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VwGH vom 30.04.2003, 99/13/0224

VwGH vom 30.04.2003, 99/13/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde der K KG in W, vertreten durch Dr. Helmut Steiner, Dr. Thomas Weber, Dr. Friedrich Bubla und Dr. Christian Falkner, Rechtsanwälte in 2500 Baden, Kaiser-Franz-Ring 13, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/285-15/99, betreffend Haftungs- und Zahlungsbescheid hinsichtlich Lohnabgaben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Betrieb der Beschwerdeführerin fand eine Lohnsteuerprüfung für den Zeitraum 1990 bis 1995 statt. In der Beilage zum Lohnsteuerprüfungsbericht vom wird zur Neuberechnung der Lohnabgaben ausgeführt, für den am geborenen Dienstnehmer V.-D., der als leitender Angestellter (Prokurist) beschäftigt sei, sei von der beschwerdeführenden KG mit einer Versicherungsanstalt im Jahr 1993 eine Rentenversicherung abgeschlossen worden. Nach der vorgelegten Versicherungspolizze seien die Beschwerdeführerin als "Versicherungsnehmer und Prämienzahler" sowie V.-D. als "versicherte Person" und "Begünstigter" ausgewiesen. Die Laufzeit der Versicherung betrage zehn Jahre (1993 - 2003) bei einer jährlichen Prämie von 200.007 S. Nach Ansicht des Prüfers sei bei vom Arbeitgeber gezahlten Versicherungsprämien (z.B. Lebens- oder Rentenversicherungen) für die Steuerpflicht im Zeitpunkt der Zahlung der Prämie maßgebend, wer aus dem Versicherungsvertrag Begünstigter sei. Sei der Arbeitnehmer Begünstigter, stellten bereits die gezahlten Prämien Arbeitslohn dar. Es ergäben sich damit eine Nachforderung an Lohnsteuer für die Jahre 1993 bis 1995 in Höhe von 300.010 S sowie Nachforderungsbeträge an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen von 27.001 S und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Handelskammerumlage) in Höhe von 7.980 S.

Gegen den auf der Grundlage des Prüfungsberichtes ergangenen Haftungs- und Zahlungsbescheid vom erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Es wurde vorgebracht, dass es sich bei der strittigen Versicherung um eine Rückdeckungsversicherung für eine Pensionszusage handle und das Realisat der Versicherung dem Unternehmen der Beschwerdeführerin zustehe. Dies sei auch während der Lohnsteuerprüfung vorgebracht worden und durch die Aktivierung des Rückkaufswertes im Jahresabschluss beweisbar.

Nach einer abweisenden Berufungsvorentscheidung, die gleich lautend den Ausführungen in der Beilage zum Lohnsteuerprüfungsbericht begründet war, stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über ihre Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Beschwerdeführerin wies u.a. auf ein beiliegendes Schreiben an die Versicherungsanstalt hin, aus dem ersichtlich sei, dass die Beschwerdeführerin den Antrag auf Änderung der Bezugsberechtigung betreffend die gegenständliche Rentenversicherung gestellt habe. Durch die Versicherungsanstalt sei die Änderung der Bezugsberechtigung auf Grund dieses schriftlichen Antrages sowie der Zustimmung des bisher begünstigten V.-D. zugesichert worden. Die Prämienzahlungen für die Rentenversicherung seien damit nicht dem Arbeitslohn hinzuzurechnen.

Der erwähnte beiliegende "Antrag auf Änderung der Bezugsberechtigung" vom lautet dahingehend, dass die Beschwerdeführerin die Änderung der Bezugsberechtigung aus der Rentenversicherung zu ihren Gunsten als neuer Begünstigter beantrage. Der bisherige Begünstigte V.-D. erkläre hiermit seine Zustimmung zu diesem Antrag.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Das Finanzamt habe richtig erkannt, dass die Prämienzahlungen des Arbeitgebers aus einer zu Gunsten eines Arbeitnehmers abgeschlossenen Lebensversicherung beim Arbeitnehmer einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis darstellten, wenn dieser direkt als Begünstigter aus dem Versicherungsvertrag anzusehen sei. Bei einer Rückdeckungsversicherung handle es sich um eine (Er-)Lebensversicherung, die auf das Leben eines Arbeitnehmers (= versicherte Person) abgeschlossen werde. Versicherungsnehmer sowie aus der Versicherung Berechtigter sei der Arbeitgeber. Im Beschwerdefall sei von der Beschwerdeführerin "zweifellos" eine Versicherung zu Gunsten des Bediensteten, in dessen Todesfall auf dessen Ehefrau, abgeschlossen worden, weshalb "aus dem Versicherungsvertrag ersichtlich ist, dass es sich nicht wie in der Berufung ausgeführt um eine Rückdeckungsversicherung handeln kann, in welcher als Berechtigte der Arbeitgeber angeführt sein muss". Auch die dem Finanzamt vorgelegte nachträgliche Änderung könne selbst bei tatsächlicher Änderung des Versicherungsvertrages die im Jahr der Zahlung der Prämie durch den Arbeitgeber entstandene Steuerpflicht nicht beeinträchtigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Als Vorteil aus dem bestehenden Dienstverhältnis kommt alles in Betracht, was im Rahmen eines Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer zufließt. Es können dies Geldleistungen oder geldwerte Vorteile (Sachbezüge) sein. Zu solchen Vorteilen gehören auch Leistungen zu einer Versicherung, die dem Arbeitnehmer gehört.

