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VwGH vom 29.01.2003, 99/13/0188

VwGH vom 29.01.2003, 99/13/0188

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der DG in W, vertreten durch Dr. Harry Neubauer und Dr. Christa Springer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, An der Hülben 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/485-16/08/99, betreffend Mietzinsbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein von der Beschwerdeführerin gestellter Antrag auf Gewährung einer Mietzinsbeihilfe nach § 107 EStG 1988 wurde mit Bescheid des Finanzamtes vom deswegen abgewiesen, weil das Einkommen des Jahres 1997 die gesetzlich vorgesehene Einkommensgrenze von 100.000 S um 60.072 S überschritten habe.

In der Berufung vom führte die Beschwerdeführerin aus, während es sich bei dem vom Finanzamt angesetzten Betrag von 100.000 S anscheinend um ihre Pensionsbezüge handle, sei der restliche Betrag vermutlich auf ihre Opferrente aus der BRD zurückzuführen. Diese Opferrente beruhe auf dem "Bundesentschädigungsgesetz der BRD". Die Rente werde als Schadenersatz für den verfolgungsbedingten Schaden an Körper und Gesundheit gewährt. Nach den "allgemein geltenden Rechtsgrundlagen darf und kann ein Schadensersatz nicht als Einkommen gewertet werden und folglich die angeführte Opferrente bei Beurteilung meines Anspruches auf Mietzinsbeihilfe unberücksichtigt bleiben muss".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung - nach einer abweisenden Berufungsvorentscheidung - keine Folge. Es sei unbestritten, dass das Einkommen der Beschwerdeführerin im Jahr 1997 zur Berechnung der Mietzinsbeihilfe heranzuziehen und bei Berechnung des Einkommens inklusive der deutschen Opferrente kein Anspruch auf Mietzinsbeihilfe gegeben sei. Wie das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung bereits richtig ausgeführt habe, handle es sich bei der deutschen Opferrente um sonstige Einkünfte iS des § 29 Z 1 EStG 1988. Nach § 107 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 sei sie bei der Berechnung des wirtschaftlichen Einkommens zu berücksichtigen. Bei der Opferrente handle es sich auch nicht um "empfangene Unterhaltsleistungen (wie Alimente etc.)".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 107 Abs. 1 EStG 1988 werden auf Antrag des unbeschränkt steuerpflichtigen Hauptmieters Erhöhungen des Hauptmietzinses als außergewöhnliche Belastung (§ 34) berücksichtigt, wenn sie seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen. Eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Abs. 1) liegt nach § 107 Abs. 6 leg. cit. vor, wenn das Einkommen des Hauptmieters und der im Abs. 7 genannten Personen insgesamt den Betrag von jährlich 100.000 S nicht übersteigt. Nach § 107 Abs. 8 Z 2 EStG 1988 gilt als Einkommen bei nicht zur Einkommensteuer veranlagten Personen das Einkommen nach § 2 Abs. 2 leg. cit. des letztvorangegangenen Kalenderjahres, vermehrt um die steuerfreien Einkünfte und um die abgezogenen Beträge nach den §§ 18 Abs. 1 Z 4, 34, 35, 104. Leistungen nach § 3 Abs. 1 Z 7 und 8 (d.s. im Wesentlichen Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 und bestimmte Bezüge von Auslandsbeamten), weiters Pflege- oder Blindenzulagen und Hilflosenzuschüsse bleiben außer Ansatz.

In der Beschwerde wird ausgeführt, es treffe nicht zu, dass das Einkommen der Beschwerdeführerin die gesetzlich vorgeschriebene Einkommensgrenze von 100.000 S überstiegen habe. Tatsächlich sei die Opferrente nach dem deutschen Bundesentschädigungsgesetz nicht auf das Einkommen anzurechnen, weil sie nicht steuerbar sei und nicht zu den sonstigen Einkünften nach § 29 EStG 1988 zähle. Die genannte Rente werde nicht als Ersatzleistung für wirtschaftlichen oder materiellen Schaden, sondern als Schadenersatz bzw. Schmerzensgeld für das durch das NS-Regime bzw. den Holocaust erlittene körperliche und seelische Leid gewährt. Solche Entschädigungszahlungen seien in jedem Fall nicht steuerbar, unabhängig davon, ob sie einmalig oder in regelmäßiger Form (Rente) geleistet würden. Die Annahme, eine Zahlung sei einmalig entrichtet nicht steuerbar, in der Form einer (regelmäßigen) Rente aber steuerbar, würde der Systematik des EStG zuwiderlaufen.

Nach § 29 Z 1 EStG 1988 sind bestimmte "wiederkehrende Bezüge" sowie Renten als "sonstige Einkünfte" iS des § 2 Abs. 3 Z 7 EStG 1988 zu erfassen, sofern nicht eine der in § 29 Z 1 EStG 1988 angeführten Ausnahmen (so für freiwillig geleistete Renten und solche an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen) vorliegt. Der Gesetzgeber unterstellt, dass schon durch die sich wiederholenden Zuflüsse von Gütern (Geld, Sachwerte) die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf Bezugsdauer gestärkt wird.

§ 29 Z 1 EStG 1988 bildet einen Sondertatbestand, der nicht an das Vorhandensein einer Einkunftsquelle, sondern bloß an den wiederkehrenden Zufluss von Bezügen, die allerdings auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage (z.B. einem Gesetz) beruhen müssen, anknüpft (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 87/14/0167, mwN, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 85/02). In diesem Sinne entspricht es aber entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht der Systematik des EStG, auch Schadenersatzrenten, einschließlich des in Rentenform gezahlten Schmerzensgeldes, als steuerpflichtige Bezüge nach § 29 Z 1 EStG 1988 zu behandeln (vgl. etwa auch Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 15 zu § 29, und Doralt, EStG4, Tz 10 zu § 29).

Es war daher nicht rechtswidrig, wenn im Beschwerdefall die auf der Rechtsgrundlage des deutschen Bundesentschädigungsgesetzes (dBGBl 1953 I S. 1387) gewährte Schadensrente bei der Berechnung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nach § 107 Abs. 6 EStG 1988 berücksichtigt wurde.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am