VwGH vom 15.09.1999, 94/13/0043
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der K Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Peter Balogh, Rechtsanwalt in Wien III, Strohgasse 10/7, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IV) vom , Zl. 6/2-2081/91-09, 6/2-2173/92-09 und 6/2-2211/92-09, betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 1989 und 1990 sowie Gewerbesteuer für die Jahre 1987 und 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH erzielte seit dem Jahr 1979 gemäß § 10 KStG 1966 steuerbefreite Gewinnanteile aus einer Schachtelbeteiligung. Diese betrugen im Jahr 1980 S 1,500.000,--, im Jahr 1981 S 2,700.000,-- und im Jahr 1983 S 2,711.000,--.
In den Jahren 1980 und 1981 erwirtschaftete die Beschwerdeführerin Verluste; die Gewinnanteile aus der Schachtelbeteiligung wurden dabei nicht (verlusterhöhend) aus der Abgabenbemessungsgrundlage ausgeschieden. In der Beschwerde wird hiezu Folgendes ausgeführt:
"Da aus der Sicht der Jahre 1980 und 1981 die Aufhebung des letzten Satzes des § 8 Abs. 1 KStG 1966 durch den Verfassungsgerichtshof nicht abgesehen werden konnte, hätte die Vergrößerung des negativen körperschaftsteuerpflichtigen Ergebnisses um die Schachteldividenden keine reale Auswirkung durch die Versagung als Verlustvortrag gehabt."
Für das Jahr 1987 erklärte die Beschwerdeführerin einen Gewinn. Unter Berücksichtigung eines Verlustvortrages von S 13,834.647,-- wurde ihr Einkommen gemäß § 8 KStG 1966 im Körperschaftsteuerbescheid mit S 0 festgesetzt.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung und beantragte, "im Verlustvortrag die bisher nicht geltend gemachten Schachteldividenden für das Jahr 1981 von S 2,700.000,-- und für das Jahr 1983 von S 2,711.000,-- infolge des zeitlich am weitesten zurückliegenden Anfalles bei den festgestellten Verlustvorträgen zu berücksichtigen und zwar im Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 1987". Auf Grund der Aufhebung des § 8 Abs. 1 letzter Satz KStG 1966 durch den Verfassungsgerichtshof seien Verluste auch insoweit vortragsfähig, als in ihnen steuerfreie Schachteldividenden enthalten seien. Es werde daher ersucht "die Aufteilung des Verlustvortrages unter Einbezug der steuerfreien Schachtelerträge für die Jahre 1981 und 1983 vorzunehmen". Im Übrigen werde auch auf eine "Klaglosstellung des Bundesministeriums für Finanzen" hingewiesen, wonach "für alle anhängigen Fälle die Vortragsfähigkeit von Schachteldividenden sowohl betragsmäßig als auch zeitlich (sieben Jahre) in vollem Umfang möglich ist".
Auch gegen den vorläufigen Bescheid, mit dem das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag für das Jahr 1987 mit S 872.680,-- (ohne Berücksichtigung von Fehlbeträgen im Sinne des § 6 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz) festgesetzt hatte, erhob die Beschwerdeführerin Berufung, verwies auf die durch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes geänderte Rechtslage und beantragte die Kürzung des Gewerbesteuermessbetrages um jene Fehlbeträge, die auf die bereits in der Berufung gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1987 genannten Schachteldividenden zurückzuführen seien.
Das Finanzamt wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab. Die im § 8 Z. 4 Gewerbesteuergesetz vorgesehene Kürzung des Gewinnes um die in Rede stehenden Schachteldividenden sei seinerzeit von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht worden, sodass sie bei Ermittlung des negativen Gewerbeertrages in den Jahren 1981 und 1983 unberücksichtigt geblieben seien. Als Fehlbeträge im Sinne des § 6 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz, kämen aber nur solche in Betracht, die in Gewerbesteuerbescheiden für Vorjahre als Verluste aus Gewerbebetrieb ausgewiesen worden seien.
Die Beschwerdeführerin beantragte die Entscheidung über ihre Berufung gegen den vorläufigen Gewerbesteuermessbescheid 1987 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Bei der Gewinnermittlung für das Jahr 1989 wies die Beschwerdeführerin ein Repräsentationsaufwandspauschale gemäß § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 350/1976, als Betriebsausgabe aus; auch der entsprechende Vorsteuerabzug wurde im Rahmen der Umsatzsteuererklärung 1989 geltend gemacht.
