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VwGH vom 28.04.1999, 94/13/0018

VwGH vom 28.04.1999, 94/13/0018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und Senatspräsident Dr. Pokorny sowie die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde der A Ges.m.b.H. in Wien, vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. 6/2 - 2022/93-05, betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 240 Abs. 3 BAO auf Rückerstattung der in den Jahren 1989 bis 1991 einbehaltenen Kapitalertragsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH ist als Verwertungsgesellschaft im Sinne des Verwertungsgesellschaftengesetzes, BGBl. Nr. 112/1936, und des Art. II der Urheberrechtsgesetz-Novelle 1980, BGBl. Nr. 321, mit der Wahrung von Urheberrechten befasst. Unbestritten ist, dass auf sie die Abgabenbefreiung des Art. IV § 1 des Bundesgesetzes vom über Änderungen der Urheberrechtsgesetz-Novelle 1980, BGBl. Nr. 375, anzuwenden ist. Streit besteht jedoch darüber, ob diese Befreiungsbestimmung dazu führt, dass die Beschwerdeführerin auch nicht der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht gemäß § 1 Abs. 3 Z. 3 KStG 1988 i.V.m.

§ 21 Abs. 2 leg. cit. (steuerabzugspflichtige Einkünfte) unterliegt.

Die Beschwerdeführerin, die eine derartige Steuerpflicht verneint, hat gemäß § 240 Abs. 3 BAO beantragt, die ihres Erachtens zu Unrecht von ihren Kapitalerträgen in den Jahren 1989 bis 1991 einbehaltene Kapitalertragsteuer zurück zu zahlen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde diese Anträge abgewiesen. Die Beschwerdeführerin sei eine Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 Z. 1 KStG 1988. Da sie von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht befreit sei, sei sie (nur) beschränkt steuerpflichtig. Sie unterliege daher gemäß § 21 Abs. 2 KStG 1988 mit ihren kapitalertragssteuerpflichtigen Einkünften der Körperschaftsteuer, woraus folge, dass diese Steuer nicht zu Unrecht einbehalten worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom , B 1520/93, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde erwogen:

Als GmbH ist die Beschwerdeführerin eine juristische Person des privaten Rechts und unterliegt damit grundsätzlich gemäß § 1 Abs. 2 Z. 1 KStG 1988 der Körperschaftsteuer. Gemäß Abs. 3 Z. 3 des zitierten Paragraphen sind solche Körperschaften nur beschränkt steuerpflichtig, soweit sie von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht befreit sind; diese beschränkte Steuerpflicht bezieht sich ausdrücklich auf (steuerabzugspflichtige) Einkünfte im Sinne des § 21 Abs. 2 KStG 1988. Befreiungen von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht enthält § 5 leg. cit. Aber auch außerhalb des Körperschaftsteuergesetzes 1988 finden sich Körperschaftsteuerbefreiungen. Eine davon ist die im Art. IV § 1 des oben zitierten Bundesgesetzes vom vorgesehene; diese Bestimmung lautet:

"§ 1. Die Verwertungsgesellschaften (ihre Einrichtungen) sind, soweit sie im Rahmen des in ihrer Genehmigung umschriebenen Tätigkeitsbereiches handeln (Verwertungsgesellschaftengesetz, BGBl. Nr. 112/1936 und Art. II der Urheberrechtsgesetz-Novelle 1980), von allen bundegesetzlich geregelten Abgaben vom Einkommen, vom Ertrag und vom Vermögen befreit."

Die Körperschaftsteuer ist ebenso wie die Einkommensteuer in allen ihren Erhebungsformen eine bundesgesetzlich geregelte Abgabe vom Einkommen. Ist eine Körperschaft von derartigen Abgaben ohne Einschränkung befreit, so unterliegt sie auch nicht der Kapitalertragsteuer, da diese ohne Zweifel eine besondere Erhebungsart der Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) darstellt (vgl. § 93 Abs. 1 EStG 1988: "Bei ... Kapitalerträgen ... wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer)"). Insoweit geht eine umfassende Befreiung "von allen bundesgesetzlich geregelten Abgaben vom Einkommen" über die in § 5 KStG 1988 vorgesehenen Befreiungen von der Körperschaftsteuer hinaus, da diese ihrem Wortlaut nach nur die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht betreffen und § 1 Abs. 3 Z. 3 KStG 1988 bei Vorliegen einer derartigen Befreiung ausdrücklich das Bestehen der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht normiert (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0072).

Zu prüfen bleibt demnach, ob die belangte Behörde mit ihrem Argument im Recht ist, dass § 1 Abs. 3 Z. 3 KStG 1988 "sowohl lex specialis als auch lex posterior zur Befreiungsbestimmung des Art. IV § 1" des zitierten Bundesgesetzes vom ist.

