 anzuwenden seien, abzugehen. Im (aufgehobenen) Art. II der Verordnung sei bestimmt worden, dass Art. I der Verordnung "auf alle nicht endgültig rechtskräftigen Fälle" anzuwenden sei. Sachverhaltsmäßige Voraussetzung der Anwendung des Art. II der Verordnung sei somit der Umstand gewesen, dass eine endgültige rechtskräftige Veranlagung (bisher) unterblieben sei. Im damaligen, wie auch im gegenständlichen Fall erfolgte die endgültige rechtskräftige Veranlagung und damit der maßgebliche Tatbestand mit Erlassung des (nunmehr angefochtenen) Berufungsbescheides nicht vor, sondern nach dem Ergehen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes (gegenständlich am ). Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass gegenständlich die Verordnung noch nicht anzuwenden war.
Nach der Rechtslage vor Inkrafttreten der Verordnung gelten nur Tätigkeiten, die auf Dauer gesehen positive Einkünfte erwarten lassen, als Einkunftsquelle, wobei es in erster Linie auf die objektive Möglichkeit, positive Einkünfte zu erzielen, auf die (subjektive) Einkünfteerzielungsabsicht hingegen nur im Zweifel ankommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0136). In seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 93/13/0171, hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. daran festgehalten, dass unter Ertragsfähigkeit einer Betätigung als Tatbestandsvoraussetzung ihrer Einkunftsquelleneigenschaft die Eignung der Tätigkeit zu verstehen ist, einen der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglichen wirtschaftlichen Gesamterfolg innerhalb eines absehbaren Zeitraumes abzuwerfen.
Vor diesem Hintergrund ist aber das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerdeführerin betont zwar die subjektive Gewinnerzielungsabsicht, zeigt aber selbst unter Berücksichtigung einer behaupteten Änderung der Bewirtschaftungsart ab 1985 (durch Änderung der gehandelten Gegenstände) keinerlei Anhaltspunkte dafür auf, dass trotz der aus dem Kunsthandel erzielten Verluste die objektive Möglichkeit besteht, innerhalb absehbarer Zeit - auch unter Einbeziehung der Vermietungseinkünfte - einen Gesamterfolg zu erwirtschaften. Mit ihrem Vorbringen, die Untervermietung des ehemaligen Geschäftslokales sei nur befristet erfolgt, zeigt die Beschwerdeführerin - ausgehend von ihrer Ansicht, die Erträge aus der Untervermietung seien im Rahmen des Kunsthandels zu berücksichtigen - sogar auf, dass nach tatsächlicher Beendigung der Untervermietung die daraus entstandenen erheblichen Erträge (rund S 410.000,-- pro Jahr), welche allein dazu geführt hatten, dass in den Jahren 1990 und 1991 positive Ergebnisse entstanden waren, nicht mehr anfallen werden.
Zutreffend zeigt die Beschwerdeführerin hingegen zur Streitfrage, ob der Kunsthandel und die Untervermietung des ehemaligen Geschäftslokales als einheitliche Tätigkeit zu beurteilen ist oder nicht, einen Verfahrensmangel auf, insoweit gerügt wird, dass sich der angefochtene Bescheid über weite Strecken auf die Wiedergabe von - unzulänglichen - Ausführungen des Prüfers beschränkt. Dazu ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass sich der Prüfer auch hinsichtlich der gesonderten Beurteilung der Vermietungstätigkeit auf die Verordnung stützte, welche aber - wie die belangte Behörde zu Recht ausführte - im Beschwerdefall nicht anzuwenden ist. Es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, bei dennoch erfolgter Aufrechterhaltung der Ansicht über eine gesonderte Beurteilung der Vermietungstätigkeit den Spruch des angefochtenen Bescheides diesbezüglich in tragender Weise zu begründen. Mit dem ausschließlichen Hinweis darauf, dass "es keine wie immer geartete steuerliche Betrachtungsweise erlaubt, die gegenständliche, nun schon viele Jahre dauernde Vermietung (....) als Wirtschaftsteil des Antiquitätenhandels anzusehen" gelingt dies nicht.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Der Schriftsatzaufwand für die Beschwerde war im beantragten Ausmaß, der Ersatz an Bundesstempelgebühren im Ausmaß von S 450,-- zuzusprechen. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
Wien, am