Das Finanzamt berücksichtigte den pauschalen Repräsentationsaufwand weder bei Erlassung des Umsatzsteuerbescheides noch bei Erlassung des Körperschaftsteuer- und des Gewerbesteuermessbescheides. Die Verordnung, auf die sich die Beschwerdeführerin berufe, sei zum Einkommensteuergesetz 1972 ergangen und könne im Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1988 keine Anwendung finden. Eine entsprechende Verordnung, die im Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1988 anzuwenden wäre, sei bisher nicht erlassen worden.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Die im Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1972 erlassene Verordnung des Bundesministers für Finanzen habe ihre Grundlage im § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972. Diese Bestimmung sei "fast wortwörtlich" in § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1988 übernommen worden. In § 111 EStG 1988 sei als Übergangsbestimmung normiert, dass bei bundesgesetzlichen Vorschriften über öffentliche Abgaben und Beiträge, die sich auf Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1972 beziehen, anstelle dieser Bestimmungen die entsprechenden Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes 1988 treten. Das bedeute, dass die angesprochene Verordnung "auch im Rahmen des EStG 1988 voll anzuwenden ist".
Im Zuge der Veranlagung für das Jahr 1990, die zunächst betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer mittels vorläufiger Bescheide erfolgte, wurde das auch für dieses Jahr geltend gemachte Repräsentationsaufwandspauschale ebenfalls nicht anerkannt. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin, in der auf die Berufung gegen die Abgabenbescheide 1989 verwiesen wurde, betraf allerdings nur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer, nicht jedoch auch Gewerbesteuer.
Mit Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin "Ergänzungsanträge" ein, in denen (erstmals auch) der Abzug des auf die Steuerfreiheit von Schachteldividenden zurückzuführenden Verlustes 1980, beantragt wurde. Das ursprüngliche Berufungsbegehren, die Verluste 1981 und 1983 als vortragsfähige Verluste zu berücksichtigen, wurde erkennbar dahingehend geändert, dass nunmehr die Verluste 1980 und 1981 im Ausmaß von insgesamt S 4,200.000,-- (1980: S 1,500.000; 1981:
S 2,700.000,--) Berücksichtigung finden sollten. Weiters wurde vorgebracht, dass steuerfreie Schachteldividenden "schon ex lege den Gewinn aus Gewerbebetrieb kürzen". Eine Berücksichtigung der Steuerfreiheit habe daher auch ohne Antrag des Steuerpflichtigen zu erfolgen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung hinsichtlich Körperschaftsteuer 1987 statt, wobei sie offensichtlich (wenn auch nicht ausdrücklich) der Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen in der oben erwähnten Klaglosstellung folgte. Im Übrigen wies sie die Berufung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auch wenn die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof uneingeschränkt die Aufhebung der angefochtenen Berufungsentscheidung beantragt, ergibt sich aus dem Inhalt der Beschwerde, dass der Bescheid hinsichtlich Körperschaftsteuer 1987 - in diesem Umfang wurde der Berufung der Beschwerdeführerin vollinhaltlich stattgegeben - unangefochten geblieben ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die vorliegende Berufungsentscheidung der belangten Behörde nur hinsichtlich
Gewerbesteuer 1987, Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1989 sowie Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 1990 angefochten wird. Als Beschwerdepunkte sind der Beschwerde zu entnehmen:
1. Die Verletzung des Rechtes auf Kürzung des Gewerbeertrages 1987 um Fehlbeträge 1980 und 1981, die auf steuerfreie Schachteldividenden zurückzuführen sind und
2. die Verletzung des Rechtes auf Berücksichtigung eines Repräsentationsaufwandspauschales gemäß der Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 350/1976, bei der Veranlagung zur Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für die Jahre 1989 und 1990 sowie zur Gewerbesteuer 1989.
Zu Punkt 1:
Mit Erkenntnis vom , G 123-127/85-8, hat der Verfassungsgerichtshof den letzten Satz des § 8 Abs. 1 KStG 1966 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt. Die aufgehobene Bestimmung lautete:
"Bei Ermittlung des abzugsfähigen Verlustes sind die Vorschriften des § 10 nicht anzuwenden".
In § 10 KStG 1966 waren die Befreiungen bei Schachtelgesellschaften geregelt. § 8 Abs. 1 letzter Satz KStG 1966 führte daher vor seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof dazu, dass für Zwecke der Ermittlung eines abzugsfähigen Verlustes dieser um allfällige steuerfreie Schachteldividenden zu kürzen war. Auswirkungen auf die Steuerbemessungsgrundlage hatte diese Verlustkürzung erst in dem Veranlagungszeitraum, in dem ein abzugsfähiger Verlust tatsächlich vorgetragen wurde. Die Steuerbemessungsgrundlage jener Jahre, in denen die Verluste entstanden waren, wurden hingegen von dieser Regelung nicht berührt. Da gemäß § 198 Abs. 2 BAO die Steuerbemessungsgrundlage zum Spruch eines Abgabenbescheides gehört, und zwar auch dann, wenn sie negativ ist, entfalteten die für Verlustjahre ergangenen Körperschaftsteuerbescheide für spätere Veranlagungszeiträume nur insoweit bindende Wirkung, als mit ihnen die im jeweiligen Wirtschaftsjahr erwirtschafteten Verluste festgestellt wurden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 92/14/0035, und vom , 93/13/0208). Die Kürzung solcher Verluste um (im jeweiligen Verlustjahr erzielte) Beteiligungserträge gemäß § 10 KStG 1966 erfolgte hingegen erst im Zuge der Veranlagungen für jene Jahre, in denen die entsprechenden Verlustvorträge steuerlich zu berücksichtigen waren. Daraus folgt, dass sich die Aufhebung des § 8 Abs. 1 letzter Satz KStG 1966 auch auf Verluste auswirkte, die zwar bereits vor dem entstanden waren, die aber erst nach dem als Verlustvorträge Berücksichtigung fanden.
