VwGH vom 18.09.1991, 91/13/0023
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Schubert, Dr. Pokorny, Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des Johann Sch in St. A, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 7-1524/90, betreffend Abgabennachsicht, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist mit 20 % an der K-GmbH beteiligt. Eine bei dieser Gesellschaft durchgeführte Betriebsprüfung (BP) nahm Zuschätzungen zum erklärten Betriebsergebnis vor. Im Hinblick auf diese Zuschätzungen rechnete das Finanzamt dem Beschwerdeführer in den Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1985 bis 1987 verdeckte Gewinnausschüttungen zu, woraus ein Abgabenrückstand von insgesamt S 706.849,-- resultierte. Für einen Teilbetrag von S 600.986,-- ersuchte der Beschwerdeführer um Abgabennachsicht.
Die belangte Behörde versagte mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid die begehrte Abgabennachsicht. Sie verneinte (ohne Ermessen zu üben) eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung im Sinne des § 236 Abs. 1 BAO. Der Beschwerdeführer habe eine Unbilligkeit nicht eindeutig und zweifelsfrei dartun können. Einreden gegen die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung an den Beschwerdeführer wären schon den Einkommensteuerbescheiden entgegenzuhalten gewesen. Daß die K-GmbH auf ein Rechtsmittel verzichtet habe, könne nicht als Argument zugunsten des Beschwerdeführers gewertet werden, da Bescheidadressat hinsichtlich der gegenständlichen Abgaben (Einkommensteuer) der Beschwerdeführer gewesen sei und nicht die GmbH. Daß die Veräußerung vorhandener Vermögenswerte einer Verschleuderung gleichkäme, habe der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Es bestünden auch (im einzelnen aufgezeigte) Zweifel, daß der Beschwerdeführer seine wirtschaftlichen Verhältnisse richtig dargestellt habe.
Vorliegende Beschwerde macht sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides als auch dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht verletzt, daß ihm nicht gemäß § 236 BAO Nachsicht in Höhe von S 600.986,-- hinsichtlich eines Abgabenrückstandes in Höhe von S 706.849,-- gewährt worden sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers geht dahin, daß dem angefochtenen Bescheid ausreichende Feststellungen über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse fehlen. Dem ist zu erwidern, daß es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Nachsichtsverfahren Sache des Nachsichtswerbers ist, einwandfrei und unter Ausschluß jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (siehe z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/15/0005, vom , Zl. 89/16/0102, und vom , Zl. 89/15/0088). Der angefochtene Bescheid läßt hinreichend deutlich den Standpunkt der belangten Behörde erkennen, daß der Beschwerdeführer eine Nachsicht rechtfertigende Umstände nicht einwandfrei und zweifelsfrei dartun konnte. Im besonderen geht aus dem Hinweis der belangten Behörde auf Vermögenswerte des Beschwerdeführers hervor, daß er nach ihrer Auffassung im Hinblick auf seine Vermögensverhältnisse eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit und Zweifelsfreiheit aufzuzeigen vermochte.
Über die im Rahmen der Rechtsrüge aufgeworfene Frage, ob durch die von der BP vorgenommene griffweise Zuschätzung bei der GmbH dem Beschwerdeführer tatsächlich ein monetärer Vorteil entstanden sei, war entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht im Nachsichtsverfahren, sondern in dem die Einkommensteuerfestsetzung betreffenden Verfahren abzusprechen. War doch die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttung an den Beschwerdeführer Gegenstand der Einkommensteuerbescheide. Es kann jedoch nicht im - auf die Einhebung und nicht auf die Festsetzung der Abgaben abstellenden - Nachsichtsverfahren geltend gemacht werden, der Abgabenbescheid wäre unzutreffend (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 89/15/0119).
Die Bindung des Einkommensteuerbescheides an den die GmbH betreffenden Körperschaftsteuerbescheid, die der Beschwerdeführer in den Beschwerdeausführungen erkennbar bejaht, besteht nicht. Der Beschwerdeführer hätte sohin im Rahmen des Einkommensteuerfestsetzungsverfahrens durchaus das Zufließen der verdeckten Gewinnausschüttung an ihn in Abrede stellen können (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/13/0223, und vom , Zl. 89/14/0151). Wenn er an einem möglichen Erfolg seiner Einwände gegen einen Zufluß der verdeckten Gewinnausschüttung an ihn zweifelt, bringt er zum Ausdruck, daß er nicht einmal eine fehlerhafte Abgabenfestsetzung dartun hätte können, womit umso weniger zu erkennen ist, wieso unter dem Gesichtspunkt des Zufließens der verdeckten Gewinnausschüttung die Einhebung des festgesetzten Einkommensteuerbetrages unbillig sein sollte.
