VwGH vom 15.09.1999, 99/13/0100
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der H B KG in W, vertreten durch Dr. Josef Reisinger, Wirtschaftsprüfer in Wien XV, Diefenbachgasse 35-41, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. AO 720/8-16/99, betreffend Bescheidbehebung nach § 299 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde in Ausübung des Aufsichtsrechtes Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Gewerbebetrieb der Beschwerdeführerin für die Jahre 1994 bis 1996 gemäß § 299 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 BAO wegen "Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes" auf.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu lesen, an der Beschwerdeführerin (einer KG) seien in den Streitjahren die Kommanditisten GB und MB zu je 20 %, HB zu 51 % und als Komplementärin die B GmbH zu 9 % beteiligt gewesen. Die Anteile an der B GmbH hätten wiederum GB, MB und HB sowie GW zu jeweils 25 % gehalten. Außer ihrer Funktion als geschäftsführende Komplementärin der Beschwerdeführerin habe die B GmbH keine eigenständige Tätigkeit entfaltet (als handelsrechtlicher Geschäftsführer sei HB im Firmenbuch eingetragen gewesen). Die beiden Kommanditisten GB und MB hätten mit der B GmbH Dienstverhältnisse abgeschlossen gehabt.
Da die B GmbH - so die belangte Behörde weiter in der Begründung - außer ihrer Geschäftsführerfunktion keine Tätigkeit entfaltet habe, liege der Schluss nahe, dass sich die Tätigkeit der beiden Kommanditisten GB und MB auf die KG bezogen habe, zumal mit der handelsrechtlichen Geschäftsführung ohnehin der Mitgesellschafter HB beauftragt gewesen sei. Das Finanzamt habe, ohne zu beachten, dass Dienstverhältnisse von Kommanditisten mit der Komplementär-GmbH einer Missbrauchsprüfung zu unterziehen seien, die Dienstverhältnisse von GB und MB mit der GmbH anerkannt. Da dieser rechtliche Aspekt im bisherigen Verfahren unberücksichtigt geblieben sei, "indem die Vergütungen von GB und MB den Gewinn der KG schmälerten, obwohl sie als Vorweggewinn gemäß § 23 Z. 2 zu versteuern gewesen wären und ein Betriebsausgabenabzug der diesbezüglichen Personalaufwendungen nicht statthaft gewesen wäre", seien die gegenständlichen Feststellungsbescheide nach § 188 BAO mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass eine Aufhebung nach § 299 Abs. 2 BAO auch dann möglich sei, wenn das Finanzamt offensichtlich von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen und deswegen eine vollständige Sachverhaltsermittlung unterblieben sei. Die Feststellungsbescheide seien aber auch nach § 299 Abs. 1 lit. c BAO aufzuheben. So wären Ermittlungen notwendig gewesen, um festzustellen, mit welchem Betrag die Vergütungen gemäß § 23 Z. 2 EStG 1988 anzusetzen bzw. in welcher Höhe Betriebsausgaben bei der KG zu Unrecht abgezogen worden seien. Desweiteren müssten in diesem Zusammenhang auch allfällige außersteuerliche Gründe gewürdigt werden, die für die Begründung der strittigen Dienstverhältnisse maßgeblich gewesen sein könnten. Für die Erfüllung des Aufhebungstatbestandes genüge das Vorliegen von Anhaltspunkten, wonach bei entsprechenden Ermittlungen die Möglichkeit eines anders lautenden Bescheides bestanden hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass für Kommanditisten, die nicht handelsrechtliche Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sind, in der Regel kein wirtschaftlicher Grund dafür besteht, ihre Tätigkeit nicht unmittelbar der KG zu erbringen, sondern eine (Komplementär)GmbH zwischenzuschalten. Eine solche Zwischenschaltung ist unter Missbrauchsgesichtspunkten steuerlich nicht anzuerkennen, wenn nicht im Einzelfall stichhaltige außersteuerliche Gründe vorgebracht werden können (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 86/14/0203, , Zl. 98/15/0150, und vom , Zl. 99/15/0026).
Es ist deshalb nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde eine von der Abgabenbehörde erster Instanz ohne Bedachtnahme auf § 22 BAO erfolgte Anerkennung der Dienstverhältnisse der Kommanditisten zur Komplementär-GmbH als Folge einer unrichtigen Rechtsansicht darstellte. Die belangte Behörde hat in ihrer Begründung auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Würdigung allenfalls vorzubringender außersteuerlicher Gründe im weiteren Verfahren zu erfolgen habe werde. Es kommt zur Erfüllung der Aufhebungstatbestände nicht darauf an, ob allfällige wegen Verkennung der Rechtslage (§ 299 Abs. 2 BAO) und/oder Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften (§ 299 Abs. 1 lit. c BAO) unterbliebene Erhebungen tatsächlich zu einem anders lautenden Bescheid führen hätten müssen (vgl. z.B. Ritz, Bundesabgabenordnung2, Rz 12 zu § 299, mwN, sowie das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 88/14/0012).
In der Beschwerde wird vorgebracht, das Dienstverhältnis bei der B-GmbH sei für die Kommanditisten die einzige Möglichkeit gewesen, zu einer gesetzlichen Sozialversicherung zu kommen. Damit sei ein außersteuerlicher Grund für die gewählte Gestaltung vorgelegen. Die belangte Behörde habe den Grundsatz des Parteiengehörs verletzt (hätte die belangte Behörde ein Vorhaltsverfahren durchgeführt, "wäre darauf hingewiesen worden, dass nur durch die Konstruktion der GesmbH & Co KG und dem Dienstverhältnis der Kommanditisten bei der Komplementär-GmbH eine gesetzliche Pflichtversicherung für die Kommanditisten GB und MB erreicht werden konnte").
Nach dem oben Gesagten wird aber mit diesem Vorbringen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Für die Berechtigung zur Bescheidbehebung war eine abschließende Klärung des Sachverhaltes nicht erforderlich.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am