Dies trifft aus folgenden Gründen nicht zu:

Eine umfassende Steuerbefreiung, wie sie die zitierte urheberrechtsgesetzliche Norm vorsieht, stellt gegenüber jenen Abgabengesetzen, auf die sich die Steuerbefreiung bezieht, zweifellos die speziellere, weil eine Ausnahme vorsehende Norm dar; die umgekehrte Betrachtungsweise der belangten Behörde, die im Übrigen auch nicht näher begründet wird, stellt sich daher als verfehlt dar.

Aber auch eine Derogation durch das später erlassene Körperschaftsteuergesetz 1988 kommt nicht in Betracht. Grundsätzlich ist nämlich zu sagen, dass einem Gesetz nur dann derogative Wirkung einem früheren Gesetz gegenüber zukommen kann, wenn die Absicht des Gesetzgebers erkennbar ist, eine diesbezügliche Änderung der Rechtslage herbeiführen zu wollen. Der Gerichtshof vermag eine solche Absicht nicht zu erkennen. Da es keineswegs unüblich ist, Steuerbefreiungen auch außerhalb der betroffenen Abgabengesetze vorzusehen, lässt eine Neufassung von Abgabengesetzen für sich allein nicht den Schluss zu, dass alle bisher in anderen Gesetzen geregelten einschlägigen Steuerbefreiungen ihre Wirksamkeit verlieren. Auch die belangte Behörde geht davon aus, dass die für Verwertungsgesellschaften im Urheberrechtsbereich normierten Steuerbefreiungen nach Inkrafttreten des Körperschaftsteuergesetzes 1988 grundsätzliche ihre Wirksamkeit behalten haben. Sie meint jedoch, dass der Inhalt der Steuerbefreiung eine Einschränkung erfahren hat, indem die bisher umfassende Steuerbefreiung nur mehr als Befreiung von der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht verstanden werden könne. Eine solche Auslegung könnte allenfalls in Betracht gezogen werden, wenn die Rechtslage in der vorliegenden Frage durch das Körperschaftsteuergesetz 1988 insofern eine grundsätzliche Änderung erfahren hätte, als die von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften nach der bisherigen Rechtslage generell auch von der Kapitalertragsteuer befreit gewesen wären, während dies nach der neuen Rechtslage (generell) nicht mehr der Fall sein sollte. Eine solche Regelung hätte als Indiz für die Absicht des Gesetzgebers gewertet werden können, alle von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaften in Hinkunft mit ihren kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträgen steuerlich zu erfassen. Eine derartige Änderung der Rechtslage ist jedoch nicht eingetreten. Vielmehr unterlagen auch nach § 3 Z. 2 KStG 1966 Körperschaften, die nicht unbeschränkt steuerpflichtig bzw. gemäß § 5 von der Körperschaftsteuer befreit waren, mit ihren inländischen Einkünften, von denen ein Steuerabzug zu erheben ist, der beschränkten Steuerpflicht. Hat sich aber diesbezüglich die Rechtslage nicht geändert, dann fehlt es auch an einem Indiz dafür, dass eine im Urheberrechtsbereich vorgesehene umfassende Steuerbefreiung durch das Körperschaftsteuergesetz 1988 eine Einschränkung erfahren sollte.

Schließlich spricht noch ein weiterer Umstand gegen die Auffassung der belangten Behörde:

Einer umfassenden persönlichen Steuerbefreiung ist der Inhalt beizumessen, dass der Grundtatbestand (die Grundtatbestände) des betreffenden Abgabengesetzes für die befreiten Personen keine Rechtswirksamkeit entfalten. Angewendet auf das Körperschaftsteuergesetz bedeutet dies, dass die Bestimmungen, mit denen die Steuerpflicht normiert wird, auf die von der Körperschaftsteuer umfassend befreiten Personen nicht anwendbar sind. Mit anderen Worten: Die umfassende, im Urheberrechtsbereich getroffene Steuerbefreiung hat den Inhalt, dass die damals geltenden Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1996, in denen die Steuerpflicht geregelt wird, auf Verwertungsgesellschaften nicht anwendbar sind. Nun sieht aber § 26 Abs. 7 KStG 1988 vor, dass in Fällen, in denen sich bundesgesetzliche Vorschriften auf Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1966 beziehen, an die Stelle dieser Bestimmungen die entsprechenden Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1988 treten. Das bedeutet, dass an die Stelle der die Steuerpflicht regelnden Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1966 jene des Körperschaftsteuergesetzes 1988 traten. Sind also diese Bestimmungen des Körperschaftsteuergesetzes 1966 auf umfassend befreite Körperschaften nicht anwendbar, so gilt dies gemäß § 26 Abs. 7 KStG 1988 auch für die entsprechenden Bestimmungen des letztzitierten Gesetzes.

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am