Das vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 381, 382/63, betraf einen Einheitswertbescheid, der als Feststellungsbescheid anders als ein Körperschaftsteuerbescheid Bindungswirkung entfaltete. Der Hinweis auf Seite 6 Abs. 2 der Beschwerde auf das hg. Erkenntnis vom (nicht ), Zl. 2251/64, geht schon deshalb ins Leere, weil ein Einkommensteuerbescheid kein von einem Körperschaftsteuerbescheid abgeleiteter Bescheid ist. Auch sonst ist diesem (abweisenden) Erkenntnis nichts zu entnehmen, was für den Standpunkt des Beschwerdeführers sprechen könnte. Aus dem Lohnsummensteuer betreffenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 1045/73, ist für den Beschwerdeführer ebenfalls nichts zu gewinnen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß im Beschwerdefall die Veräußerung von Vermögenswerten einer Verschleuderung gleichkäme, hätte schon im Verwaltungsverfahren erhoben werden müssen (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Es ist in Erinnerung zu rufen, daß es im Nachsichtsverfahren Sache des Nachsichtswerbers ist, EINWANDFREI und UNTER AUSSCHLUSZ JEGLICHEN ZWEIFELS das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann. Im Zusammenhang mit der Frage der Verschleuderung von Vermögenswerten ist zu betonen, daß Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nicht schon deshalb eintritt, weil es zu Einbußen an vermögenswerten Interessen kommt, die mit Abgabenleistungen allgemein verbunden sind, sondern eben nur dann, wenn die Verwertung von Vermögenswerten einer VermögensVERSCHLEUDERUNG gleichkäme (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/15/0060, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dies hat auch der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren erkannt. Er selbst wies in der Berufung gegen den die Nachsicht abweisenden Bescheid des Finanzamtes unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 333/56, darauf hin, daß erst eine unumgängliche Verschleuderung von Vermögenswerten zur Unbilligkeit der Abgabeneinhebung führen könnte. Daß aber die dem Finanzamt schon vorher bekanntgegebenen Vermögenswerte des Beschwerdeführers, darunter mehrfacher Grundbesitz, im Falle der Abgabenentrichtung verschleudert hätten werden müssen, legte er weder in der Berufung noch im späteren Verwaltungsverfahren dar, und dies, obwohl das Finanzamt in seinem Vorhalt vom die Auffassung vertrat, die im Vorhalt bezeichneten Vermögenswerte könnten zum Teil jederzeit leicht (den Rückstand überwiegend abdeckend) veräußert werden, und an den Beschwerdeführer ausdrücklich die Frage stellte, worin im Falle der Veräußerung der Vermögenswerte die Verschleuderung bestehe. Schon im Verwaltungsverfahren und nicht erst in der Beschwerde hätte der Beschwerdeführer nunmehr im einzelnen die Gründe für die von ihm angenommene Vermögensverschleuderung offenlegen müssen. In der Vorhaltsbeantwortung führte er in diesem Zusammenhang lediglich aus, die Bemerkung (im Vorhalt), daß die Vermögenswerte, sofern noch vorhanden, zum Teil jederzeit leicht veräußert werden könnten und vermutlich den größten Teil des Rückstandes abdecken würden, ließe erneut erkennen, daß hier nicht über die Unbilligkeit entschieden werde, sondern über die Einbringlichkeit. Da der Beschwerdeführer über eine Vermögensverschleuderung nichts Gezieltes vorbrachte, durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß eine solche auch nicht dargetan sei.
Der Beschwerdeführer irrt im übrigen, wenn er schon deshalb eine Verschleuderung von Genußscheinen und Ansprüchen aus einer Lebensversicherung als gegeben ansieht, weil deren Verwertung eine Nachversteuerung zur Folge hätte. Bestehen Abgabenrückstände, die auf andere Weise nicht getilgt werden können, dann sind derartige Vermögenswerte zu ihrer Abdeckung zu verwerten, auch wenn es zu einer Nachversteuerung kommt, die lediglich einen früher in Anspruch genommenen Steuervorteil rückgängig macht; die Rückgängigmachung bewirkt noch keine Unbilligkeit der Verwertung und damit der Abgabeneinhebung. Die Beschwerdeausführungen, die Lebensversicherung diene zur Absicherung von Unterhaltsberechtigten und würden deren Anwartschaftsrechte durch eine Verwertung geschmälert werden, sind schon deshalb unbeachtlich, weil sie gegen das Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstoßen. Gleiches gilt für die Ausführungen zu den Gesellschaftsanteilen, daß das Angestelltenverhältnis des Beschwerdeführers in untrennbarem Zusammenhang mit der Beteiligung an der Gesellschaft zu sehen sei und bei ihrer Veräußerung die Existenz des Beschwerdeführers vernichtet wäre.
Da die belangte Behörde nach dem Gesagten von der Existenz anderen, für die Rückstandsabdeckung ohne Verschleuderung verwertbaren Vermögens ausgehen durfte, kann die Frage auf sich beruhen, ob auch der Pkw des Beschwerdeführers und ein Sparguthaben von S 60.000,-- zur Abdeckung jenes Abgabenrückstandes, dessen Nachsicht begehrt wird, zur Verfügung standen und ob sein Einkommen zur Rückstandsabdeckung ausreichte. Weiters trifft die Meinung des Beschwerdeführers nicht zu, es wäre für die Beurteilung des Nachsichtsansuchens lediglich jene Vermögens- und Einkommenssituation relevant, die zum Zeitpunkt der Festsetzung der Abgabenschuld bestand. Maßgeblich ist vielmehr die wirtschaftliche Lage bei Entscheidung über das Nachsichtsansuchen (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 87/15/0005, und die beiden Erkenntnisse vom , Zl. 89/15/0076 und Zl. 89/15/0088).
Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Seine Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten in der angesprochenen Höhe gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 59 Abs. 1 VwGG.