Um hievon sprechen zu können, muss der Arbeitnehmer im Versicherungsverhältnis eine solche Stellung haben, dass er über die Ansprüche aus der Versicherung verfügen kann, es müssen ihm also die Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis zustehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem - auch in der Beschwerdeschrift zitierten - Erkenntnis vom , 93/14/0046, ausgeführt hat, führt die Benennung des versicherten Arbeitnehmers gegenüber dem Versicherer als Bezugsberechtigten noch nicht zur Übertragung der Ansprüche des Arbeitgebers aus dem Versicherungsvertrag an den Arbeitnehmer. Gemäß § 166 Abs. 1 VersVG ist nämlich bei einer Kapitalversicherung im Zweifel anzunehmen, dass dem Versicherungsnehmer die Befugnis vorbehalten ist, ohne Zustimmung des Versicherers einen Dritten als Bezugsberechtigten zu bezeichnen oder an Stelle des so bezeichneten Dritten einen anderen zu setzen. Die Befugnis des Versicherungsnehmers, an die Stelle des bezugsberechtigten Dritten einen Anderen zu setzen, gilt im Zweifel auch dann als vorbehalten, wenn die Bezeichnung des Dritten im Vertrag erfolgt ist. Gemäß § 166 Abs. 2 VersVG erwirbt ein als bezugsberechtigt bezeichneter Dritter, wenn der Versicherungsnehmer nichts Abweichendes bestimmt, das Recht auf die Leistung des Versicherers erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles. Die Unwiderruflichkeit einer Begünstigung stellt die Ausnahme dar, die ausdrücklich vereinbart werden muss. Der Versicherungsnehmer kann daher ohne eine solche Vereinbarung die Begünstigung jederzeit widerrufen oder ändern.

Da eine schlichte (widerrufliche) Begünstigung des versicherten Dienstnehmers noch keine Übertragung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag auf den Dienstnehmer zur Folge hat (vgl. auch Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer III, Tz 4 zu § 25, Stichwort "Versicherungsbeiträge"), ist der Beschwerde darin zuzustimmen, wenn sie der belangten Behörde eine Verkennung der Rechtslage zur Last legt, weil sie allein durch die Nennung des Dienstnehmers V.-D. als Begünstigten eine zur Lohnabgabenpflicht führende Vorteilszuwendung in Form der Prämienzahlungen angenommen hat. Sie habe es damit - so die Beschwerderüge weiter - auch unterlassen, Feststellungen zu treffen, ob es sich bei der fraglichen Begünstigung aus dem Versicherungsvertrag um eine widerrufliche oder unwiderrufliche Begünstigung gehandelt habe (bei "pflichtgemäßem Vorgehen" hätte sich im Beschwerdefall herausgestellt, dass tatsächlich keine Vereinbarung über eine unwiderrufliche Begünstigung vorlag).

Wenn in der Gegenschrift ausgeführt wird, die vom Arbeitnehmer in der Vereinbarung vom erklärte Zustimmung zum Antrag auf Änderung der Bezugsberechtigung spreche gegen die in der Beschwerde behauptete einseitige Widerrufsmöglichkeit seitens der Beschwerdeführerin, ist darauf hinzuweisen, dass eine fehlende Bescheidbegründung in der Gegenschrift nicht nachgeholt werden kann. Im Übrigen macht die Beschwerde hiezu geltend, dass diese Änderung der Bezugsberechtigung in Hinblick auf § 166 VersVG (und das Fehlen einer unwiderruflichen Begünstigung) auch ohne Zustimmung des Arbeitnehmers möglich gewesen wäre.

Wenn die belangte Behörde in der Gegenschrift vorbringt, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom , 93/14/0046, "bei der Frage, ob eine unwiderrufliche Verpfändung der Versicherung an den versicherten Arbeitnehmer diesem eine rechtliche Stellung verschafft, über die Ansprüche aus der Versicherung verfügen zu können, diese verneint", ist die belangte Behörde darauf aufmerksam zu machen, dass der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auch die Verschiedenartigkeit der Institute des Pfandrechtes und des Bezugsrechtes betont hat.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am