VwGH vom 20.04.1999, 99/14/0012
Beachte
Besprechung in:
SWI 1999, S 388 - S 392;
SWI 1999, S 469 - S 471;
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der A. Beteiligungs AG, vertreten durch Rechtsanwälte Haslinger, Nagele & Partner, 4020 Linz, Landstraße 12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom , RV 246/1-6/98, betreffend Körperschaftsteuer 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich Folgendes:
Sowohl die A-GmbH als auch die M-GmbH bezogen im Wirtschaftsjahr 1993/94 aus ihrer Beteiligung als Mitunternehmer an der E-GmbH & Co KG Einkünfte, in denen japanische Nettolizenzeinkünfte enthalten waren, für die in Japan dem DBA-Japan entsprechend Quellensteuer einbehalten worden ist. Da die A-GmbH wie auch die M-GmbH kein positives Einkommen erzielten, konnte die in Japan einbehaltene Quellensteuer nicht auf die österreichische Körperschaftsteuer 1994 der Gesellschaften angerechnet werden.
Sowohl die A-GmbH als auch die M-GmbH wurden (rückwirkend) auf den nach Art I UmgrStG mit der Beschwerdeführerin als aufnehmender Gesellschaft verschmolzen.
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt der Beschwerdeführerin Körperschaftsteuer 1996 in Höhe von 158.235 S vor.
In der Berufung begehrte die Beschwerdeführerin, dass ihre Körperschaftsteuerschuld für 1996 durch Anrechnung der von den beiden auf sie verschmolzenen Gesellschaften im Jahr 1994 entrichteten japanischen Quellensteuern auf Null herabgesetzt werde, weil diese Abzugssteuern bei den beiden Gesellschaften mangels positiven Einkommens nicht hätten angerechnet werden können und die Beschwerdeführerin die Gesamtrechtsnachfolgerin dieser Gesellschaften sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Anrechnungsmethode sei eine Methode zur Vermeidung von Doppelbesteuerung. Dabei behalte der Wohnsitzstaat das Recht, sämtliche Einkünfte zu besteuern. Die im ausländischen Quellenstaat tatsächlich entrichtete Steuer (auf die ausländischen Einkünfte) werde von der inländischen Steuer abgezogen. Die Anrechnung dürfe aber den Betrag nicht übersteigen, mit dem die ausländischen Einkünfte anteilsmäßig mit österreichischer Einkommensteuer belastet seien, dh die Anrechnung könne nicht höher sein als die österreichische Durschnittssteuerbelastung der Auslandseinkünfte. Wenn in Österreich keine Steuerbelastung gegeben sei, weil den positiven ausländischen Einkünften höhere Verluste aus österreichischen Quellen gegenüberstünden, könne keine Steueranrechnung vorgenommen werden. Durch die Anrechnung der ausländischen Steuern solle lediglich die Doppelbesteuerung im jeweiligen Veranlagungsjahr beseitigt werden. Ausländische Steuern, die wegen Überschreitens des Anrechnungshöchstbetrages unberücksichtigt geblieben seien, könnten nicht in Folgejahre vorgetragen werden.
Mit Beschluss vom , B 2291, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - in der Folge ergänzte - Beschwerde erwogen:
§ 19 Abs 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und Japan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, BGBl 127/1963 (DBA-Japan), lautet:
"Österreich darf bei der Ermittlung seiner Steuern von Personen, die in Österreich ansässig sind, in die Grundlage, von der diese Steuern erhoben werden, alle Einkünfte einbeziehen, die nach den österreichischen Gesetzen steuerpflichtig sind. Der Betrag der japanischen Steuer, die von der in Österreich ansässigen Person nach den japanischen Gesetzen und in Übereinstimmung mit diesem Abkommen entweder unmittelbar oder im Abzugsweg von Einkünften, die ihre Quelle in Japan haben und in beiden Vertragsstaaten der Besteuerung unterliegen, erhoben wird, wird jedoch zur Anrechnung auf die österreichische Steuer für diese Einkünfte zugelassen, aber mit einem Betrag, der den Teil der österreichischen Steuer nicht übersteigt, der auf diese Einkünfte (oder das gesamte, der österreichischen Steuer unterliegende Einkommen, wenn dieses niedriger ist) im Verhältnis zum gesamten, der österreichischen Steuer unterliegenden Einkommen entfällt."