Anders verhält es sich mit der steuerlichen Berücksichtigung von Fehlbeträgen im Sinne des § 6 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz. Hier fehlte eine dem § 8 Abs. 1 letzter Satz KStG 1966 vergleichbare Bestimmung. Gewerbesteuerliche Fehlbeträge konnten demnach auch durch steuerfreie Schachteldividenden entstehen oder erhöht werden. Ausgehend von dem nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes ermittelten Gewinn (Verlust) aus Gewerbebetrieb, war der Gewerbeertrag durch Hinzurechnungen (§ 7 Gewerbesteuergesetz) und Kürzungen (§ 8 leg. cit.) zu ermitteln. Ergab sich dabei ein negativer Betrag, so kürzte dieser unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz als so genannter Fehlbetrag die Gewerbeerträge der nachfolgenden sieben Wirtschaftsjahre.
Da, wie bereits erwähnt, sowohl positive, wie auch negative Bemessungsgrundlagen Spruchbestandteile von Abgabenbescheiden sind und als Ausfluss der normativen Wirkung solcher Bescheide insofern bindende Wirkung für andere Abgabenbescheide entfalten, als diese auf die festgesetzten Bemessungsgrundlagen Bezug nehmen, konnten Fehlbeträge nur in dem Ausmaß zu einer Kürzung gemäß § 6 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz führen, indem sie tatsächlich bescheidmäßig festgesetzt worden waren. Diese bindende Wirkung bestand unabhängig davon, ob der betreffende Bescheid rechtmäßig ergangen oder mit Rechtswidrigkeit belastet war.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass in den Gewerbesteuermessbescheiden für die Jahre 1980 und 1981 die im § 8 Z. 4 Gewerbesteuergesetz vorgesehene Kürzung um steuerfreie Beteiligungserträge nicht berücksichtigt wurde. Dies hatte zur Folge, dass in beiden Bescheiden entsprechend geringere Fehlbeträge festgesetzt wurden, und zwar mit bindender Wirkung für allfällige Kürzungen gemäß § 6 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz.
Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass die Abgabenbehörde die Kürzungsbestimmung des § 8 Z. 4 Gewerbesteuergesetz von Amts wegen wahrzunehmen gehabt hätte, vorausgesetzt, dass ihr das Vorhandensein der steuerfreien Beteiligungserträge bekannt gewesen wäre. Das ändert aber nichts an der oben erwähnten Bindungswirkung. Auch ist es ohne Belang, ob die Steuerfreiheit bereits bei der Ermittlung des für die Gewerbeertragsermittlung maßgebenden körperschaftsteuerpflichtigen Gewinnes zu berücksichtigen gewesen wäre, oder ob erst die Kürzung gemäß § 8 Z. 4 Gewerbesteuergesetz zu dem vom Gesetz vorgesehenen Ergebnis geführt hätte. Jedenfalls steht nämlich der von der Beschwerdeführerin begehrten Berücksichtigung ihrer steuerfreien Beteiligungserträge als Fehlbeträge gemäß § 6 Abs. 3 Gewerbesteuergesetz der Umstand entgegen, dass die Steuerfreiheit der Erträge in den Gewerbesteuermessbescheiden für die Jahre 1980 und 1981 keinen Niederschlag gefunden hat. Die Beschwerde erweist sich daher in diesem Punkt als unbegründet.
Zu Punkt 2:
Die Beschwerdeführerin vertritt die Rechtsansicht, dass die auf Grundlage der im § 20 Abs. 1 Z. 3 EStG 1972 vorgesehenen Ermächtigung erlassene Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 350/1976, betreffend abzugsfähige Repräsentationsaufwendungen auch im Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes 1988 weiterhin anzuwenden ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , 93/13/0007, ausführlich begründet, warum diese Rechtsansicht verfehlt ist. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG genügt es, auf diese Rechtsprechung zu verweisen.
Da sich die Beschwerde somit auch in diesem Punkt als unbegründet erweist, war sie insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am