In der Beschwerde wird vorgebracht, nach Art 19 Abs 2 DBA-Japan sei die Anrechnung dem Grunde nach an drei Voraussetzungen geknüpft: 1.) eine japanische Quellensteuer werde von in Österreich ansässigen Personen erhoben, 2.) die japanischen Einkünfte unterlägen in beiden Vertragsstaaten der Besteuerung, und
3.) auf die japanischen Einkünfte entfalle ein österreichische Steuer. In Art 19 Abs 2 DBA-Japan werde auch ein Anrechnungshöchstbetrag normiert. Die belangte Behörde habe angenommen, dass die japanischen Einkünfte wegen der österreichischen Verluste keiner Steuer unterlägen. Dem sei aber entgegenzuhalten, dass Art 19 Abs 2 DBA-Japan es offen lasse, ob und wann eine österreichische Steuer auf die japanischen Lizenzeinkünfte entfalle. Es lasse sich daher vertreten, dass auf die japanischen Einkünfte eine österreichische Steuer in einer späteren Periode erhoben werde, weil die Lizenzeinkünfte den sonst für einen Vortrag zur Verfügung stehenden Verlust kürzten. Durch die Verlustvortragsregelung des § 18 Abs 6 EStG im innerstaatlichen Recht komme es auch bei insgesamt negativem Welteinkommen im Jahr des Entstehens der ausländischen Einkünfte nur zu einem Steueraufschub auf einen späteren Veranlagungszeitraum. Doppelbesteuerungsabkommen seien aus sich heraus auszulegen. Für die Frage, ob und wann eine inländische Steuer vorliege, sei daher der Sinn- und Vorschriftenzusammenhang des Abkommens zu beachten. Dabei sei zu beachten, dass Sinn und Zweck des Abkommens die Vermeidung der Doppelbesteuerung sei. Es müsse daher die in einer Periode erhobene Quellensteuer auch auf eine im Ansässigkeitsstaat in einer späteren Periode erhobene Steuer angerechnet werden können. Im Sinne einer teleologischen Interpretation des Abkommens sei daher das Tatbestandsmerkmal "österreichische Steuern" in Art 19 Abs 2 DBA-Japan nicht nur auf Steuern zu beziehen, die im Jahr, in dem die Lizenzeinkünfte in die österreichische Steuerbemessungsgrundlage einflössen, bezahlt würden, sondern auch auf Steuern, die wegen Kürzung des Verlustvortrages in einem späteren Jahr zu entrichten seien. Im Übrigen sei die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Argumentation mit dem Anrechnungshöchstbetrag methodisch unrichtig, weil sich die Anrechnungsverpflichtung Österreichs ausschließlich aus dem ersten Teilsatz des Art 19 Abs 2 letzter Satz DBA-Japan ergebe. Der Anrechnungshöchstbetrag führe lediglich zu einer betragsmäßigen Beschränkung im Jahr der tatsächlichen Anrechnung. In Anbetracht der in den Jahren 1993/1994 erhobenen japanischen Quellensteuern müsse sohin die Körperschaftsteuervorschreibung gegenüber der Beschwerdeführerin für das Jahr 1996 auf Null reduziert werden.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:
Art 19 Abs 2 Satz 2 des DBA-Japan stellt darauf ab, dass von den ausländischen Einkünften österreichische Steuer erhoben wird. In Präzisierung dieses Gedankens und nicht, wie dies die Beschwerdeführerin vermeint, in einem systematisch getrennten zweiten Schritt, wird in der genannten Abkommensbestimmung ausgeführt, dass die Anrechnung nur bis zu jenem Betrag erfolgen kann, mit welchem die österreichische Steuer auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Durch die in Klammer gesetzte Wortgruppe wird zudem ausdrücklich auf den Fall eingegangen, dass im Hinblick auf Verluste aus anderen Einkunftsquellen oder auf andere einkommensmindernde Positionen das Einkommen geringer ist als der Betrag der japanischen Einkünfte; in diesem Fall soll die Anrechnung mit dem Betrag der österreichischen Steuer begrenzt sein, die auf das gesamte Einkommen entfällt.
Ist nun in jenem Veranlagungsjahr, in welchem die positiven japanischen Einkünfte in das in Österreich zu erfassenden Einkommen einfließen, aufgrund von negativen Einkünften oder von anderen einkommensmindernden Positionen das Einkommen so niedrig, dass sich keine österreichische Steuer errechnet, so unterliegen die japanischen Einkünfte keiner österreichischen Besteuerung und kann eine Anrechnung nicht Platz greifen. Ist die Steuerbelastung in Österreich Null, kann keine Anrechnung erfolgen (vgl Doralt/Ruppe, Steuerrecht II3, 289), und zwar auch nicht in den Folgejahren. Nicht diese, sondern andere Einkünfte werden mit einem positiven Einkommen von Folgejahren erfasst.
Der Anrechnung der ausländischen Steuer auf österreichische Steuer von nachfolgenden Veranlagungsjahren steht zudem entgegen, dass - wie oben ausgeführt - Art 19 Abs 2 DBA-Japan ausdrücklich den Fall regelt, bei welchem die japanischen Einkünfte höher sind als das in Österreich zu erfassende Gesamteinkommen. In diesem Fall will das Abkommen die Anrechnung auf den Betrag der gesamten österreichischen Steuer des betreffenden Jahres beschränken.
Der von der Beschwerdeführerin vertretene "Anrechnungsvortrag" würde im Übrigen auch zu einer Abhängigkeit der Anrechnung von Zufälligkeiten führen. Wenn das Einkommen niedriger ist als die japanischen Einkünfte, wäre es für die Anrechnung von Bedeutung, ob dieser Umstand auf vortragsfähige oder auf nicht vortragsfähige Verluste zurückzuführen ist, oder ob dieser Umstand allenfalls aus anderen einkommensmindernden Posten (beispielsweise Renten iSd § 18 Abs 1 Z 1 EStG 1988) resultiert.
Es trifft zu, dass der Zweck von Doppelbesteuerungsabkommen in der Vermeidung der Doppelbesteuerung gelegen ist. Es liegt aber in der Hand der Abkommensparteien, bis zu welchem Ausmaß sie dieses Ziel verwirklichen wollen.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich sohin nicht veranlasst, von seiner auch dem hg Erkenntnis vom , 93/14/0135, zugrundeliegenden Ansicht abzugehen, wonach die Anrechnung den Betrag der österreichischen Steuer nicht übersteigen kann, der sich für jenes Veranlagungsjahr ergibt, in welchem die ausländischen Einkünfte im Rahmen des Einkommens zu erfassen sind.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am